Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 01.09.2003
Aktenzeichen: 12 U 20/03
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
BGB § 242
BGB § 536 a.F.
BGB § 537 a.F.
BGB § 543
BGB § 554a a.F.
BGB § 569 Abs. 2
BGB § 569 Abs. 4
BGB § 573 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 578
ZPO § 74
ZPO § 68
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 12 U 20/03

Verkündet am: 01.09.2003

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Richter am Kammergericht Dr. Wimmer auf die mündliche Verhandlung vom 1. September 2003 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 16. Dezember 2002 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 34 O 103/02 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Kosten der Nebenintervention werden dem Streithelfer auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe erbringt.

Gründe:

A.

Die Klägerin verlangt als Vermieterin nach Aussprache dreier fristloser Kündigungen von der Beklagten als Mieterin die Räumung von Gewerberäumen im Erdgeschoss des Hauses Straße in Berlin-Charlottenburg; die Beklagte betreibt in den Räumen den Swinger-Club "Z". Der im 2. OG des Hauses wohnende Mieter Dr. H & K ist dem Rechtsstreit auf Klägerseite als Streithelfer beigetreten. Das Landgericht hat der Räumungsklage nach Beweisaufnahme stattgegeben (Urteilsverkündung am 16. Dezember 2002, Zustellung an die Beklagte am 18. Dez. 2002). Wegen der Einzelheiten, auch des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien, wird auf den Urteilstext verwiesen.

Die Beklagte wendet sich hiergegen mit ihrer Berufung, die am 17. Januar 2003 bei Gericht eingegangen ist und die sie nach entsprechender Fristverlängerung am 17. März 2003 begründet hat:

1. Das Landgericht habe die Zeugenaussagen unzutreffend gewürdigt und sei deswegen zu dem falschen Ergebnis gelangt, vom Geschäftsbetrieb der Beklagten gingen erhebliche Beeinträchtigungen für die anderen Mieter des Hauses aus. Bei der Beweisaufnahme habe es sich nicht an seinen eigenen Beweisbeschluss vom 5. Juli 2002 gehalten, sondern sei rechtsfehlerhaft davon abgerückt und habe diesen bei der Würdigung der Zeugenaussagen nicht berücksichtigt. Kein einziger Zeuge habe die vom Kläger und dem Streitverkündeten behaupteten Verletzungen des Hausfriedens bestätigt.

2. Im Urteil sei zu Unrecht nicht zwischen angeblichen Lärmemissionen aus dem Lokal selbst und solchen von außen unterschieden worden - beide könnten eine Kündigung nicht rechtfertigen.

a) Soweit teilweise Zeugenaussagen auf das Vorhandensein von Schallbrücken innerhalb des Gebäudes hindeuteten oder zumindest eine teilweise nicht ausreichende Schallisolierung vermuten ließen, könne dies eine Kündigung nicht rechtfertigen; die Räume seien zur Nutzung als Gaststätte mit Getränkeausschank und Barbetrieb vermietet - es sei Sache des Vermieters, einen entsprechenden Schallschutz herzustellen. Ihm selbst seien behördliche Auflagen zum Schallschutz nicht erteilt worden. Außerdem sei es infolge technischer Maßnahmen unmöglich, die Musikanlage über den öffentlich-rechtlich zulässigen und für den Barbetrieb angemessenen Lautstärkepegel hinaus "aufzudrehen". Die Einhaltung der Grenzen der öffentlichrechtlichen Lärmschutzvorschriften indiziere, dass sich der Mietgebrauch in vertragsgemäßen Grenzen halte.

b) Auf Lärm, der außerhalb der Lokalräume entstehe, habe sie keinen Einfluss (Passanten, Autos). Sie bitte die Gäste zwar auf einem Hinweisschild um Rücksichtnahme, sei aber auf Appelle angewiesen.

