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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 01.07.2009
Aktenzeichen: 11 U 59/08
Rechtsgebiete: RVG


Vorschriften:

RVG § 15 Abs. 2 S. 1
Bei der Tätigkeit eines Rechtsanwalts im Rahmen freihändiger Erwerbsverhandlungen sowie in dem nachfolgenden Besitzeinweisungs- und Enteignungsverfahren handelt es sich nicht um die dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 11 U 59/08

verkündet am: 01. Juli 2009

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 24.06.2009 durch die Präsidentin des Kammergerichts Nöhre als Vorsitzende, die Richterin am Verwaltungsgericht Bähr und den Richter am Kammergericht Dr. Kapps für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 06. November 2008 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 13 O 207/06 - wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung wird das genannte Urteil abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.733,11 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. Mai 2006 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 Prozent abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 Prozent leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

A.

Der Kläger ist Rechtsanwalt und begehrt von dem Beklagten die Zahlung von Rechtsanwaltsvergütung. Die Parteien streiten um die Frage, ob es sich bei den freihändigen Erwerbsverhandlungen (§ 87 Abs. 2 S. 1 BauGB) und dem nachfolgenden Besitzeinweisungs- und Enteignungsverfahren gebührenrechtlich um die gleiche Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG handelt, eine Gebührenanrechnung geboten ist und über die Höhe des anzusetzenden Gegenstandswerts.

Der Beklagte leitete nach einer entsprechenden Planfeststellung zum Zweck des Straßenbaus Enteignungsverfahren für diverse Grundstücke im Bereich des M W im Bezirk K von Berlin ein.

Der Kläger vertrat mehrere betroffene Grundstückseigentümer, darunter den früheren Eigentümer des Grundstücks M in B , Herrn M K , im Rahmen der freihändigen Erwerbsverhandlungen sowie dem anschließenden Besitzeinweisungs- und Enteignungsverfahren.

Mit Schreiben vom 07. März 2005 (Anl. K 1) zeigte der Kläger gegenüber dem Beklagten die Vertretung von Herrn K an und bat um Zusage der Kostenübernahme hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten nach Maßgabe des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes. Die Übernahme der Kosten für die freihändigen Grunderwerbsverhandlungen bestätigte der Beklagte mit Schreiben vom 18. März 2005 (Anl. K 2). Ferner führte er in dem Schreiben weitere erstattungsfähige Entschädigungspositionen, u.a. Maklerkosten, Gerichts- und Notariatskosten und die Grunderwerbssteuer für die Beschaffung von Ersatzland, auf. Im Zuge der Verhandlungen wurde ein Wertgutachten eingeholt und das Bezirksamt T von B mit dem Ankauf des Grundstücks beauftragt. Mit Schreiben vom 13. Januar 2006 (Anl. B 2) bot das Bezirksamt T von B einen Kaufpreis in Höhe von 110.000,00 € zuzüglich 11.070,00 € Folgekostenentschädigung an. Zu einer Einigung kam es nicht. Der Beklagte beantragte schließlich die Enteignung und vorzeitige Einweisung in den Besitz des Grundstücks. Mit Verfügung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 24. März 2006 (Anl. K 3), gerichtet an Herrn K , wurde dieser zur mündlichen Verhandlung über die vorbezeichneten Anträge geladen. Nach Übersendung der Ladung beauftragte Herr K den Kläger auch mit der Vertretung im Besitzeinweisungs- und Enteignungsverfahren. Mit Schreiben vom 29. März 2006 (Anl. K 18) zeigte der Kläger die Vertretung gegenüber dem Beklagten an. Im Termin vom 21. April 2006 einigten sich die Beteiligten schließlich über die Übertragung des Grundstücks gegen eine Zahlung von 121.120,00 € (Anl. K 4). Der Beklagte verpflichtete sich in § 2 Abs. 3 der Vereinbarung, "auf Nachweis die entstandenen Gutachterkosten, Grunderwerbsteuer, Maklerkosten, Notariats- und Abwicklungskosten im Rahmen der Beschaffung eines adäquaten Ersatzobjektes" sowie gem. § 4 Abs. 1 die Kosten der notwendigen Rechtsvertretung zu erstatten. Mit der "Forderungsabtretung" vom 9. Juni 2006 (Anl. K 14) erklärte Herr K die Abtretung der gegen den Beklagten aus den Verfahren des freihändigen Grunderwerbes, der Besitzeinweisung und der Enteignung entstandenen Ansprüche, soweit die Forderungen die Erstattung anwaltlicher Kosten sowie die Tätigkeit des Sachverständigen betreffen, an den Kläger.

