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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 01.02.2005
Aktenzeichen: 1 W 528/01
Rechtsgebiete: BGB, FGG


Vorschriften:

BGB § 59
BGB § 60
FGG § 160 a Absatz 1
Die erneute Anmeldung eines Vereins in das Vereinregister ist wegen Fehlens eines Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, wenn sie ausdrücklich auf die Tatsachen der früheren Anmeldung gestützt wird und die Beschwerde gegen die Zurückweisung der früheren Anmeldung erfolglos geblieben ist. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn die früheren Entscheidungen offensichtlich unrichtig gewesen sind oder eine Änderung der Sachlage eine Neubescheidung gebietet.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 528/01

In der Vereinsregistersache betreffend

hat der 1. Zivilsenat des Kammergerichts auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 21. August 2001 in der Sitzung am 1. Februar 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Sieveking und die Richter am Kammergericht Dr. Wimmer und Dr. Müther beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird nach einem Wert von 5.000 DM zurückgewiesen.

Gründe:

A.

Mit einem einfachen Schreiben an das Vereinsregistergericht vom 9. April 2004 hat das einzige Vorstandsmitglied des am 27. Juli 2000 gegründeten Vereins unter gleichzeitiger Überweisung eines Betrages von 121,40 DM als Kostenvorschuss beantragt, die zum Aktenzeichen 95 AR 1090/00 eingereichten Unterlagen beizuziehen und zum Gegenstand dieses Verfahrens zu machen. Ein entsprechendes Schreiben, datiert vom 31. Mai 2001 und mit einer notariell beglaubigten Unterschrift des einzigen Vorstandsmitglieds versehen, ist am 5. Juni 2001 eingegangen. Das Registergericht hat aus dem in Bezug genommenen Verfahren Kopien des Gründungsprotokolls vom 27. Juli 2000 und der von den dreizehn Gründungsmitgliedern unterschriebenen Satzung zur Akte genommen. Mit Schreiben vom 18. Juni 2001 hat die zuständige Rechtspflegerin hierauf hingewiesen und zugleich auf eine in dem anderen Verfahrenen ergangene Zwischenverfügung vom 1. September 2000 Bezug genommen. Zur Behebung der dort genannten Beanstandungen hat sie eine Frist von vier Wochen gesetzt und angedroht, die Anmeldung vom 31. Mai 2001 nach ergebnislosem Ablauf als unzulässig zurückzuweisen.

In dem Verfahren zum Az.: 95 AR 1090/00 war der Verein ebenfalls aufgrund der Gründungsunterlagen vom 27. Juli 2000 zur Eintragung angemeldet worden. Mit der Verfügung vom 1. September 2000 hatte das Registergericht darauf hingewiesen, dass der gewählte Vereinsname wegen Irreführung nicht eintragungsfähig und aus der Satzung nicht eindeutig ersichtlich sei, dass es sich um einen nichtwirtschaftlichen Verein handele. Nachdem diesen Beanstandungen nicht Rechnung getragen worden ist, hat das Amtsgericht die Anmeldung vom 24. August 2000 mit einem Beschluss vom 27. Dezember 2000 zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht Berlin mit einem Beschuss vom 6. Februar 2001 wegen der Nichteinhaltung der Beschwerdefrist als unzulässig verworfen. Die weiter eingelegte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war mit einem Beschluss vom 7. März 2001 zurückgewiesen worden. Die gegen den Beschluss vom 6. Februar 2001 eingelegte weitere Beschwerde ist vom Senat mit einem Beschluss vom 3. April 2001 zurückgewiesen worden, weil das Landgericht zutreffend angenommen habe, dass die Beschwerdefrist versäumt worden sei.

Nachdem der Vorstand auf die Verfügung vom 18. Juni 2001 mitgeteilt hat, dass es keine Nachbesserung geben werde, hat das Amtsgericht die Anmeldung vom 31. Mai 2001 als unzulässig zurückgewiesen. Dieser Beschluss ist dem Vorstandsmitglied am 25. Juli 2001 zugestellt worden. Hiergegen hat er mit einem Schreiben vom 27. Juli 2001, das am 30. Juli 2001 beim Amtsgericht eingegangen ist, Beschwerde eingelegt. Zur Begründung wird ausgeführt, dass zwar eine Wiederholung der ursprünglichen Anmeldung vorliege, aber schon die Anmeldung vom 24. August 2000 unter anderem deshalb nicht habe zurückgewiesen werden dürfen, weil der gegründete Verein eine Religionsgemeinschaft iSd Art. 140 GG sei. Diese Beschwerde hat das Landgericht Berlin mit einem Beschluss vom 21. August 2001, der dem Vorstandsmitglied am 19. September 2001 zugestellt worden ist, zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die vom Vorstandsmitglied zu Protokoll der Geschäftsstelle des Kammergerichts am 27. September 2001 eingelegte sofortige weitere Beschwerde.

B.

