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Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 01.10.2001
Aktenzeichen: 12 U 1918/00
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 97 Abs. 1 | |
ZPO § 412 | |
ZPO § 546 Abs. 2 | |
ZPO § 708 Nr. 10 | |
ZPO § 713 |
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes
Geschäftsnummer: 12 U 1918/00
Verkündet am: 1. Oktober 2001
In dem Rechtsstreit
hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 1. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Grieß, den Richter am Amtsgericht Dr. Wimmer sowie den Richter am Kammergericht Hinze für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 21. Dezember 1999 verkündete Urteil der Zivilkammer 31 des Landgerichts Berlin - 31 O 637/98 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer des Klägers beträgt 15.909,42 DM.
Entscheidungsgründe;
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg, weil das Urteil des Landgerichts richtig ist und auch das Vorbringen im zweiten Rechtszug keine andere Entscheidung rechtfertigt. Der Senat folgt den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils (§ 543 Abs. 1 ZPO). Im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers in der Berufung weist er ergänzend auf Folgendes hin:
Zutreffend ist lediglich der Ausgangspunkt des Klägers, wonach die Beklagten ihm dann zum vollen Schadensersatz verpflichtet wären, wenn der Fahrer seines Taxis vor dem Unfall durchgängig den linken Fahrstreifen der Bundesallee befahren hätte und es allein deshalb zum Unfall gekommen wäre, weil der Beklagte zu 1) mit dem von ihm gefahrenen Opel Vectra unmittelbar vor dem Unfall vom mittleren in den linken Fahrstreifen der Bundesallee gewechselt wäre und dort abgebremst hätte. Einen solchen Sachverhalt hat das Landgericht nach dem Ergebnis der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme jedoch mit zutreffenden Gründen verneint.
1. Zu Unrecht meint der Kläger auf S. 1 der Berufungsbegründung, sein entsprechender Vortrag erster Instanz sei unstreitig gewesen. Zutreffend weisen die Beklagten darauf hin, dass sie bereits mit Schriftsatz vom 15. Januar 1999 behauptet hatten, vor dem Unfall seien alle drei Fahrzeuge, also auch das Taxi des Klägers, im mittleren Fahrstreifen der Bundesallee hintereinander her gefahren. In erster Instanz war sich der Kläger auch durchaus bewusst, dass seine eigene Sachverhaltsdarstellung bestritten war. So hat er die hiervon abweichende Darstellung der Beklagten mit Schriftsatz vom 25. März 1999 nochmals ausdrücklich bestritten.
2. Auch die Angriffe des Klägers gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts verhelfen der Berufung nicht zum Erfolg. Insbesondere war das Landgericht nicht gehalten, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen.
a) Nach § 412 ZPO steht die Einholung eines weiteren Gutachtens im Ermessen des Gerichts und ist nur ausnahmsweise geboten. Allerdings darf und muss das Gericht, wenn es aus dem Gutachten trotz Ergänzung oder Anhörung des Sachverständigen keine sichere Überzeugung gewinnt, eine neue Begutachtung anordnen, wenn besonders schwierige Fragen zu lösen oder grobe Mängel des vorhandenen Gutachtens nicht zu beseitigen ist, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn das Gutachten in anderer Weise nicht aufklärbare Widersprüche enthält, wenn ein neuer Gutachter über überlegene Forschungsmittel verfügt oder wenn eine Partei substantiierte, nicht von vornherein widerlegbare Einwendungen, auch mit Hilfe eines Privatgutachters, erhebt (vgl. BGHZ 53, 245, 258; BGH NJW 1992, 1459; NJW 1996, 730; Senat, Urteil vom 18. Januar 2001 - 12 U 3414/99 -).
b) Im vorliegenden Fall können diese Voraussetzungen nicht festgestellt werden. Insbesondere ist weder die Sachkunde des Unfallrekonstruktionsgutachters Dipl.-Ing. M H zweifelhaft, noch sind seine gutachterlichen Ausführungen widersprüchlich oder ist es ersichtlich, dass ein anderer Gutachter über überlegene Forschungsmittel verfügen würde.
Die vom Kläger in erster Instanz vorgetragenen und in der Berufung wiederholten Einwendungen gegen das Gutachten des Sachverständigen H machen die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens nicht erforderlich.
aa) Unzutreffend ist der Einwand des Klägers, der Sachverständige H habe die Beweisfragen gemäß Beschluss vom 15. Juni 1999 nicht vollständig beantwortet. Der Sachverständige hat auf den Seiten 1 und 2 seines Gutachtens unter 1. die Beweisfragen wiederholt. Sodann hat er auf Seite 12 des Gutachtens unter 5. erster Absatz ausgeführt, "die Behauptung des Klägers ... (stehe) mit den Schäden an den Fahrzeugen nicht in Übereinstimmung und (sei) daher nicht zutreffend". Damit hat der Sachverständige H unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Sachverhaltsdarstellung des Klägers nicht bewiesen ist. Im Anschluss daran hat der Sachverständige ebenfalls auf Seite 12 des Gutachtens im zweiten Absatz ausgeführt, die Sachverhaltsdarstellung der Beklagten passe zu den Schäden an den Fahrzeugen und sei daher nachvollziehbar. Damit hat er sich auch zu der zweiten Beweisfrage geäußert. Unschädlich ist demgegenüber, dass der Sachverständige nicht erklärt hat, der von den Beklagten behauptete Sachverhalt stehe eindeutig fest. Zwar mag es aus Sicht des Gerichts wünschenswert sein, wenn ein Sachverständiger zu eindeutigen Ergebnissen gelangt. Es stellt jedoch keinen Mangel des Gutachtens fest, wenn es Raum für Zweifel lässt.
