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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 10.07.2002
Aktenzeichen: 11 U 40/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 150 Abs. 2
BGB § 150 Satz 2
BGB § 267 Abs. 1
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 667
BGB § 676 a
BGB § 812 Abs. 1
BGB § 818 Abs. 3
ZPO § 233
ZPO § 234 Abs. 1
ZPO § 517
ZPO § 519 Abs. 2 a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 11 U 40/01

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Kammergerichts durch die Richterin am Kammergericht Forkel und die Richter am Kammergericht Schmelz und Rothbart auf die mündliche Verhandlung vom 10. Juli 2002 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 22. Oktober 2001 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 11 O 250/01 - teilweise geändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 56.242,11 € (= 110.000,- DM) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 63 % und der Beklagte 37 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die H-GmbH hatte durch Bauvertrag vom 23. November 1999 der M-GmbH die Sanierung und den Erweiterungsbau betr. das Bauvorhaben A. in Berlin übertragen. Die Klägerin ist die finanzierende Bank der H-GmbH. Der Beklagte ist der anwaltliche Berater der M-GmbH.

Wegen des Inhalts des Bauvertrages wird auf Bl. 47 - 50 d.A. Bezug genommen, wie auch auf den Inhalt der im folgenden mit Fundstellen genannten Schriftstücke jeweils verwiesen wird. Unter Ziffer 10.5 vereinbarten die Bauvertragsparteien für den Fall der nicht termingerechten Begleichung einer Teilrechnung die Berechtigung der M-GmbH, für die noch zu erbringenden Teilleistungen eine Vorauszahlung zu verlangen. Die H-GmbH geriet im Januar 2000 mit der zweiten Abschlagsrechnung über 109.000,- DM in Zahlungsverzug. Unter dem 20. Januar 2000 (Bl. 72f. d.A.) schlug die M-GmbH daraufhin der H-GmbH die Zahlung eines Betrages von 300.000,- DM "als Vorkasse" auf ein Rechtsanwaltsanderkonto des Beklagten vor. Dem stimmte die durch die Rechtsanwälte E. vertretene H-GmbH mit Schreiben vom 21. Januar 2000 (Bl. 51 d.A.) zu.

Unter dem 21. Januar 2000 (Bl. 8 d.A.) wandte sich die Klägerin unter dem Betreff

"Bauvertragsangelegenheit H-GmbH ./. M-GmbH ...

hier: Treuhandauftrag"

an den Kläger und kündigte die Überweisung von 300.000,- DM "zu treuen Händen" auf sein Anderkonto Nr. ... bei der Berliner Commerzbank an (Rechnungszweck: Rechnung Nr. 10070/03/2000 der M-GmbH, Vorkasse) an, und zwar mit dem Zusatz:

"Über diesen Betrag dürfen Sie jedoch nur verfügen, wenn die Bescheinigung des TÜV Berlin über den entsprechenden Bautenstand sowie unsere ausdrückliche Zahlungsfreigabe vorliegen.

Wir befristen diesen Treuhandauftrag bis zum 29.02.2000. ... Wir bitten Sie, die Annahme des Treuhandauftrages durch Rücksendung der unterzeichneten Ausfertigung dieses Schreibens zu bestätigen."

Für die M-GmbH teilte der Beklagte den Rechtsanwälten Dr. E. mit Schreiben vom 24. Januar 2000 u.a. mit, dass er nach Rücksprache mit seiner Mandantin beabsichtige, diesen Treuhandauftrag anzunehmen. Er wies zugleich darauf hin, dass jedoch im Hinblick auf die Bestimmung des Betrages von 300.000,- DM als Sicherheit für Vorleistungen der M-GmbH die Befristung aufgehoben werden müsse.

Am 25. Januar 2000 wurde der Betrag von 300.000,- DM vom Konto der H-GmbH bei der Klägerin auf das Anderkonto des Beklagten überwiesen, und zwar mit der Angabe "H-GmbH RE 10070/03/2000 mit Maßgabe 26.1.1000 Bautätigkeit, Vorkasse" (Bl. 54 d.A.).

Unter dem 26. Januar 2000 (Bl. 154 d.A.) und dem 26.Januar 2000 (Bl. 156 d.A.) korrespondierten die Bauvertragsparteien weiter wegen der Hinterlegung der 300.000,- DM.

Der Beklagte antwortete der Klägerin unter dem 26. Januar 2000 (Bl. 9) wie folgt:

"... teilen wir nach Rücksprache mit unserer Mandantin mit, daß wir den Treuhandauftrag grundsätzlich in dem von Ihnen beschriebenen Sinne annehmen. Das heißt, wir erhalten von ihnen die Summe von 300 TDM und können darüber dann verfügen, wenn die Bescheinigung des TÜV Berlin über den entsprechenden Bautenstand sowie Ihre ausdrückliche Zahlungsfreigabe erfolgt.

