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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 07.05.2009
Aktenzeichen: 1 Ws 47/09
Rechtsgebiete: StPO, RVG-VV


Vorschriften:

StPO § 68b
RVG-VV Nr. 4302 Nr. 1
1. Die Beiordnung eines Zeugenbeistands für die Dauer der Vernehmung des Zeugen (§ 68b StPO) erstreckt sich nicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels für den Zeugen (hier Beschwerde gegen Anordnung der Beugehaft).

2. Eine Vergütung dieser von besonderen Gebührentatbeständen - wie hier von Nr. 4302 Nr. 1 RVG-VV - erfassten Tätigkeiten, kann der Rechtsanwalt infolge dessen nur verlangen, wenn ihm die entsprechenden Aufgaben mit der Beiordnung übertragen worden sind.


KAMMERGERICHT Beschluß

Geschäftsnummer: 1 Ws 47/09

In der Strafsache gegen

wegen schweren sexuellen Mißbrauchs von Kindern u.a.

hat der 1. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 7. Mai 2009 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Zeugenbeistands, Rechtsanwalt R., gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin vom 20. März 2009 wird verworfen.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Rechtsanwalt R. wurde gemäß § 68b StPO als Beistand des Zeugen B. für dessen Vernehmung vor dem Landgericht in der Hauptverhandlung am 30. September 2008 beigeordnet. Die Gebühren des Rechtsanwalts für diese Tätigkeit sind antragsgemäß auf 223,72 EUR festgesetzt worden. Seinen Antrag auf Festsetzung weiterer Gebühren nach Nr. 4302 Ziff. 1 und 2 VV RVG nebst Postpauschale und Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 280,84 EUR, die der Rechtsanwalt für die Einlegung und Begründung einer (erfolgreichen) Beschwerde des Zeugen gegen die in der Hauptverhandlung nach § 70 StPO angeordneten Zwangsmittel beansprucht hatte, hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle mit Beschluß vom 13. Februar 2009 abgelehnt. Die dagegen eingelegte Erinnerung des Zeugenbeistands hat das Landgericht (Einzelrichter) verworfen. Die Beschwerde des Rechtsanwalts bleibt ohne Erfolg.

1. Der Senat entscheidet über das Rechtsmittel aufgrund der Übertragung des Verfahrens durch den Einzelrichter in der Besetzung mit drei Richtern (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 2 RVG).

2. Dem Beschwerdeführer stehen die nach Nr. 4302 Ziff. 1 und 2 VV RVG geltend gemachten Gebühren nicht zu. Ein Zeugenbeistand ist zwar befugt, den Zeugen auch bei der Verteidigung gegen Zwangsmittel zu unterstützen (vgl. Senat, Beschluß vom 21. Oktober 2008 - (1) 2 StE 2/08-2 (21/08) -). Das bedeutet aber noch nicht, daß dem Rechtsanwalt diese Tätigkeit auch aufgrund seiner Beiordnung zu vergüten ist. Welche Gebühren nach § 55 RVG aus der Staatskasse zu zahlen sind, richtet sich vielmehr danach, für welche Tätigkeit der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist (§ 48 Abs. 1 RVG). Im Falle des § 68b StPO umfaßt die Beiordnung nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift und der hier getroffenen Anordnung des Strafkammervorsitzenden nur die Beistandsleistung für "die Dauer der Vernehmung" des Zeugen, die nach der ständigen Rechtsprechung des Senats als Einzeltätigkeit gemäß Nr. 4301 Ziff. 4 VV RVG vergütet wird (vgl. Beschluß vom 18. Januar 2007 - 1 Ws 2/07 -), was hier auch geschehen ist. Auf darüber hinausgehende Unterstützungshandlungen erstreckt sich die Beiordnung nicht (vgl. OLG Hamm NStZ-RR 2008, 96; Ignor/Bertheau in LR, StPO 26. Aufl., Rdn. 19 zu § 68b). Eine Vergütung dieser von besonderen Gebührentatbeständen, wie hier von Nr. 4302 VV RVG, erfaßten Tätigkeiten, kann der Rechtsanwalt infolge dessen nur verlangen, wenn ihm die entsprechenden Aufgaben mit der Beiordnung übertragen worden sind (vgl. AnwK-RVG/N. Schneider, 3. Aufl., Rdn. 16 zu Nr. 4301 VV RVG). Das war hier nicht der Fall.

3. Davon unberührt bleibt der Anspruch des Zeugen, nach Maßgabe der §§ 53 Abs. 1, 52 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, 15 Abs. 6 RVG, Vorbemerkung 4.3 Abs. 3 Satz 2 VV RVG die Gebühren eines gewählten Zeugenbeistands gemäß § 464b StPO geltend zu machen, da seine notwendigen Auslagen im Verfahren über die Beschwerde gegen die angeordneten Zwangsmittel durch Beschluß des Kammergerichts vom 30. Oktober 2008 (4 Ws 104/08) der Landeskasse auferlegt worden sind.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 Satz 3 und 3 RVG.

Ende der Entscheidung

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