Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 16.06.2009
Aktenzeichen: 1 W 492/07
Rechtsgebiete: RVG, ZPO


Vorschriften:

RVG § 45 Abs. 1
RVG § 49
ZPO § 121 Abs. 1
Ist ein Rechtsanwalt sich selbst im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet worden, kann ihm die gesetzliche Vergütung nach §§ 45 Abs.1, 49 RVG nicht deshalb versagt werden, weil er mit sich selbst keinen Mandatsvertrag schließen kann.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 492/07

In dem Kostenstreit

hat der 1. Zivilsenat des Kammergerichts auf die Beschwerde des Antragstellers vom 2. Oktober 2007 gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 19. September 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Sieveking, den Richter am Kammergericht Müller und die Richterin am Kammergericht Dr. Rieger am 16. Juni 2009 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird geändert und neu gefasst: Die dem Antragsteller aus der Landeskasse zu gewährende Vergütung wird auf 786,50 € festgesetzt. Im Übrigen wird die Erinnerung des Antragstellers vom 1. Februar 2007 gegen den Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Landgerichts Berlin vom 29. Januar 2007 zurückgewiesen.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 56 Abs.2 S.1, 33 Abs.3 S.1 und 3, Abs.7 RVG) und in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang begründet. Dem Antragsteller steht gegen die Landeskasse gemäß §§ 45 Abs.1, 49 RVG ein Anspruch auf Zahlung der im Antrag vom 2. November 2006 zutreffend berechneten Netto-Vergütung zu. In seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt ist er mit Beschluss des Prozessgerichts vom 7. Juli 2006 im Wege der Prozesskostenhilfe sich selbst beigeordnet worden.

Es kommt nicht darauf an, ob die Selbstbeiordnung nach § 121 Abs.1 ZPO fehlerhaft war (vgl. dazu BAG, NJW 2008, 604 f.; OLG München, FamRZ 2009, 899 f.; Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 121 Rn. 1 m.w.N.). Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die Berechtigung der Beiordnung im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG nicht zu überprüfen (vgl. Zöller/Philippi, a.a.O., § 121 Rn. 32; Gerold/Müller-Rabe, RVG, 18. Aufl., § 55 Rn. 21). Der Beschluss vom 7. Juli 2006 ist gemäß § 48 Abs.1 RVG bindend.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts steht dem Vergütungsanspruch nicht entgegen, dass der Antragsteller mit sich selbst als Mandant keinen Anwaltsvertrag nach §§ 611 ff., 675 Abs.1 BGB schließen kann, was allerdings nicht ausschließt, in diesem Fall von einer "Selbstbeauftragung" zu sprechen, vgl. BGH, NJW 2004, 2448. Zwar setzt der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse regelmäßig voraus, dass dem Rechtsanwalt gegen die von ihm zu vertretende Partei ein privatrechtlicher Vergütungsanspruch erwachsen ist (vgl. Senat, AnwBl 1985, 218 f.; Gerold/Müller-Rabe, a.a.O., § 45 Rn. 28). Das kann jedoch nicht für den Fall der Selbstbeiordnung gelten, in dem ein solcher Anspruch nicht entstehen kann. Hier genügt es, wenn der von sich selbst "beauftragte" Rechtsanwalt entsprechend seiner Beiordnung tätig wird. Das ergibt sich aus dem Zweck der Selbstbeiordnung, der gerade darin besteht, dem sich selbst vertretenden Rechtsanwalt den Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse zu eröffnen (vgl. BAG, a.a.O.). Die Bindung an die Entscheidung des Prozessgerichts ist nicht dadurch zu unterlaufen, dass der Vergütungsanspruch von Voraussetzungen abhängig gemacht wird, deren Erfüllung rechtlich unmöglich ist.

Die weitergehende Beschwerde ist nicht begründet. Das Landgericht hat die Festsetzung der nach Nr. 7008 RVG VV geltend gemachten Umsatzsteuer i.H.v. 125,84 € im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Zur gesetzlichen Vergütung i.S.v. § 45 Abs.1 RVG gehört die Umsatzsteuer nur soweit die Leistung des Rechtsanwalts umsatzsteuerbar ist (vgl. BGH, NJW-RR 2005, 363; Zöller/Herget, a.a.O., § 91 Rn. 13 "Umsatzsteuer"). Wird ein Rechtsanwalt in eigener Sache tätig, liegt kein steuerbarer Umsatz vor, wenn die Angelegenheit - wie hier - zu seinem beruflichen Bereich gehört. Eine solche Tätigkeit ist keine umsatzsteuerbare sonstige Leistung gegen Entgelt für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen (§ 3 Abs.9a UStG), sondern unterfällt als sog. Innengeschäft nicht der Umsatzsteuer (BGH, a.a.O).

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs.2 S.2 und 3 RVG).

Ende der Entscheidung

Zurück