Wir weisen darauf hin, daß der Treuhandauftrag nach den zwischen den Parteien vereinbarten Regelungen dahingehend zu erweitern ist, daß die von Ihnen ausgesprochene Befristung des Auftrages bis zum 29. Februar 2000 aufgehoben wird und darüber hinaus Ihre ausdrückliche Zahlungsfreigabe kurzfristig, das heißt entsprechend den Regelungen des Bauvertrages (Nr. 6 des Bauvertrages) zu erfolgen hat, ..."

Die Klägerin erwiderte mit Schreiben vom 28. Januar 2000 (Bl. 10 d.A.):

"... hiermit erweitern wir unseren Treuhandauftrag wie folgt: Die Befristung des Treuhandauftrags endet zum 15.08.2000 (Fertigstellungstermin). Unsere Zahlungsfreigabe wird entsprechend den Regelungen des Bauvertrages erfolgen. Wir bitten Sie, die Annahme des Treuhandauftrages zu bestätigen."

Unter dem 21. Februar 2000 stellte die M-GmbH der H-GmbH als 4. Abschlagsrechnung 190.000,- DM in Rechnung (Bl. 55 d.A.). Mit der Bezahlung geriet die H-GmbH wiederum in Verzug. Daraufhin gab die Klägerin mit dem an den Beklagten gerichteten Telefax vom 3. März 2000 (Bl. 80 d.A.) einen Betrag von 190.000,- DM zur Auszahlung an die M-GmbH frei. Der Beklagte zahlte am 3. März 2000 von seinem Anderkonto 190.000,- DM an die M-GmbH aus. Unter dem 6. März 2000 (Bl. 158 d.A.) forderte die M-GmbH die H-GmbH auf, das Rechtsanwaltsanderkonto bis zum Betrag von 300.000,- DM wieder "aufzufüllen". Am 8. März 2000 wurden vom Konto der H-GmbH bei der Klägerin 190.000,- DM auf das Anderkonto des Beklagten unter Angabe des Verwendungszwecks "H-GmbH ... Auft.Ref: 90009330880, Rechnung 10070/03/200 M-GmbH/Vorkasse" überwiesen (Bl. 56, 79 d.A.).

Nachdem die M-GmbH am 20. Januar 2001 den Bauvertrag gekündigt hatte, forderte die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 8. Februar 2001 (Bl. 11 d.A.) unter Fristsetzung zum 16. Februar 2001 zur Rückzahlung der 300.000,- DM auf. Dem entsprach der Beklagte nicht.

Mit Vereinbarung vom 6./7. September 2001 (Bl. 70 d.A.) trat die H-GmbH den "Anspruch auf Rückzahlung des treuhänderisch zur Verfügung gestellten Betrages i.S. M-GmbH" in Höhe von 300.000,- DM an die Klägerin ab.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, zwischen den Parteien sei ein Treuhandverhältnis über den Betrag von 300.000,- DM zustande gekommen. Nach Fristablauf sei der Beklagte verpflichtet, das Treugut an sie auszukehren. Selbst wenn man dem nicht folgen wolle, sei der Beklagte nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen verpflichtet, die rechtsgrundlos erhaltenen 300.000,- DM an sie zurück zu zahlen. Hilfsweise begründe sie ihre Forderung aus abgetretenem Recht der H-GmbH.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 300.000,- DM zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 17. Februar 2001 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er meint, die H-GmbH sei mit der Zahlung der 300.000,- DM nur einer eigenen Verpflichtung nachgekommen; die Klägerin sei allenfalls als Beauftragte eines Überweisungsvertrages gemäß § 676 a BGB tätig geworden, nicht jedoch als seine, des Beklagten Vertragspartnerin des Beklagten. Zudem habe er die Zahlung nur als Vertreter der M-GmbH empfangen. Schließlich sei es ihm auch rechtlich untersagt, auf einseitige Weisung eines der Beteiligten Verfügungen über das treuhänderisch verwaltete Konto zu treffen. Die Klägerin könne die Rückzahlung der 300.000,- DM auch deshalb nicht verlangen, weil der am 25. Januar 2000 eingezahlte Betrag durch Verfügungen der Beteiligten ausgetauscht seien.

Im übrigen behauptet er, dass die M-GmbH die zum Zwecke der Sicherung auf dem Rechtsanwalts-Anderkonto des Beklagten hinterlegten 300.000,- DM mit Bauleistungen bereits aus dem letzten Jahr verdient habe. Er meint, deshalb bestehe jedenfalls ein Zurückbehaltungsrecht.

Mit dem am 22. Oktober 2001 verkündeten Urteil hat das Landgericht Berlin den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Gegen dieses, ihm am 23. November 2001 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 21. Dezember 2001 Berufung eingelegt. Mit dem am 22. Januar 2002 bei dem Kammergericht eingegangenen Telefax hat er beantragt, die Berufungsbegründungsfrist um einen Monat zu verlängern. Auf die ihm am 4. Februar 2002 zugegangene Mitteilung der stellvertretenden Vorsitzenden des Senats, dass der Antrag auf Fristverlängerung erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist gemäß § 519 Abs. 2 ZPO a.F. eingegangen sei, hat der Beklagte mit dem am 4. Februar 2002 eingegangenen Schriftsatz Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragt und zugleich die Berufung begründet. Wegen der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 4. Februar 2002 (Bl. 134 - 142 d.A.) Bezug genommen.