Der Kläger rechnete seine rechtsanwaltliche Tätigkeit u.a. wie folgt ab:

Mit Kostennote vom 25. April 2006 (Rech. Nr. 091/06) [Anl. K 5] machte er für die Vertretung von Herrn K/// im Zusammenhang mit dem freihändigen Grunderwerb einen Betrag in Höhe von insgesamt 5.282,36 € (2,5-Geschäftsgebühr, zzgl. Post- und Telekommunikationsentgelte, zzgl. Auslagen für Verkehrsgutachter, zzgl. USt) geltend. Hinsichtlich der Vertretung im Enteignungs- und Besitzeinweisungsverfahren rechnete er mit Kostennote vom 25. April 2006 (Rech. Nr. 092/06) [Anl. K 6] einen Betrag von insgesamt 6.067,24 € ab.

Der Beklagte lehnte mit Schreiben vom 17. Mai 2006 (Anl. K 7) einen Ausgleich der Rechnung vom 25. April 2006 (Rech. Nr. 091/06) ab. Bezüglich der Kostennote vom 25. April 2006 (Rech. Nr. 092/06) errechnete der Beklagte einen Erstattungsbetrag von lediglich 5.738,58 € (= Differenz zur Rechnung: 328,66 €) und versagte weitere Zahlungen. Hinsichtlich der Berechnung im Einzelnen wird auf das Schreiben vom 17. Mai 2006 (Anl. K 7) Bezug genommen.

Auf diese und die weiteren tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Das Landgericht hat - nach Leistung einer Teilzahlung - der Klage hinsichtlich der Kostennote vom 25. April 2006 (Rech. Nr. 091/06) in Höhe von 4.173,10 € nebst anteiliger Zinsen stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger auch für das freihändige Erwerbsverfahren eine gesonderte Geschäftsgebühr beanspruchen könne, weil es sich im Verhältnis zum nachfolgenden Besitzeinweisungs- und Enteignungsverfahren um verschiedene Angelegenheiten handele. Dafür spreche die Systematik des § 17 RVG. Die Höhe der angesetzten Gebühren sei - ausgehend vom Gutachten der Rechtsanwaltskammer - nicht zu beanstanden. Allerdings könne die Gebührenabrechnung nur nach einem Wert von 121.120,00 € (Höhe der vereinbarten Entschädigung) erfolgen. Die weiteren Kosten (Gutachten, Grunderwerbsnebenkosten etc.) seien als Nebenforderungen nicht berücksichtigungsfähig. Aus diesem Grunde könne der Kläger auch auf die Rechnung vom 25. April 2006 (Rech. Nr. 092/06) keine weitere Zahlung mehr verlangen.

Mit der Berufung wendet sich der Beklagte teilweise gegen die erstinstanzliche Verurteilung. Er ist der Auffassung, bei der Tätigkeit des Klägers im Rahmen der Erwerbsverhandlungen und dem nachfolgenden Enteignungs- und Besitzeinweisungsverfahren handele es sich um eine einheitliche Angelegenheit, da ein einheitlicher Lebenssachverhalt mit einheitlicher Zielsetzung und Interessenlage gegeben sei. Es gehe letztlich für die Betroffenen im gesamten Verfahren darum, eine möglichst hohe Entschädigung zu erlangen. Stehe - wie hier - die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses fest, könne ernsthaft über die Rechtmäßigkeit der Enteignung als solcher nicht mehr verhandelt bzw. gestritten werden, sondern nur noch über den Umfang der Entschädigung. Auch bezüglich der im Zivilprozess vorgeschalteten Güteverhandlung bestehe Einigkeit, die Güteverhandlung und das anschließend streitige Verfahren als eine Angelegenheit aufzufassen. Die vorgegebene zeitliche Abfolge stehe der Annahme einer einheitlichen Angelegenheit nicht entgegen. Auch Haupt- und Hilfsantrag seien ein einheitlicher Vorgang. Im Übrigen sei es geboten, die für das Enteignungs- und Besitzeinweisungsverfahren abgerechneten und gezahlten Gebühren anzurechnen:

 - 1,3 fache Geschäftsgebühr (zum Wert: 121.120,00 €): 1.860,30 €
- Auslagenpauschale: 20,00 €
 1.880,30 €
- USt: 300,85 €
Gesamt: 2.181,15 €

Im Wege der Anschlussberufung begehrt der Kläger die mit der Klage geltend gemacht Differenz bzgl. der Rechtsanwaltsvergütung zum Gegenstandswert 134.276,00 € abzüglich der im Berufungsrechtszug geleisteten Teilzahlung von 1.991,95 €:

- RA-Vergütung gem. Rechnung Nr. 091/06 (Anl. K 5) zum Gegenstandswert v. 134.276,00 € (ohne Gutachterkosten):

 - 2,5-Geschäftsgeb. (Wert: 134.276,00 €): 3.770,00 € 
- Post/Telepauschale: 20,00 € 
- Summe: 3.790,00 € 
- USt: 606,40 € 
- Gesamt: 4.396,40 € 4.396,40 €
- abzüglich nunmehr geleisteter Teilzahlung von 1.991,95 € bzgl. Rechnung Nr. 091/06 (Anl. K 5): - 1.991,95 €
  2.404,45 €
- RA-Vergütung gem. Rechnung Nr. 092/06 (Anl. K 6): Differenz zum Gegenstandswert v. 134.276,00 € (Abzug Beklagter, Anl. K 7):  328,66 €
- Gesamtsumme:  2.733,11 €

