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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 14.03.2006
Aktenzeichen: 1 W 340/04
Rechtsgebiete: FGG, PsychKG, BGB, ZPO, KostO


Vorschriften:

FGG § 13a Abs. 1
FGG § 13a Abs. 1 S. 1
FGG § 13a Abs. 2 S. 1
FGG § 13a Abs. 2 S. 3
FGG § 20a Abs. 2
FGG § 22 Abs. 1
FGG § 27 Abs. 1
FGG § 27 Abs. 2
FGG § 29 Abs. 4
FGG § 70 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
FGG § 70 Abs. 1 S. 2 Nr. 3
PsychKG § 8 Abs. 1 S. 1
PsychKG § 1 Abs. 1 Nr. 2a
PsychKG § 1 Abs. 2
BGB § 1896 Abs. 1
BGB § 1896 Abs. 2 S. 2
BGB § 1906 Abs. 1 Nr. 2
BGB § 1908d Abs. 1 S. 1
ZPO § 546
KostO § 128b
KostO § 131 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 298/04 1 W 340/04 1 W 134/05

14.03.2006

In den Unterbringungs- und Betreuungsverfahren betreffend

hat der 1. Zivilsenat des Kammergerichts auf die sofortigen weiteren Beschwerden der Betroffenen vom 1. und 24. September 2004 sowie vom 5. April 2005 gegen die Beschlüsse des Landgerichts Berlin vom 24. August 2004 - 83 T XIV 76/04 L -, 21. September 2004 - 83 T 471/04 und 17. März 2005 - 83 T 462/04 - durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Sieveking, die Richterin am Kammergericht Dr. Rasch und den Richter am Amtsgericht Müller am 14. März 2006

beschlossen:

Tenor:

Die Unterbringungsverfahren 1 W 298/04 und 1 W 340/04 - sind beendet.

Eine Kostenerstattung findet nicht statt.

Die sofortige Beschwerde im Verfahren 1 W 134/05 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Die Unterbringungsverfahren - 1 W 298/04 und 1 W 340/04 sind beendet, weil mit dem Tod der Betroffenen, die allein die vormundschaftsgerichtlichen Entscheidungen angefochten hatte, kein Verfahrensbeteiligter mehr vorhanden und der Verfahrensgegenstand, der hier noch in der Feststellung der Rechtswidrigkeit der angeordneten Unterbringungsmaßnahmen bestand, nicht vererblich ist (BayObLG, FamRZ 2001, 1645, 1646).

1. Die außergerichtlichen Kosten der Betroffenen im Unterbringungsverfahren nach § 70 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 FGG - 1 W 298/04 - waren nicht dem Land Berlin aufzuerlegen.

a) Gemäß § 13a Abs. 2 S. 3 FGG hat das Gericht die Auslagen des Betroffenen der Körperschaft, der die für die Antragstellung zuständige Verwaltungsbehörde angehört, aufzuerlegen, wenn ein Antrag auf eine öffentlich-rechtliche Unterbringungsmaßnahme nach § 70 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 FGG abgelehnt oder zurückgenommen wird und das Verfahren ergeben hat, dass für die Verwaltungsbehörde ein begründeter Anlass, den Unterbringungsantrag zu stellen, nicht vorlag. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil ein Antrag der Verwaltungsbehörde weder abgelehnt noch zurückgewiesen wurde. Dem Antrag vom 11. August 2004 wurde seitens des Vormundschaftsgerichts vielmehr entsprochen und das Landgericht hat das Rechtsmittel hiergegen zurückgewiesen. Im Rahmen der sofortigen weiteren Beschwerde hat das Verfahren durch den Tod der Betroffenen sein Ende gefunden, ohne dass eine bestandskräftige Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Unterbringungsmaßnahmen ergangen ist.

b) Eine Kostenentscheidung zu Lasten der Verwaltungsbehörde gemäß § 13a Abs. 1 S. 1 FGG kam nicht in Betracht, weil das bisherige Verfahren nicht ergeben hat, dass für die Stellung des Unterbringungsantrags kein begründeter Anlass bestand, § 13a Abs. 2 S. 3 FGG, und sonstige Gründe, die eine Kostenerstattungsanordnung aus Billigkeitsgründen geboten erscheinen lassen könnten, nicht ersichtlich sind (vgl. Senat, Beschluss vom 1. September 1992 - 1 W 4144/92, FamRZ 1993, 84 ff; Juris, Rdn. 11; OLG Frankfurt/Main, OLG-Report 1995, 264). Gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 PsychKG können psychisch Kranke gegen oder ohne ihren Willen nur untergebracht werden, wenn und solange sie durch ihr krankheitsbedingtes Verhalten ihr Leben, ernsthaft ihre Gesundheit oder besonders bedeutende Rechtsgüter anderer in erheblichem Maße gefährden und diese Gefahr nicht anders abgewendet werden kann. Psychisch Kranke in diesem Sinne sind Personen, die an einer Psychose, einer psychischen Störung, die in ihren Auswirkungen einer Psychose gleichkommt, oder einer mit dem Verlust der Selbstkontrolle einhergehenden Abhängigkeit von Suchtstoffen leiden und bei denen ohne Behandlung keine Aussicht auf Heilung oder Besserung besteht, § 1 Abs. 1 Nr. 2a und Abs. 2 PsychKG. Die Betroffene, die in der Vergangenheit bereits mehrfach nach dem PsychKG untergebracht war, befand sich am 10. August 2004 in einem akuten manischen Schub ihrer bekannten Psychose. In diesem Zustand gefährdete sie sich und andere in erheblichem Maße, wie das Landgericht fehlerfrei festgestellt hat.