Zur Begründung der Berufung wiederholt und vertieft der Beklagte seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Der Beklagte beantragt,

ihm Wiedereinsetzung in die am 21. Januar 2002 abgelaufene Berufungsbegründungsfrist zu gewähren, unter Abänderung des am 22. Oktober 2001 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin zum AZ 11 O 250/01 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, die Berufung sei bereits unzulässig, da der Beklagte die Berufungsbegründungsfrist nicht eingehalten habe. Im übrigen bekräftigt die Klägerin ihre Auffassung, dass dem Beklagten kein Rechtsgrund zum Behaltendürfen des Geldes zur Seite stehe.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Dem Kläger ist wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, § 233 ZPO.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zulässig. Die einmonatige Berufungsbegründungsfrist gemäß § 517 ZPO kann nur durch formgerechte Einreichung der Berufungsbegründung gewahrt werden, nicht durch Einreichung eines Fristverlängerungsantrages. Wenn der Rechtsmittelkläger statt der Berufungsbegründung lediglich einen Fristverlängerungsantrag einreicht, trägt er das Risiko, dass der Antrag abgelehnt wird und seine Berufungsbegründung verspätet ist (vgl. BGH NJW 1982,1651, 1652). Dieses Risiko wird dem Berufungskläger aber für den Fall eines ersten Fristverlängerungsantrags abgenommen. Denn bei einem ersten Antrag auf Fristverlängerung stellt deren Bewilligung die Regel dar, die mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (BGH, NJW 1983, 1741; BGH NJW 1991, 2080, 2081; BGH MDR 1998, 982; BVerfG NJW 2001, 812, 814). Demgemäß reicht zur Wahrung der gesetzlichen Berufungsbegründungsfrist zunächst die rechtzeitige Einreichung eines begründeten Fristverlängerungsantrags aus. Geht der Fristverlängerungsantrag ohne Verschulden des Berufungsklägers verspätet ein, so ist Wiedereinsetzung zu gewähren (KG, MDR 1999, 1523; BGH NJW 1983, 1741; BGH NJW 1991, 2080, 2081; BVerfG NJW 1989, 1147, 1148; vgl. auch BGH MDR 1998, 982).

Der Beklagte hat auch die versäumte Prozesshandlung - nämlich die Einreichung der Berufungsbegründung - binnen der zweiwöchigen Frist des § 234 Abs. 1 ZPO nachgeholt. Die Berufungsbegründungsfrist lief am 21. Januar 2002 ab. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verbunden mit der Berufungsbegründung ging am 4. Februar 2002 beim Kammergericht ein.

Der Beklagte war auch ohne sein Verschulden verhindert, die Frist zur Berufungsbegründung einzuhalten. Dies hat er durch Vorlage eidesstattlicher Versicherungen seiner Angestellten und seiner eigenen anwaltlichen Versicherung glaubhaft gemacht (§ 236 Abs. 2 ZPO).

Der Beklagte hat alles veranlasst, was aus seiner Sicht zur Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist getan werden musste und konnte. Eine mangelhafte Büroorganisation oder Fristenkontrolle (vgl. BGH MDR 2001, 779; BGH NJW-RR 1999, 716 f.; BGH MDR 1999, 1411; BGH MDR 1988, 1048) ist ihm nicht vorzuwerfen. Die Frist war notiert und von ihm als solche registriert; der Fristverlängerungsschriftsatz gefertigt und unterschrieben, so dass es nur noch seiner rechtzeitigen Absendung bedurfte. Dass es dazu nicht kam, ist nicht auf ein Verschulden des Beklagten zurückzuführen. Der Rechtsanwalt darf einfache Verrichtungen, die keine juristische Schulung verlangen, zur selbstständigen Erledigung seinem geschulten und zuverlässigen Personal übertragen. Eine solche einfache Tätigkeit ist auch das Absenden eines Telefaxes (vgl. BVerfG NJW 1996, 309). Darüber hinaus ist anerkannt, dass den Prozessbevollmächtigten kein Verschulden trifft, wenn er einer zuverlässigen Angestellten für einen konkreten Fall genaue Einzelanweisungen erteilt, die eine Fristwahrung gewährleisten (vgl. BGH MDR 2001, 779, 780; BGH NJW-RR 1999, 716, 717; BGH NJW-RR 2001, 209). Eine solche einfache und verständliche Einzelanweisung hatte der Beklagte erteilt, indem er Frau R. vor seiner Abfahrt nach F. darauf hingewiesen hatte, dass das Telefax noch an diesem Tag abzusenden war.