Der Kläger ist der Auffassung, dass neben dem Grundstückswert (121.120,00 €) auch die Grunderwerbsnebenkosten (Notar, Grundsteuer) sowie die Maklerprovision für die Beschaffung eines adäquaten Ersatzgrundstückes im Rahmen der Wertberechnung anzusetzen seien. Der Gegenstandswert berechne sich wie folgt:

121.120,00 € Entschädigung + 5% Grunderwerbsnebenkosten (= 5.500,00 €) + 6,96 % Maklerprovision (= 7.656,00 €) = 134.276,00 €.

Der Beklagte beantragt,

1. unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage in Höhe von € 2.181,15 nebst anteiliger Zinsen abzuweisen und

2. die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

1. die Berufung zurückzuweisen und

2. unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 2.733,11 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. Mai 2006 zu zahlen.

B.

I.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Dem Kläger steht aus abgetretenem Recht (§ 398 BGB) i.V.m. der erteilten Kostenübernahmezusage bzw. § 4 Abs. 1 der Einigung vom 21. April 2006 ein Anspruch auf Ausgleich der mit Rechnung vom 25. April 2006 (Rech. Nr. 091/06) [Anl. K 5] sowie vom 25. April 2006 (Rech. Nr. 092/06) [Anl. K 6] abgerechneten Rechtsanwaltsvergütung in geltend gemachter Höhe gegen den Beklagten zu. Weder handelt es sich bei den freihändigen Erwerbsverhandlungen und der Tätigkeit des Klägers im nachfolgenden Besitzeinweisungs- und Enteignungsverfahren gebührenrechtlich um die gleiche Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG noch ist eine Gebührenanrechnung geboten.

a)

Im Ergebnis zutreffend geht das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung davon aus, dass der Kläger für die von ihm geführten freihändigen Erwerbsverhandlungen eine gesonderte Geschäftsgebühr gemäß §§ 2, 13, 14 RVG i.V.m. Nr. 2400 VV RVG beanspruchen kann, da es sich hier im Verhältnis zum nachfolgenden Besitzeinweisungs- und Enteignungsverfahren um verschiedene Angelegenheiten i.S.d. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG handelt.

aa)

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die in § 17 RVG enthaltene Auflistung verschiedener Angelegenheiten nicht abschließend, sondern nur beispielhaft (vgl. Bischof in: Bischof /Jungbauer /Bräuer /Curkovic/ Mathias/ Uher, RVG, 3. Aufl. 2009, § 17, Rdn. 9; Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, § 16 RVG, Rdn. 1; Onderka in: Goebel/Gottwald, RVG, 1. Aufl. 2004, § 17, Rdn. 1; OLG München v. 19. Januar 2006 - Verg 22/04, NJOZ 2006, 2527). In dieser Vorschrift werden lediglich die Fälle abschließend aufgeführt, bei denen es nach Ansicht des Gesetzgebers ohne diese Vorschrift zumindest zweifelhaft wäre, ob sie verschiedene Angelegenheiten darstellen (BR-Drucks. 830/03, S. 236). Dass ausschließlich die in § 17 RVG aufgeführten Fälle als "verschiedene Angelegenheiten" i.S.d. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG in Betracht kommen, ist weder der Gesetzesbegründung noch dem Gesetzeswortlaut zu entnehmen.

bb)

Die gemäß § 87 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 Berliner Enteignungsgesetz vom 14. Juli 1964 [GVBl. S. 737] (geändert durch Gesetz vom 30. November 1984, GVBl S. 1664) vor einer Enteignung zu führenden Verhandlungen über einen freihändigen Erwerb stellen vorliegend im Verhältnis zum nachfolgenden Besitzeinweisungs- und Enteignungsverfahren eine eigenständige, gesondert zu vergütende Angelegenheit dar, da der Kläger bei den hier streitigen Mandatsverhältnissen nicht innerhalb eines einheitlichen Auftrags, bei dem sich die jeweiligen Tätigkeiten im gleichen Rahmen halten und ein innerer Zusammenhang besteht, tätig geworden ist.