I. Das Rechtsmittel ist als sofortige weitere Beschwerde zulässig. Es ist als in Namen des Vereins eingelegt anzusehen. Der Verein ist insoweit durch die Zurückweisung seiner Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 18. Juni 2001 beschwert. Auch die Beschwerdefrist nach §§ 160a Absatz 1, 22 Absatz 1 Satz 1 FGG, die nach 29 Absatz 4 FGG auch für die weitere Beschwerde gilt, ist gewahrt. Der Beschluss vom 21. August 2001 ist dem gesetzlichen Vertreter des Vereins am 19. September 2001 zugestellt worden. Hiergegen hat er formgerecht zu Protokoll der Geschäftsstelle des Kammergerichts am 27. September 2001 das Rechtsmittel erhoben.

II. Die sofortige weitere Beschwerde hat aber keinen Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, worauf die sofortige weitere Beschwerde allein mit Erfolg gestützt werden kann, § 27 Absatz 1 Satz 2 FGG iVm §§ 550f. ZPO a.F.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die sofortige Beschwerde sei zulässig. Die Beschwerde sei, wie eine Auslegung ergebe, im Namen des einzigen Vorstandsmitglieds eingelegt und dieses sei als Anmeldender nach § 71 Satz 2 BGB (gemeint wohl § 59 Absatz 1 BGB) beschwert. Die Beschwerde habe aber in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht habe die Anmeldung zwar zu Unrecht wegen der Wiederholung der Anmeldung als unzulässig angesehen. Denn über die Eintragung des Vereins sie nicht materiell rechtskräftig entschieden worden. Die Anmeldung sei jedoch zurückzuweisen gewesen, weil der gewählte Name täuschend und damit unzulässig sei.

2. Diese Ausführungen halten im Ergebnis einer rechtlichen Überprüfung stand.

a) Das Landgericht ist zutreffend von einer Zulässigkeit der Beschwerde ausgegangen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts war die Beschwerde vom 27. Juli 2001 aber als im Namen des Vereins eingelegt anzusehen. Denn durch die Zurückweisung der Anmeldung auf Eintragung des Vereins wird nicht der Vorstand, sondern der Verein beschwert (vgl. Senat, Beschluss vom 26. Oktober 2004, 1 W 269/04, zur Veröffentlichung vorgesehen; BayObLG NJW-RR 1991, 958; OLG Hamm OLGR 1999, 344 mwN). Die Beschwerde vom 27. Juli 2001 ist unter dem Briefkopf des Vereins eingelegt worden, für den wie bei der Anmeldung sein einziges Vorstandsmitglied handelte. Auch nach dem Grundsatz der wohlwollenden Auslegung (vgl. dazu Keidel/Zimmermann, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 11 Rn. 35) ist von einer Einlegung im Namen des Vereins auszugehen.

b) Dass - wie das Landgericht zu Recht angenommen hat - der gewählte Vereinsname als irreführend und damit unzulässig anzusehen ist, liegt nahe. Die Frage kann aber offen bleiben, weil die Anmeldung vom 31. Mai 2001 bereits als unzulässig zu verwerfen war, so dass die Beschwerde schon aus diesem Grund keinen Erfolg haben konnte.

aa) Die Unzulässigkeit der Anmeldung ergibt sich allerdings nicht aus einer rechtskräftigen Entscheidung über die Frage der Eintragungsfähigkeit des Vereins. Das Landgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass eine rechtskräftige Entscheidung mit der Wirkung, dass über die selbe Sache keine Entscheidung mehr getroffen werden darf, nur dann in Betracht kommt, wenn neben eine formelle Rechtskraft auch materielle Rechtskraftwirkungen treten. Dass diese Wirkungen im vorliegenden Fall der Zurückweisung der Anmeldung eines Vereins zur Eintragung in das Vereinsregister eintreten, hat das Landgericht mit Recht verneint (vgl. Senat OLG-NL 2001, 205, 206; LG Hildesheim NJW 1965, 2400). Derartige Wirkungen sind nicht allein deshalb anzunehmen, weil der Gesetzgeber als Rechtsmittel gegen die Zurückweisung nur die sofortige Beschwerde eingeführt hat. Denn damit wird nur die Frage einer formellen Rechtskraft bejaht. Etwas anderes ist im vorliegenden Fall auch nicht deshalb anzunehmen, weil sich der Rechtsbehelf gegen die Zurückweisung der Erstanmeldung auf Eintragung in das Handelsregister bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz) vom 5. August 1964 (BGBl. I S. 593) nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die sofortige Beschwerde richtete. Denn auch im Zivilprozess ist die Anordnung einer sofortigen Beschwerde nicht notwendig mit einer materiellen Rechtskraft der der sofortigen Beschwerde unterliegenden Entscheidungen verbunden (vgl. BGH NJW 2004, 1805 = MDR 2004, 961 zur sofortigen Beschwerde nach § 127 Absatz 2 Satz 2 ZPO n.F.). Für die Frage der Bejahung einer materiellen Rechtskraft maßgebend ist vielmehr, ob der Entscheidung streitentscheidende Wirkung beizulegen ist, die endgültigen Rechtsfrieden schaffen soll. Diese Wirkungen sind für eine Entscheidung in einem Registereintragungsverfahren, in dem neben dem Eintragungswilligen keine weiteren Personen beteiligt sind, zu verneinen (vgl. Senat OLG-NL 2001, 205, 206; BayObLGZ 1996, 188, 190f.; Keidel/Zimmer-mann, aaO, § 31 Rn. 21 mwN).

