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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 01.03.2005
Aktenzeichen: 1 W 4/04
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 12 Abs. 1
HGB § 12 Abs. 2 Satz 1
Eine Vollmacht zur Anmeldung zum Handelsregister ist der Auslegung zugänglich. Sie muss aber aus sich heraus verständlich sein, eine Auslegung über den Wortlaut hinaus ist unzulässig. Dies schließt es nicht aus, dass Begriffe nicht im rechtstechnischen Sinne zu verstehen sind, so dass mit der Bezeichnung als Geschäftsführer auch die alleinvertretungsberechtigen persönlich haftenden Gesellschafter gemeint sein können.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 4/04

In der Handelsregistersache

hat der 1. Zivilsenat auf die weitere Beschwerde der Gesellschafter gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 21. November 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Sieveking und die Richter am Kammergericht Dr. Wimmer und Dr. Müther in der Sitzung am 1. März 2005 beschlossen:

Tenor:

Auf die weitere Beschwerde werden die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Charlottenburg vom 27. März 2003 und der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 21. November 2003 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Entscheidung an das Amtsgericht Charlottenburg zurückverwiesen. Das Amtsgericht wird angewiesen, über die Anmeldung vom 10. Februar 2003 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

Gründe:

A.

Die Gesellschaft, die nach dem Austritt der Kommanditisten eine offene Handelsgesellschaft ist, ist seit dem 22. April 1994 im Handelsregister A des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragen. Am 17. Dezember 2002 ist der Eintritt der Fnnn Gnnnnnnnn GmbH (im Folgenden Fnnn GmbH) als persönlich haftende Gesellschafterin und das Ausscheiden des persönlich haftenden Gesellschafters Mnnnnn Hnn eingetragen. Die Fnnn GmbH ist nunmehr als einzige zur Vertretung befugte persönlich haftende Gesellschafterin eingetragen. Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 10. Februar 2003 meldeten die Fnnn GmbH, vertreten durch ihren alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer Gnnn Ann, Frau Rnn Gnnn und Herr Prof. Dr. Jnnn Gnnn das Ausscheiden der Frau Rnn Gnnn und den Eintritt des Herrn Prof. Dr. Jnnn Gnnn zur Eintragung an. Mit Schreiben vom 27. März 2003 beanstandete die Rechtspflegerin insoweit unter anderem, dass es an Vollmachten der weiteren Gesellschafter auf die Fnnn GmbH zur Anmeldung fehlen würde. Dem trat die Notarin mit dem Hinweis entgegen, dass die bereits bei der Akte befindlichen notariell beurkundeten Vollmachten auch eine Anmeldung von Änderungen durch die Fnnn GmbH umfassten. Nachdem das Amtsgericht eine Eintragung gleichwohl mit Schreiben vom 15. Mai 2003 abgelehnt hat, hat die Notarin mit Schreiben vom 31. Juli 2003 um Vorlage an das Landgericht gebeten und mit einem Schreiben vom 20. August 2003 klargestellt, dass Beschwerde gegen die Zwischenverfügung eingelegt sein soll. Auf die Vorlage durch das Amtsgericht hat das Landgericht die Beschwerde mit Beschluss vom 21. November 2003 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde vom 19. Dezember 2003.

B.

I. Die formgerecht eingelegte weitere Beschwerde ist zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg.

1. Das Landgericht hat angenommen, dass die Fnnn GmbH für die Anmeldung durch die anderen Gesellschafter nicht ausreichend bevollmächtigt gewesen sei, so dass das Amtsgericht zu Recht angenommen habe, dass es an einer Anmeldung durch alle Gesellschafter, wie sie durch § 108 HGB bei einem Aus- und Eintritt von Gesellschaftern gefordert werde, fehle. Die den früheren alleinvertretungsberechtigten persönlich haftenden Gesellschaftern, nämlich der Hnnnn Gnnnnn GmbH und dem Herrn Mnnnnn Hnn, jeweils gleichlautend erteilte Vollmacht, decke nicht eine Vertretung durch die Fnnn GmbH als nunmehrige alleinvertretungsberechtigte persönlich haftende Gesellschafterin. Eine Vollmacht zur Anmeldung könne zwar auch ausgelegt werden, wobei es wegen des Vorliegens einer Außenvollmacht hier auf das Verständnis des Registergerichts ankäme. Aber auch eine Auslegung der Vollmacht führe nicht zu der Annahme, dass auch die Fnnn GmbH vertretungsberechtigt sei. Der erste Teil der Vollmacht beziehe sich allein auf die früheren vertretungsberechtigten persönlich haftenden Gesellschafter. Der zweite Teil der Vollmacht, in dem die Geltung auf Nachfolger der bisherigen Geschäftsführer erstreckt werde, gelte nicht für den vorliegenden Fall, weil er nur die jeweiligen Geschäftsführer einer GmbH erfasse, nicht aber den Wechsel der persönlich haftenden Gesellschafter, die nach der üblichen Terminologie nicht Geschäftsführer einer offenen Handelsgesellschaft seien. Auf den Gesellschaftsvertrag könne nicht verwiesen werden, weil dieser bisher nicht eingereicht worden sei und im Übrigen aus einer Zeit datiere, die nach der Erteilung der Handelsregistervollmachten gelegen habe.

