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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 21.04.2009
Aktenzeichen: 1 Ws 45/09
Rechtsgebiete: ZPO, GKG, RVG


Vorschriften:

ZPO § 3 Halbs. 1
GKG § 48 Abs. 1 S. 1
RVG § 2
RVG § 23 Abs. 1 S. 1
Zur Bestimmung des Gegenstandswerts im Adhäsionsverfahren.
KAMMERGERICHT Beschluss

Geschäftsnummer: 1 Ws 45/09

In der Strafsache

wegen schweren sexuellen Mißbrauchs eines Kindes u.a.

hat der 1. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 21. April 2009 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Adhäsionsklägers yyy gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin vom 18. Februar 2009 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Der Angeklagte verpflichtete sich in einem am 24. November 2008 vor der Jugendkammer des Landgerichts geschlossenen Vergleich, an den Adhäsionskläger "zum Ausgleich sämtlicher Schmerzensgeldansprüche aus dem streitigen Sachverhalt" 1.000.00 EUR zu zahlen und die Kosten des Adhäsionsverfahrens zu tragen. Durch Beschluß vom 18. Februar 2009 hat das Landgericht (in der Besetzung mit drei Richtern) den "Wert des Adhäsionsverfahrens" auf 2.000,00 EUR festgesetzt. Die dagegen gerichtete Beschwerde, durch die der Adhäsionskläger die Festsetzung des Gebührenstreitwertes auf 10.000,00 EUR erstrebt, bleibt ohne Erfolg.

1. Der Senat entscheidet über das Rechtsmittel in der Besetzung mit drei Richtern, da das Landgericht den angefochtenen Beschluß entgegen § 33 Abs. 8 Satz 1 Halbsatz 1 RVG nicht durch den Einzelrichter erlassen hat.

2. Die fristgerecht (§ 33 Abs. 3 Satz 3 RVG) eingelegte Beschwerde ist zulässig. Der Beschwerdewert übersteigt 200,00 EUR (§ 33 Abs. 3 Satz 1 RVG). Allein bei der mit dem Festsetzungsantrag des Adhäsionsklägers vom 27. November 2008 geltend gemachten Gebühr Nr. 4143 VV RVG beträgt gemäß § 13 Abs. 1 RVG die Differenz zwischen der beanspruchten Höhe (972,00 EUR) und dem nach einem Streitwert von 2.000,00 EUR zu berechnenden Betrag (266,00 EUR) 706,00 EUR.

3. Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet. Die nach den §§ 2, 23 Abs. 1 Satz 1 RVG, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, 3 Halbsatz 1 ZPO auf eine ordnungsgemäße Ermessensausübung beschränkte Überprüfung der angefochtenen Entscheidung deckt keine Rechtsfehler zum Nachteil des Adhäsionsklägers auf.

Richtig ist zunächst, daß die Jugendkammer den Gebührenstreitwert nicht nach dem Betrag bestimmt hat, auf den sich die Parteien im Vergleich geeinigt haben. Maßgeblich ist vielmehr die Höhe der ursprünglichen Schmerzensgeldforderung. Wird diese - wie hier - ohne Angabe eines Mindestbetrages in das Ermessen des Gerichts gestellt, ist diejenige Summe zugrunde zu legen, die sich bei objektiver Würdigung des Klägervorbringens als angemessen ergibt (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 66. Aufl., Anh § 3 Rdn. 99).

Es ist danach nicht zu beanstanden, daß die Strafkammer bei der Festsetzung des Gebührenstreitwertes auf 2.000,00 EUR den Vorstellungen des Beschwerdeführers, der ein Schmerzensgeld von 10.000,00 EUR für gerechtfertigt erachtet hatte, als "von vornherein unrealistisch" nicht gefolgt ist und einen objektiven Maßstab angelegt hat. Das Landgericht hat dabei mit Recht wertmindernd berücksichtigt, daß der zur Tatzeit fast vierzehnjährige Geschädigte in Kenntnis der sexuellen Neigungen des Angeklagten selbst den Kontakt zu ihm gesucht und sich in Erwartung der vereinbarten Entlohnung freiwillig auf die Mißbrauchshandlungen eingelassen hatte. Auch den behaupteten psychischen Folgen der Tat hat das Landgericht bei der Festsetzung des Streitwertes zu Recht nicht das vom Beschwerdeführer gewünschte Gewicht beigemessen, da sich der Adhäsionsantrag insoweit ohne nähere Darlegung weitgehend in einer schlagwortartigen Aufzählung von angeblichen Symptomen erschöpfte, die auch durch die Beweisaufnahme offensichtlich keine Bestätigung gefunden haben (vgl. UA S. 8 f., 19; Nichtabhilfevermerk vom 19. März 2009). Dem hat der Beschwerdeführer, der insoweit lediglich auf die Begründung seines Adhäsionsantrages verweist, auch mit dem Schriftsatz vom 21. April 2009 nichts entgegengesetzt. Die von ihm zur Höhe des Schmerzensgeldes bei Sexualstraftaten angeführten Beispiele aus der Rechtsprechung sind auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 1 GKG. Im Beschwerdeverfahren entsteht eine Gerichtsgebühr nach Nr. 1812 KV GKG. Gemäß § 33 Abs. 9 Satz 1 RVG ist nur das Verfahren über den (Festsetzungs-)Antrag, nicht aber für die Beschwerde gebührenfrei.

Ende der Entscheidung

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