Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 27.06.2006
Aktenzeichen: 1 W 366/05
Rechtsgebiete: BGB, RAG-DDR


Vorschriften:

BGB § 2353
RAG-DDR § 25 Absatz 2
Für die Erteilung eines gegenständlich beschränkten Erbscheins nach dem Recht der ehemaligen DDR fehlt es in der Regel an einem Rechtsschutzbedürfnis, wenn keine Anhaltspunkte für das Vorhandensein von Nachlassgegenständen bestehen, die von diesem Erbschein erfasst werden.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 366/05

In dem Erbscheinsverfahren

hat der 1. Zivilsenat des Kammergerichts auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 25. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Sieveking, den Richter am Amtsgericht Müller und den Richter am Kammergericht Dr. Müther in der Sitzung am 27. Juni 2006 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird nach einem Wert von 5.000 EUR zurückgewiesen.

Gründe:

A.

Die Beteiligte zu 1) ist die Tochter des nnnnnnnn aus dessen erster Ehe. Ihr Vater war der zweite Ehemann der Erblasserin, die vor ihm verstarb. Die Beteiligte zu 2) ist die einzige Nichte der Erblasserin. Deren Eltern und Geschwister sind vorverstorben. Die Erblasserin hat keine Verfügung von Todes wegen hinterlassen.

Die Beteiligte zu 1) hat auf der Grundlage einer vor einem Notar abgegebenen eidesstattlichen Versicherung vom 16. Dezember 2003 unter 12. November 2003 die Erteilung eines auf Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte auf dem Gebiet der ehemaligen DDR beschränkten Erbschein nach gesetzlicher Erbfolge beantragt, der ihren Vater als Alleinerben der Erblasserin ausweisen sollte. Diesen Antrag hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 27. Oktober 2004 zurückgewiesen, zugleich hat es unter dem Aktenzeichen 62 VI 149/04 einen entsprechenden, die Beteiligte zu 1) als Alleinerbin nach ihrem Vater ausweisenden "Eingeschränkten Erbschein" (Bl. 84 der Beiakte 62 VI 149/04 AG Tempelhof-Kreuzberg) erteilt). Die von dem von der Beteiligten zu 1) bevollmächtigten Erbenermittler eingelegte Beschwerde vom 8. November 2004 hat das Landgericht Berlin mit einem Beschluss vom 25. Juli 2005 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde vom 13. September 2005, die mit einem Schriftsatz vom 30. September 2005 begründet worden ist.

B.

I. Die weitere Beschwerde ist zulässig. Sie ist in der Form des § 29 Absatz 1 Satz 2 FGG eingelegt worden. Der Einhaltung einer Frist bedurfte es nicht. Die Beschwer der Beteiligten zu 1) ergibt sich aus der Zurückweisung ihrer Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 27. Oktober 2004.

II. Die weitere Beschwerde hat aber keinen Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, auf die allein eine weitere Beschwerde mit Erfolg gestützt werden kann (§ 27 Absatz 1 Satz 2 FGG in Verbindung mit §§ 546f. ZPO).

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Erblasserin sei auch wegen des Teils ihres Nachlasses, der darauf beruht, dass sie als Mitglied einer zum Zeitpunkt ihres Todes ungeteilten Erbengemeinschaft Eigentümerin eines Grundstücks innnnn gewesen sei, nach dem BGB beerbt worden, eine Nachlassspaltung, wie sie in dem beantragten Erbschein zugrunde gelegt werden sollte, sei nicht eingetreten. Der Vater der Beteiligten zu 2) sei nach dem bürgerlichen Recht nicht Alleinerbe der Erblassserin geworden. Ein diesen Umständen Rechnung tragender Erbscheinsantrag sei trotz entsprechender Hinweise nicht gestellt worden.