Unter einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne ist das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Rechtsanwalt besorgen soll. Ihr Inhalt bestimmt den Rahmen, innerhalb dessen sich die anwaltliche Tätigkeit bewegt. Die Abgrenzung ist unter Berücksichtigung der jeweiligen Lebensverhältnisse im Einzelfall vorzunehmen. Dabei ist insbesondere der Inhalt des erteilten Auftrags maßgebend. Sowohl die Feststellung des Auftrages als auch die Abgrenzung im Einzelfall ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters (vgl. BGH v. 11. März 1999 - III ZR 156/98, NJW-RR 1999, 1012; BGH v. 9. Februar 1995 - IX ZR 207/94, NJW 1995, 1431). Die weisungsgemäß erbrachten anwaltlichen Leistungen betreffen dann dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der Tätigkeit gesprochen werden kann (vgl. BGH v. 19. Oktober 2006 - V ZB 91/06, JurBüro 2007, 76 m.w.N.). Der Tätigkeit des Anwalts muss also ein einheitlicher Auftrag zugrunde liegen (1), sie muss sich im gleichen Rahmen halten (2) und zwischen den einzelnen Handlungen oder Gegenständen der anwaltlichen Tätigkeit muss ein innerer Zusammenhang bestehen (3) [vgl. Schneider in: AnwK-RVG, 3. Aufl. 2006, § 15, Rdn. 22; Madert in: Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl. 2008, § 15, Rdn. 6; Winkler in: Mayer/Kroiß, RVG, 3. Aufl. 2008, § 15, Rdn. 6; Onderka in: Goebel/Gottwald, RVG, 1. Aufl. 2004, § 15, Rdn. 6-17; Baumgärtel in: Baumgärtel/Hergenröder/Houben, RVG, 14. Aufl. 2009, § 15, Rdn. 7; Bischof in: Bischof/ Jungbauer/ Bräuer /Curkovic/ Mathias/ Uher, RVG, 3. Aufl. 2009, § 15, Rdn. 28-31; Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, § 15 RVG, Rdn. 15). Nur wenn diese drei Voraussetzungen vorliegen, liegt eine Angelegenheit vor; fehlt eine der Voraussetzungen, sind mehrere Angelegenheiten gegeben (vgl. Madert in: Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl. 2008, § 15, Rdn. 6). Daran fehlt es hier.

(1)

Es mangelt bereits an einem einheitlichen Auftrag. Ein solcher ist gegeben, wenn der Anwalt von einem Mandanten einen konkreten Auftrag erhält, hinsichtlich eines bestimmten Gegenstandes tätig zu werden oder wenn der Anwalt nacheinander mehrere (Teil-)Aufträge erhält und Einigkeit besteht, dass die erteilten Aufträge gemeinsam behandelt werden sollen und die neuen Aufträge sukzessive Erweiterungen des ursprünglichen Auftrags sind. Soweit der Anwalt mit völlig neuen Tätigkeiten betraut wird, die mit dem ersten Auftrag nicht in Zusammenhang stehen, liegt eine neue Angelegenheit vor (vgl. Schneider in: AnwK-RVG, 3. Aufl. 2006, § 15, Rdn. 23; Onderka in: Goebel/Gottwald, RVG, 1. Aufl. 2004, § 15, Rdn. 9-10; Baumgärtel in: Baumgärtel/Hergenröder/Houben, RVG, 14. Aufl. 2009, § 15, Rdn. 9). Das gilt auch dann, wenn die weiteren Aufträge erst nach vollständiger Erledigung des ersten Auftrags erteilt werden oder wenn sie mit dem ersten Auftrag nicht gemeinsam behandelt werden können (vgl. Onderka in: Goebel/Gottwald, RVG, 1. Aufl. 2004, § 15, Rdn. 10; Bischof in: Bischof/Jungbauer/Bräuer /Curkovic/Mathias/Uher, RVG, 3. Aufl. 2009, § 15, Rdn. 29 m.w.N.; Schneider in: AnwK-RVG, 3. Aufl. 2006, § 15, Rdn. 24). Unstreitig erfolgte die Beauftragung des Klägers zur Vertretung im Rahmen der freihändigen Erwerbsverhandlungen spätestens am 07. März 2005. Mit Schreiben vom 07. März 2005 (Anl. K 1) teilte der Kläger dem Beklagten die Bevollmächtigung bzgl. der freihändigen Erwerbsverhandlungen mit. Der Auftrag zur Vertretung im Besitzeinweisungs- und Enteignungsverfahren wurde schließlich erst nach dem Scheitern der Erwerbsverhandlungen und der Ladung zur mündlichen Verhandlung am 28. März 2006, mithin nach Beendigung des ersten Auftrags, erteilt. Mit Schreiben vom 29. März 2006 (Anl. K 18) zeigte der Kläger gegenüber dem Beklagten die Vertretung im Enteignungs- und Besitzeinweisungsverfahren an. Bereits diese zeitliche Abfolge steht der Annahme eines einheitlichen Auftrags entgegen. Wird der weitere Auftrag erst erteilt, nachdem der erste bereits vollständig erledigt ist, liegen immer zwei verschiedene Angelegenheiten vor (vgl. Schneider in: AnwK-RVG, 3. Aufl. 2006, § 15, Rdn. 24). Da die Durchführung von freihändigen Erwerbsverhandlungen gemäß § 87 Abs. 2 BauGB notwendigerweise vorgeschaltet ist, scheidet im Übrigen auch eine Einigung über eine "gemeinsame Behandlung" der erteilten Aufträge aus. Kann der zweite Auftrag schon aus Rechtsgründen erst bei Scheitern des ersten Auftrags und nicht mit diesem gemeinsam behandelt werden, handelt es sich um verschiedene Angelegenheiten (vgl. Onderka in: Goebel/Gottwald, RVG, 1. Aufl. 2004, § 15, Rdn. 11). Schließlich steht auch der Inhalt der erteilten Aufträge der Annahme eines einheitlichen Auftrags entgegen. Im Rahmen der Erwerbsverhandlungen ging es ausweislich der Angaben des Zeugen K im Termin vom 11. September 2007 darum, ein Ersatzgrundstück bzw. eine Entschädigung zu erhalten. Zweck der Vertretung im Rahmen des Besitzeinweisungs- und Enteignungsverfahrens war - ausweislich des Schriftsatzes vom 19. April 2006 (Anl. K 19) - hingegen die Verhinderung der Enteignung wie auch der Besitzeinweisung.

Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht der vom Beklagten bemühte Vergleich zu der im Zivil- und Arbeitsprozess vorgeschalteten Güteverhandlung und der nachfolgenden streitigen Verhandlung, welche nicht unter § 17 RVG zu fassen sind (vgl. Rohn in Mayer/Kroiß, RVG, 3. Aufl. 2008, § 17 RVG, Rd. 50), mithin als eine Angelegenheit anzusehen sind. Die Güteverhandlung ist mit dem hiesigen Verfahren nicht vergleichbar. Sie ist Teil eines einheitlichen gerichtlichen Verfahrens, § 278 ZPO. Mit ihr beginnt die mündliche Verhandlung (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, § 17 RVG, Rd. 34). Darüber hinaus sind - anders als im hiesigen Fall - auch die Beteiligten identisch. Zudem findet sie auf der gleichen verfahrensrechtlichen Grundlage wie das sich ggf. anschließende streitige Verfahren statt.

(2)

Ferner fehlt es auch an dem erforderlichen "gleichen Rahmen". Ein solcher ist gegeben, wenn das Mandat einheitlich bearbeitet werden kann, weil der Anwalt nur hinsichtlich eines einzigen Gegenstands tätig wird (vgl. Schneider in: AnwK-RVG, 3. Aufl. 2006, § 15, Rdn. 30; Onderka in: Goebel/Gottwald, RVG, 1. Aufl. 2004, § 15, Rdn. 13). Liegen der Tätigkeit des Anwalts mehrere Gegenstände zugrunde, so ist auch dann noch von dem gleichen Rahmen auszugehen, wenn der Gegner der gleiche ist und ein gewisser Zusammenhang zwischen den Gegenständen besteht oder wenn die Gegenstände in einem einheitlichen Vorgehen geltend gemacht werden können. Sofern die Tätigkeiten allerdings sachlich erheblich voneinander abweichen, scheidet die Annahme eines gleichen Rahmens aus (vgl. Schneider in: AnwK-RVG, 3. Aufl. 2006, § 15, Rdn. 30-32). Letzteres ist vorliegend der Fall. Auch wenn es sich in beiden Verfahren um das jeweils identische Grundstück gehandelt hat und die Erwerbshandlungen gem. § 87 Abs. 2 BauG zwingend vorzuschalten waren, hat sich die Tätigkeit des Klägers im Rahmen der freihändigen Erwerbsverhandlungen in verfahrensrechtlicher als auch in sachlicher Hinsicht wesentlich von dessen Tätigkeit im Rahmen des Besitzeinweisungs- und Enteignungsverfahrens unterschieden.

Für die freihändigen Erwerbsverhandlungen galt in vollem Umfang die Vertragsfreiheit der Parteien. Es waren Kaufvertragsverhandlungen auf Grundlage des Bürgerlichen Gesetzbuches zu führen (vgl. Battis in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 10. Aufl. 2007, § 87, Rdn. 6 m.w.N.). Die Parteien verhandelten insofern als gleichwertige Parteien, waren nicht an weitere gesetzliche (öffentlich-rechtliche) Vorgaben gebunden und hinsichtlich der Bestimmung des Gegenstandes frei. Die freihändigen Erwerbsverhandlungen einschließlich entsprechender vertraglicher Vereinbarungen sind - anders als das Enteignungsverfahren - zivilrechtlicher Natur, auch wenn sie dazu dienen, ein öffentlich-rechtliches Enteignungsverfahren zu vermeiden (vgl. Runkel in: Ernst/ Zinkahn/ Bielenberg, Baugesetzbuch, Bd. III, Stand: 1.10.2008, § 87 BauGB, Rd. 70 m.w.N.). Es findet keine materielle Bindung dieser zivilrechtlichen Verhandlungen an die materiellen Maßstäbe des Enteignungsrechts statt (vgl. Runkel in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, Bd. III, Stand: 1.10.2008, § 87 BauGB, Rd. 72). Geht z.B. der Eigentümer eines Grundstücks auf ein unter Enteignungsgesichtspunkten nicht angemessenes Angebot der Gemeinde ein und veräußert sein Grundstück zu den Konditionen eines solchen Angebots, dann ist ein solcher Vertrag nicht deshalb nichtig, weil das Angebot den Anforderungen des § 87 Abs. 2 S. 1 BauGB nicht entspricht. Die Gültigkeit eines solchen Vertrages richtet sich allein nach zivilrechtlichen Maßstäben (vgl. Runkel in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, Bd. III, Stand: 1.10.2008, § 87 BauGB, Rd. 72). Inhaltlich ging es bei den Erwerbsverhandlungen - wie ausgeführt - darum, ein Ersatzgrundstück bzw. eine angemessene Entschädigung zu erhalten.

