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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 08.06.2004
Aktenzeichen: 1 W 238/02
Rechtsgebiete: BVormVG


Vorschriften:

BVormVG § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
Ein Berufsbetreuer, dem noch nach Art. 1 § 1 RBerG in der bis zum Inkrafttreten des 5. BRAGebOÄndG vom 18.8.1980 geltenden Fassung die Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten auf dem Gebiet des Erbrechts erteilt worden ist, kann in die höchste Vergütungsgruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG eingestuft
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 238/02

in der Betreuervergütungssache

betreffend Frau Inn Bnnn ,

geboren am nnn 1920

verstorben am nn .2002

Der 1. Zivilsenat des Kammergerichts hat auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss der Zivilkammer 87 des Landgerichts Berlin vom 3. Mai 2002 in der Sitzung vom 8. Juni 2004 beschlossen:

Tenor:

1. Der angefochtene Beschluss wird geändert und wie folgt neu gefasst:

Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1. wird in Änderung des Beschlusses des Amtsgerichts Spandau vom 27. November 2001 der Beteiligten zu 1. über den darin bereits bewilligten Betrag von 781,55 DM hinaus eine weitere Vergütung von 33,36 EUR aus der Landeskasse bewilligt.

2. Der Beschwerdewert wird für das Verfahren der weiteren Beschwerde auf 34 EUR festgesetzt.

3. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die am 21. Mai 2002 eingelegte sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen den ihr am 15. Mai 2002 zugestellten Beschluss des Landgerichts vom 3. Mai 2002 ist gemäß den §§ 69e, 56g Abs. 5, 27 und 29 Abs. 2 FGG zulässig. Insbesondere hat das Landgericht das Rechtsmittel zugelassen.

Die sofortige weitere Beschwerde, mit der sich die Beteiligte zu 1. dagegen wehrt, dass ihr bei der Festsetzung der Vergütung als Betreuerin für den Zeitraum ab 1. Juli 2001 nur ein Stundensatz von 45 DM nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BVormVG a. F. und nicht ein Stundensatz von 60 DM nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG a. F. (im Folgenden nur: BVormVG) zugebilligt worden ist, hat auch in der Sache Erfolg.

Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Beteiligte zu 1. habe keine Ausbildung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG. Sie sei seit 25 Jahren als Rechtsbeistand für Erbrecht und berufsmäßige Pflegerin bzw. Betreuerin tätig. Dass der Beschwerdeführerin aufgrund ihrer durch langjährige Berufserfahrung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten von den Amtsgerichten auch sehr schwierige Betreuungen übertragen worden seien und sie zu deren Führung fraglos besser qualifiziert sei als die meisten Berufsanfänger mit einer Ausbildung gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG, spiele nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes, seiner Entstehungsgeschichte und seinem Sinn und Zweck keine Rolle. Soweit die Kammer die Vergütung der Beteiligten zu 1. als Betreuerin vermögender Betroffener an den Stundensätzen orientiert habe, die Rechtsanwälten als Berufsbetreuern zugebilligt wurden, hätten dem andere Rechtsvorschriften, so auch § 1 Abs. 3 BVormVG zugrunde gelegen.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung im Verfahren der weiteren Beschwerde nicht stand (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).

1. Allerdings hat das Landgericht die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1. zu Recht als statthafte sofortige Beschwerde behandelt und in der Sache über den Vergütungsanspruch der früheren Betreuerin entschieden. Durch den richterlichen Beschluss vom 28. Januar 2002 war das Rechtsmittel gemäß § 56 g Abs. 5 Satz 1 FGG wirksam zugelassen worden. Es ist unschädlich, dass die Zulassung der sofortigen Beschwerde erst nachträglich durch die Amtsrichterin im Erinnerungsverfahren erfolgt und nicht sogleich im Vergütungsfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin vom 27. November 2001 ausgesprochen worden ist. Auch wenn gegen die Entscheidung der Rechtspflegerin mangels Überschreitung der Wertgrenze von 300 DM zunächst nur die befristete Erinnerung gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG zulässig war, brauchte sich die Amtsrichterin nicht auf eine abschließende Sachentscheidung zu beschränken, sondern durfte die sofortige Beschwerde gegen ihre Entscheidung zulassen. Die Entscheidung des Rechtspflegers ist nämlich durch den Richter im vollen Umfang, das heißt auch hinsichtlich ihrer grundsätzlichen Bedeutung nachzuprüfen. Darüber hinaus weist das Gesetz die Entscheidung über die Zulassung einer Beschwerde dem Gericht zu, ohne zwischen Rechtspfleger und Richter zu unterscheiden (vgl. BayObLG, BtPrax 2001, 75; OLG Hamm, BtPrax 2000, 129; OLG Frankfurt, BtPrax 2000, 131; Keidel/Engelhardt, FGG, 15. Aufl., § 56g Rn. 31 und 34; Knittel, Betreuungsrecht, FGG, § 56g zu 2.5).