Zwar muss der Rechtsanwalt auch sicherstellen, dass seine Angestellten ihre Aufgaben selbst dann zuverlässig erfüllen, wenn die Belegschaft durch Krankheit oder Urlaub reduziert ist (BGH MDR 1999, 1411; vgl. auch BGH VersR 1972, 861). Aber auch dieser Anforderung hat der Beklagte genügt. Als er nämlich am Mittag des 21. Januar 2001 erfuhr, dass seine Hauptfachangestellte erkrankt war, so dass die gesamte Arbeitslast auf den Schultern von Frau R. ruhte, erteilte er seiner Kanzleileiterin Frau C.-D. die Weisung, Frau R. nochmals besonders auf die Dringlichkeit des Telefaxes aufmerksam zu machen, was diese auch tat. Dass Frau C.-D. sodann selbst plötzlich erkranken würde und sich demzufolge nicht mehr weiter um die Angelegenheit kümmern konnte, war nicht vorhersehbar. Aus Sicht des Beklagten war aufgrund seiner Anweisungen sichergestellt, dass der Fristverlängerungsantrag den Senat rechtzeitig erreichen würde. Insbesondere durfte er sich auch darauf verlassen, dass Frau C.-D. angesichts der angespannten Personalsituation die Absendung des Telefaxes kontrollieren würde. Ein nochmaliger Anruf im Büro oder gar ein Aufsuchen des Büros am selben Abend waren dem Beklagten nicht abzuverlangen.

Die Klage hat in der Sache jedoch nur zum Teil Erfolg. Die Klägerin kann von dem Beklagten die Zahlung von 56.242,11 € (110.000,- DM) verlangen. Im übrigen ist die Klage unbegründet.

Der Zahlungsanspruch der Klägerin beruht auf § 812 Abs. 1 BGB. Danach muss etwas ohne rechtlichen Grund Geleistetes wieder herausgegeben werden. Unter Leistung i.S.d. § 812 Abs. 1 BGB ist die bewusste und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens zu verstehen. Dabei kommt es in erster Linie auf die der Zuwendung gegebene Zweckbestimmung, also zunächst darauf an, welchen Zweck die Beteiligten nach ihrem zum Ausdruck gekommenen Willen verfolgt haben. Stimmen die Vorstellungen der Beteiligten nicht überein, ist eine objektive Betrachtungsweise aus der Sicht des Zuwendungsempfängers geboten. Dabei sind auch Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes und der Risikoverteilung zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl. BGH NJW 1999, 1393, 1394 m.w.N.; BGH NJW 1993, 1578).

Dass mit der Überweisung der 300.000,- DM überhaupt eine "Leistung" im Sinne des § 812 Abs. 1 BGB vorliegt, kann keinem Zweifel unterliegen. Ferner ist der Beklagte auch als "Leistungsempfänger" im Sinne von § 812 Abs. 1 BGB anzusehen:

Leistungsempfänger ist derjenige, dessen Vermögen durch die Zuwendung zweckgerichtet vermehrt worden ist. Bei Leistungen, die einem Treuhänder ohne rechtlichen Grund zugewendet worden sind, ist dies in der Regel der Treuhänder, denn dieser ist formell Berechtigter eines Treuhandkontos und schiebt sich als selbstständige Zwischenperson zwischen den, in dessen Interesse er das Konto führt, und den, der auf dieses Konto eine Zahlung leistet (BGH MDR 1994, 549; BGH NJW 1961, 1461; Palandt/Sprau, BGB, 61. Aufl., § 812 Rdnr. 47).

Nach den Umständen handelt es sich auch um eine Leistung der Klägerin, die ohne Rechtsgrund erfolgt war. Ein Treuhandvertrag - der einzige in Betracht kommende rechtliche Grund für die Überweisung der 300.000,- DM - ist zwischen den Parteien nicht zustande gekommen.

Allerdings kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die Klägerin dem Beklagten mit ihrem Schreiben vom 21. Januar 2000 den Abschluss eines Treuhandvertrages antragen wollte.

