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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 26.10.2004
Aktenzeichen: 1 W 269/04
Rechtsgebiete: BGB, FGG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 21
BGB § 22
FGG § 16 Abs. 2 Satz 1
FGG § 22 Abs. 1 Satz 1
FGG § 22 Abs. 1 Satz 2
FGG § 29 Abs. 2
FGG § 160a Abs. 1
ZPO § 172
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 269/04

In der Vereinsregistersache betreffend

hat der 1. Zivilsenat des Kammergerichts in der Sitzung am 26. Oktober 2004 auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 17. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Sieveking und die Richter am Kammergericht Dr. Wimmer und Dr. Müther beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 18. August 2003 und der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 17. Juli 2004 werden aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung nach Maßgabe der folgenden Gründe an das Amtsgericht Charlottenburg zurückverwiesen.

Gründe:

I. Die Anmeldung des Beteiligten, vertreten durch die Vorstandsmitglieder, vom 18. März 2003 auf Eintragung in das Vereinsregister hat das Amtsgericht Charlottenburg mit Beschluss vom 18. August 2003 zurückgewiesen, der den beiden Vorstandsmitgliedern am 21. und 22. August 2003 und dem einreichenden Notar ebenfalls am 22. August 2003 zugestellt worden ist. Hiergegen hat das Vorstandsmitglied Lnnn unter Hinweis auf seine Vertretungsbefugnis mit Schriftsatz vom 22. August 2003, eingegangen am 26. August 2003, das zulässige Rechtsmittel eingelegt. Mit Schriftsatz vom 14. November 2003 hat sich der jetzige Verfahrensbevollmächtigte gemeldet und seine Vertretung angezeigt. Er hat das Rechtsmittel mit diesem und einem Schriftsatz vom 22. Juni 2004 weiter begründet. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde vom 18. August 2003 mit einem Beschluss vom 17. Juli 2004 zurückgewiesen, weil der Beteiligte die Anforderungen des § 21 BGB nicht erfülle. Der Beschluss ist dem Beteiligten am 16. Juli 2004 formlos übersandt worden. Hiergegen hat der Verfahrensbevollmächtigte mit einem Schriftsatz vom 30. Juli 2004, der am gleichen Tag eingegangen ist, sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

II. 1. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig. Die nach § 29 Absatz 2 FGG in Verbindung mit den §§ 22 Absatz 1 Satz 1, 160a Absatz 1 FGG einzuhaltende Frist von zwei Wochen ist gewahrt. Die Frist beginnt mit der Bekanntmachung der Entscheidung, hier des Beschlusses des Landgerichts vom 17. Juli 2004 zu laufen, § 22 Absatz 1 Satz 2 FGG. Zwar ist die notwendige Bekanntmachung nach § 16 Absatz 2 Satz 1 FGG durch Zustellung nach den Vorschriften der ZPO nicht erfolgt, insbesondere ist der Beschluss des Landgerichts nicht an den benannten Verfahrensbevollmächtigten zugestellt worden. Dies wäre aber nach § 172 ZPO für eine wirksame Zustellung notwendig gewesen (vgl. dazu Jansen, FGG, 2. Aufl., § 16 Rn. 30; a.A. Keidel/Schmidt, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 16 Rn. 36). Dass insoweit keine förmliche Bekanntgabe vorgenommen worden ist, hindert die Wirksamkeit der sofortigen weiteren Beschwerde nicht. Denn für die Zulässigkeit der Beschwerde reicht es aus, wenn die Entscheidung, wie dies hier der Fall ist, erlassen worden ist. Der Beteiligte, als in dessen Namen die weitere sofortige Beschwerde eingelegt anzusehen ist, ist als noch nicht eingetragener Verein beschwerdebefugt (BayObLG NJW-RR 1991, 958; OLG Hamm OLGR 1999, 344 mwN; ebenso zur GmbH bei konstitutiven Eintragungen: BGHZ 105, 324 = NJW 1989, 295; 107, 1, 2 = NJW 1989, 1610).

