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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 26.05.2009
Aktenzeichen: 1 W 61/08
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, FGG, KostO
Vorschriften:
BGB § 125 | |
BGB § 133 | |
BGB § 140 | |
BGB § 518 Abs. 1 | |
BGB § 1937 | |
BGB § 2084 | |
BGB § 2087 Abs. 1 | |
BGB § 2087 Abs. 2 | |
ZPO § 563 Abs. 3 | |
FGG § 12 | |
FGG § 13a Abs. 1 S. 1 | |
FGG § 13a Abs. 1 S. 2 | |
KostO § 30 Abs. 1 | |
KostO § 131 Abs. 2 |
Kammergericht Beschluss
Geschäftsnummer: 1 W 61/08
In der Erbscheinssache betreffend
hat der 1. Zivilsenat des Kammergerichts auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3) bis 7) und 9) bis 11) vom 24. Januar 2008 gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 25. September 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Sieveking, den Richter am Kammergericht Müller und die Richterin am Kammergericht Dr. Rieger am 26. Mai 2009 beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird - bis auf die Festsetzung des Beschwerdewerts - aufgehoben.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 15. April 2005 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Schöneberg vom 23. März 2005 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 1) hat den Beteiligten zu 3) bis 7) und 9) bis 11) die ihnen im Beschwerdeverfahren vor dem Landgericht entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
Die weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 27 ff. FGG) und begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einem Rechtsfehler (§ 27 Abs.1 S.2 FGG i.V.m. §§ 546 ZPO).
Das Landgericht hat offen gelassen, ob das Schriftstück vom 22. Februar 1962 als Testament (§§ 1937, 2247 BGB) auszulegen ist, und vorrangig angenommen, es handele sich um ein - gemäß §§ 125, 518 Abs.1 BGB nichtiges - Schenkungsversprechen unter Lebenden, das gemäß § 140 BGB in eine letztwillige Verfügung mit einer Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1) umzudeuten sei. Hier hat das Landgericht rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt, dass bei einer Umdeutung nach § 140 BGB das Ersatzgeschäft in seinen Wirkungen nicht weiter reichen darf als das unwirksame Rechtsgeschäft (vgl. BGHZ 40, 218, 225; 125, 355, 363; Palandt/Ellenberger, BGB, 68. Aufl., § 140 Rn. 6 m.w.N.). Selbst wenn insoweit nur auf die wirtschaftlichen Folgen abzustellen wäre (so Leipold in Münchener Kommentar, BGB, 4. Aufl., § 140 Rn. 125), geht eine Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 Abs.1 BGB) im Hinblick auf das übrige Vermögen auch wirtschaftlich über die Zuwendung des Einzelgegenstands hinaus. Ein unwirksamer Schenkungsvertrag kann deshalb regelmäßig nur in ein Vermächtnis umgedeutet werden (vgl. Leipold, a.a.O., § 2084 Rn. 136). Etwas Anderes käme allenfalls in Betracht, wenn es sich bei dem Grundstück - wie im Erbscheinsantrag vom 16. Februar 2004 angegeben - um den einzigen Nachlassgegenstand gehandelt hätte. Nach den zutreffenden, auf das Verzeichnis vom 3. Februar 2005 gestützten Feststellungen des Landgerichts verfügte der Erblasser zum Todeszeitpunkt jedoch über Bankguthaben und Wertpapiere im Wert von ca. 12.000 DM. Auch für den Zeitpunkt der Errichtung des Schriftstücks vom 22. Februar 1962 ist ohne weiteres davon auszugehen, dass sich das Vermögen des Erblassers nicht in dem Eigentum am Grundstück erschöpfte, sondern zu diesem zumindest Hausrat, persönliche Gegenstände und ggf. geringfügiges Geldvermögen gehörte.
Ebenso ist es rechtlich zu beanstanden, dass das Landgericht bei der Umdeutung den von der Beteiligten zu 1) geltend gemachten Anlass für das Schriftstück vom 22. Februar 1962 ausser Acht gelassen hat. Danach hielt der Erblasser seine bevorstehende Flugreise in die USA für gefährlich und wollte die Beteiligte zu 1), die den Grundstückserwerb im Wesentlichen finanziert hatte, für den Fall seines Todes absichern. Dieser Umstand sowie die Wortwahl "vor meinem Ableben" und "sofort" spricht dafür, dass der Erblasser das zu unterstellende Vertragsangebot nur für den Fall abgeben wollte, dass er die Reise nicht überlebt. Dem steht nicht entgegen, dass er das Schriftstück nach seiner Rückkehr aus den USA nicht vernichtet hat; auf der Rückseite befindet sich die Nachricht über die Grundbucheintragung, die Grundstückseigentümer üblicherweise aufbewahren. Steht das Schenkungsversprechen jedoch unter einer Bedingung (§ 158 BGB), kann es aus den oben genannten Gründen allenfalls in eine letztwillige Zuwendung umgedeutet werden, die ebenfalls unter der - nicht eingetretenen - Bedingung steht.
