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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 16.03.2007
Aktenzeichen: 1 W 276/06
Rechtsgebiete: ZPO, PatG
Vorschriften:
ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1 | |
PatG § 143 Abs. 3 |
Kammergericht Beschluss
Geschäftsnummer: 1 W 276/06
in Sachen
Der 1. Zivilsenat des Kammergerichts hat auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Berlin vom 31.5.2006 - 16.0.389/05 - in der Sitzung vom 16.3.2007 beschlossen:
Tenor:
In Änderung des angefochtenen Beschlusses werden als nach dem Versäumnisschlussurteil des Landgerichts Berlin vom 29.11.22005 von den Antragsgegnern a die Antragstellerin zu erstattende Kosten über den bereits festgesetzten Betrag hinaus weitere 2.053,69 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7.12.2005 festgesetzt.
Die Antragsgegner haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe:
I.
Die Rechtpflegerin hat im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss die geltend gemachten Terminsreisekosten des Prozessbevollmächtigten und des Patentanwalts der Antragstellerin zu den Terminen am 16.8.2005 und 29.11.2005 abgesetzt. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde. Sie verlangt - nach Rücknahme ihres Antrags wegen der in den Reisekosten enthaltenen Umsatzsteuerbeträge - die Festsetzung der weiteren in ihrem Antrag vom 7.12.2005 bezifferten Beträge.
II.
Das zulässige Rechtsmittel hat in dem nach der Rücknahme verbleibenden Umfang vollen Erfolg. Die Antragstellerin kann nach §§ 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1, VV Nr. 7003 - 7005 RVG sowie § 143 Abs. 3 PatG in Verbindung mit VV Nr. 7003 - 7005 RVG Erstattung der Reisekosten einschließlich Tage- und Abwesenheitsgeld ihres Prozessbevollmächtigten nnnnn sowie des mitwirkenden Patentanwalts nnnnn für die Termine am 16.8.2005 und am 29.11.2005 in der zutreffend errechneten und belegten Höhe verlangen.
1. Die Rechtspflegerin hat ausgeführt:
Die Antragstellerin verfüge nach eigenen Angaben über eine eigene, mit der Angelegenheit auch befasste Rechtsabteilung. Es sei ihr daher zuzumuten gewesen, dass die Rechtsabteilung den Sachverhalt aufbereitet und einen am Prozessgericht ansässigen Rechtsanwalt und Patentanwalt fernmündlich beauftragt und informiert hätte. Die durch die Beauftragung der Rechtsanwälte und mitwirkenden Patentanwälte der Kanzlei in München entstandenen Reisekosten und Tage- und Abwesenheitsgelder zur Wahrnehmung der Termine in Berlin seien daher nicht erstattungsfähig.
2. Die Antragstellerin trägt vor: Sie verfüge über eine eigene Rechtsabteilung und habe ihre Prozessbevollmächtigten fernmündlich sowie schriftlich beauftragt. Auch die Informationserteilung sei auf diesen Wegen sowie persönlich anlässlich der Vor- und Nachbesprechung der mündlichen Verhandlung in Berlin erfolgt (die Reisekosten ihrer Mitarbeiter aus Produktmanagement und Patentabteilung zu beiden Terminen hat die Antragstellerin ebenfalls geltend gemacht). Sie habe die Kanzlei der Rechts- und Patentanwälte in München beauftragt, weil diese sie regelmäßig in allen Fragen des gewerblichen Rechtsschutzes vertrete. Es sei ihr nicht zuzumuten, für jeden Gerichtsort eigene Rechtsanwälte und Patentanwälte vorzuhalten, sowie eine weitere Kanzlei zur Koordinierung der Verfahren.