2. Diese Ausführungen halten jedenfalls im Ergebnis einer rechtlichen Überprüfung stand. Soweit die dem Erbenermittler erteilte Vollmacht, auf deren Grundlage dieser die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts eingelegt hat, wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam war, ist das Handeln des Erbenermittlers durch die Einlegung der weiteren Beschwerde durch einen von der Beteiligten zu 1) beauftragten Rechtsanwalt als geheilt anzusehen (vgl. dazu Senat, NJW-RR 2005, 1677 = OLGR 2005, 908 = Rpfleger 2005, 667).

Der Beteiligten zu 1) ist kein auf Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte auf dem Gebiet der ehemaligen DDR beschränkter Erbschein zu erteilen. Die Beteiligte zu 1) geht zwar zu Recht davon aus, dass die Erblasserin wegen ihres Todes nach dem 1. Januar 1976 und vor dem 3. Oktober 1990 aufgrund des § 25 Absatz 2 RAG/DDR, der hier nach Art. 235 § 1 Absatz 1 EGBGB noch anzuwenden ist, hinsichtlich Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, die in der ehemaligen DDR belegen waren, nach dem Recht der DDR beerbt worden wäre (vgl. dazu näher Senat, DtZ 1996, 217, 218; Palandt/Heldrich, BGB, 65. Aufl., Art. 25 EGBGB Rn. 24.; Münchener Kommentar/Mayer, BGB, 4. Aufl., § 2353 Rn. 144). Danach wäre der Vater der Beteiligten zu 1) gemäß § 366 ZGB als nachverstorbener Ehemann der Erblasserin deren Alleinerbe geworden. Für die Erteilung eines Erbscheins, der diese Erbfolge ausweist, fehlt es aber an einem Bedürfnis.

a) Den Eintritt eines solchen Erbfalles hat das Landgericht hinsichtlich der Beteiligung der Erblasserin an der als Eigentümerin des Grundstücks in nnn eingetragenen Erbengemeinschaft zutreffend und von der weiteren Beschwerde nicht näher angegriffen verneint. Nach § 25 Absatz 2 RAG/DDR richteten sich die erbrechtlichen Verhältnisse für einen nicht in der DDR lebenden Erblasser nur hinsichtlich Grundstücken und Gebäuden und Rechten an diesen nach dem Recht der DDR. Zu den danach von der sog. Nachlassspaltung erfassten Gegenständen gehören Anteile im Rahmen einer Erbengemeinschaft, auch wenn diese Eigentümerin eines Grundstück ist, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht (vgl. BGHZ 146, 310 = NJW 2001, 2396). Dieser Auffassung folgt der Senat (VIZ 2004, 92 = Rpfleger 2004, 44).

b) Eine Rechtsverletzung ergibt sich auch nicht daraus, dass das Landgericht einen Anspruch auf Erteilung eines auf Grundstücke und entsprechende Rechte beschränkten Erbscheins nicht unabhängig vom Vorhandensein derartiger Nachlassgegenstände angenommen hat. Denn für die Erteilung eines derartigen Erbscheins fehlt es der Beteiligten zu 1) an einem Rechtsschutzbedürfnis (vgl. dazu BayObLG VIZ 1999, 299; Münchener Kommentar/Mayer, BGB, 4. Aufl., § 2353 Rn. 62; vgl. auch BGH a.a.O. zu B. II. 2).

Die Beteiligte kann sich insoweit nicht darauf berufen, dass es grundsätzlich keines Nachweises der Notwendigkeit oder eines besonderen Bedürfnisses für die Erteilung eines Erbscheins bedarf. Denn dies gilt für den allgemeinen Erbschein, der sich nach dem Recht richtet, dem der Erblasser angehört, hier also nach dem Recht des BGB. Insoweit kann ein Bedürfnis für die Erteilung eines Erbennachweises ohne weiteres unterstellt werden (vgl. dazu BayObLG Rpfleger 1990, 512; FamRZ 1986, 1151, 1152; Münchener Kommentar/Mayer, BGB, 4. Aufl., § 2353 Rn. 62; Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl., § 2353 Rn. 28). Dies gilt selbst dann, wenn der Nachlass nicht werthaltig sein sollte (Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl., § 2353 Rn. 28).