2. Zutreffend geht das Landgericht in der Sache auch davon aus, dass der als Berufsbetreuerin tätigen Beteiligten zu 1. ein Anspruch auf Vergütung ihrer Betreuerleistung nach §§ 1908i, 1836 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BGB zusteht und sich dieser Anspruch wegen Mittellosigkeit des früher Betreuten gegen die Landeskasse richtet (§ 1836a Abs. 1 BGB). Rechtlich durchgreifenden Bedenken begegnet jedoch die Auffassung des Landgerichts, dass die Vergütungsbemessung für die Beteiligte zu 1. in der Zeit vom 1. Juli 2001 bis 31. Oktober 2001 nur nach einem Stundensatz von 45,00 DM erfolgen könne und ihr der geltend gemachten Stundensatz von 60 DM zu versagen sei.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BVormVG ist für jede Stunde der für die Führung der Betreuung aufgewandten und erforderlichen Zeit aus der Staatskasse 35,00 DM zu zahlen. Diese Mindestvergütung erhöht sich, wenn der Betreuer über besondere Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, und zwar gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BVormVG auf 45,00 DM, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind und nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG auf 60 DM, wenn sie durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben worden sind.

Besondere für die Betreuung nutzbare Kenntnisse sind Kenntnisse, die - bezogen auf ein bestimmtes Rechtsgebiet - über ein Grundwissen deutlich hinausgehen und den Betreuer befähigen, seine Aufgaben besser und effektiver zu erfüllen (vgl. BayObLG, BtPrax 2000, 81). Dabei liegen solche Fachkenntnisse durch eine einer abgeschlossenen Hochschulausbildung vergleichbare Ausbildung dann vor, wenn sie im Rahmen der Ausbildung vermittelt wurden und die Ausbildung in ihrer Wertigkeit einer Hochschulausbildung entspricht sowie einen formalen, staatlich anerkannten Abschluss aufweist (BayObLG, BtPrax 2000, 32; FamRZ 2001, 187 = NJW-RR 2001, 582; SchlH OLG, BtPrax 2000, 172). Diese Regel schließt jedoch nicht aus, dass eine anerkannte gleichwertige Ausbildung im Sinne von § 1 Abs.1 Satz 2 BVormVG auch dann vorliegen kann, wenn der Staat in einem förmlichen Verfahren eine Tätigkeit als Ausbildung anerkennt (vgl. BayObLG, BtPrax 2000, 33-34 für die Zuerkennung fachlicher Eignung gemäß § 76 Abs. 3 Berufsbildungsgesetz). Dabei ist für die Einstufung in die Vergütungsgruppen des § 1 Abs. 1 Satz 2 BVormVG die durch diese Anerkennung erworbene Qualifikation von wesentlicher Bedeutung (vgl. BayObLG, FamRZ 2001, 187).

Die Feststellung, ob ein Berufsbetreuer im Einzelfall die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 2 BVormVG erfüllt, obliegt im Wesentlichen dem Tatrichter. Dessen Würdigung ist im Verfahren der weiteren Beschwerde nur auf Rechtsfehler zu überprüfen, also insbesondere darauf, ob das Erstbeschwerdegericht von zutreffenden rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen ist, den maßgeblichen Sachverhalt ausreichend erforscht (§ 12 FGG), bei der Erörterung des Beweisstoffs alle wesentlichen Umstände berücksichtigt (§ 25 FGG) und nicht gegen gesetzliche Beweisregeln, Denkgesetze und feststehende Erfahrungssätze oder gegen Verfahrensrecht verstoßen hat (vgl. Senat, BtPrax 2002, 167; Keidel/Kahl, FGG, 15. Aufl. § 27 Rn. 42 m. w. N.).

