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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 04.04.2006
Aktenzeichen: 1 W 272/05
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 141a
FGG § 142
FGG § 126
Der gesetzlichen Anhörungspflicht nach § 141 a Abs. 2 Satz 1 FGG genügt ein Schreiben, mit dem das Amtsgericht dem gesetzlichen Vertreter einer Gesellschaft seine Absicht bekanntmacht, die Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit zu löschen, eine Frist zum Widerspruch setzt und Hinweise dazu erteilt, wie der Nachweis des Vorhandenseins von Vermögen geführt werden kann. Einer Angabe, woraus das Registergericht auf eine Vermögenslosigkeit schließt, und der Beifügung entsprechender Unterlagen bedarf es nicht.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 272/05

In der Handelsregistersache betreffend

hat der 1. Zivilsenat des Kammergerichts auf die weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 7. Juni 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Sieveking, den Richter am Amtsgericht Müller und den Richter am Kammergericht Dr. Müther in der Sitzung am 4. April 2006 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird nach einem Wert von 3.000 EUR zurückgewiesen.

Gründe:

A.

Die im Handelsregister B des Amtsgerichts Charlottenburg unter der Nr. 89629 eingetragene Beteiligte ist am 31. März 2005 nach § 141a FGG wegen Vermögenslosigkeit im Register gelöscht worden. Gegen diese Löschung wandten sich der Geschäftsführer und die Beteiligte mit einem als "sofortige Beschwerde" bezeichneten Schreiben vom 13. April 2005. Das Amtsgericht hat in einem Vermerk dargelegt, dass die in diesem Schreiben geltend gemachte Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht gegeben sei, und hat die Sache dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt. Mit einem Schreiben vom 23. Mai 2005 hat die Gesellschaft nach rechtlichen Hinweisen durch das Landgericht vorsorglich an der "sofortigen Beschwerde" festgehalten und Unterlagen zum Beleg für das Vorhandensein von Vermögen vorgelegt. Das Landgericht hat mit dem Beschluss vom 7. Juni 2005 die gegen die Nichtdurchführung eines Löschungsverfahrens gerichtete Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beteiligte mit der weiteren Beschwerde vom 30. Juni 2005.

B.

I. Die zulässige weitere Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen für eine Löschung der Eintragung der Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit nach § 141a FGG nicht gegeben sind. Rechtsverletzungen, auf die die weitere Beschwerde allein mit Erfolg gestützt werden kann, vgl. § 27 Absatz 1 Satz 2 FGG in Verbindung mit §§ 546f. ZPO, enthält die Entscheidung des Landgerichts nicht.

1. Die Eintragung der Löschung einer Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit nach § 141a FGG kann ihrerseits nach § 142 Absatz 1 Satz 1 FGG gelöscht werden (vgl. OLG Düsseldorf OLGR 1998, 421; OLG Frankfurt OLGR 1998, 210). Dies setzt voraus, dass die Eintragung wegen des Fehlens einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig war. Die Unzulässigkeit der Eintragung kann dabei auf Mängeln sachlicher oder verfahrensrechtlicher Art beruhen (vgl. Jansen/Steder, FGG, 3. Aufl., § 142 Rn. 15), wobei eine sachliche Unrichtigkeit der Löschung nach § 141a FGG deren Löschung nur rechtfertigt, wenn sie ihrerseits auf einem wesentlichen Verfahrensmangel beruht (Jansen/Steder a.a.O. § 141 a Rdn. 77 f.; Keidel/Winkler, FG 15. Aufl. § 142 Rdn. 16; Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh/Zöllner, GmbHG, 18. Aufl., Anh. § 77 Rn. 11, jeweils m.w.N.). Denn für den Fall, dass die Gesellschaft doch noch oder wieder über das Vermögen verfügt (OLG Frankfurt OLGR 1998, 210; OLG Hamm NJW-RR 1993, 547, jeweils m.w.N.) ist - wie das Landgericht zu Recht ausführt - die Durchführung der Nachtragsliquidation vorgesehen, vgl. § 66 Absatz 5 GmbHG.