bb) Das Landgericht hat aber nicht geprüft, ob der Anmeldung nicht das Rechtsschutzbedürfnis fehlte, das auch in Verfahren in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vorliegen muss und in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen ist. Das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnis für die erneute Anmeldung eines Vereins zur Eintragung ist zu verneinen, wenn eine vorherige Anmeldung unter Vorlage der gleichen Unterlagen bereits zurückgewiesen worden ist und ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung wegen Fristablaufs nicht mehr eingelegt worden ist oder die eingelegten Rechtsbehelfe keinen Erfolg hatten (vgl. Sauter/Schweyer/Waldner, Vereinsrecht, 17. Aufl., 2001, Rn. 21; Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 9. Aufl., 2003, Rn. 182a). Denn es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit der Befristung des Rechtsmittels jedenfalls eine schnelle Entscheidung und damit Rechtsfrieden hinsichtlich der zur Entscheidung stehenden Eintragungsgrundlagen schaffen wollte.

Diese Grundsätze greifen nach Auffassung des Senats auch im vorliegenden Fall ein. Denn Grundlage der neuen Anmeldung vom 31. Mai 2001 sind ausdrücklich und genau die Tatsachen, die bereits mit der Anmeldung vom 24. August 2000 - von derselben Person - eingereicht worden waren. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist im vorliegenden Fall auch nicht deshalb zu bejahen, weil auf das gegen die Zurückweisung dieser Anmeldung gerichtete Rechtsmittel keine sachliche Entscheidung ergangen ist. Ein Bedürfnis für eine erneute Befassung der Gerichte mit einer Sache kann sich auch in einer derartigen Situation allenfalls daraus ergeben, dass die damalige Auffassung des Amtsgerichts offensichtlich unrichtig gewesen wäre. Dies ist aber nicht der Fall. Das Amtsgericht hat insoweit zwar die Auffassung vertreten, dass allein schon aus der Satzung ohne weiteres ersichtlich sein müsste, dass der Verein als nichtwirtschaftlicher Verein anzusehen ist (vgl. dazu Senat, Beschlüsse vom 26. Oktober 2004, 1 W 269/04 und 295/04, jeweils zur Veröffentlichung vorgesehen). Ob diese Auffassung aber offensichtlich unrichtig ist, kann dahinstehen. Denn die vom Amtsgericht in der Verfügung geltend gemachten Bedenken hinsichtlich des Vereinsnamens, die sich darauf beziehen, dass der Vereinsname "Bnnnnnn Dnnnn Pnnnnnnnn" lauten soll, obwohl lediglich dreizehn natürliche Personen Mitglied sind, werden vom Landgericht in dem angefochtenen Beschluss geteilt und sind jedenfalls nicht von der Hand zu weisen. Der insoweit angenommene Verstoß gegen die entsprechend anzuwendende Regelung des § 18 Absatz 2 HGB (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 19. August 2004, 1 W 190/01; Beschluss vom 26. Oktober 2004, 1 W 295/04, zur Veröffentlichung vorgesehen; OLG Frankfurt OLGR 2001, 54; OLG Hamm OLGR 1999, 344) stellt auch ein Eintragungshindernis dar. Diese Vorschrift war im vorliegenden Fall anzuwenden, obwohl sich der Verein als Religionsgemeinschaft ansieht. Denn nach Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Absatz 3 Satz 1 WRV gelten für derartige Vereinigungen auch die allgemeinen Vorschriften, zu denen auch § 18 Absatz 2 HGB gehört (vgl. Reichert, aaO, Rn. 2959).

c) Ob darüber hinaus für eine erneute Anmeldung eine Beschlussfassung der Gründungsmitglieder über eine Fortsetzung des Vereins und eine Neuanmeldung notwendig war, weil eine formell rechtskräftige Zurückweisung der Anmeldung auf Ersteintragung zu einer Unmöglichkeit der Erreichung des ursprünglich vereinbarten Zweckes der Vereinsgründung geführt haben könnte (§ 54 Satz 1 in Verbindung mit § 726 BGB), kann insoweit dahinstehen. Es kann auch offen bleiben, unter welchen Voraussetzungen eine nach erneuter Beschlussfassung eingereichte Anmeldung neu zu bescheiden wäre (vgl. Senat, OLG-NL 2001, 205, 207).

III. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen, weil es an einem etwaigen Erstattungsberechtigten fehlt. Der Wert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde folgt aus den §§ 131 Absatz 2, 30 Absatz 2 Satz 1 KostO a.F., wobei die Fassung zum Zeitpunkt der Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde im Jahr 2001 anzuwenden ist, § 161 Satz 2 KostO.



Ende der Entscheidung

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