Die Entscheidung des Landgerichts leidet daran, dass das Gericht den Verfahrensstoff nur unter dem Aspekt gewürdigt hat, ob die Berufserfahrung der Beteiligten zu 1. für sich genommen eine Einstufung in die höchste Vergütungsgruppe nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG rechtfertigt, und dass es die Qualifikation der Beteiligten zu 1. als Rechtsbeistand übergangen und dieser keine vergütungssteigernde Wirkung beigemessen hat. Es trifft zwar zu, dass nach § 1 Abs. 1 Satz 2 BVormVG Berufserfahrung ebenso wie die Teilnahme an einzelnen Fortbildungsmaßnahmen grundsätzlich nicht als Quellen für den Erwerb nutzbarer Fachkenntnisse im Betreuungswesen anerkannt sind (Deinert/Lütgens, Die Vergütung des Betreuers S. 121 zu Punkt 6.5.5.8; BayObLG BtPrax 2001, 205; OLG Jena, BtPrax 2000, 170). Dabei ist die Anlehnung der Stundensätze von Betreuern an ihre formale Qualifikation durch das Gesetz sachlich auch gerechtfertigt und verfassungsgemäß, weil im Massengeschäft der Betreuervergütung eine typisierte und damit praktisch handhabbare Vergütungsregelung notwendig ist (vgl. BVerfG, BtPrax 2000, 212 = FamRZ 2000, 1277). Die Vorteile einer standardisierten Vergütungsregelung, nämlich die leichte und einheitliche Handhabung, die Entlastung der Gerichte sowie die Kalkulierbarkeit der Einnahmen für die Betreuer und der Ausgaben für den Justizfiskus (vgl. BT-Drucks. 13/7158, S. 1 und 14) werden aber nicht preisgegeben, wenn der Staat in einem förmlichen Verfahren eine Tätigkeit oder durch Beruferfahrung erworbene Fähigkeiten als Ausbildung anerkannt hat und die auf diese Weise verliehene besondere berufliche Qualifikation im Rahmen des § 1 Abs. 1 Satz 2 BVormVG berücksichtigt wird. So liegt der Fall hier.

Das Landgericht hat festgestellt, dass die Beteiligte zu 1. seit 25 Jahren als "Rechtsbeistand für Erbrecht" tätig ist, ihr mithin nach Artikel 1 § 1 Abs. 1 RBerG die Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten auf dem Gebiet des Erbrechts erteilt wurde. Hierbei handelt es sich um die Erlaubnis für einen Sachbereich, der im Katalog der rechtlich möglichen Zulassungen als Rechtsbeistand des Artikel 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 RBerG nicht mehr enthalten ist, die aber in dieser Form bis zum Inkrafttreten des 5. BRAGebOÄndG vom 18.8.1980 noch verliehen werden durfte (Altenhoff/Busch/Kampmann, Rechtsberatungsgesetz, 6. Aufl., 1981, Rn. 5 und 171). Eine solche Erlaubnis darf nach Artikel 1 § 1 Abs. 2 RBerG in persönlicher Hinsicht nur erteilt werden, wenn der Antragsteller die für den Beruf erforderliche Zuverlässigkeit und persönliche Eignung sowie genügende Sachkunde besitzt. Der Bewerber muss auf dem Gebiet des Rechtswesens allgemein und des betreffenden Sachbereichs sachkundig sein. Er muss theoretische Rechtskenntnisse besitzen und auch praktisch tätig gewesen sein (vgl Altenhoff/Busch/Kampmann, a. a. O., Rn. 746). Nach § 8 der 1. AVO RBerG hat der Nachsuchende seine Sachkunde und Eignung durch genaue Angaben über seinen Ausbildungsgang und seine bisherige berufliche Tätigkeit, und, soweit möglich, durch Lehr- und Prüfungszeugnisse, Zeugnisse seiner bisherigen Arbeitgeber und dergleichen zu belegen. Zuständig für die Prüfung, ob ein Bewerber zur Zeit der Antragstellung die erforderliche Sachkunde und Eignung besitzt, ist grundsätzlich der Präsident des Landgerichts, in Berlin der Amtsgerichtspräsident, der die Erlaubnis nach § 1 RBerG erteilt (vgl. § 11 der 1. AVO RBerG). Dabei ist er nicht auf die vorerwähnten Angaben und Unterlagen beschränkt ist, sondern kann den Bewerber persönlich befragen und prüfen lassen (vgl. Altenhoff/Busch/Kampmann, a. a. O., Rn, 751 ff.).