Anderes galt für das nachfolgend durchgeführte Besitzeinweisungs- und Enteignungsverfahren. Bereits die zugrunde liegende "Verfahrensordnung" wich erheblich von der in Bezug auf die freihändigen Erwerbsverhandlungen ab. Insofern galt das Antragserfordernis. Das Verfahren wurde von der Enteignungsbehörde geführt und wäre letztlich von dieser zu entscheiden gewesen. Es bestand keine Vertragsfreiheit. Darüber hinaus wich die Tätigkeit des Klägers aber auch in der Sache maßgeblich von der im Rahmen der Erwerbsverhandlungen ab. Ausgehend von den im Besitzeinweisungs- und Enteignungsverfahren konkret gestellten Anträgen des Vorhabensträgers und der in diesem Verfahren vorgebrachten Begründung oblag dem Kläger, deren Zulässigkeit und Begründetheit nach dem Berliner Straßengesetz, dem Berliner Enteignungsgesetz und Fachplanungsgesetzen etc. zu prüfen und dazu Stellung zu nehmen. Dementsprechend ist der Kläger - ausweislich seines Schriftsatzes vom 19. April 2006 (Anl. K 19) - auch tatsächlich tätig geworden.

Zudem mangelt es in den streitgegenständlichen Angelegenheiten aufgrund der gesetzlichen Vorgaben an dem gleichen Gegner. Gemäß § 87 Abs. 2 S. 1 BauGB setzt eine Enteignung voraus, dass der Antragsteller sich ernsthaft um den freihändigen Erwerb des zu enteignenden Grundstücks zu angemessenen Bedingungen vergeblich bemüht hat. Der Eigentümer soll nicht unversehens mit der Enteignung überzogen werden. Ihm soll Gelegenheit gegeben werden, sich auf der Ebene privater Verhandlungen ohne Beteiligung der Enteignungsbehörde mit dem Kaufangebot des Antragstellers auseinanderzusetzen (vgl. Runkel in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, Bd. III, Stand: 1.10.2008, § 87 BauGB, Rd. 69). Bezweckt ist also gerade, dass sich die "Gegner" im Rahmen der Erwerbsverhandlungen und der sich ggf. anschließenden Enteignung unterscheiden. Auch vorliegend wurden tatsächlich unterschiedliche Behörden tätig. Die freihändigen Erwerbsverhandlungen oblagen hier dem Bezirksamt T - von B . Im förmlichen Besitzeinweisungs- und Enteignungsverfahren wurde die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung tätig.

Soweit der Beklagten die Auffassung vertritt, ein einheitlicher Rahmen sei gegeben, weil über die Rechtmäßigkeit der Enteignung nicht mehr verhandelt bzw. gestritten werden könne, wenn - wie hier - der Planfeststellungsbeschluss feststeht, vermag dem der Senat nicht zu folgen. Wie der Schriftsatz des Klägers vom 19. April 2006 (Anl. K 19) zeigt, waren weitergehende Voraussetzungen (bspw. §§ 22 Abs. 1, 23 Berliner Straßengesetz (BerlStrG) für den Besitzeinweisungs- und Enteignungsantrag zu prüfen und auch im Streit.

(3)

Schließlich ist auch ein "innerer Zusammenhang" nicht gegeben. Um einen inneren Zusammenhang bejahen zu können, müssen diese Gegenstände auf einem einheitlichen Lebensvorgang beruhen und im Falle der gerichtlichen Durchsetzung in einem Verfahren gleichzeitig verfolgt werden können (vgl. Schneider in: AnwK-RVG, 3. Aufl. 2006, § 15, Rdn. 35; Onderka in: Goebel/Gottwald, RVG, 1. Aufl. 2004, § 15, Rdn. 15). Daran fehlt es. Wie ausgeführt (vgl. zuvor) handelte es sich bei den hier geführten freihändigen Erwerbsverhandlungen um offene Verhandlungen, deren Gegenstand durch die Vertragsparteien selbst bestimmt werden konnte und die rechtlich nicht auf das beschränkt waren, was Gegenstand des förmlichen Enteignungs- und Besitzeinweisungsverfahrens war. Zudem spricht auch die tatsächliche verfahrensrechtliche Zäsur gegen einen "inneren Zusammenhang". Gemäß § 3 Berliner Enteignungsgesetz i.V.m. § 87 Abs. 2 BauGB setzt die Enteignung voraus, dass der Antragsteller sich ernsthaft um den freihändigen Erwerb des zu enteignenden Grundstücks zu angemessenen Bedingungen, bei Vorliegen eines Anspruchs auf Ersatzland unter Angebot geeigneten anderen Landes, vergeblich bemüht hat. Demnach ist die ernsthafte Verhandlung im freihändigen Erwerb zwar aus Gründen der Verhältnismäßigkeit Voraussetzung für die Antragstellung im Enteignungsverfahren, nicht aber Bestandteil des Enteignungsverfahrens. Sie muss stattgefunden haben und bereits abgeschlossen, mithin gescheitert sein. Angesichts dessen scheidet im Übrigen auch eine gleichzeitige Verfolgung in einem gerichtlichen Verfahren aus.