2. Die sofortige weitere Beschwerde, die sich gegen die Ablehnung der Eintragung des Beteiligten in das Vereinsregister wendet, hat auch in der Sache Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts ist nicht frei von Rechtsfehlern. Sie ist daher ebenso wie die Entscheidung des Amtsgerichts, mit der die Anmeldung zur Eintragung zurückgewiesen worden ist, aufzuheben. Die Sache ist zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen, weil der Sachverhalt noch nicht hinreichend geklärt ist.

a) Das Landgericht hat allerdings zu Recht die Zulässigkeit der durch ein Vorstandsmitglied eingelegten sofortigen Beschwerde bejaht. Die auch hier geltende Zweiwochenfrist war gewahrt, die Zustellungen waren am 21. bzw. 22. August 2003 erfolgt und die Beschwerdeschrift bereits am 26. August 2003 eingegangen. Die Beschwerde war auch im Namen des beschwerdebefugten Beteiligten eingelegt worden. Dies ist zwar nicht ausdrücklich erklärt worden. Es ergibt sich aber daraus, dass das Vorstandsmitglied auf seine Vertretungsbefugnis für den Beteiligten Bezug nimmt, die nur dann eine Rolle spielt, wenn auch ein Vertretungsfall gemeint war. Der Wirksamkeit der Beschwerde steht auch nicht entgegen, dass die Beschwerde nicht durch alle bestellten Vorstandsmitglieder eingelegt worden ist. Denn es ist mittlerweile anerkannt, dass die Einlegung durch Vorstandsmitglieder in vertretungsberechtigter Anzahl ausreicht (vgl. BayObLG NJW-RR 1991, 958; OLG Hamm NJW-RR 2000, 698). Beide bestellten Vorstandsmitglieder sind hier aber ausweislich der Satzung einzelvertretungsbefugt.

b) Die Annahme der Vorinstanzen, nach den getroffenen Festellungen komme eine Eintragung des Beteiligten nicht in Betracht, weil der Hauptzweck des Vereins auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet sei, hält angesichts der bisher getroffenen Feststellungen einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

aa) Nach § 21 BGB erlangt ein Verein, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, die Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereinsregister des zuständigen Amtsgerichts. Ein Verein dessen Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, erlangt die Rechtsfähigkeit nicht durch eine Eintragung in das Vereinsregister, sondern durch staatliche Verleihung. Liegt daher kein Idealverein, sondern ein wirtschaftlicher Verein vor, ist die Eintragung abzulehnen (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 989 = Rpfleger 1996, 291; Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 60 Rn. 1). Maßstab für die Beurteilung ist dabei nicht nur der Wortlaut der Satzung, sondern die tatsächlich ausgeübte bzw. beabsichtigte Tätigkeit (vgl. BayObLG Rpfleger 1977, 19, 20; Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 21 Rn. 6). Dabei ist die Annahme eines Idealvereins nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil der Verein irgendeine wirtschaftliche Betätigung vornimmt. Zur Erreichung seiner ideellen Ziele darf der Verein auch unternehmerische Tätigkeiten entfalten, ohne den Status eines Vereins im Sinne des § 21 BGB zu verlieren. Die unternehmerische Tätigkeit darf allerdings nicht Hauptzweck des Vereins sein (sog. Nebenzweckprivileg, vgl. BGHZ 85, 84, 88/89 = NJW 1983, 569, 571/572). Ob aber ein wirtschaftlicher Hauptzweck verfolgt wird, ist typologisch unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der §§ 21, 22 BGB zu ermitteln. Der Sinn und Zweck der §§ 21, 22 BGB ist es, aus Gründen der Sicherheit des Rechtsverkehrs, insbesondere des Gläubigerschutzes, Vereinigungen mit wirtschaftlicher Zielsetzung auf die dafür zur Verfügung stehenden handelsrechtlichen Formen zu verweisen und eine wirtschaftliche Betätigung von Idealvereinen zu verhindern, soweit diese den Rahmen des sog. Nebenzweckprivilegs überschreitet (vgl. BGH NJW 1986, 3201, 3202). Eine wirtschaftliche Betätigung im Sinne des § 22 BGB liegt dabei vor, wenn der Verein am Markt gegenüber Dritten unternehmerisch tätig wird, für seine Mitglieder unternehmerische Teilfunktionen wahrnimmt oder allein gegenüber seinen Mitgliedern unternehmerisch auftritt.