Mit der behördlichen Zulassung als Rechtsbeistand für Erbrecht gemäß Art. 1 § 1 RBerG ist mithin verbürgt, dass die Beteiligte zu 1. bereits zum damaligen Zeitpunkt über besondere, für die Führung von Pflegschaften und Betreuungen nutzbare Kenntnisse verfügte. Da es sich bei der Betreuung in ihrem Wesen um eine rechtliche Betreuung handelt (vgl. § 1901 Abs. 1 BGB), kommt in dieser Frage rechtlichen Kenntnissen eine besondere Bedeutung zu. Dabei ist das Gebiet des Erbrechts in praktischen Fällen mit anderen Rechtsmaterien wie dem allgemeinen und besonderen Schuldrecht, dem Handels- und Gesellschaftsrecht, dem Familienrecht und der Freiwilligen Gerichtsbarkeit so verzahnt, dass insgesamt von einem breiten betreuungsrechtlich relevanten Wissen ausgegangen werden kann. Die der Beteiligten zu 1. seinerzeit erteilte Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten rechtfertigt auch ihre Eingruppierung in die höchste Vergütungsstufe des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG. Es kann offen bleiben, ob eine solche Einstufung auch bei Betreuern in Betracht kommt, denen nach jetzt geltendem Recht eine Erlaubnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten erteilt ist. Dies erscheint fraglich, weil nach Artikel 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 RBerG nur noch der Sache nach beschränkte und in der Regel eng begrenzte Teilerlaubnisse ausgesprochen werden können, zum Beispiel für Renten- und Versicherungsberater. Diese Personen dürfen sich auch nicht Rechtsbeistand nennen, sondern ihre Erlaubnis nur unter der der Erlaubnis entsprechenden Berufsbezeichnung ausüben (Artikel 1 § 1 Abs. 1 Satz 3 RBerG). Hiervon zu unterscheiden ist jedoch die Erlaubnis, die noch nach Artikel 1 § 1 Abs. 1 RBerG in der bis zum Inkrafttreten des 5. BRAGebOÄndG vom 18.8.1980 geltenden Fassung erteilt wurde. Diese Erlaubnis konnte eine Vollerlaubnis sein, die schlechthin zur Rechtsberatung und zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten berechtigte (Chemnitz/Johnigk, Rechtsberatungsgesetz, 11. Aufl. 2003, S. 13 Rn. 8). Sie konnte aber auch nach § 2 der 1. AVO RBerG unter Beschränkung auf bestimmte Sachgebiete erteilt werden, wobei Teilerlaubnisse für Bereiche wie das Bürgerliche Recht, das Schuldrecht oder - wie hier - das Erbrecht ausgesprochen wurden, die in der Praxis von anderen Rechtsgebieten nur schwer abzugrenzen waren (vgl. hierzu Altenhoff/Busch/Kampmann, a. a. O., Rn. 171 und 686). Diese nach altem Recht erteilte Erlaubnis, die ihren Inhabern eine Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung "Rechtsbeistand" nach § 4 der 2. AVO RBerG ermöglichte (Chemnitz/Johnigk, a. a. O., S. 380, Rn. 1230 und S. 382, Rn. 1240), eröffnete mithin den Zugang zu einem beruflichen Tätigkeitsfeld, welches ansonsten grundsätzlich Rechtsanwälten vorbehalten ist. Dies spiegelt sich auch in der Vergütung dieser Rechtsbeistände, für die sinngemäß die Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte gilt (vgl. Chemnitz/Johnigk, a. a. O., S. 13, Rn. 8 und Anhang A). Hinzu kommt, dass ein Rechtsbeistand für Erbrecht in dem hier besonders interessierenden Bereich der Freiwilligen Gerichtsbarkeit vor Gericht keinen Einschränkungen unterliegt, weil insoweit die Verbotsvorschrift des § 157 Abs. 1 ZPO nicht gilt (Keidel/Zimmermann, FGG, 15. Aufl., § 13, Rn. 23). Damit kann die nach altem Recht behördlich verliehene berufliche Qualifikation als Rechtsbeistand - hier für Erbrecht - in die Nähe anwaltlicher Tätigkeit gerückt und damit der höchsten Vergütungsgruppe des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG zugeordnet werden.