Die Treuhand hat keine gesetzliche Regelung erfahren. Einen typischen Treuhandvertrag gibt es nicht (BGH, VersR 1969, 935; Borgmann/Haug, Anwaltshaftung, 3. Aufl., Rdnr. 31; OLG Hamm, AnwBl. 1987, 42, 43). Ein anwaltliches Treuhandverhältnis liegt vor, wenn dem Anwalt "zu treuen Händen" zweckbestimmt Vermögenswerte übertragen werden, über die nur nach bestimmten Weisungen des Auftraggebers verfügt werden soll (Vollkommer, Anwaltshaftungsrecht, 3. Aufl., Rdnr. 239; vgl. auch BGH - Entscheidung vom 6. Juni 2002 - III ZR 206/01; BGH NJW 1978, 1807, 1808; BGH NJW 1971, 559, 560). Dabei muss der Treugeber nicht mit den eigentlichen Auftraggebern des Rechtsanwalts identisch sein (Borgmann/Haug, Anwaltshaftung, 3. Aufl., Rdnr. 29). Auch Vertrags- oder Prozessgegner des Mandanten können Treugeber sein (Vollkommer, Anwaltshaftungsrecht, 3. Aufl., Rdnr. 238; Rinsche, Die Haftung des Rechtsanwalts und Notars, 6. Aufl., Rdnr. I 43) sowie finanzierende Kreditinstitute (vgl. Reithmann, Mehrseitige Treuhandverfahren beim Grundstücksverkauf - Kaufpreisfinanzierung über Notar-Anderkonto, NotBZ 1999, 58, 59; BGH NJW-RR 1988, 1299, 1300; BGH WM 1987, 589; Volhard, Amtspflichten des Notars bei Eingriffen in den Vertragsvollzug, DNotZ 1987, 523, 525; Krauel, Die Sicherheitsleistung auf dem Konto zugunsten der Gegenpartei, MDR 1986, 994; vgl. BGH DNotZ 1985, 637, 639).

Die Entgegennahme von Fremdgeldern durch den Anwalt für den Mandanten begründet dabei in der Regel noch kein Treuhandverhältnis zum Geldgeber oder Mandanten. Erforderlich ist vielmehr, dass ein treuhänderischer Auftrag in deutlicher Form erteilt wird. Von einem Treuhandauftrag kann in einem solchen Fall insbesondere dann ausgegangen werden, wenn der Geldgeber dem Anwalt zu erkennen gibt, dass er ihn nicht lediglich als Vertreter oder Boten des Mandanten ansieht, sondern als Treuhänder mit der Wahrnehmung seiner eigenen Interessen betraut (Vollkommer, Anwaltshaftungsrecht, 3. Aufl., Rdnr. 242; OLG Hamm vom 8. November 1984, 28 U 94/84, zitiert bei Rinsche, Die Haftung des Rechtsanwalts und Notars, 6. Aufl., Rdnr. I 44; Borgmann/Haug, Anwaltshaftung, 3. Aufl., Rdnr. 36; zur Auslegung auch BGH NJW-RR 1988, 1299, 1300; BGH WM 1987, 589; OLG Hamm, AnwBl. 1987, 42, 43; BGH NJW 1986, 2947; LG Osnabrück, MDR 1986, 1026; BGH NJW 1978, 1807 und BGH NJW 1971, 559, 560 - zur Einziehung von Forderungen -).

Das war hier der Fall.

Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Klägerin denn Beklagten mit den Schreiben vom 21. Januar 2000 und 28. Januar 2000 den Abschluss eines Treuhandvertrages im vorgenannten Sinne antragen wollte und dass sie nicht etwa nur als Vertreterin oder gar Botin der H-GmbH tätig wurde, und zwar ungeachtet dessen, dass sie die Überweisung der 300.000,- DM "im Auftrage unserer Kundin, der H-GmbH" ankündigte. Allein der Hinweis, dass der Beklagte über diesen Betrag nur verfügen dürfe, wenn - abgesehen von der Bescheinigung des TÜV Berlin über den Bautenstand - "unsere ausdrückliche Zahlungsfreigabe" vorlag, machte deutlich, dass die Klägerin aus eigenem Recht und in eigenem Interesse tätig werden wollte. Dafür spricht auch ihre Bitte um Bestätigung der Annahme des Treuhandauftrages an sie und nicht etwa an die H-GmbH. Abgesehen davon handelt es sich bei diesem Schreiben nach Form und Inhalt um einen ganz typischen Treuhandauftrag eines finanzierenden Kreditinstitutes. Der Beklagte hat dies offensichtlich selbst so verstanden. Denn er teilte den Rechtsanwälten Dr. E. mit Schreiben vom 24. Januar 2000 mit, dass "die V." die Bestätigung des Treuhandvertrages erwarte und er nach Rücksprache mit seiner Mandantin den Treuhandvertrag annehmen werde.

Dieses Angebot der Klägerin hat der Beklagte mit seiner Antwort vom 26. Januar 2000 indes nicht angenommen, denn er wies darauf hin, dass die Befristung aufgehoben werden müsse und darüber hinaus die ausdrückliche Zahlungsfreigabe kurzfristig, d.h. entsprechend den Regelungen des Bauvertrages zu erfolgen habe. Dieses Schreiben gilt daher gemäß § 150 Abs. 2 BGB als neuer Antrag. Die Klägerin reagierte darauf am 28. Januar 2000, indem sie die "Zahlungsfreigabe entsprechend den Regelungen des Bauvertrages" zusagte. Aber auch dieses Schreiben kann nicht als Annahme des (geänderten) Antrags des Beklagten gewertet werden: Denn die Klägerin ging damit nur auf die eine vom Beklagten angeregte Änderung des Treuhandauftrags ein. Darüber hinaus befristete sie nämlich den Treuhandauftrag bis zum 15. August 2000. Damit lehnte sie das Ansinnen des Beklagten auf komplette Aufhebung der Befristung ab. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass es sich bei dem 15. August 2000 um den nach dem Bauvertrag vorgesehenen Fertigstellungstermin für die Bauarbeiten handelte. Dies bedeutet nämlich nicht, dass die Parteien sich ungeachtet des abweichenden Wortlauts ihrer Erklärungen (BGH Z 20, 109, 110; BGH Z 71, 243, 247; BGH NJW 1996, 1678, 1679; BGH NJW 1998, 746, 747) in der Sache über eine Befristung bis zum 15. August 2000 einig gewesen wären, weil sie als sicher annahmen, dass der Bau bis zu diesem Termin abgeschlossen sein würde. Denn es stand keineswegs fest, dass die Bauarbeiten bis zu diesem Zeitpunkt fertiggestellt sein würden; im Gegenteil war es bereits zu Verzögerungen und Meinungsverschiedenheiten gekommen, was allen Beteiligten bewusst war.

