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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 06.10.2006
Aktenzeichen: 1 W 329/06
Rechtsgebiete: ZPO, ÖbVl-BO
Vorschriften:
ZPO § 114 | |
ZPO § 118 | |
ÖbVl-BO § 10 |
Kammergericht Beschluss
Geschäftsnummer: 1 W 329/06
In dem Rechtsstreit
hat der 1. Zivilsenat des Kammergerichts am 6. Oktober 2006 durch den Richter am Kammergericht Hinze als Einzelrichter beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 31. Juli 2006 gegen den Beschluss der Zivilkammer 31 des Landgerichts Berlin vom 29. Juni 2006 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Die gemäß § 127 Abs. 2, Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Zu Recht hat das Landgericht die hinreichende Erfolgsaussicht der vom Antragsteller beabsichtigten Rechtsverfolgung verneint (§ 114 Satz 1 ZPO).
a) Allerdings scheitert die beabsichtigte Klage nichts bereits an der fehlenden Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte. Zwar wird teilweise die Auffassung vertreten, für die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen durch öffentlich bestellte Vermessungsingenieure in Berlin sei der Verwaltungsrechtsweg eröffnet (KG, 7. Zivilsenat, KGR 1998, 362; dagegen KG, 6. Zivilsenat, KGR 1998, 360 ff). Mit der beabsichtigten Klage macht der Antragsteller jedoch keine Vergütungsansprüche gegen den Antragsgegner aufgrund eines ihm, dem Antragsteller erteilten Vermessungsauftrages geltend. Vielmehr nimmt er den Antragsgegner in dessen Eigenschaft als von der Aufsichtsbehörde mit der Abwicklung der Geschäfte des Antragstellers Beauftragten in Anspruch. Diese Fallgestaltung ist vergleichbar mit der Abwicklung einer Rechtsanwaltskanzlei durch einen von der Landesjustizverwaltung bestellten Abwickler. Für die Abwicklung einer Rechtsanwaltskanzlei ist anerkannt, dass das Verhältnis der Erben des verstorbenen Rechtsanwalts zum Abwickler rein privatrechtlicher Natur ist (BGH NJW 1999, 3037 ff). Für das Verhältnis zwischen dem mit der Abwicklung der Geschäftsstelle eines öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs Beauftragten und dem ehemaligen Inhaber der Geschäftsstelle kann nichts anderes gelten.
b) Ein Auftragsverhältnis zwischen den Parteien, aufgrund dessen der Antragsgegner dem Antragsteller nach § 666 BGB zur umfassenden Rechenschaftslegung und nach § 667 BGB zur Herausgabe alles aus der Abwicklung der Geschäftsstelle des Antragstellers Erlangten verpflichtet wäre, besteht entgegen der Annahme des Antragstellers nicht. Insbesondere ergibt sich ein derartiges Auftragsverhältnis nicht aus der Regelung in § 8 Abs. 4 Satz 2 der Verordnung über den Beruf des öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs vom 31. März 1987 (im Folgenden ÖbVl-BO) während nämlich für das Rechtsverhältnis zwischen dem Abwickler einer Rechtsanwaltskanzlei und den Erben des verstorbenen Rechtsanwalts die §§ 55 Abs. 3, 53 Abs. 9 Satz 2 BRAO eine ausdrückliche Verweisung auf die Vorschriften des bürgerlichen Gesetzbuchs über den Auftrag enthalten, wird der mit der Abwicklung der Geschäftsstelle eines anderen öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs Beauftragte nach § 10 Abs. 5 ÖbVl-BO "auf eigene Rechnung tätig". Eine Pflicht zur Rechenschaftslegung und zur Herausgabe besteht nur wenn und soweit der beauftragte Ingenieur von der sich aus § 10 Abs. 5 Satz 3 ÖbVl-BO ergebenden Befugnis Gebrauch gemacht hat, ausstehende Vergütungsforderungen des ausgeschiedenen öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs geltend zu machen. Ein darüber hinausgehendes Auftragsverhältnis zwischen den Parteien ergibt sich auch nicht aus dem vom Antragsteller als Anlage 3 überreichten Vermerk des Landesvermessungsamts Bnnnnn vom 14. Juli 1995. Dieser Vermerk enthält lediglich den Hinweis, dass der Antragsgegner Kostenbescheide jeweils in voller Höhe erlassen sollte und dem Antragsteller entsprechend der von ihm erbrachten Leistungen einen Ausgleichsanspruch entsprechend bestimmter Prozentsätze zustehen sollte. Ob der Antragsgegner tatsächlich vom Antragsteller erbrachte Leistungen abgerechnet und hierfür Zahlungen erhalten hat, kann dem Vermerk nicht entnommen werden. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, wie sich aus einem Vermerk des Landesvermessungsamtes Bnnnnn rechtliche Pflichten des Antragsgegners gegenüber dem Antragsteller ergeben sollten. Zu deiner zivilrechtlich verbindlichen Vereinbarung zwischen den Parteien fehlt es an konkretem Vortrag des Antragstellers.
