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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 31.03.2009
Aktenzeichen: 1 W 209/05
Rechtsgebiete: GBO, WoEigG, FGG


Vorschriften:

GBO § 29
WoEigG § 12
WoEigG § 26 Abs. 3
WoEigG § 46
FGG § 32
1. Die Zustimmung des Verwalters zur Veräußerung einer Eigentumswohnung ist unwirksam, wenn der Beschluss der Wohnungseigentümer über die Bestellung des Verwalters auf Anfechtungsklage nach § 46 WEG rechtskräftig für ungültig erklärt wird.

2. Der grundbuchmäßige Nachweis der Verwalterzustimmung ist nicht erbracht, wenn der dem Grundbuchamt zum Nachweis der Verwaltereigenschaft gemäß § 26 Abs. 3 (früher Abs. 4 WEG) vorgelegte Bestellungsbeschluss durch einen ebenfalls dem Grundbuchamt vorgelegten, auf Anfechtungsklage nach § 46 WEG ergangenen Beschluss des Amtsgerichts für ungültig erklärt worden ist.


Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 209/05

in der Grundbuchsache

betreffend das im Grundbuch des Amtsgerichts T von M , Blatt 7 verzeichnete Wohnungseigentumsrecht

hat der 1. Zivilsenat des Kammergerichts auf die weitere Beschwerde der eingetragenen Eigentümerin und der Beteiligten zu 1) vom 11. Mai 2005 gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 20. April 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Sieveking, den Richter am Kammergericht Müller sowie den Richter am Kammergericht Hinze am 31. März 2009

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird nach einem Wert von 75.000,00 EUR zurückgewiesen.

Gründe:

Die gemäß §§ 78, 80 GBO zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Jedenfalls im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht den Antrag auf Eigentumsumschreibung wegen Fehlens der nach § 12 Abs. 1 WEG erforderlichen Zustimmung des Verwalters zur Veräußerung zurückgewiesen.

1. Allerdings erscheint es als fraglich, ob dem Landgericht darin zu folgen ist, dass die ursprüngliche Verwalterstellung der "S G GmbH" nicht in der Form des § 29 GBO nachgewiesen sei und sich insbesondere auch nicht aus dem Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 16.05.2003 im Verfahren 70 II 144/02 WEG ergebe. Zwar weist das Landgericht zutreffend darauf hin, dass gerichtliche Urteile und Beschlüsse eine Bindungswirkung nur im Umfang ihrer Rechtskraft entfalten (BayObLG NJW RR 1997, 466; OLGR München 2008, 167; s. a. OLG Köln, FG Prax 2009, 6 f.). Darüber hinaus entfalten sie jedoch als öffentliche Urkunden im Sinne des § 29 GBO die Beweiskraft nach § 417 ZPO (OLG Köln a.a.O.). Wenn das Amtsgericht Tiergarten auf Seite 6 des Beschlusses vom 16.05.2003 ausführt, die dortige Beteiligte zu 24) sei in der Eigentümerversammlung vom 22.11.2002 für die Zeit vom 28.11.2002 bis 27.11.2003 zur neuen Verwalterin der Wohnanlage bestellt worden, so handelt es sich nicht, wie das Landgericht meint, um die eine Vorfrage betreffende Auslegung des Versammlungsprotokolls vom 22.11.2002 durch das Amtsgericht Tiergarten, sondern um die Wiedergabe des Streitgegenstands des dortigen Verfahrens. Gegenstand der Beschlussanfechtung zu TOP 1 der WE-Versammlungen war gerade die Bestellung der dortigen Beteiligten zu 24) zur neuen Verwalterin. Die Anfechtung wurde mit der persönlichen Ungeeignetheit der Beteiligten zu 24) begründet, nicht etwa - auch nicht hilfsweise - mit in der Person der dortigen Beteiligten zu 7), der "S G GmbH & Co. Betriebs KG", liegenden Gründen und auch nicht etwa damit, dass die Bestellung wegen Unbestimmtheit der ausgewählten Person nichtig sei. Unter diesen Umständen erscheinen die Bedenken des Grundbuchamts als derart fern liegend, dass sie nicht ernsthaft in Betracht kommen dürften. Diese Frage kann jedoch letztlich dahinstehen, da es aus anderen Gründen an einer wirksamen Verwalterzustimmung im Sinne des § 12 Abs. 1 WEG fehlt.