Von diesen Grundsätzen ist im Ansatz zwar auch das Landgericht ausgegangen. Es hat aber angenommen, dass der Beteiligte eine wirtschaftliche Tätigkeit auf einem inneren Markt entfalte, indem er planmäßig und dauerhaft seinen Mitgliedern entgeltliche Leistungen anbietet. Denn die nach Satzung zur theoretischen und praktischen Förderung der beruflichen Qualifikation und Erwachsenenbildung durchzuführenden Diskussionsforen, Seminare, Vortragsveranstaltungen, Werkstattgespräche, Übungen und Exkursionen würden üblicher Weise gegen Entgelt angeboten. Es sollten damit Leistungen erbracht werden, die den Mitgliedern Vorteile gegen Zahlung eines Mitgliedsbeitrages gewähren. Dieser Schluss von den üblicher Weise zu vergütenden Leistungen auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ist aber nicht gerechtfertigt, wie der Beteiligte zu Recht geltend macht. Denn etwa auch in unstreitigen Idealvereinen, wie Sportvereinen, werden Leistungen angeboten, die auch gegen Entgelt durch Unternehmen erbracht werden. Der Annahme eines unternehmerischen Angebots des Beteiligten gegenüber seinen Mitgliedern steht aber auch entgegen, dass der Verein sich nach § 2 Absatz 2 aus Mitgliedsbeiträgen, Zuschüssen, Zuwendungen und Spenden finanziert. Die Angebote des Beteiligten wenden sich dabei auch an Dritte, die ohne Mitglied zu sein und den Mitgliedsbeitrag zu leisten, an den Veranstaltungen des Beteiligten teilnehmen, ohne zur Finanzierung des Vereins beitragen zu müssen. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind daher aufzuheben.

bb) Der Senat kann allerdings nicht selbst in der Sache entscheiden, weil der Sachverhalt insoweit noch nicht ausreichend aufgeklärt ist. Auch wenn keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass der Beteiligte unternehmerisch am Markt oder gegenüber seinen Mitgliedern auftreten soll, kann sich eine wirtschaftliche Betätigung gleichwohl daraus ergeben, dass der Beteiligte durch seine Tätigkeiten zur Kundenwerbung für die Lnnnn Dnnnn Dnnnnnn Bnn & Co. Bnnn KG eingesetzt wird. Dann aber würde er eine unternehmerische Teilfunktion übernehmen, die hier zwar nicht für ein (Gründungs-) Mitglied oder die Mitglieder erfolgt. Dies ist aber nach Ansicht des Senats auch nicht erforderlich, weil es nach §§ 21, 22 BGB allein darauf ankommt, dass überhaupt unternehmerische Funktionen übernommen werden. Dafür, dass der Beteiligte die unternehmerische Teilfunktion Aquisition für das genannte gewerbliche Unternehmen übernehmen soll, sprechen zunächst die stark angeglichenen Bezeichnungen. Darüber hinaus ist jedenfalls hinsichtlich des Vorstands eine Personengleichheit gegeben, der Beteiligte ist auch unter der gleichen Adresse wie das gewerbliche Unternehmen ansässig. Schließlich erfordert die Ausstattung der Bildungsstätte mit modernen audiovisuellen Medien zu Lehr- und Lernzwecken erheblichen Finanzaufwand, der sich kaum aus den Beiträgen der sieben Gründungsmitglieder bestreiten lassen kann. Das Amtsgericht wird daher den Beteiligten zu einer Klärung aufzufordern haben, welche konkreten Veranstaltungen durch ihn durchgeführt werden, in welchem Zusammenhang diese Veranstaltungen zu den Angeboten der KG stehen und ob und inwieweit die KG deren Finanzierung übernommen hat. Darüber hinaus kommt eine Überprüfung des Auftretens des Beteiligten im Verkehr in Betracht (Werbebroschüren, Anzeigen, Internetauftritte u.ä.).

3. Soweit die weiteren Ermittlungen des Amtsgerichts ergeben, dass der Beteiligte die Voraussetzungen des § 21 BGB doch erfüllt, weist der Senat darauf hin, dass die Bezeichnung Academy in dem Namen nicht zu beanstanden sein dürfte (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 26. Oktober 2004, 1 W 295/04, zum Namensbestandteil "Akademie").

Ende der Entscheidung

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