Dieses Ergebnis widerspricht nicht den Vorstellungen des Gesetzgebers von der Differenzierung der Betreuervergütung nach Bildungsabschlüssen einerseits und dem mit diesem neu eingeführten Ausbildungs- und Prüfungserfordernis notwendig verknüpften, vor allem in § 2 BVormVG vorgesehenen Vertrauensschutz der im Beruf Tätigen andererseits. § 2 BVormVG räumt den einzelnen Bundesländern die Möglichkeit ein, Umschulungs- und Fortbildungskonzepte zu entwickeln, damit bereits mehrjährig tätige Berufsbetreuer sich nachträglich qualifizieren und eine Prüfung zum formalen Nachweis ihrer beruflichen Kenntnisse ablegen können. Diese Regelung wurde vor allem auf Initiative der neuen Bundesländer eingeführt, wo der Beruf des Betreuers von einer großen Zahl von Quereinsteigern und nicht - wie in den alten Ländern - hauptsächlich von Angehörigen mit Bildungsabschlüssen im Sozialbereich oder von Personen mit einer juristischen Ausbildung ausgeübt wurde (vgl. BVerfG, FamRZ 2000, 1277 m. w. N.). Von der Möglichkeit des § 2 BVormVG hat das Land Berlin durch das Gesetz zur Ausführung des Berufsvormünder-vergütungsgesetzes (AGBVormVG) vom 5.10.1999 und durch die Verordnung über Prüfungen nach dem AGBVormVG (BVormPrüfVO) vom 8.12.1999 Gebrauch gemacht. Danach sind Betreuer bis zum 30. Juni 2004 zu der Prüfung, deren Ablegung dem Abschluss einer Ausbildung an einer Hochschule im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG gleichsteht, zuzulassen, wenn sie mindestens 5 Jahre Betreuungen berufsmäßig geführt und mindestens 400 Stunden an einer Fortbildung im Betreuungswesen teilgenommen haben (§§ 2 Abs. 2, 11 BVormPrüfVO). Erklärtes Ziel dieser Übergangsregelung ist es, eine finanzielle Schlechterstellung derjenigen Betreuer zu vermeiden, die als sogenannte Quereinsteiger aus ihren bisherigen Berufen in die Betreuungspraxis gewechselt und ohne (ausreichende) formale berufliche Qualifikation als Berufsbetreuer tätig sind (vgl. Vorlage zur Beschlussfassung über ein Gesetz zur Ausführung des Berufsvormündervergütungsgesetzes, Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucks. 13/3912, S. 2). Sie passt nach ihrem Sinn und Zweck nicht auf den hier zu entscheidenden Fall, in dem die Beteiligte zu 1. über Jahrzehnte hinweg im Hinblick auf ihre besondere, durch behördliche Zulassung erlangte berufliche Qualifikation als Rechtsbeistand eine wirtschaftliche und berufliche Existenz im Bereich des Betreuungswesens aufgebaut hat. Dieses Vertrauen wird bereits im Rahmen des § 1 Abs. 1 Satz 2 BVormVG durch die entsprechende Einstufung ihrer beruflichen Qualifikation geschützt. Von daher kann die darüber hinausgehende, von der Beteiligten zu 1. angeschnittene und bislang ungeklärte Frage offen bleiben, ob es einen über § 2 BVormVG hinausgehenden erweiterten Bestandsschutz für ältere Berufbetreuer geben müsste, für die sich die Teilnahme an einer Nachqualifizierung aufgrund des wirtschaftlichen Aufwands und der verbleibenden restlichen Lebensarbeitszeit nicht mehr lohnt (vgl. Deinert/Lütgens, a. a. O., S. 134, zu 6.8.2).

Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Er ist zu ändern, was der Senat im Hinblick auf die Entscheidungsreife der Sache entsprechend § 563 Abs. 3 ZPO in eigener Kompetenz zu entscheiden hat.

Bei einem erforderlichen Zeitaufwand von 225 Minuten für ihre Tätigkeit als Betreuerin in der Zeit vom 1. Juli 2001 bis 31. Oktober 2001 ergibt sich für die Beteiligte zu 1. eine weitere Vergütung von (60 DM - 45 DM =) 15 DM x 3,75 Stunden = 56,25 DM, zzgl. Mehrwertsteuer von 16 % in Höhe von 9,00 DM. Das sind insgesamt 65,25 DM = 33,36 Euro.

Für eine Kostenerstattungsanordnung gemäß § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG besteht kein Anlass.

Ende der Entscheidung

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