2. Die außergerichtlichen Auslagen der Betroffenen im Unterbringungsverfahren nach § 70 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 FGG in Verbindung mit § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB - 1 W 340/04 - waren nicht der Staatskasse aufzuerlegen.

a) In einem solchen Fall kann das Gericht die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, ganz oder teilweise der Staatskasse auferlegen, wenn eine Unterbringungsmaßnahme abgelehnt, als ungerechtfertigt aufgehoben, eingeschränkt oder das Verfahren ohne Entscheidung über eine Maßnahme beendet wird, § 13a Abs. 2 S. 1 FGG.

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, insbesondere liegt kein Fall vor, in dem das Unterbringungsverfahren ohne Entscheidung über eine Maßnahme beendet worden wäre. Das Vormundschaftsgericht hat die Unterbringung der Betroffenen durch die ehemalige Betreuerin genehmigt und das Landgericht hat das hiergegen gerichtete Rechtsmittel zurückgewiesen. Damit unterscheidet sich dieser Fall im Ergebnis nicht von dem der öffentlich-rechtlichen Unterbringung (vgl. oben 1. a). Hier wie dort kommt es für die Frage einer Kostenerstattung nach Beendigung des Verfahrens nicht darauf an, ob eine bestandskräftige Entscheidung über die Unterbringungsmaßnahme getroffen wurde. Maßgeblich ist allein, dass eine Unterbringungsmaßnahme gerichtlich genehmigt bzw. im Fall der öffentlich-rechtlichen Unterbringung einem entsprechenden Antrag durch ein Gericht entsprochen wurde.

b) Eine Kostenerstattung gemäß § 13a Abs. 1 FGG zu Lasten der Staatskasse kam nicht in Betracht, weil diese nicht Beteiligte des Unterbringungsverfahrens war. Die Anordnung der Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Betroffenen durch andere am Unterbringungsverfahren beteiligte Personen, insbesondere durch die ehemalige Betreuerin widerspräche der Billigkeit, § 13a Abs. 1 S. 1 FGG. Für ein grobes Verschulden (§ 13 a Abs. 1 S. 2 FGG) ist nichts ersichtlich.

II. Das im Verfahren 1 W 134/05 als sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts vom 17. März 2005 auszulegende Rechtsmittel, §§ 20a Abs. 2, 27 Abs. 2 FGG ist zulässig, insbesondere beträgt die Beschwer mehr als 100,00 EUR. Die sofortige weitere Beschwerde ist auch innerhalb der Frist von zwei Wochen eingelegt worden, §§ 29 Abs. 4, 22 Abs. 1 FGG.

Der Tod der Betroffenen hat dieses Verfahren nicht beendet. Verfahrensgegenstand ist allein die Kostenentscheidung des Landgerichts. Insoweit handelt sich nicht um höchstpersönliche Ansprüche der Betroffenen.

Die sofortige weitere Beschwerde ist unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, §§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO.

Zutreffend hat das Landgericht die Voraussetzungen von § 13a Abs. 2 S. 1 FGG, der hier einzig in Betracht kommenden Vorschrift für eine Kostenerstattung, verneint.

Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler darauf abgestellt, dass die Entscheidung über die Betreuerbestellung nicht als - von Anfang an - ungerechtfertigt aufgehoben worden ist. Zwar wurde die Betreuung durch den Beschluss des Vormundschaftsgerichts vom 15. Januar 2005 aufgehoben. Grund der Aufhebung war aber die Feststellung des Vormundschaftsgerichts, dass die Voraussetzungen für die Betreuung aufgrund des verbesserten Gesundheitszustands der Betroffenen weggefallen waren, § 1908d Abs. 1 S. 1 BGB. Dieser Fall wird von § 13a Abs. 2 S. 1 FGG nicht erfasst (Zimmermann, in: Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 13a, Rdn. 51b).

Das Landgericht konnte auch vom ursprünglichen Vorliegen der Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers ausgehen.

Nach dem Gutachten der Sachverständigen Dr. Wnn litt die Betroffene unter einer schizoaffektiven Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis. Die Sachverständige hat ausdrücklich festgestellt, dass die Betroffene deswegen nicht in der Lage war, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Danach lagen die Voraussetzungen des § 1896 Abs. 1 BGB vor. Gründe, die Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der Ausführungen der Sachverständigen gäben, kann der Senat nicht erkennen.

Die von der Betroffenen erteilte Vorsorgevollmacht machte die Bestellung eines Betreuers nicht nach § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB entbehrlich. Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn das Landgericht davon ausging, die Angelegenheiten der Betroffenen könnten durch die beiden Bevollmächtigten nicht ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden. Die Bestellung eines Betreuers trotz bestehender Vollmacht ist möglich, wenn die Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen durch den Bevollmächtigten dem Wohl des Betroffenen klar zuwiderläuft, so dass eine konkrete Gefahr für das Wohl des Betroffenen begründet wird (OLG Brandenburg, NJW 2005, 1587, 1588). Das ist der Fall, wenn ein Bevollmächtigter, wie in dem von dem Landgericht in Bezug genommenen Verfahren dargestellt, den mit der Anordnung der Betreuung eventuell verbundenen Zwang gegen den - kranken - Betroffenen prinzipiell ablehnt, daher den Willen des Betroffenen unabhängig von seiner konkreten Hilfsbedürftigkeit in jedem Fall über die am Wohl des Betroffenen ausgerichteten Maßnahmen stellt und deswegen dann jegliche Zusammenarbeit mit Ärzten, Pflegepersonal, Behörden und Sachverständigen sabotiert.

III. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, §§ 128b, 131 Abs. 3 KostO.

Ende der Entscheidung

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