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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 16.08.2004
Aktenzeichen: 12 U 105/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 513 Abs. 1
ZPO § 529
ZPO § 256 Abs. 2
ZPO § 240
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht

Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 12 U 105/03

verkündet am: 16. August 2004

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. August 2004 durch den Richter am Kammergericht Spiegel als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten zu 1) gegen das am 17. März 2003 verkündete Teilurteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin - 12 O 633/02 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte zu 1) darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10% abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Berufung des Beklagten zu 1) richtet sich gegen das am 17. März 2003 verkündete Teilurteil des Landgerichts, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Nach Erlass des Teilurteils und Durchführung einer Beweisaufnahme hat der Kläger seine gegen den Beklagten zu 2) gerichtete Klage zurückgenommen. Das Landgericht hat in einem am 17. Mai 2004 verkündeten "Kostenschlussurteil" über die Kosten des ersten Rechtszuges entschieden.

Zur Begründung seiner Berufung trägt der Beklagte zu1) u. a. vor:

Das Teilurteil könne bereits aus prozessualen Gründen keinen Bestand haben, da Teilurteilsfähigkeit nicht gegeben sei; es bestehe die Gefahr einer divergierender Entscheidungen. Die Gefahr unterschiedlicher Entscheidungen betreffe sowohl die Frage der Haftung dem Grunde nach als auch die Höhe des Anspruchs.

Auch sei ihm, dem Beklagten zu 1), nicht hinreichend rechtliches Gehör gewährt worden. Das Landgericht habe nicht darauf hingewiesen, dass sein Vortrag zur Schadenshöhe nicht substantiiert genug sei, um dem Beweisantritt zu folgen. Höchst vorsorglich stelle er unter Protest gegen die Beweislast nochmals unter Beweis, dass der geltend gemachte Betrag für die Nutzungsentschädigung von monatlich 6.675,80 DM um mindestens 20% über dem marktüblichen Mietzins lag, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Das Urteil kranke auch daran, dass der zugesprochene Schadensbetrag nicht einmal ordentlich berechnet worden sei.

Er, der Beklagte zu 1), sei auch nicht bis zum 19. März 2001 Besitzer im Sinne eines Eigentümer-Besitzerverhältnisses gewesen. Vielmehr habe er die Räumlichkeiten im November 2000 an die Zeugin Mnnn übergeben. Die Schlüsselübergabe an Herrn Pnnn auf Wunsch und Geheiß der Zeugin Mnnn erfolgt. Die Überlassung des Inventars an Herrn Pnn könne auch nicht als unmittelbare Sachherrschaft nach Übergabe der Schlüssel gewertet werden. Er sei, da er nach Rückgabe der Schlüssel keinen Nutzen gezogen habe, auch nicht bereichert.

Der Beklagte zu 1) beantragt,

die Klage unter Abänderung des angefochtenen Teilurteils abzuweisen,

hilfsweise,

das Teilurteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung an das Landgericht zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung, die er für zutreffend erachtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in beiden Rechtszügen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

II.

Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache aus den im wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung keinen Erfolg.

Im Hinblick auf die Ausführungen im Zweiten Rechtszug ist ergänzend auf das Folgende hinzuweisen:

Nach § 513 Absatz 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall.

A. Entgegen der Ansicht des Beklagten zu 1) ist das Teilurteil nicht unzulässig. Es ist zwar zutreffend, dass die Teilurteilsfähigkeit bei Sachverhalten verneint wird, bei denen auch nur die abstrakte Möglichkeit von divergierenden Entscheidungen besteht. Die Gefahr einer divergierenden Entscheidung ist aber vorliegend nicht (mehr) gegeben, da nach Rücknahme der gegen den Beklagten zu 2) gerichteten Klage die abstrakte Möglichkeit einer divergierenden Entscheidungen nicht besteht.

Die nach Verkündung des Teilurteils erfolgte Klagerückname ist bei der Beurteilung der Teilurteilsfähigkeit auch zu berücksichtigen. Zwar ist hierbei grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Erlasses des Teilurteils abzustellen. Die Rechtsprechung lässt aber Ausnahmen zu, wenn die Gefahr der Widersprüchlichkeit später beseitigt wird. So hat der BGH entschieden, dass ein Teilurteil zulässig ist, wenn die Gefahr der Widersprüchlichkeit im Rahmen des Berufungsverfahrens dadurch beseitigt wird, dass über eine Vorfrage ein Zwischenfeststellungsurteil gemäß § 256 Absatz 2 ZPO ergeht (BGH, MDR 2003, 263). Auch im Falle der Unterbrechung eines Verfahrens gegen einen einfachen Streitgenossen wegen Eröffnung des Konkursesverfahrens gemäß § 240 ZPO ist ein Teilurteil im Verhältnis zu den weiteren Streitgenossen zulässig (BGH, MDR 2003, 467). Entsprechendes muss für den vorliegenden Fall einer Rücknahme der gegen den weiteren Streitgenossen gerichteten Klage gelten. Auch hierdurch werden die Verfahren gegen die Streitgenossen faktisch getrennt. Eine abweichende Entscheidung im selben Verfahren ist damit nicht mehr möglich.

B. Es kann dahinstehen, ob das Landgericht den Beklagten zu 1) hätte darauf hinweisen müssen, dass sein erstinstanzliches Vorbringen zur Höhe der ortsüblichen Miete unsubstantiiert war. Der Beklagte zu 1) hat in Kenntnis der Ausführungen des Landgerichts auch im zweiten Rechtszug insoweit substantielles nicht vorgetragen. Der Beklagte zu 1) schuldet den Ersatz für die Gebrauchsvorteile. Diese Entsprechen dem objektiven Mietwert (Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Auflage, V Rdnr. 128. Mangels abweichender Anhaltspunkte ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Vertragsparteien bei der Bestimmung der Miethöhe jeweils den ortsüblichen Mietzins und damit den objektiven Mietwert zugrunde legen. Behauptet eine Prozesspartei, dass der ortsübliche Mietzins nicht dem vertraglich vereinbarten entspricht, so muss sie konkrete Anhaltspunkte vortragen, aus denen sich dies ergibt. Dieser Anforderung wird der Vortrag des Beklagten zu 1) nicht gerecht. Er beschränkt sich auch im zweiten Rechtszug auf die durch Tatsachenvortrag nicht fundierte Behauptung, die frühere Miete von monatlich 6.675,80 DM läge um mindestens 20% über dem marktüblichen Mietzins.

C. Die Schadensberechnung durch das Landgericht ist zutreffend. Zu Recht hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung die Berechnung des Klägers in seinem Schriftsatz vom 21. Januar 2003 in Bezug genommen. Diese Berechnung ist in sich schlüssig, nachvollziehbar und verständlich. Der Beklagte zu 2) legt auch im zweiten Rechtszug nicht dar, warum diese Berechnung inhaltlich falsch sein soll. Die Summe der ausgeurteilten Beträge von 19.029,83 € und 5.261,37 € in Höhe von 24.291,20 € entspricht der Berechnung der Klageforderung auf Seite 1 des klägerischen Schriftsatzes vom 21. Januar 2003.

D. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, die in Bezug genommen wird, geht das Landgericht auch davon aus, dass der Beklagte zu 1) vom 16. August 2000 bis zum 19. März 2001 unberechtigter Besitzer des streitgegenständlichen Mietobjektes war.

Die Revision war nicht zuzulassen, da weder die Sache grundsätzliche Bedeutung hat, noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 543 Absatz 1 Nr. 1, Absatz 2 ZPO n. F.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.



Ende der Entscheidung

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