2. Der nach § 29 Abs. 1 GBO erforderliche Nachweis der Verwaltereigenschaft ist nicht erbracht. § 26 Abs. 3 (früher Abs. 4) WEG ermöglicht diesen Nachweis durch Vorlage der nach § 24 Abs. 6 WEG abgefassten und beglaubigen Niederschrift über die Bestellung des Verwalters durch Beschluss der WE-Gemeinschaft (vgl. Demharter, NZM 2005, 601 ff., 604). Der Beschluss über die Bestellung zur Verwalterin vom 22.11.2002 liegt zwar vor, er ist aber durch den Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 16.05.2003 für ungültig erklärt worden. Die Ungültigerklärung des Bestellungsbeschlusses durch das Gericht erfolgt nach allgemeiner Meinung mit Wirkung ex tunc, d.h. der Beschluss ist von Anfang an nichtig und wirkungslos, der Bestellte verliert mit rückwirkender Kraft seine Verwalterstellung (BGH ZfIR 1997, 284 f.; BayObLG NJW RR 1988, 270; Staudinger/Bub [2005] § 26 WEG Rdn. 164; Palandt/Bassenge, BGB, 68. Aufl., § 23 WEG Rdn. 19). Die Zustimmung des durch nichtigen Beschluss bestellten Verwalters ist unwirksam (BayObLGZ 1980, 331 ff., BGHZ 107, 268 ff.). Ist der Verwalter durch Gerichtsbeschluss bestellt worden, so bleiben seine Rechtshandlungen allerdings gemäß § 32 FGG wirksam (BayObLG NJW RR 1992, 787). Darüber hinaus greift der Rechtsgedanke des § 32 FGG für den von der Verwalterbestellung zu unterscheidenden Verwaltervertrag, der auch bei späterer Ungültigerklärung des Bestellungsbeschlusses nicht als vollmachtlos geschlossen anzusehen ist (BGH a.a.O.; KG NJW-RR 1990, 153), sowie allgemein für die Rechtshandlungen des Verwalters im Rahmen der laufenden Verwaltung oder in Ausführung der Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung (BGH Rpfleger 2007, 600; KG NJW-RR 1989, 839). Solche Beschlüsse sind entsprechend dem Rechtsgedanken des § 32 FGG auch nicht allein deshalb als unwirksam anzusehen, weil die Bestellung des Verwalters, der diese Versammlung einberufen hat, später für unwirksam erklärt wird (OLGR Köln 2002, 53 f. m.w.N.). Dem liegt zugrunde, dass anderenfalls die Wohnungseigentümergemeinschaft bis zum rechtskräftigen Abschluss des Anfechtungsverfahrens praktisch handlungsunfähig wäre. Abgesehen von diesen Fällen erscheint es jedoch nicht geboten, Rechtshandlungen des Verwalters, der durch einen mangelhaften Beschluss der Eigentümerversammlung bestellt wurde, in analoger Anwendung des § 32 FGG allgemein auch bei späterer Aufhebung des Beschlusses als wirksam anzusehen (so aber Bärmann/Merle, WEG 10. Aufl. § 23 Rn. 193; Gruber NZM 2000, 263 ff., 269; Bassenge/Roth, FGG 11. Aufl. § 32 Rn. 5). Der in der Beschlussanfechtung nach §§ 23 Abs. 4, 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG liegende Schutz der Wohnungseigentümer würde sonst unterlaufen. Mit der ganz überwiegenden Meinung ist dem Schutzbedürfnis des Rechtsverkehrs vielmehr dadurch Rechnung zu tragen, dass die Wohnungseigentümer die vom Verwalter in ihrem Namen vorgenommenen Rechtsgeschäfte nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht oder der Duldungsvollmacht gegen sich gelten lassen müssen (BayObLG a.a.O.; Palandt/Bassenge a.a.O.; Weitnauer/Lüke, WEG 9. Aufl. § 26 Rdn. 20; Staudinger/Bub a.a.O.). Dies gilt jedoch nicht für die Verwalterzustimmung nach § 12 WEG. Denn die Grundsätze der Anscheins- und Duldungsvollmacht finden auf Grundbucherklärungen keine Anwendung (BayObLGZ 1980, 331, 340; Weitnauer/Lüke a.a.O.; Staudinger/Bub [2005] § 26 WEG Rn. 164). Dem entsprechend führt die Rückwirkung der rechtskräftigen Ungültigerklärung einer Verwalterbestellung auch dazu, dass die Verwalterzustimmung zur Veräußerung einer Eigentumswohnung rückwirkend entfällt (BayObLG ZMR 1981, 249).

Da der Antrag auf Eigentumsumschreibung mangels Nachweises der Verwalterzustimmung nicht begründet ist, ist auch der mit ihm verbundene Antrag auf Eintragung einer Rückauflassungsvormerkung zurückzuweisen.

3. Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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