Angesichts dessen ist auch das Schreiben der Klägerin vom 28. Januar 2000 gemäß § 150 Satz 2 BGB als neues Angebot zu werten. Dieses hat der Beklagte jedoch nicht angenommen. Denn der ausdrücklichen Bitte der Klägerin um eine Bestätigung ihres Treuhandauftrages ist er nicht nachgekommen. Auch aus den sonstigen Umständen ergibt sich nichts, was auf einen konkludent betätigten Annahmewillen hindeutet. Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass man einen solchen Annahmewillen insbesondere nicht aus der Entgegennahme der 300.000,- DM folgern könne, da diese zeitlich vor dem (geänderten) Vertragsangebot der Klägerin lag.

Schließlich musste der Beklagte die Überweisung der 300.000,- DM auch als "Leistung" der Klägerin, nicht aber der H-GmbH auffassen.

Zwar hat die H-GmbH dem Beklagten ihrerseits einen Treuhandauftrag zur Verwahrung eines Betrages von 300.000,- DM als Sicherheitsleistung zugunsten der M-GmbH erteilt.

In dem Fall, dass eine Sicherheitsleistung auf das Rechtsanwaltsanderkonto des Anwalts der gegnerischen Partei erfolgt, entsteht nach h.M. ein Treuhandverhältnis in doppelter Hinsicht: Eines zwischen dem Anwalt, bei dem hinterlegt ist, als Treuhänder und der hinterlegenden Partei und eines zwischen dem Treuhänder und der durch die Hinterlegung begünstigten Gegenpartei (Vollkommer, Anwaltshaftungsrecht, 3. Aufl., Rdnr. 241; Borgmann/Haug, Anwaltshaftung, 3. Aufl., Rdnr. 35; zum mehrseitigen notariellen Hinterlegungsverfahren auch Reithmann, Rückforderung notariell hinterlegter Gelder und Urkunden, WM 1991, 1493, 1496; BGH DNotZ 1995, 489, 491 - zum Notar -; BGH DNotZ 1983, 549, 551 f. - zum Notar -; Volhard, Amtspflichten des Notars bei Eingriffen in den Vertragsvollzug, DNotZ 1987, 523, 525).

Eine solche "Mehrfach-Treuhand" liegt nach Auffassung des Senats vor. Die M-GmbH teilte der H-GmbH nach längerem Vorlauf mit Schreiben vom 26. Januar 2000 mit, dass sie - sollte die H-GmbH sich mit den "revolvierenden Vorauszahlungen" nicht einverstanden erklären - bereit sei, den von der Klägerin avisierten Betrag von 300.000,- DM als eine permanente Sicherheit zu betrachten, die jedoch verwertet werden könne, sobald die nächste fällige Teilzahlung nicht pünktlich entsprechend den Regelungen des Bauvertrages geleistet werde. Die H-GmbH entgegnete unter dem 26. Januar 2000, dass sie noch mit der Bank sprechen werde, aber mehr zu der Variante tendiere, DM 300.000,- als Sicherheitsleistung zu hinterlegen und dann nach Baufortschritt zu bezahlen. Darüber hinaus kündigte die M-GmbH der H-GmbH mit Schreiben vom 6. März 2000 die Einstellung der Arbeiten mit der Begründung an, dass "zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer ... vereinbart (war), dass 300.000,- DM auf das Rechtsanwaltskonto des Herrn Dr. V. als Sicherheit bis zur Beendigung des Bauvorhabens hinterlegt werden und bis zur Beendigung bestehen bleiben. Die Auflösung bzw. Auszahlung aus diesem Konto erfolgt erst nach Fertigstellung des o.g. BV". Daraufhin veranlasste die H-GmbH widerspruchslos die Auffüllung des Anderkontos des Beklagten durch Überweisung weiterer 190.000,- DM auf wiederum 300.000,- DM. Nach alledem steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Bauvertragsparteien darüber einig waren, dass ein Betrag von 300.000,- DM als Sicherheitsleistung zugunsten der M-GmbH bei dem Beklagten hinterlegt werden sollte. Dafür sprechen im übrigen auch die Ausführungen der Bauvertragsparteien im Parallelprozess 6 O 570/00 Landgericht Berlin, in dem von "Sicherheitsleistung" die Rede ist (vgl. Beiakte Bl. 5 und 38). Der Beklagte schließlich war als Vertreter der M-GmbH in die Vertragsverhandlungen eingebunden und über die Korrespondenz der Parteien informiert; zum Teil schaltete er sich auch selbst in die Verhandlungen ein. Vor diesem Hintergrund hat der Senat keinen Zweifel daran, dass er die Hinterlegung der 300.000,- DM auf seinem Anderkonto auch als Treuhandauftrag beider Bauvertragsparteien an sich verstanden hat oder jedenfalls verstehen musste (vgl. auch KG MittRhNotK 1998, 99). Dies hat er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch bestätigt.