2. Entgegen der Auffassung der weiteren Beschwerde beruht die Eintragung der Löschung wegen Vermögenslosigkeit auch nicht auf einem wesentlichen Verfahrensmangel.

Zu Recht weist die Beteiligte allerdings darauf hin, dass wegen der mit der Löschung für das Organisationsgefüge einer Gesellschaft verbundenen erheblichen Beeinträchtigungen die Prüfung der Vermögenslosigkeit besonders gewissenhaft zu erfolgen hat (vgl. dazu Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh/Zöllner, GmbHG, 18. Aufl., Anh. § 77 Rn. 9 mwN). Von diesen Grundsätzen ist aber auch das Landgericht ausgegangen. Es hat im Ergebnis zu Recht einem wesentlichen Verfahrensmangel verneint.

Das Amtsgericht konnte aufgrund der Angaben des Finanzamtes für Körperschaften in dem Schreiben vom 16. Dezember 2004, mit dem die Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit beantragt worden ist, von einer zu vermutenden Vermögenslosigkeit ausgehen. Denn nach den Angaben des Finanzamts war die Vollstreckung in das Vermögen der Gesellschaft erfolglos versucht worden. Die Vollstreckungsversuche betrafen dabei nicht nur fruchtlose Sach-, sondern auch Forderungspfändungen. Diese erfolglosen Vollstreckungsversuche sind von der Beteiligten im Verfahren auch nicht bestritten worden. Sie ließen den Schluss auf eine Vermögenslosigkeit zu, weil sich aus ihnen gerade ergibt, dass Aktivvermögen nicht vorhanden ist und eine fehlende Befriedigung der Forderungen nicht allein auf dem Willen der Gesellschaft beruhte.Insoweit bedurfte es auch keiner weiteren Ermittlungen, weil das Amtsgericht davon ausgehen durfte, im Rahmen der Anhörung des Geschäftsführers von den gegen die Vermögenslosigkeit der Gesellschaft sprechenden Umständen zu erfahren. Im Übrigen wird das Fehlen von Aktivvermögen auch durch die von der Beteiligten im Beschwerdeverfahren eingereichte betriebswirtschaftliche Auswertung für September 2004 bestätigt, denn danach waren zu diesem Zeitpunkt keine liquiden Geldmittel vorhanden, sondern lediglich noch Forderungen: u.a. aus Steuererstattungsansprüchen gegen das Finanzamt, denen entsprechende, teils höhere Gegenforderungen gegenüberstanden. Für die Zeit von Oktober 2004 bis Februar 2005 und auch die Folgezeit hat die Beteiligte keine betriebswirtschaftlichen Auswertungen vorgelegt, was ebenfalls die Annahme bestätigt, dass in dieser Zeit kein Aktivvermögen vorhanden war.

Die Anhörung des Geschäftsführers ist auch nicht fehlerhaft erfolgt, wie die Beteiligte meint. Die Zustellung des Anhörungsschreibens war wirksam. Sie konnte nach § 177 ZPO, der nach § 16 Absatz 2 Satz 1 FGG auch im Registerverfahren gilt, durch persönliche Übergabe an den Geschäftsführer unter der Wohnanschrift erfolgen. Das Schreiben enthält den ausreichenden Hinweis, dass der Nachweis des Vorhandenseins von Vermögen durch die letzte Jahresbilanz, eine Zwischenbilanz und gegebenenfalls Kontoauszüge geführt werden kann. Einer Beifügung des Schreibens des Finanzamtes oder gar weiterer Unterlagen bedurfte es nicht. Warum dem Geschäftsführer ohne deren Kenntnis der Nachweis des Vorhandenseins von Vermögen der Gesellschaft unmöglich gewesen sein sollte, wie die Beteiligte geltend macht, ist unerfindlich. Er hat auch beim Amtsgericht keine Nachfrage gehalten oder um eine etwa erforderliche Fristverlängerung nachgesucht.

