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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 05.01.2009
Aktenzeichen: 1 Zs 2805/08 - 1 VAs 64/08
Rechtsgebiete: GVGEG
Vorschriften:
GVGEG § 24 Abs. 2 |
KAMMERGERICHT Beschluß
Geschäftsnummer: 1 Zs 2805/08 - 1 VAs 64/08
In der Justizverwaltungssache betreffend
wegen Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG
hat der 1. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 5. Januar 2009 beschlossen:
Tenor:
Der Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft Berlin vom 2. Dezember 2008 wird verworfen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Geschäftswert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
Der Antragsteller verbüßt zur Zeit eine gegen ihn durch Urteil des Landgerichts Berlin vom 23. März 2006 wegen gefährlicher Körperverletzung verhängte Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten. Im Anschluß daran ist die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe von 15 Tagen vorgesehen. Das Strafende ist für den 20. April 2009 (TE) notiert. Den Antrag des Verurteilten auf Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 BtMG hat die Staatsanwaltschaft mit Bescheid vom 16. Oktober 2008 abgelehnt. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat die Generalstaatsanwaltschaft Berlin mit Bescheid vom 2. Dezember 2008 zurückgewiesen. Der Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung bleibt ohne Erfolg.
1. Der bereits am 27. Oktober 2008 gestellte Antrag ist zulässig, obwohl zu diesem Zeitpunkt ein Beschwerdebescheid in dem gesetzlich vorgeschriebenen Vorschaltverfahren (§§ 24 Abs. 2 EGGVG, 21 StVollstrO) noch nicht ergangen war. Entgegen dem Wortlaut des § 24 Abs. 2 EGGVG, wonach der Antrag "erst nach vorangegangenem Beschwerdeverfahren" gestellt werden kann, erachtet es der Senat als ausreichend, wenn dieses Verfahren im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgeschlossen ist (vgl. OLG Hamm NStZ 1982, 134; Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl., Rdn. 4 zu § 24 EGGVG; Körner, BtMG 6. Aufl., Rdn. 369 zu § 35). Der Zweck des Vorschaltverfahrens, die vorgesetzte Behörde zur Überprüfung des Bescheides der Staatsanwaltschaft zu veranlassen und die Oberlandesgerichte zu entlasten, ist damit erreicht. Es wäre mit den Grundsätzen der Prozeßökonomie nicht vereinbar, den Antrag auf gerichtliche Entscheidung wegen der bei seiner Anbringung noch ausstehenden, inzwischen aber ergangenen Beschwerdeentscheidung als unzulässig zu verwerfen und den Betroffenen zugleich auf eine neue, nunmehr zulässige Antragstellung zu verweisen. Dementsprechend wird es auch bei der dem § 24 Abs. 2 EGGVG vergleichbaren Vorschrift des § 68 VwGO von der herrschenden Meinung als zulässig angesehen, das Verfahren über den Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt (unter Beachtung der Frist des § 70 VwGO) bis zum Abschluß des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachzuholen (vgl. BVerwG NVwZ 1984, 507; BVerwGE 4, 203; VG München, Urteil vom 6. Dezember 2007 - M 10 K 07.2583 - bei juris; Kopp/Schenke, VwGO 15. Aufl., Rdn. 3 zu § 68 mwN).
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Wie die Generalstaatsanwaltschaft in ihrem ablehnenden Bescheid zutreffend festgestellt hat, liegen die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 BtMG nicht vor. Nach dieser Vorschrift kann die Strafvollstreckung nur dann zurückgestellt werden, wenn sich aus den Urteilsgründen ergibt oder sonst feststeht, daß der Betroffene die Tat aufgrund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat. Davon kann hier keine Rede sein. Den Gründen des Urteils ist vielmehr zu entnehmen, daß die Wirkung des "eventuell konsumierten Kokains" zur Tatzeit "abgeklungen" war, "auf den Tatentschluß oder die Tatausführung keinen Einfluß" hatte (UA S. 21) und "für die Tat keine Rolle spielte" (UA S. 38). Soweit der Antragsteller sich für den von ihm dennoch behaupteten Ursachenzusammenhang zwischen der abgeurteilten gefährlichen Körperverletzung und einer Drogenabhängigkeit auf eine entsprechende "Einschätzung" der Strafvollstreckungskammer beruft, ist deren Beurteilung der Erfolgsaussichten eines Zurückstellungsantrages für die Entscheidung des Senats ohne Belang. Die in dem Vermerk vom 6. August 2008 niedergelegte Auffassung der Strafkammervorsitzenden, dem Verurteilten solle im Hinblick auf die nunmehr gezeigte Einsicht und die geänderte familiäre Situation eine Drogentherapie ermöglicht werden, ist mit den Voraussetzungen des § 35 BtMG nicht in Einklang zu bringen. Die vom Betroffenen gewünschte Anhörung der Strafkammervorsitzenden durch den Senat ist deshalb nicht veranlaßt.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat ihren ablehnenden Bescheid darüber hinaus zu Recht mit der noch offenen Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe begründet, deren Zurückstellung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 BtMG ausgeschlossen ist (vgl. KG, Beschluß vom 5. Juli 1999 - 4 VAs 11/99 -).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 30 Abs. 1 EGGVG, 130 KostO. Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf den §§ 30 Abs. 3 EGGVG, 30 KostO.
Ende der Entscheidung
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