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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 31.03.2008
Aktenzeichen: 12 U 123/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 271
1. Vereinbaren Gewerbemieter und Vermieter, dass der Mieter eine aufgelaufene Mietschuld (hier: 55.000 €) schuldet und diesen Betrag in 120 Monatsraten zahlen darf, so liegt darin auch eine Stundungsvereinbarung.

2. Eine Stundungsvereinbarung kann von dem Gläubiger gekündigt werden, wenn der Anspruch durch den Schuldner in erheblicher Weise gefährdet wird und dem Gläubiger deshalb ein Festhalten an der Stundungsvereinbarung nicht mehr zumutbar ist.

Dies kann der Fall sein, wenn der Schuldner etwa ein Jahr keine Raten zahlt.


Kammergericht

Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 12 U 123/07

verkündet am: 31.03.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, auf die mündliche Verhandlung vom 10. März 2008 durch die Richterin am Kammergericht Zillmann als Einzelrichterin

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 26. April 2007 verkündete Anerkenntnisteil-, Versäumnisteil- und Schlussurteil des Landgerichts Berlin - 32 O 57/07 - in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 30. April 2007 und des Versäumnisurteils vom 2. August 2007, dieses in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 29. November 2007, teilweise abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, über den mit Anerkenntnisteilurteil zugesprochenen Betrag von 11.083,28 EUR nebst Zinsen hinaus an den Kläger weitere 31.625,17 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19. Februar 2007 zu zahlen.

Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen.

Die Kostenentscheidung wird wie folgt neu gefasst:

Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits, mit Ausnahme der Kosten der Säumnis des Beklagten im Termin vom 26. April 2007, die dieser selbst zu tragen hat, sowie der Säumnis des Klägers im Termin vom 2. August 2007, die dieser selbst zu tragen hat, haben der Kläger zu 11 %, der Beklagte zu 89 % zu tragen.

Die Kosten der Berufung hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die am 11. Juni 2007 eingelegte und mit einem am 10. August 2007 eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung des Klägers richtet sich gegen das am 10. Mai 2007 zugestellte Urteil des Landgerichts Berlin vom 26. April 2007, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Mit seiner Berufung hat sich der Kläger ursprünglich gegen die Abweisung seiner Klage durch Schlussurteil in Höhe von 36.666,80 EUR nebst Zinsen gerichtet. Hinsichtlich des auf das Anerkenntnisteilurteil entfallenden Teils von 11.083,28 EUR nebst anteiligen Zinsen ist das Urteil rechtskräftig, das Versäumnisteilurteil ist durch Versäumnisurteil gegen den Kläger vom 2. August 2007 aufgehoben und die Klage in Höhe von 5.958,29 EUR zwischenzeitlich ebenfalls rechtskräftig abgewiesen worden.

Der Kläger ist der Auffassung, die angegriffene Entscheidung des Landgerichts beruhe auf einer Rechtsverletzung, da das Landgericht verkannt habe, dass es sich bei der Vereinbarung der Parteien um ein in Raten zurückzuzahlendes zinsloses Darlehen und damit ein kündbares Dauerschuldverhältnis handele.

Außerdem könne der Gläubiger eine Stundung widerrufen und die Leistung sofort verlangen, wenn sein Anspruch gefährdet sei. Die Einleitung des Mahnverfahrens und die in der Anspruchsbegründung vom 9. Februar 2007 erklärte fristlose Kündigung sei deshalb auch als Widerruf der Stundung zu verstehen.

Der Kläger hat zunächst beantragt, das Schlussurteil des Landgerichts Berlin vom 26. April 2007 (32 O 57/07) abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 36.666,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.1.2004 zu zahlen.

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in Höhe von 5.041,63 EUR nebst anteiligen Zinsen übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, beantragt der Kläger nunmehr noch das Schlussurteil des Landgerichts Berlin vom 26. April 2007 (32 O 57/07) abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 31.625,17 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.1.2004 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und ist der Auffassung, dass nicht ausreichende Zahlungen auf das Schuldanerkenntnis für eine erhebliche Gefährdung des Anspruchs nicht ausreichend seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

A. Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

Der Kläger hat gegen den Beklagten, nachdem dieser unstreitig Zahlungen in Höhe von 5.041,63 EUR auf die seit Mai 2007 fällig werdenden Raten von monatlich je 458,33 EUR geleistet hat, noch einen Anspruch in Höhe von 31.625,17 EUR.

Dass dem Kläger aus rückständigen Mieten ein Betrag von ursprünglich 55.000,- EUR zustand, ist zwischen den Parteien unstreitig.

Nach dem rechtskräftigen Anerkenntnisteilurteil vom 26. April 2007 und dem ebenfalls rechtskräftigen Versäumnisteilurteil vom 2. August 2007 steht, unter Berücksichtigung der oben aufgeführten weiteren unstreitigen Zahlungen auch fest, dass dieser Anspruch nur noch in Höhe von 31.625,17 EUR besteht und Gegenstand der Berufung des Klägers ist.

Entgegen den Ausführungen des Landgerichts in dem angegriffenen Urteil kann der Kläger die Zahlung dieses Betrages von dem Beklagten auch bereits zum jetzigen Zeitpunkt verlangen.