Ungeachtet dessen musste der Beklagte die Überweisung der 300.000,- DM als "Leistung" der Klägerin, nicht aber der H-GmbH verstehen.

Die Klägerin war in bezug auf das Schuldverhältnis zwischen der H-GmbH und der M-GmbH bzw. dem Beklagten als Treuhänder Dritte im Sinne von § 267 Abs. 1 BGB. Sie hatte es in der Hand zu bestimmen, ob und unter welchen Voraussetzungen sie auf eine Verpflichtung der H-GmbH leisten wollte. Von diesem Bestimmungsrecht hat die Klägerin in der Weise Gebrauch gemacht, dass sie in ihrem Schreiben vom 21. Januar 2000 zwar die Überweisung der 300.000,- DM "im Auftrage unserer Kundin der H-GmbH" ankündigte, zugleich aber deutlich machte, dass Rechtsgrund der Überweisung der von ihr dem Beklagten angetragene Treuhandauftrag sein sollte. Dabei sollte die Zweckbestimmung "Treuhandauftrag" im Hinblick auf das von der Klägerin verfolgte Kreditsicherungsinteresse angesichts ihrer Bestimmung, dass die Verfügung über den Betrag von ihrer ausdrücklichen Zahlungsfreigabe abhängig sein sollte, unmissverständlich Vorrang vor der Leistung auf die Schuld der H-GmbH haben. Aufgrund dieser Leistungsbestimmung musste der Beklagte die Leistung der Klägerin als eine solche auf den von der Klägerin gewünschten, wenn auch letztlich nicht zustande gekommenen Treuhandauftrag gelten lassen (vgl. BGH WM 1987, 663, 664; BGH WM 1985, 653; vgl. auch BGH Z 133, 254, 2639). Soweit er in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, die Zahlung sei vor dem Schreiben der Klägerin eingetroffen, so dass er schon von daher habe annehmen dürfen, es handele sich um eine Leistung der H-GmbH, trifft dies nicht zu. Denn das Guthaben wurde dem Rechtsanwaltsanderkonto des Beklagten am 25. Januar 2000 gutgeschrieben, während der (erste) Treuhandauftrag der Klägerin vom 21. Januar 2000 datiert.

Die Klägerin kann von dem Beklagten jedoch nur die Rückzahlung von 110.000,- DM verlangen. Wegen der weiteren 190.000,- DM, die der Beklagte nach ausdrücklicher Freigabe der Klägerin im Telefax vom 3. März 2000 an die M-GmbH auszahlte, ist er nicht mehr bereichert, § 818 Abs. 3 BGB.

Ein weitergehender Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass das Rechtsanwaltsanderkonto durch Überweisung weiterer 190.000,- DM am 8. März 2000 wieder "aufgefüllt" wurde. Denn weder ist insoweit ein Treuhandvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen, aufgrund dessen der Beklagte das Treugut gemäß § 667 BGB wieder an die Klägerin herauszugeben hätte, noch stellte sich die Überweisung der 190.000,- DM nach der - wie ausgeführt - erforderlichen objektiven Betrachtungsweise als Leistung der Klägerin dar, so dass auch ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 BGB ausscheidet.