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Zutreffend ist das Landgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Aus- und Eintritt von Gesellschaften durch alle Gesellschafter und damit auch durch nicht vertretungsberechtigte Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft anzumelden ist. Dies ergibt sich in Bezug auf den Eintritt eines Gesellschafters aus § 107 Alt. 3 HGB in Verbindung mit § 108 HGB, der in Absatz 1 einschränkungslos eine Anmeldung von allen Gesellschaftern und in Absatz 2 zusätzlich eine Zeichnung von den vertretungsberechtigten Gesellschaftern verlangt. Für die Anmeldung des Austritts folgt dies aus § 143 Absatz 2 HGB in Verbindung mit § 143 Absatz 1 Satz 1 HGB. Zusätzlich hat insoweit auch der Ausgeschiedene anzumelden (vgl. BayObLG DB 1978, 1832; Baumbach/Hopt, HGB, 31. Aufl., § 143 Rn. 3).

Weiter ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass auch eine Vollmacht für eine Registeranmeldung der Auslegung fähig ist. Insoweit sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen, die dazu führen, dass die Vollmacht aus sich selbst heraus verständlich sein muss und damit eine Auslegung über den Wortlaut hinaus unzulässig ist (Bokelmann, in Münchener Kommentar zum HGB, § 12 Rn. 14; Staub in Ebenroth/Boujong, HGB, 2001, § 12 Rn. 72; vgl. auch Senat, Rpfleger 2004, 705 = GmbHR 2004, 1342 = NZG 2004, 1172 zur Auslegung eines Verschmelzungsvertrages). Dies folgt daraus, dass mit der Pflicht zur Anmeldung durch alle Beteiligten eine Gewähr für die Richtigkeit der angemeldeten Tatsache erreicht werden soll. Zudem wird durch das Erfordernis der notariellen Beglaubigung der Anmeldung zugleich eine Überprüfung möglich, dass die tatsächlich Beteiligten an der Anmeldung, die die Grundlage für die Eintragung darstellt, mitwirken. Dementsprechend ist im Fall der nach § 12 Absatz 2 HGB zulässigen Vertretung eine entsprechend deutliche und eindeutige Erklärung des eigentlich Beteiligten darüber notwendig, dass eine Vertretung zulässig und wer der Vertreter ist. Schon aus diesem Grund kann sich die Gesellschaft auch nicht auf einen Sprachgebrauch im Gesellschaftsvertrag berufen. Denn dieser ist nicht Teil der erteilten Vollmacht.

Die Entscheidung des Landgerichts erweist sich gleichwohl deshalb als fehlerhaft, weil eine Auslegung der von den übrigen Gesellschaftern gleichförmig erteilten Vollmacht eine Vertretungsbefugnis der Fnnn GmbH ergibt. Diese Auslegung kann von dem Senat selbst vorgenommen werden, weil die der Anmeldung zugrunde liegende Vollmacht, wie die Anmeldung selbst, Verfahrenshandlung ist. Das Landgericht geht insoweit zwar zutreffend davon aus, dass der in der Vollmacht verwandte Begriff "Geschäftsführer" nach der gesetzlichen Terminologie nur das Vertretungsorgan einer GmbH erfasst, so dass der Passus über die Geschäftsführer und ihre Nachfolger zunächst nicht den Wechsel des persönlich haftenden Gesellschafters selbst zu erfassen erscheint. Das Landgericht hat aber übersehen, dass der weitere Wortlaut in der Vollmacht darauf hindeutet, dass der Begriff des Geschäftsführers hier die vertretungsberechtigten persönlich haftenden Gesellschafter bezeichnet. Denn im Eingang der Vollmacht heißt es: "Hiermit erteile ich dem jeweiligen Geschäftsführer der Hnnnn ... GmbH, ... und Herrn Dipl.-Ing Mnnnnn Hnn, Bnnn, Vollmacht und zwar jedem Geschäftsführer alleine ...". Danach sind in der Vollmacht selbst die vertretungsberechtigten persönlich haftenden Gesellschafter als Geschäftsführer bezeichnet, so dass die weitere Formulierung gegen Ende der Vollmacht, nach der die Vollmacht auch für den Fall des Ausscheidens der derzeitigen Geschäftsführer für deren jeweilige Nachfolger gilt, entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht lediglich eine Wiederholung der im Zusammenhang mit den Geschäftsführern der Hnnnn GmbH gemachten Angaben darstellt, sondern eigenständige Bedeutung dahin hat, dass die Vollmacht auch für vertretungsberechtigte persönlich haftende Gesellschafter gilt, die als Nachfolger für die ausgeschiedenen bisherigen persönlich haftenden Gesellschafter eintreten. Dies ist aber bei der Fnnn GmbH der Fall, die für den persönlich haftenden Gesellschafter Mnnnnn Hnn eingetreten ist.

3. Nach alldem ist die Sache an das Amtsgericht Charlottenburg zurückzuverweisen, das nunmehr zu prüfen hat, ob entsprechende Vollmachten für alle weiteren Gesellschafter vorliegen.

II. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen, vgl. § 13a Absatz 1 FGG.

Ende der Entscheidung

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