c) Hinsichtlich der Frage, ob der Antragsgegner von der ihm in § 10 Abs. 5 Satz 3 ÖbVl-BO eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht hat, ausstehende Vergütungsforderungen des Antragstellers im eigenen Namen geltend zu machen, dürfte dem Antragsteller unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ein Anspruch auf Auskunftserteilung - nicht auf Rechnungslegung - grundsätzlich zustehen (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 262 Rdn. 8 ff). Zu diesem Anspruch hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 14. Februar 2006 vorgetragen, dass hinsichtlich der vier von ihm durchgeführten Aufträge Nr. 58/92, 4/94, 7/95 und 50/95 keinerlei Guthaben zugunsten des Klägers entstanden seien. Die entsprechenden Rechnungen hat er als Anlagen eingereicht. Mit Schriftsatz vom 31. März 2006 hat er seinen Vortrag dahingehend präzisiert, dass er hinsichtlich der Aufträge 4/94 und 50/95 lediglich die von ihm selbst bzw. seinen Mitarbeiter durchgeführten Tätigkeiten abgerechnet habe, nicht aber etwaige Vorleistungen des Klägers. Hinsichtlich des Auftrags 7/95 hätten keine Vorleistungen des Klägers bestanden. Bezüglich des Auftrags 58/92 seien vorliegende Vorleistungen des Klägers mit so schweren Mängeln behaftet gewesen, dass eine vollständige Neubearbeitung erforderlich gewesen sei. Weitere Aufträge aus der Geschäftsstelle des Antragstellers habe er nicht zu Ende geführt oder abgerechnet, sondern an andere Vermessungsingenieure abgegeben, die diese Aufträge eigenverantwortlich ausgeführt und abgerechnet hätten. Damit ist ein etwaiger Auskunftsanspruch des Antragstellers durch Erfüllung erloschen. Einen bezifferten Leistungsantrag hat der Antragsteller nicht gestellt. Im Übrigen sind die Voraussetzungen für einen Zahlungsanspruch des Antragstellers auch nicht ersichtlich. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet daher keine Aussicht auf Erfolg.
d) Ohne Erfolg macht der Antragsteller geltend, das Landgericht hätte ihm für die beabsichtigte Klage Prozesskostenhilfe bewilligen müssen, weil sein Antrag bereits mit Zugang des Schriftsatzes vom 25. Januar 2006 bei Gericht zur Entscheidung reif gewesen sei. Diese Auffassung trifft schon deshalb nicht zu, weil § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO grundsätzlich eine Anhörung des Gegners vor der Bewilligung der Prozesskostenhilfe vorschreibt. Hier hatte der Antragsteller erstmals mit dem genannten Schriftsatz vom 25. Januar 2006 angekündigt, den Antragsgegner im Wege der Stufenklage zunächst auf Auskunft in Anspruch nehmen zu wollen. Zu Recht hat das Landgericht daher dem Antragsgegner gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO zunächst Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem geänderten Antrag des Antragstellers eingeräumt. Noch innerhalb der gesetzten Frist zur Stellungnahme von zwei Wochen hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 14. Februar 2006 seine Auskunftspflicht erfüllt. Der weitere Schriftsatz vom 31. März 2006 diente lediglich der Präzisierung. Mithin war ein etwaiger Auskunftsanspruch des Antragstellers bereits bei Eintritt der Entscheidungsreife über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe erloschen. Die weiteren Fragen, ob für die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung auf den Zeitpunkt der Entscheidungsreife abzustellen ist (dagegen mit beachtlichen Gründen Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl. Rdn. 423 ff.) oder auf denjenigen der Beschlussfassung, und ob das Landgericht, wie der Antragsteller meint, die Entscheidung über seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe in unangemessener Weise verzögert hat, bedürfen unter diesen Umständen keiner Entscheidung.
e) In Hinblick auf die fehlende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung bedarf es auch keiner Prüfung der Frage, ob der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann oder ob er, wofür vieles spricht, die in seiner Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 10. November 2005 aufgeführten Bankguthaben einsetzen müsste.
2. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Die Gerichtskosten der erfolglosen Beschwerde hat der Antragsteller ohne besondere Entscheidung kraft Gesetzes zu tragen. Die Kosten des Antragsgegners sind wegen § 127 Abs. 4 ZPO auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Ende der Entscheidung
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