Hinsichtlich der Überweisung der weiteren 190.000,- DM hat es keine Absprachen der Parteien gegeben, so dass ein Treuhandvertrag auch insoweit nicht zustande gekommen ist. Ein Anspruch der Klägerin aus § 812 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt einer ungerechtfertigten Bereicherung des Beklagten scheidet jedoch ebenfalls aus, weil die Klägerin nicht "Leistende" im Sinne dieser Vorschrift war. Maßgeblich für den Begriff des Leistenden ist, wie ausgeführt, der Empfängerhorizont, also als wessen Leistung sich das tatsächlich Zugewendete bei objektiver Betrachtungsweise aus der Sicht des Zuwendungsempfängers darstellt (vgl. BGH NJW 1999, 1393, 1394; BGH NJW 1993, 1578). Danach musste der Beklagte die Überweisung der 190.000,- DM als Leistung der H-GmbH verstehen. Denn nichts deutete darauf hin, dass die Klägerin hinter dieser Überweisung stand. Im Treuhandauftrag der Klägerin vom 21./28. Januar 2000 ist lediglich von einer Einmal-Zahlung von 300.000,- DM, nicht aber von einer "permanenten" Sicherheit die Rede. Schon von daher musste der Beklagte nicht damit rechnen, dass die Klägerin nach teilweiser Auskehrung der Sicherheitsleistung diese wieder auf den Ausgangsbetrag aufstocken würde. Die Klägerin unterließ es auch, die Überweisung der 190.000,- DM in irgendeiner Form anzukündigen und insbesondere auf die ihr wichtige Befristung hinzuweisen. Auch enthält der Überweisungsträger keinen Hinweis darauf, dass die Überweisung auf den (vermeintlichen) Treuhandauftrag der Klägerin erfolgen sollte. Der Verwendungszweck wurde dort nur mit "Rechnung 100070/03/2000, M-GmbH/Vorkasse H-GmbH" angegeben. Dass die Überweisung von dem bereits bekannten Konto der H-GmbH, das diese bei der Klägerin unterhielt, vorgenommen wurde, lässt ebensowenig ein Handeln der Klägerin im eigenen Interesse vermuten. Dies ließ es für einen Dritten nämlich keineswegs als zwingend erscheinen, dass es sich wiederum um einen Kredit der Klägerin handelte. Auch der Umstand, dass der Sicherungsbetrag wieder auf den ursprünglichen Betrag von 300.000,- DM aufgefüllt wurde, lässt nicht den Schluss darauf zu, dass damit auf den Treuhandauftrag der Klägerin geleistet wurde. Denn auch die Bauvertragsparteien hatten eine Sicherheitsleistung von 300.000,- DM vereinbart.

Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung weiterer 190.000,- DM ergibt sich auch nicht aus abgetretenem Recht der H-GmbH. Ein Anspruch gemäß § 667 BGB auf Rückgabe des Treugutes besteht nicht, auch wenn - wie ausgeführt - zwischen der H-GmbH und dem Beklagten (sowie der M-GmbH) ein "Mehrfach"-Treuhandvertrag zustande gekommen ist. Dieser Treuhandvertrag enthielt keine Befristung. Der Treuhandbetrag sollte vielmehr bis zur Beendigung des Bauvorhabens auf dem Rechtsanwaltsanderkonto des Beklagten verwahrt werden. Die Bedingungen, unter denen die Sicherheit zu leisten war, sind - jedenfalls mangels einer rechtskräftigen Entscheidung im Parallelrechtsstreit - auch noch nicht entfallen; die Bauvertragsparteien streiten noch darüber, ob und welche Leistungen der M-GmbH zu vergüten sind. Ihren Treuhandauftrag konnte die H-GmbH - bzw. nach Abtretung die Klägerin - auch nicht einseitig widerrufen. Bei einer Doppeltreuhand sind beide Vertragsparteien Treugeber; die Verwahrung erfolgt im Interesse beider Vertragsparteien zum beiderseitigen Schutz vor ungesicherter Vorleistung (BGH DNotZ 1983, 549, 551f.). Dies führt dazu, dass dem Anwalt als Treuhänder Pflichten gegenüber allen am Treuhandverhältnis Beteiligten obliegen; er ist also zu strikter Objektivität verpflichtet (Vollkommer, Anwaltshaftungsrecht, 3. Aufl., Rdnr. 238 und 243; Rinsche, Die Haftung des Rechtsanwalts und Notars, 6. Aufl., Rdnr. I 43; OLG Hamm AnwBl. 1987, 42, 43; a.A. wohl RAK Düsseldorf, BRAK-Mitt. 1985, 209; Borgmann/Haug, Anwaltshaftung, 3. Aufl., Rdnr. 35; zum mehrseitigen Hinterlegungsverfahren auch R, Rückforderung notariell hinterlegter Gelder und Urkunden, WM 1991, 1493, 1496). Dabei ist eine Anweisung an den Rechtsanwalt schon allein deshalb bindend, weil sie von mehreren Beteiligten mit entgegengesetzten Interessen gemeinsam an ihn gerichtet worden ist. Die Unwiderruflichkeit ergibt sich auch ohne eine ausdrückliche Bezeichnung als solche aus dem Umstand, daß die Anweisung von den gegenläufige Sicherungsinteressen verfolgenden Vertragsparteien gemeinsam erteilt wird und ohne eine Bindung des Rechtsanwalts der Sicherungszweck nicht erreicht werden könnte (BGH DNotZ 1987, 577, 579). Mangels einer Zustimmung der M-GmbH weigert sich der Beklagte daher (derzeit) zu Recht, den hinterlegten Betrag an die H-GmbH bzw. nach Abtretung an die Klägerin auszukehren.

Der Zinsanspruch in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 17. Februar 2001 ist begründet aus Verzug gemäß § 288 Abs. 1 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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