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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 19.06.2001
Aktenzeichen: 1 W 364/01
Rechtsgebiete: BRAGO


Vorschriften:

BRAGO § 6 Abs. 1
Bei einer Prozessführung durch den Nachlasspfleger für unbekannte Erben liegt keine Mehrheit von Auftraggebern vor, selbst wenn außerhalb des Rechtsstreits mehrere Erben ermittelt worden sind.
KAMMERGERICHT Beschluss

1 W 364/01

in Sachen der

Der 1. Zivilsenat des Kammergerichts hat auf die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Berlin vom 24. April 2001 in der Sitzung vom 19. Juni 2001 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird nach einem Wert bis 10.000,- DM auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.

Gründe:

Das als "Erinnerung" bezeichnete Rechtsmittel der Kläger ist als sofortige Beschwerde zulässig (§§ 11 Abs. 1 RpflG, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO), hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die Kläger beanstanden zu Unrecht, dass bei der Kostenfestsetzung die Gebührenerhöhung nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO außer Ansatz geblieben ist.

Wird der Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber wegen desselben Gegenstands gleichzeitig tätig, so erhöht sich nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO die Prozessgebühr (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO) durch jeden weiteren Auftraggeber um drei Zehntel. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor: An die Stelle des im Lauf des Prozesses verstorbenen Herrn ist der zum Nachlasspfleger bestellte Rechtsanwalt S getreten, nachdem er mit Schriftsatz vom 15. Mai 2000 die Aufnahme des am 25. November 1999 ausgesetzten Verfahrens beantragt hat. Der Nachlasspfleger ist gesetzlicher Vertreter der unbekannten Erben. Bei seiner Bestellung durch das Nachlassgericht ist unbekannt, wer Erbe ist. Es kann eine Person sein, kann sich aber auch um eine Mehrheit von Personen handeln. Wegen der demnach für die Nachlasspflegschaft gerade charakteristischen Ungewissheit, wer der Erbe ist oder die Erben sind, liegt bei einer Prozessführung durch den Nachlasspfleger für die unbekannten Erben keine Mehrheit von Auftraggebern iSv § 6 BRAGO vor, wenn zwar mehrere Personen als Erbe in Betracht kommen, jedoch erst nach Abschluss der Instanz als Erben festgestellt werden (vgl. OLG Hamburg JurBüro 1982, 1505 [1506]; OLG Koblenz KostRsp § 6 BRAGO, Nr. 140; OLG München JurBüro 1990, 1156; Gerold/Schmidt-von Eicken, BRAGO, 14. Auflage, § 6 Rdn. 20; Hansens, BRAGO, 8. Aufl., § 6 Rdn. 6, Stichwort "unbekannte Erben"). Maßgeblich dafür, ob mehrere Auftraggeber iSv § 6 BRAGO vorhanden waren, sind grundsätzlich die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Bestehens des Auftrags, d.h. bis zum Abschluss der Instanz (vgl. OLG München a.a.O.). Bei einer Prozessführung für - zunächst - unbekannte Erben tritt daher eine Gebührenerhöhung nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO nur dann ein, wenn im Verlauf des Verfahrens eine Mehrzahl von Erben nicht nur außerhalb des Rechtsstreits ermittelt, sondern diese als Partei in den Rechtsstreit auch noch tatsächlich eingeführt worden sind, so dass auch der ergehende Titel nicht mehr auf unbekannte, sondern auf bestimmt bezeichnete Erben lautet. Allein der Umstand, dass mehrere Personen als Erben in Betracht kommen, ist dagegen nicht ausreichend, da der Rechtspfleger ansonsten im Kostenfestsetzungsverfahren - auch bei einem Streit mehrerer Erbprätendenten - klären müsste, welche Personen tatsächlich Erben sind, wozu dieses Verfahren weder bestimmt noch geeignet ist (vgl. OLG Hamburg a.a.O.).

Im vorliegenden Fall sind die nunmehr namentlich als Erben benannten Personen nicht als Partei auf der Kläger-Seite in den Rechtsstreit eingeführt worden, so dass die Rechtspflegerin des Landgerichts die Gebührenerhöhung nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO mit Recht nicht berücksichtigt hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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