bb) Unzutreffend ist auch der Einwand des Klägers im Schriftsatz vom 8. Dezember 1999 auf Seite 2, der Sachverständige habe in seinem Gutachten "den erheblichen Punkt der Bremseintauchtiefe völlig außer Acht" gelassen. Der Sachverständige H hat hierzu auf den Seiten 8 und 9 seines Gutachtens ausgeführt, aus den Schäden an den Fahrzeugen gehe hervor, dass sich die Front des Mercedes Benz (Taxi) beim Anstoß gegenüber der statischen Ruhelage deutlich abgesenkt habe. Dies lasse auf eine starke Bremsung im Moment des Anstoßes schließen. Insoweit hat der Sachverständige auf die Skizze Bl. 11 seines Gutachtens verwiesen, auf der die Absenkung des klägerischen Taxis deutlich wiedergegeben ist. Unklar ist allerdings, was der Kläger aus dem genannten Umstand für die Richtigkeit seiner Sachverhaltsdarstellung ableiten will.
cc) Soweit der Kläger geltend macht, eine Gesamtwürdigung des Schadensbildes ergebe einen "streifenden Aufprall ... dem eine Ausholbewegung des klägerischen Fahrzeugs nach links als letzte Reaktion vor dem Zusammenprall vorausgegangen" sei, fällt zunächst auf, dass der Kläger erstmals mit Schriftsatz vom 8. Dezember 1999, mehr als ein Jahr nach dem Unfall, vorträgt, der Fahrer seines Taxis habe vor dem Unfall eine Ausweichbewegung nach links durchgeführt. Auch ist ein derartiger Sachverhalt nicht unter Beweis gestellt worden. Diese Frage kann jedoch dahinstehen, denn auch wenn die Richtigkeit dieser Behauptung feststünde, würde dies noch nicht die Feststellung erlauben, dass das Fahrzeug des Klägers vor der Kollision durchgängig im linken Fahrstreifen der Bundesallee gefahren ist.
Wenn der Vortrag des Klägers zutreffen würde, wonach die Schäden, insbesondere am Heck des Opel Vectra des Beklagten zu 1. auf einen streifenden Aufprall schließen ließen, bei dem die Schadensstellen von rechts nach links verlaufen, stünde dies der Annahme des Sachverständigen nicht entgegen, dass sich die Fahrzeuge unmittelbar vor dem Unfall in gleicher Richtung bewegt haben. Denn der Kläger macht selbst geltend, dieses Schadensbild, bei dem sich das Fahrzeug des Klägers in seiner Endstellung in einem stärkeren Winkel zur Fahrtrichtung der Bundesallee befunden habe, als der Opel Vectra des Beklagten, beruhe auf einer im letzten Augenblick durchgeführten Ausweichbewegung des Fahrers seines Taxis nach links.
Im Übrigen sprechen insbesondere die aus dem Gutachten Bild 1-5 ersichtlichen Kontaktspuren vom linken Hinterrad des Opel Vectra auf der Stoßstange des Taxis des Klägers (vgl. Gutachten S. 5) gegen die Darstellung des Klägers. Dort zeichnen sich nämlich die Rillen im Profil des Hinterreifens des Opel Vectra deutlich ab. Hätten sich die beiden Fahrzeuge im Zeitpunkt, als das linke Hinterrad des Opel Vectra mit der Stoßstange des klägerischen Taxis in Berührung kam, nicht in annähernd gleicher Fahrtrichtung befunden, so wäre zu erwarten gewesen, dass die auf der Stoßstange des klägerischen Taxis ersichtlichen Reifen Aufriebspuren seitlich verwischt gewesen wären, so dass man die Rillen im Profil nicht mehr erkennen könnte.
dd) Entgegen der Ansicht des Klägers bedurfte es auch nicht der Einholung eines Weg-Zeit-Diagramms durch das Landgericht. Abgesehen davon, dass die vom Kläger in seinem Schriftsatz vom 8. Dezember 1999 zugrunde gelegten Angaben über Fahrzeuggeschwindigkeiten und Abstände nicht feststehen, wäre ein Weg-Zeit-Diagramm nur dann aussagekräftig, wenn die Behauptung des Klägers zuträfe, sein Taxi habe vor der Kollision durchgehend den linken Fahrstreifen der Bundesallee befahren. Hiervon kann jedoch, wie oben ausgeführt, nicht ausgegangen werden. Vielmehr ist nach dem Gutachten des Sachverständigen H davon auszugehen, dass der Fahrer des klägerischen Taxis etwa zeitgleich mit dem Beklagten zu 1. vom mittleren in den äußersten linken Fahrstreifen der Bundesallee gewechselt ist.
3. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713, 546 Abs. 2 ZPO.
Ende der Entscheidung
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