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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 30.01.2007
Aktenzeichen: 1 W 214/06
Rechtsgebiete: FGG
Vorschriften:
FGG § 22 Abs. 1 Satz 1 | |
FGG § 22 Abs. 2 Satz 1 | |
FGG § 29 Abs. 1 Satz 3 | |
FGG § 29 Abs. 2 | |
FGG § 126 | |
FGG § 141 Abs. 3 Satz 2 | |
FGG § 141a | |
FGG § 141a Abs. 1 | |
FGG § 141a Abs. 1 Satz 3 | |
FGG § 141a Abs. 2 Satz 1 | |
FGG § 141a Abs. 2 | |
FGG § 141a Abs. 2 Satz 3 | |
FGG § 142 | |
FGG § 143 |
Kammergericht Beschluss
Geschäftsnummer: 1 W 214/06
In der Handelsregistersache betreffend
hat der 1. Zivilsenat des Kammergerichts auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 16. Mai 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Sieveking und die Richter am Kammergericht Müller und Dr. Müther in der Sitzung am 30. Januar 2007 beschlossen:
Tenor:
Auf die weitere Beschwerde werden der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 16. Mai 2006 und der Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 20. Februar 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Durchführung des Löschungsverfahrens an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Gründe:
A.
Die am 5. Januar 2001 gegründete Gesellschaft ist seit dem 4. Oktober 2001 in das Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragen. Mit Schreiben vom 24. März 2003 beantragte das Finanzamt für Körperschaften, die Gesellschaft wegen Verletzung der steuerlichen Mitwirkungspflichten und Vermögenslosigkeit im Handelsregister nach § 141a Abs. 1 FGG zu löschen. Nach Durchführung weiterer Ermittlungen teilte das Registergericht dem Vorstand der Gesellschaft mit Schreiben vom 9. Februar 2004 die Absicht der Löschung wegen Vermögenslosigkeit mit und wies auf die Möglichkeit zum Widerspruch binnen 1 Monats hin. Dieses Schreiben wurde am 18. Juni 2004 zugestellt. Am 16. Juli 2004 erhob der Vorstand per Fax, das am 18. Juli 2004 beim Registergericht einging, Widerspruch und bat um Fristverlängerung, um geeignete Unterlagen einreichen zu können. Nach mehreren Fristverlängerungen reichte er mit Schreiben vom 10. Dezember 2004 eine schriftliche Bestätigung der Galerie Berison GmbH ein, nach der diese der Gesellschaft noch einen Betrag in Höhe von 6.500 EUR schulde. Darauf hin teilte das Registergericht der Gesellschaft und dem Finanzamt mit Schreiben vom 20. Dezember 2004 mit, dass von der Durchführung des Löschungsverfahrens abgesehen werde. Nachdem das Finanzamt für Körperschaften mit Schreiben vom 4. Januar 2006 mitteilte, dass es an seinem Löschungsantrag festhalte, weil auch die Forderung über 6.500 EUR nicht mehr bestehe, ist der Vorstand durch das Registergericht zur Mitteilung des Sachstandes über die Vermögenslage der Gesellschaft aufgefordert worden. Mit Beschluss vom 20. Februar 2006 hat es dann den Widerspruch vom 16. Juli 2004 zurückgewiesen. Die Zustellung des Beschlusses erfolgte am 23. Februar 2006. Hiergegen legte der Vorstand mit Faxschreiben vom 1. März 2006, Eingang am 3. März 2006, sofortige Beschwerde ein. Diese sofortige Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 16. Mai 2006, der am 26. Mai 2006 zugestellt worden ist, zurückgewiesen. Dagegen hat der Vorstand mit Faxschreiben vom 2. Juni 2006, das am selben Tag beim Landgericht eingegangen ist, "weitere Beschwerde, hilfsweise Widerspruch" eingelegt. Nach Weiterleitung der Akte an das Kammergericht ist der Vorstand mit Schreiben vom 20. Juni 2006, das am 23. Juni 2006 abgesandt worden ist, auf das Fehlen der notwendigen Form der Rechtsmittelschrift hingewiesen worden. Mit am gleichen Tag eingegangenem Schriftsatz vom 7. Juli 2006 hat die Verfahrensbevollmächtigte der Gesellschaft sofortige weitere Beschwerde eingelegt und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
B.