3. Die Antragstellerin hat die Notwendigkeit der geltend gemachten Terminsreisekosten hinreichend glaubhaft gemacht (§ 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
a) Auf die Notwendigkeit eines persönlichen Informationsgesprächs ihrer Mitarbeiter mit den beauftragten Rechts- und Patentanwälten kommt es dabei nicht an. Dieses hat erst anlässlich der mündlichen Verhandlung stattgefunden. Die Frage, ob die Antragstellerin aus Gründen der Kostengeringhaltung für den Fall der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem Prozessgericht Berlin eine dort ansässige Kanzlei von Rechts- und Patentanwälten beauftragen sollte, stellte sich bereits vor Einleitung des Verfahrens. Die dazu erforderliche Information ist den Münchner Anwälten auf fernmündlichem und schriftlichem Wege erteilt worden.
b) Die Notwendigkeit der Beauftragung der Münchner Kanzlei zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung ergab sich jedoch aus der betriebsorganisatorischen Entscheidung der Antragstellerin, diese Kanzlei regelmäßig und bundesweit mit ihrer Vertretung in den Angelegenheiten des gewerblichen Rechtsschutzes zu betrauen. Das sonst zur Herstellung des Vertrauensverhältnisses notwendige persönliche Mandantengespräch ist dann im Einzelfall nicht mehr erforderlich, da es der ständigen Geschäftsbeziehung zugrunde liegt; die Informationserteilung kann auf dem jeweils zweckmäßigen Wege auch ohne persönlichen Kontakt erfolgen. Der Bundesgerichtshof hat dies in dem - nach Erlass des vorliegenden Kostenfestsetzungsbeschlusses ergangenen - Beschluss vom 28.6.2006 - IV ZB 44/05 - (NJW 2006 S. 3008) für den "Hausanwalt" eines bundesweit tätigen Versicherers entschieden und dazu ausgeführt, die gewählte Organisationsform werde von dem berechtigten Interesse des Mandanten getragen, sich durch den Rechtsanwalt seines Vertrauens auch vor auswärtigen Gerichten vertreten zu lassen; ein solcher Bedarf sei ebenso gewichtig wie ein etwaiger Bedarf an persönlichem Kontakt zwischen Partei und Anwalt (ebenso bereits BGH, Beschluss vom 11.3.2004 - VII ZB 27/03 -, NJW-RR 04, 858, zu II. 2. a); OLG Hamburg, MDR 05, 1317). Diese Erwägungen gelten erst recht für die Beauftragung des ständigen patentanwaltlichen Beraters (vgl. Senat, KG-Report Berlin 1996, 83). Auf die Vorbereitung des Rechtsstreits durch sachkundige Mitarbeiter der Rechts- und Patentabteilungen der Antragstellerin (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 18.12.2003 - I ZB 18/03 -, NJW-RR 04, 856 = JurBüro 04, 322; s. a. Beschl. v. 18.12.2003 - I ZB 21/03 -, JurBüro 04, 431, zu II. 2.) kommt es nicht an. Denn die Beauftragung der Münchner Kanzlei erfolgte unabhängig von der Vorbereitung und Begleitung des Rechtsstreits durch eigene Mitarbeiter aufgrund der sachlich begründeten Entscheidung der Antragstellerin, die Vertretung in anfallenden Patentstreitigkeiten einheitlich in die Hände der Rechts- und Patentanwälte der Münchner Kanzlei zu legen. Insofern ist eine andere Beurteilung geboten als etwa bei der Bearbeitung durchschnittlich schwieriger Wettbewerbsverstöße, die bis zur Terminsvertretung durch das geschulte Personal eines Wettbewerbsverbandes erfolgen kann (BGH a.a.O. NJW-RR 04, 856).
c) Die geltend gemachten Kosten übersteigen die Reisekosten nicht, die bei Beauftragung einer am Geschäftssitz der Antragstellerin (in nnnnnnn ) oder in dessen Nähe ansässigen Kanzlei durch Anreisen des Rechtsanwalts und Patentanwalts zu den Gerichtsterminen in Berlin entstanden wären. Das hat die Antragstellerin unbestritten dargelegt. Die vom Bundesgerichtshof (NJW-RR 04, 858; NJW 06, 3008) offen gelassene Frage, ob ausnahmsweise auch höhere Kosten aus der Beauftragung eines an einem dritten Ort ansässigen Prozessbevollmächtigten erstattungsfähig sind, bedarf auch hier keiner Entscheidung.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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