Die vom Landgericht - alternativ vorgenommene - Auslegung als letztwillige Verfügung ist ebenfalls nicht frei von Rechtsfehlern, soweit es § 2087 Abs.1 BGB heranzieht. Der Erblasser hat der Beteiligten zu 1) nicht sein Vermögen oder einen Bruchteil seines Vermögens, sondern einen einzelnen Gegenstand zugewandt, § 2087 Abs.2 BGB. Aus der Zuwendung des einzigen wesentlichen Vermögensgegenstands kann sich eine Erbeinsetzung nur durch individuelle Auslegung ergeben (vgl. Palandt/Edenhofer, a.a.O., § 2087 Rn. 2 ff.). Eine solche hat das Landgericht aber nicht vorgenommen.
Der Senat kann entsprechend § 563 Abs.3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, da weitere Ermittlungen nach § 12 FGG nicht erforderlich sind. Die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) ist nicht begründet. Bei dem Schriftstück vom 22. Februar 1962 handelt es sich nicht um eine Erbeinsetzung i.S.v. § 1937 BGB.
Es kann dahin stehen, ob die Willenserklärung als einseitige Verfügung von Todes wegen auszulegen ist. Soweit das der Fall ist, enthält das Testament jedenfalls keine Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1), sondern lediglich die - ggf. bedingte - Anordnung eines Vermächtnisses (§§ 1939, 2147 ff. BGB). Das ergibt sich durch Auslegung der Erklärung, §§ 133, 2084 BGB. Zwar kann die Zuwendung eines Einzelgegenstands, den der Erblasser zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung wertmäßig als Hauptgegenstand seines Vermögens angesehen hat, auch als Erbeinsetzung verstanden werden, da regelmäßig nicht anzunehmen ist, dass in einer Verfügung von Todes wegen überhaupt kein Erbe bestimmt werden sollte (vgl. Palandt/Edenhofer, a.a.O., § 2087 Rn. 5 m.w.N.). Das gilt jedoch nur, wenn sich aus dem Schriftstück oder den sonstigen Umständen der Wille des Erblassers ergibt, die Folgen seines Todes umfassend zu regeln. Das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht plausibel, dass der Erblasser, wenn er die Beteiligte zu 1) als Alleinerbin hätte einsetzen wollen, dies in der vorliegenden Form getan hätte. Nach den Umständen kam es ihm vielmehr nur darauf an, sie hinsichtlich des Grundstücks - über das schuldrechtlich eingeräumte Wohnrecht hinaus - weiter abzusichern, als Gegenleistung für die zur Finanzierung des Kaufpreises gewährten Darlehen (Erklärungen vom 15. Juli und 18. August 1958); der Grundstückserwerb war nach dem Vorbringen der Beteiligten zu 1) "auf den Namen des Erblassers" erfolgt, weil er als Schwerkriegsbeschädigter steuerlich begünstigt war. Auch die Bezugnahme auf die rückseitige Eintragungsmitteilung spricht dafür, dass der Wille des Erblassers nicht auf eine Universalsukzession gerichtet, sondern auf die Übertragung des Grundstückseigentums beschränkt war.
Ist das Schriftstück vom 22. Februar 1962 hingegen als Schenkungsversprechen - ggf. von Todes wegen (§ 2301 Abs.1 BGB) - auszulegen, ist dieses aus den zuvor genannten Gründen nicht gemäß § 140 BGB in eine Erbeinsetzung umzudeuten.
Die Erstattungsanordnung für das Verfahren der Erstbeschwerde folgt aus der zwingenden Vorschrift des § 13a Abs.1 S.2 FGG. Für das Verfahren der weiteren Beschwerde ist eine Anordnung nach § 13a Abs.1 S.1 FGG nicht zu treffen, da dies nicht der Billigkeit entspräche. Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 131 Abs.2, 30 Abs.1 KostO.
Ende der Entscheidung
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