Liegen diese Voraussetzungen nicht vor und soll ein Erbschein erteilt werden, der besondere Teile eines Nachlasses erfassen soll, ist demgegenüber ein besonderes Bedürfnis hierfür erforderlich. Für den sog. Fremdrechtserbschein nach § 2369 Absatz 1 BGB ergibt sich dies bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift (vgl. Münchener Kommentar/Mayer, BGB, 4. Aufl., § 2369 Rn. 13; Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl., § 2369 Rn. 8, jeweils mwN). Dies muss aber auch für einen Erbschein gelten, wie ihn die Beteiligte zu 1) beantragt hat. Denn auch hier gilt der Grundsatz, dass sich das Bedürfnis, ein von der allgemeinen durch den Erbschein nach § 2353 BGB bezeugten Erbfolge abweichendes Zeugnis über ein Erbrecht hinsichtlich bestimmter Nachlassgegenstände zu erteilen, nur beim Vorhandensein solcher Gegenstände ergibt (vgl. BayObLG VIZ 1999, 299; BGH a.a.O.).

Diese Einschränkung folgt überdies bereits aus dem Grundsatz, dass ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn der Antragsteller sein Ziel auf andere Weise eindeutig billiger und einfacher erreichen kann, so dass sich das Betreiben des Verfahrens als zweckwidrig erweist (vgl. Jansen, FGG, 2. Aufl., Vorbem §§ 8-18 Rn. 16; Bumiller/Winkler, § 12 Rn. 12).

Davon ist nämlich auszugehen, wenn - wie hier - keine Anhaltspunkte für Nachlassgegenstände bestehen, auf die sich der zu erteilende Erbschein bezieht. Das von der Beteiligten zu 1) angeführte Interesse, mit Hilfe des Erbscheins Nachforschungen über das Vorhandensein derartiger Nachlassgegenstände durchführen zu können, ist unerheblich. Denn für eine insoweit möglicherweise notwendige Grundbucheinsicht reicht nach § 12 Absatz 1 GBO bereits die Darlegung eines berechtigten Interesses aus. Ein Nachweis oder eine Glaubhaftmachung muss insoweit nicht erfolgen (Kuntz/Ertl/Eickmann, Grundbuchrecht, 6. Aufl., § 12 Rn. 4; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 13. Aufl., Rn. 526).

Im vorliegenden Fall kann die Beteiligte zu 1) ihr Rechtsschutzbedürfnis auch nicht aus den Besonderheiten des Falles herleiten. Der Bundesgerichtshof hat zwar in dem Beschluss vom 24. Januar 2001 (a.a.O.) angenommen, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für die Erteilung eines gegenständlich beschränkten Erbscheins auch dann vorliegen kann, wenn hinsichtlich des konkreten Erbfalls keine Nachlassspaltung eingetreten ist. Dies hat er damit begründet, dass der Erbfall, der zum Entstehen der Erbengemeinschaft führte, nach dem Recht der DDR zu beurteilen war, so dass im Hinblick auf die notwendige Grundbuchberichtigung ein den Sondernachlass betreffender Erbschein zweckdienlich war. Eine solche Fallgestaltung ist hier aber nicht gegeben. Die Erbengemeinschaft, deren Mitglied der Vater der Beteiligten zu 1) durch das Vorversterben der Erblasserin geworden ist, ist durch den Tod des Vaters der Erblasserin entstanden. Dieser ist bereits 1942 verstorben und damit nach dem Recht des BGB beerbt worden.

III. Eine Entscheidung nach § 13a Absatz 1 FGG ist nicht zu treffen, die Beteiligte zu 2) ist an dem Verfahren nicht beteiligt worden. Die Festsetzung des Geschäftswertes folgt aus den §§ 131 Absatz 2, 30 KostO.



Ende der Entscheidung

Zurück