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Gesellschaft ist zulässig. Gegen die Entscheidung des Landgerichts vom 16. Mai 2006, mit dem über die Zurückweisung des Widerspruchs der Gesellschaft gegen die Ankündigung der Löschung der Gesellschaft im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit nach § 141a Abs. 1 FGG entschieden worden ist, ist das Rechtsmittel der sofortigen weiteren Beschwerde gegeben, §§ 141a Abs. 2 Satz 3, 141 Abs. 3 Satz 2, 29 Abs. 2 FGG. Die Beschwerdebefugnis ergibt sich aus der Erfolglosigkeit der Erstbeschwerde. Das Rechtsmittel ist allerdings nicht in der richtigen Form innerhalb der Frist von zwei Wochen nach §§ 22 Abs. 1 Satz 1, 29 Abs. 2 FGG eingelegt worden. Denn das Faxschreiben vom 2. Juni 2006 war entgegen der Vorschrift des § 29 Abs. 1 Satz 3 FGG nicht von einem Rechtsanwalt unterschrieben. Die von einer Rechtsanwältin unterzeichnete Rechtsmittelschrift vom 7. Juli 2006 ist dann erst über einen Monat nach der Zustellung des landgerichtlichen Beschlusses am 26. Mai 2006 eingereicht worden. Der Beteiligten ist aber Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil die Versäumung der Frist unverschuldet war und die übrigen Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung nach § 22 Abs. 2 Satz 1 FGG vorliegen.
Die Wiedereinsetzungsfrist ist gewahrt. Das Schreiben vom 7. Juli 2006 ist innerhalb der Frist von zwei Wochen eingegangen, nachdem dem Vorstand der Gesellschaft mit Schreiben vom 20. Juli 2006 mitgeteilt worden war, dass das Rechtsmittel mit dem Schreiben vom 2. Juni 2006 nicht formwirksam eingelegt worden ist.
Die Beteiligte war an der Einhaltung der Frist zur Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde ohne ihr Verschulden gehindert. Insoweit kann offen bleiben, ob sich dies schon daraus ergibt, dass die Entscheidung des Landgerichts nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war (vgl. dazu grundlegend zum WEG-Verfahren: BGHZ 150, 390 = NJW 2002, 2171; zum registerrechtlichen Zwangsgeldverfahren: OLG Hamm OLGR 2003, 302; allgemein: Demharter, FGPrax 1995, 217; Jansen/Briesemeister, FGG, 3. Aufl., § 22 Rn. 37, § 25 Rn. 36). Denn jedenfalls hat der Vorstand der Beteiligten die notwendigen Schritte zur Einhaltung der notwendigen Form und der Frist ergriffen, so dass sich aus der fehlenden Kenntnis über die notwendige Form einer weiteren Beschwerde kein Verschulden ergibt. Denn der Vorstand hat mit dem Schreiben vom 2. Juni 2006 Rechtsmittel nicht nur eingelegt, sondern zugleich geltend gemacht, dass er aufgrund einer fehlenden Rechtsmittelbelehrung über die genaue Form und Frist im Unklaren sei. Dabei musste der Vorstand auch nicht von der Notwendigkeit einer anwaltlichen Vertretung ausgehen, nachdem er zuvor auch vor dem Landgericht alleine auftreten konnte. Die entsprechende Kenntnis ist ihm erst mit dem Schreiben vom 20. Juni 2006 vermittelt worden, auf das die formgerechte Beschwerdeeinlegung erfolgte.
II. Die weitere Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Gesellschaft tatsächlich vermögenslos ist. Denn das durchgeführte Löschungsverfahren leidet an einem erheblichen Mangel, der im Beschwerdeverfahren nicht geheilt worden ist.