3. Die Interessenabwägung des Landgerichts sei unvollständig und falsch.

Allein im. Betreiben des Clubs liege kein schuldhafter Vertragsverstoß, denn die Klägerin habe durch die Vertragsverlängerung nach dem Vorprozess ihr Einverständnis damit erklärt; die behördlichen Genehmigungen lägen vor. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei der Standort O straße unter den drei "Z Lokalen der Beklagten der wichtigste.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Berlin vom 16. Dezember 2002 - 34 O 103/02 - die Klage abzuweisen.

Die Klägerin sowie der Streithelfer beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin und ihr Streithelfer verteidigen des angefochtene Urteil.

Die Klägerin führt dazu aus, die Kündigungen seien formgerecht erklärt und die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die Beklagte nachhaltig den Hausfrieden gestört habe und die Störungen von ihr zu vertreten seien.

Der Streithelfer trägt darüber hinaus vor, wegen der Nebeninterventionswirkung des Vorprozesses zwischen Klägerin und ihm vor dem Landgericht, in dem die hiesige Beklagte der Klägerin als Streithelfer beigetreten sei, sei die Beklagte zur Einhaltung der im dortigen Urteil ausgesprochenen Maßnahmen verpflichtet; zudem stehe dadurch fest, dass im Verhältnis zwischen der hiesigen Klägerin und der hiesigen Beklagten als deren damaliger Streithelferin eine nachhaltige Vertragsverletzung durch die Beklagte feststehe. Zudem handele es sich bei dem "Z" um einen bordellartigen Betrieb, deren Betrieb in einem allgemeinen Wohngebiet grundsätzlich unzulässig sei.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

B.

Die Berufung der Beklagten ist erfolgreich: Das Mietverhältnis zwischen den Parteien ist nicht durch die Kündigungen der Klägerin vom 17. Januar 2002, 19. Februar 2002 und 11. Juni 2002 beendet worden, denn die Voraussetzungen einer hier einzig in Betracht kommenden Kündigung wegen nachhaltiger Störung des Hausfriedens durch die Beklagte (§§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2, 578 Abs. 2 BGB) liegen entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht vor.

I. Die Wirksamkeit fristloser Kündigungen eines Gewerbemietvertrages, die nach dem 31. August 2001 ausgesprochen worden sind (also nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts vom 19. Juni 2001, BGBl. I S. 1149), richten sich nach den hierdurch geänderten Vorschriften, insbesondere nach den §§ 543, 569 Abs. 2, 578 BGB.

1) Hiernach kann der Vermieter den Vertrag außerordentlich fristlos aus wichtigem Grund kündigen, wenn der Mieter den Hausfrieden so nachhaltig stört, dass dem Vermieter unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann (§§ 578 Abs. 2, 569 Abs. 2 BGB). Die Kündigung ist erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig; das gilt nicht, wenn eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht oder die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist (§ 543 Abs. 3 BGB).

a) Hausfrieden im Sinne dieser Kündigungsvorschriften ist das Erfordernis gegenseitiger Rücksichtnahme, das das Zusammenleben mehrerer Personen in einem Haus überhaupt erst erträglich macht (vgl. Staudinger/Emmerich, BGB, Neubearbeitung 2003, § 569 BGB, Rn 24 m.w.N.; Palandt/Weidenkaff, BGB, 62. Aufl. 2003, § 569 BGB, Rn. 12; Bamberger/Roth/Ehlert, BGB, 2003, § 569 BGB, Rn. 7 f.).