Soweit der Beklagte unter Hinweis auf Haupt- und Hilfsantrag im Zivilprozess meint, dass es zur Beurteilung der Einheitlichkeit eines Vorgangs nicht auf die zeitlich vorgegebene Reihenfolge ankommen könne, verkennt er, dass es sich hier - anders als beim Haupt- und Hilfsantrag - um verschiedene Verfahren, auf unterschiedlicher Grundlage und mit anderer Zielsetzung sowie unterschiedlichen Beteiligten handelt (vgl. zuvor).

b)

Eine Gebührenanrechnung kommt vorliegend nicht in Betracht. Anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Beklagten in Bezug genommenen Entscheidung des OLG München (Beschluss vom 19. Januar 2006 - Verg 22/04, NJOZ 2006, 2527). Insofern handelt es sich um einen anders gelagerten, nicht vergleichbaren Fall aus dem Bereich des Vergabeverfahrens. Eine Anrechnung der Verfahrensgebühr des Rechtsanwalts für die Hauptsache auf die Verfahrensgebühr für das vorläufige Verfahren ist im dortigen Fall aufgrund eines offensichtlichen gesetzgeberischen Versehens im Rahmen der Neuregelung des Gebührenrechts für diesen speziellen Bereich angenommen worden. So hatte der Gesetzgeber bei der Umstellung von der einheitlichen Gebühr auf die getrennten Gebühren nicht berücksichtigt, dass in der Gebühr, die als Grundlage für die Festlegung der neuen Gebühr für das vorläufige Verfahren diente, bisher diejenige für die Hauptsache mit enthalten war. Eine Anpassung der Wertvorschriften ist unterblieben. Entsprechendes ist vorliegend nicht gegeben.

Auch der Einwand des Beklagten, wonach es der Systematik des RVG entspreche, jedenfalls zwischen außergerichtlicher und anschließender gerichtlicher Tätigkeit Gebührenanrechnungen vorzunehmen, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Vorliegend handelt es sich in beiden Fällen um Tätigkeiten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens. Ein allgemeiner Grundsatz, wonach eine Anrechnung bei verschiedenen außergerichtlichen Angelegenheiten zu erfolgen hat, lässt sich dem RVG nicht entnehmen.

II.

Die Anschlussberufung ist statthaft und begründet.

1.

Dem Kläger steht aus abgetretenem Recht (§ 398 BGB) i.V.m. der erteilten Kostenübernahmezusagen bzw. § 4 Abs. 1 der Einigung vom 21. April 2006 ein Anspruch auf Ausgleich der mit Rechnung vom 25. April 2006 (Rech. Nr. 091/06) [Anl. K 5] sowie vom 25. April 2006 (Rech. Nr. 092/06) [Anl. K 6] abgerechneten Rechtsanwaltsvergütung - abzüglich geleisteter Teilzahlungen - i.H.v. insgesamt 2.733,11 € gegen den Beklagten zu. a)

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist gem. § 2 i.V.m. §§ 22, 23 RVG von einem Gegenstandswert i.H.v. 134.276,00 € auszugehen, da die Erstattung der Grunderwerbsnebenkosten (Notar, Grunderwerbssteuer) sowie der Maklerprovision zum Zeitpunkt der Entstehung der jeweiligen Geschäftsgebühr Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit des Klägers war.

Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit ist das Recht oder Rechtsverhältnis, auf das sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts bezieht. Gleichgültig ist, ob es sich um ein bestehendes oder künftiges, ein nur angestrebtes oder behauptetes Recht oder Rechtsverhältnis handelt (vgl. Madert in: Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl. 2008, § 2 RVG, Rd. 3). Maßgebend für die Bewertung des Gegenstandes ist dabei der Zeitpunkt der Entstehung der Gebühr (hier: Geschäftsgebühr), die durch die Tätigkeit für den Gegenstand veranlasst ist. Es kommt also auf den Zeitpunkt an, in dem der Gebührentatbestand erfüllt wird (vgl. Madert in: Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl. 2008, § 2 RVG, Rd. 6; Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, § 2 RVG, Rd. 4). Die vorliegend geltend gemachte Geschäftsgebühr entsteht für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information, mithin mit jeder auf die Ausführung des Auftrags gerichteten Tätigkeit.