Dabei kann es dahin stehen, ob mit dem Landgericht davon auszugehen ist, dass es sich bei der Vereinbarung der Parteien vom 30. Oktober 2003 um eine Ratenzahlungsvereinbarung in Form einer Stundungsabrede handelt, die, anders als ein Dauerschuldverhältnis, nur eine einmalige, in Raten rückzahlbare Leistung zum Gegenstand hat, oder, wie die Berufung meint, um eine Darlehensvereinbarung, die der Kläger mangels vertragsgemäßer Zahlung durch den Beklagten habe kündigen können.

Die von den Parteien geschlossene Vereinbarung stellt jedenfalls eine Stundungsvereinbarung dar, da der Beklagte die von ihm anerkannte Schuld in Höhe von 55.000,- EUR in monatlichen Raten zu je 458,33 EUR abzahlen konnte und die Fälligkeit der jeweils restlichen Forderung mithin hinausgeschoben wurde.

Eine Stundungsvereinbarung kann von dem Gläubiger widerrufen bzw. gekündigt werden, wenn der Anspruch durch den Schuldner in erheblicher Weise gefährdet wird (vgl. Palandt-Heinrichs, 67. Aufl., § 271 BGB, Rn 15) und dem Gläubiger deshalb ein Festhalten an der Stundungsvereinbarung nicht mehr zumutbar ist.

Dies ist nicht nur anzunehmen, wenn sich die Vermögensverhältnisse des Schuldners verschlechtern sondern auch dann, wenn dem stillschweigenden Vorbehalt des Gläubigers, der Schuldner werde sich auch hinsichtlich der Pünktlichkeit und Regelmäßigkeit der Zahlungen vertragstreu verhalten, nicht entsprochen wird (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 21. Juli 2005 - 8 U 714/04 - MDR 2006, 194).

Dabei ist es entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht entscheidend, ob es sich bei der ursprünglichen Forderung des Gläubigers bereits um eine Darlehensforderung gehandelt hatte. Entscheidend ist, dass der Kläger durch die Stundungsvereinbarung einem Kreditgeber gleichgestellt war, da er selbst durch Überlassung der Mieträume an den Beklagten bereits geleistet hatte, dem Beklagten jedoch die Möglichkeit einräumte, die geschuldete Miete Ratenweise zu begleichen.

Die Voraussetzungen unter denen der Gläubiger die Stundungsvereinbarung widerrufen bzw. kündigen kann, sind vorliegend gegeben. Der Beklagte hat unstreitig bereits im Jahr 2004 nur vereinzelte Zahlungen geleistet, zum Zeitpunkt der Begründung des Anspruchs mit Schriftsatz vom 9. Februar 2007 waren unstreitig seit März 2006 keine Raten gezahlt worden. Der Kläger konnte die Stundungsvereinbarung vom 30. Oktober 2003 deshalb mit Schriftsatz vom 9. Februar 2007 kündigen, weil ihm ein weiteres Festhalten nicht mehr zumutbar war.

Ob der Beklagte nach diesem Zeitpunkt weitere Ratenzahlungen erbracht hat, ist für die Frage der Wirksamkeit der durch den Kläger erklärten Kündigung ohne Bedeutung. Derartige Zahlungen ließen die Wirkungen der Kündigung/ des Widerrufs nachträglich nicht entfallen.

B. Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 286 Abs. 1 Satz 2, 288 Abs. 1 BGB und ist ab Zustellung der Anspruchsbegründung am 19. Februar 2007 begründet.

Soweit der Kläger Zinsen bereits ab dem 1. Januar 2004 begehrt, ist nicht ersichtlich und auch nicht dargelegt, woraus sich dieser Anspruch ergeben sollte. Die Fälligkeit der gesamten noch geschuldeten Summe trat erst mit der Kündigung der Stundungsvereinbarung durch Schriftsatz vom 9. Februar 2007 ein.

Denkbar wäre zwar auch, dass bereits in der Beantragung des Mahnbescheides eine konkludente Kündigung gesehen werden könnte. Fraglich ist allerdings, ob bereits zum Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheides die Voraussetzungen für einen Widerruf der Stundungs-vereinbarung gegeben waren. Der Beklagte hat nämlich die Raten für den Zeitraum von Dezember 2004 bis einschließlich Dezember 2005 gezahlt, weshalb die Klage hinsichtlich dieses Teils des Anspruchs auch mit Versäumnisurteil vom 2. August 2007 abgewiesen worden ist.

C. Die erstinstanzliche Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Kostenentscheidung der Berufung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Soweit die Parteien den Rechtsstreit in Höhe von 5.041,63 EUR übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war gemäß § 91 a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen nur noch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden. Dies führt dazu, dem Beklagten diese Kosten ebenfalls aufzuerlegen, da er ohne das erledigende Ereignis, nämlich die Zahlung von insgesamt 11 Raten seit Mai 2007 in Höhe von jeweils 458,33 EUR, auch insoweit in dem Rechtsstreit unterlegen wäre. Dem Kläger stand nach dem Widerruf der Stundungsvereinbarung im Schriftsatz vom 9. Februar 2007 der gesamte zu diesem Zeitpunkt noch offene und nicht durch Zahlungen des Beklagten bereits erfüllte Betrag zu.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

D. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.



Ende der Entscheidung

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