Pflichten eines Mieters zur Rücksichtnahme auf andere Mieter im Haus können sich dabei vornehmlich unter zwei rechtlichen Gesichtspunkten ergeben: Aus den Rechtsbeziehungen zwischen dem Mieter zum Vermieter sowie aus den Rechtsbeziehungen zwischen dem Mieter und anderen Mietern. Im Verhältnis zum Vermieter bestimmt sich der Umfang erlaubten Mietgebrauchs nach dem Mietvertrag und dem darin vereinbarten Mietzweck und Verhaltensregelungen. Für deren Auslegung gelten die allgemeinen Regeln der §§ 133, 157 BGB. Ansonsten sind die gesetzlichen Regelungen zum Mietgebrauch heranzuziehen. Im Verhältnis zu anderen Mietern gelten mangels unmittelbarer vertraglicher Abreden die Grenzen, die sich aus dem Besitzschutzrecht (insbesondere § 862 BGB - Ansprüche wegen Besitzstörung i.V.m. § 906 BGB analog - dazu OLG Düsseldorf, OLGR 1997, 89) sowie dem Deliktsrecht ergeben. Ob sich Mieter untereinander auf die im Mietvertrag des jeweils anderen enthaltene Hausordnung berufen können, ist umstritten (dafür: OLG München, WuM 1992, 238; Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 535 BGB, Rn. 20 und 28; dagegen Horst, Praxis des Mietrechts, 2003, Rn. 959).

Eine Hausfriedensstörung i. S. d. § 569 Abs. 2 BGB kann in einem Verstoß des Mieters gegen Pflichten aus jedem dieser Rechtsverhältnisse bestehen. Sowohl ein Eingriff in die Vertragsrechte des Vermieters als auch in den vertragsgemäßen Gebrauch anderer Mieter kann eine kündigungsbegründende Störung darstellen (vgl. LG Berlin, GE 2003, 670; Staudinger/Emmerich, a.a.O., Rn. 24 m.w.N.).

b) Nur ein besonders schwerwiegender Verstoß des Mieters gegen die Verpflichtung zur Einhaltung des Hausfriedens kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Dies ergibt sich nicht nur aus der Formulierung "nachhaltig", sondern auch als Reflex aus § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB, der schon für eine ordentliche Kündigung einen nicht unerheblichen Pflichtverstoß verlangt und aus dem Erfordernis der Unzumutbarkeit weiteren Zuwartens bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses. Es genügt daher weder eine bloß geringfügige noch eine kurze und einmalige Störung. Vielmehr muss in der Regel Wiederholungs- oder Fortsetzungsgefahr bestehen; diese kann sich ebenso aus einem früheren gleichartigen Verhalten des Mieters ergeben wie aus seinem Verhalten nach Ausspruch der Kündigung (Staudinger/Emmerich, a.a.O., Rn. 26 m.w.N.). Maßgeblich für die Berechtigung der fristlosen Kündigung ist jedoch lediglich, ob bis zum Kündigungszugang eine nachhaltige Störung mit Wiederholungsgefahr vorgelegen hat (Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 543 BGB, Rn. 55).

c) Anders als bei § 554a BGB a.F. kommt es auf ein Verschulden des Mieters bei der Hausfriedensstörung nicht an; dieses ist lediglich bei der Zumutbarkeitserwägung zu berücksichtigen. Damit muss sich der Mieter die Störungen des Hausfriedens zurechnen lassen, die durch sein Verhalten verursacht worden sind und die adäquat darauf zurückgehen (das Verhalten des Mieters muss generell - und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen - geeignet sein, eine Hausfriedensstörung herbeizuführen, Adäquanztheorie, vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., Vorb v§ 249 BGB, Rn. 59).

d) Eine fristlose Kündigung ist - als schärfste Maßnahme des Vermieters - nur dann gerechtfertigt, wenn ihm angesichts der Hausfriedensstörung die Fortsetzung des Mietverhältnis bis zu einem Vertragsende durch fristgerechte Kündigung oder Ablauf einer vereinbarten Frist nicht zumutbar ist. Maßgeblich kommt es damit in diesem Zusammenhang auf die Folgen an, die ihn bei der Fortsetzung des Mietverhältnisses treffen; dafür sind die Folgen, die die anderen Mieter treffen, allenfalls mittelbar von Bedeutung.

2) Im Gewerbemietverhältnis bestehen - anders als im Wohnraummietrecht - keine besonderen Begründungsanforderungen für die Kündigung; § 569 Abs. 4 BGB mit der Pflicht, den wichtigen Grund in Kündigungsschreiben anzugeben; gilt im Gewerbemietrecht nicht; § 578 BGB verweist nicht auf diese Vorschrift.