Ausgehend davon hat der Kläger in der Rechnung vom 25. April 2006 (Rech. Nr.: 091/06) [Anl. K 5] zutreffend einen Gegenstandswert i.H.v. 134.276,00 € angesetzt. Werterhöhend waren neben dem Grundstückswert auch die Grunderwerbsnebenkosten (Notar, Grunderwerbssteuer) sowie die Maklerprovision. Ausweislich der Schreiben vom 7. März 2005 (Anl. K 1) sowie vom 18. März 2005 (Anl. K 2) umfasste die Tätigkeit des Klägers über den Kaufpreis für das Grundstück hinaus auch weitere zu erstattende Positionen. So teilt der Beklagte auf die Anfrage des Klägers mit dem Schreiben vom 18. März 2005 ausdrücklich mit, dass die Kostenübernahme für die Rechtsvertretung im Zusammenhang mit den Erwerbsverhandlungen bereits gegenüber den Mandanten des Klägers bestätigt worden seien und auch etwaige Maklerkosten, Gerichts- und Notariatskosten sowie die Grunderwerbssteuer für die Beschaffung von vergleichbarem Ersatzland erstattungsfähig seien.

Auch der der Rechnung vom 25. April 2006 (Rech. Nr. 092/06) [Anl. K 6, Bl. 16/I] zugrunde gelegte Gegenstandswert von 134.276,00 € ist nicht zu beanstanden. Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit waren auch insoweit die ggf. anfallenden weiteren Kosten. Gemäß § 2 Abs. 3 der Einigung (Anl. K 4) sind dem Mandant des Klägers auch nachgewiesene Grunderwerbssteuer, Maklerkosten, Notariats- und Abwicklungskosten im Rahmen der Beschaffung eines adäquaten Ersatzobjektes zu erstatten.

Unerheblich ist, ob die Grunderwerbsnebenkosten bzw. die Maklerprovision später tatsächlich anfallen, da nachträgliche Wertminderungen für die bereits entstandene Geschäftsgebühr unberücksichtigt bleiben. Soweit sich der Wert während der Tätigkeit vermindert, darf man diese Wertminderung nur für diejenige Gebühr berücksichtigen, die durch eine Tätigkeit erst nach der Wertminderung entsteht (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, § 2 RVG, Rd. 4). War der Rechtsanwalt in einem Zeitraum tätig, in dem noch der höhere Wert galt, bleibt die anschließende Wertminderung unbeachtlich (vgl. Madert in: Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl. 2008, § 2 RVG, Rd. 7).

§ 43 Abs. 1 GKG - Nichtberücksichtigung von Nebenforderungen - ist nicht einschlägig, da es sich bei den Grunderwerbsnebenkosten bzw. der Maklerprovision nicht um bloße Nebenforderungen handelt, sondern um die Erstattung weiterer Kosten.

Die Höhe der vom Kläger zugrunde gelegten Grunderwerbsnebenkosten bzw. die Maklerprovision sind unstreitig.

b)

Der insgesamt noch offene Betrag berechnet sich wie folgt:

- RA-Vergütung gem. Rechnung Nr. 091/06 (Anl. K 5) zum Gegenstandswert v. 134.276,00 € (ohne Gutachterkosten):

 - 2,5-Geschäftsgeb. (Wert: 134.276,00 €): 3.770,00 € 
- Post/Telepauschale: 20,00 € 
- Summe: 3.790,00 € 
- USt: 606,40 € 
- Gesamt: 4.396,40 € 4.396,40 €
- abzüglich nunmehr geleisteter Teilzahlung von 1.991,95 € bzgl. Rechnung Nr. 091/06 (Anl. K 5):  - 1.991,95 €
  2.404,45 €
- RA-Vergütung gem. Rechnung Nr. 092/06 (Anl. K 6) Differenz zum Gegenstandswert v. 134.276,00 € (Abzug Beklagter, Anl. K7):  328,66 €
- Gesamtsumme:  2.733,11 €

2.

Der geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich jeweils aus §§ 280, 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 BGB.

III.

1.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 2 ZPO.

2.

Die Revision war hinsichtlich der Frage, ob es sich bei freihändigen Erwerbsverhandlungen gem. § 87 Abs. 2 S. 1 BauGB und dem nachfolgenden Enteignungs- und Besitzeinweisungsverfahren gebührenrechtlich um dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG handelt, wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Sache dann zu, wenn sie - wie hier - eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. Heßler in Zöller, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 543 ZPO, Rd. 11 m.w.N.). Klärungsbedürftig sind dabei insbesondere solche Rechtsfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die noch nicht oder nicht hinreichend höchstrichterlich geklärt sind (vgl. BVerfG vom 4. November 2008 - 1 BvR 2587/06, NJW 2009, 572). Eine höchstrichterliche Klärung dieser Rechtsfrage ist bisher nicht erfolgt.

Ende der Entscheidung

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