Ein wesentlicher Verfahrensfehler ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass das Amtsgericht im Löschungsverfahren nicht die Industrie- und Handelskammer Berlin angehört hat. Die Anhörung der in § 126 FGG aufgeführten Organe, zu denen die Industrie- und Handelskammer gehört, ist zwar nach § 141a Absatz 1 Satz 3 FGG ausdrücklich vorgesehen. Der Einholung von Informationen im Verfahren auf Eintragung der Löschung nach § 141a FGG kommt auch eine besondere Bedeutung zu, weil das Gericht über keine eigenen Informationsquellen verfügt und allein die Verletzung von Mitwirkungspflichten etwa gegenüber dem Finanzamt oder durch Auskunftsverweigerung gegenüber dem Registergericht durch die Gesellschaft regelmäßig keinen Schluss auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 141a Absatz 1 Satz 1 FGG rechtfertigt. So liegt der Fall hier aber nicht. Denn das Löschungsverfahren ist auf ausdrücklichen Antrag der Finanzbehörden eingeleitet worden (vgl. § 141a Absatz 1 Satz 1 FGG), die aufgrund des Steuerschuldverhältnisses in der Regel über sehr gute Kenntnisse über die Vermögensverhältnisse der Gesellschaften verfügen. Der Antrag war dabei ausdrücklich mit der Erfolglosigkeit von konkreten Vollstreckungsmaßnahmen und nicht lediglich mit fehlenden Informationen über die Vermögensverhältnisse oder der Verletzung steuerlicher Mitwirkungspflichten begründet worden. Die Vollstreckungsversuche betrafen dabei sowohl fruchtlose Sach- wie Forderungspfändungen. Angesichts dieser Sachlage stellt sich die fehlende Anhörung der IHK Berlin im Ergebnis nicht als wesentlicher Verfahrensfehler dar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die IHK aus eigener Kenntnis Auskunft über das Gebührenverhalten der Gesellschaften erteilen kann, woraus regelmäßig keine Schlüsse auf die Vermögenslosigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt gezogen werden können. Die weiteren Auskünfte, zu denen die IHK erst nach einer Rückfrage bei ihrem Kammermitglied in der Lage wäre, müssen hier außer Betracht bleiben. Denn wegen des unterlassenen Widerspruchs des Geschäftsführers kann nicht angenommen werden, das dieser auf eine Anfrage der IHK reagiert hätte. Die Beteiligte hat auch nichts näher zu den Erfolgsaussichten einer IHK-Anfrage vorgetragen. Nach allgemeinen Grundsätzen muss das Gericht in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit trotz der insoweit geltenden Amtsermittlungspflicht (§ 12 FGG) auch nicht allen denkbaren Möglichkeiten nachgehen. Die Pflicht zur Ermittlung reicht vielmehr nur so weit, als der Sachverhalt oder das Vorbringen der Beteiligten bei sorgfältiger Überlegung dazu Anlass geben. Die Ermittlungen sind so weit auszudehnen, dass der Sachverhalt vollständig aufgeklärt ist, und abzuschließen, wenn von weiteren Ermittlungen ein die Entscheidung beeinflussendes Ergebnis nicht mehr zu erwarten ist. Zu überflüssigen oder auch nur ergänzenden Ermittlungen ist das Gericht nicht verpflichtet. Insoweit weicht der Sachverhalt auch entscheidend von dem durch das OLG Frankfurt (OLGR 1998, 210) entschiedenen Fall ab. Dort lagen der Löschung keine konkreten Feststellungen zu einer Vermögenslosigkeit zugrunde und die Geschäftsführung war allein durch eine öffentliche Bekanntmachung angehört worden. Soweit sich die Beteiligte darauf beruft, eine Verletzung der Gewährung rechtlichen Gehörs lasse die Möglichkeit einer anderen Entscheidung grundsätzlich nicht ausgeschlossen erscheinen, verkennt sie, dass es bei der Anhörung der Organe nach § 126 FGG nicht um die Gewährung rechtlichen Gehörs, sondern um die Ermittlung des Sachverhalts geht.

II. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen, § 13a Absatz 1 Satz 1 FGG. Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf den §§ 131 Absatz 2, 30 KostO.



Ende der Entscheidung

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