Nach § 141a Abs. 1 FGG kann eine Aktiengesellschaft, die kein Vermögen besitzt, von Amts wegen oder auf Antrag der Finanzbehörden im Register gelöscht werden. Dabei hat das Registergericht nach § 141a Abs. 2 FGG den gesetzlichen Vertretern der betroffenen Gesellschaft die Absicht der Löschung nach den für die Zustellung von Amts wegen geltenden Vorschriften der Zivilprozessordnung bekannt zu machen und ihnen zugleich eine angemessene Frist zur Geltendmachung des Widerspruchs zu bestimmen. Wegen der mit der Löschung der Gesellschaft im Register verbundenen erheblichen Beeinträchtigungen, die sich etwa aus dem Ende der Vertretungsbefugnis der bisherigen Organe und dem Verlust des Rechts der Gesellschafter auf Bestellung der Vertretungsorgane ergeben, hat die Prüfung der Vermögenslosigkeit besonders gewissenhaft zu erfolgen (vgl. Senat, NJW-RR 2006, 904 = FGPrax 2006, 225 = Rpfleger 2006, 474 = GmbHR 2006, 821; Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh/Zöllner, GmbHG, 18. Aufl., Anh. § 77 Rn. 9; Jansen/Steder, FGG, 3. Aufl., § 141a Rn. 35, jeweils mwN). Während die Anhörung der in § 126 FGG bezeichneten Organe nach § 141a Abs. 1 Satz 3 FGG zwar vorgesehen, wegen der beschränkten Erkenntnismöglichkeiten aber nicht in jedem Fall unerlässlich ist (vgl. Senat, NJW-RR 2006, 904 = FGPrax 2006, 225 = Rpfleger 2006, 474 = GmbHR 2006, 821), ist die Anhörung der Vertretungsorgane der betroffenen Gesellschaft als wesentlicher und unbedingt notwendiger Bestandteil der Ermittlungen anzusehen. In dem Fehlen der Anhörung wird dabei teilweise auch unabhängig von einer tatsächlichen Vermögenslosigkeit ein Grund zur Beseitigung der eingetragenen Löschung nach § 142 FGG gesehen (vgl. OLG Düsseldorf OLGR 1998, 421 = Rpfleger 1999, 29; OLG Hamm NJW-RR 1993, 547 = GmbHR 1993, 295; vgl. auch Jansen/Steder, FGG, 3. Aufl., § 142 Rn. 32). Ob dies angesichts des Grundsatzes, dass jedenfalls materiell richtige Eintragungen Bestand haben müssen, richtig ist, kann dahinstehen. Jedenfalls leidet ein Löschungsverfahren ohne die nach § 141a Abs. 2 FGG vorgesehene Anhörung an einem Fehler, der der Eintragung der Löschung bevorsteht.
Davon ist hier aber auszugehen. Nachdem die Beteiligte durch ihren Vorstand mit Schreiben vom 10. Dezember 2004 das Bestehen einer Forderung der Gesellschaft nachgewiesen hatte, hat das Amtsgericht das bisher laufende Löschungsverfahren beendet, indem es der Gesellschaft mit Schreiben vom 20. Dezember 2004 mitgeteilt hat, dass von der Durchführung des Löschungsverfahrens aufgrund des Schreibens vom 10. Dezember 2004 abgesehen werde. Auf den Hinweis des Finanzamtes für Körperschaften vom 4. Januar 2006, dass die nachgewiesene Forderung nicht mehr bestehe, hat das Amtsgericht zwar den Vorstand mit Schreiben vom 13. Januar 2006 zur Mitteilung des Sachstandes über die Vermögenslage der Gesellschaft aufgefordert. Es hat aber nicht die erforderliche Anhörung nach § 141a Abs. 2 FGG mit entsprechender Zustellung und Fristsetzung durchgeführt, sondern vielmehr nach dem Ausbleiben einer Stellungnahme den Beschluss vom 20. Februar 2006 erlassen und den - insoweit ohnehin nicht mehr aktuellen - Widerspruch vom 16. Juli 2004 zurückgewiesen.
Der Fehler der fehlenden Anhörung ist auch nicht geheilt worden. Die Gesellschaft ist zwar im Beschwerdeverfahren auf die Notwendigkeit zum Nachweis des Vorhandenseins von Vermögen hingewiesen worden. Dies ersetzt die Anhörung nach § 141a Abs. 2 FGG abgesehen von den einzuhaltenden Formalien aber schon deshalb nicht, weil diese durch das Registergericht durchzuführen ist. Die Vorschrift des § 143 FGG gilt für das Verfahren nach § 141a FGG gerade nicht.
Die Anhörung ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Gesellschaft nach den Ermittlungen und auch den bisherigen Stellungnahmen des Vorstands der Gesellschaft vermögenslos sein dürfte. Nach § 141a Abs. 2 Satz 1 FGG ist die Anhörung auch dann durchzuführen, wenn die Vermögenslosigkeit - wie im Fall des Abs. 1 Satz 2 - nach Auffassung des Registergerichts feststeht. Eine Anhörung kann nur dann unterbleiben, wenn sie nicht durchführbar ist, etwa weil gesetzliche Vertreter der betroffenen Gesellschaft nicht vorhanden oder im Inland nicht erreichbar sind. Dies ist hier aber nicht der Fall.
III. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen.
Ende der Entscheidung
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