II. In Anwendung dieser Grundsätze haben die drei von der Klägerin ausgesprochenen Kündigungen nicht zur Beendigung des Mietverhältnisses zwischen den Parteien geführt, so dass die Beklagte zur Herausgabe der Mieträume nicht verpflichtet ist.

1) Im Verhältnis zur Klägerin unmittelbar liegt eine kündigungsbegründende Hausfriedensstörung der Beklagten nicht vor, denn die Klägerin hat der Beklagten die Räume zum Betrieb eines Swinger-Clubs vermietet und dadurch jedenfalls stillschweigend ihr Einverständnis mit typischen "Emissionen" erklärt, die mit dem Betrieb eines solchen Clubs verbunden sind. Die tatsächliche Verfolgung des vereinbarten Betriebszwecks kann die Klägerin der Beklagten nicht als vertragswidrige Hausfriedensstörung anlasten.

a) Zutreffend beruft sich die Beklagte darauf, die Klägerin habe jedenfalls mit der Verlängerung des ursprünglichen Mietvertrages durch die Nachtragsvereinbarung vom 22. Februar 2000 bis zum 28. Februar 2005 ihr Einverständnis mit der Nutzung als Swinger-Club erklärt. Der Klägerin war die tatsächliche Nutzung, die von den Festlegungen im, ursprünglichen Mietvertrag vom 1. März 1995 abwich (dort § 1 Nr. 1 "Gaststätte mit Getränkeausschank (ohne Küche) und Barbetrieb), bekannt. Die damit verbundenen Probleme für die Wohnmieter waren im Vorprozess vor dem Amtsgericht Charlottenburg (20b C 182/96) und dem Landgericht Berlin (61 S 518/98) ausführlich zu Tage getreten. Dennoch hat die Klägerin den Vertrag in Kenntnis des Nutzungszwecks ohne Beanstandung insoweit verlängert. Ein Einverständnis mit dem Betrieb als Swingerclub überhaupt hat die Klägerin im Schriftsatz vom 24. Juni 2003 (dort S. 2) auch nicht in Abrede gestellt.

b) Entgegen der Auffassung der Klägerin und ihres Streithelfers ist die Beklagte weder infolge der Nebeninterventionswirkung des Vorprozesses noch durch das Begleitschreiben der Klägerin vom 22. Februar 2000 vertraglich gegenüber der Klägerin vertragsändernd verpflichtet worden, die vom Landgericht der Klägerin auferlegten Maßnahmen zur Vermeidung von Lärmbeeinträchtigungen zu ergreifen.

(1) Eine Pflicht der Beklagten, beim Betrieb des Swingerclubs die im Tenor zu 3 a) des am 23. September 1999 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin (61 S 518/98) bezeichneten Lärmbeeinträchtigungen in der Wohnung des dortigen Beklagten und hiesigen Streithelfers der Klägerin vollständig zu verhindern, ergibt sich nicht aus der Nebeninterventionswirkung aus dem Vorprozess nach §§ 74, 68 ZPO.

(a) Nach diesen Vorschriften wird der Streithelfer im Verhältnis zu der Hauptpartei des Vorprozesses in einem späteren Rechtsstreit nicht mit der Behauptung gehört, der Rechtsstreit, wie er dem Richter vorgelegen habe, sei unrichtig entschieden. Diese Bindungswirkung bezieht sich nicht nur auf die erstinstanzlich erkannte Rechtsfolge, sondern zusätzlich auf alle tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen der Entscheidung im ersten Prozess, also alle die Entscheidung tragenden Feststellungen, BGH NJW 1983, 820 (821).

(b) Im Vorprozess der Klägerin gegen den hiesigen Streithelfer ist die hiesige Beklagte auf Klägerseite als Streithelferin beigetreten. Damit kann sie sich jetzt im Folgeprozess nicht mit Erfolg darauf berufen, der Vorprozess sei falsch entschieden worden. Das Landgericht hat allerdings keineswegs entschieden, die Beeinträchtigungen infolge des Clubbetriebes stellten Hausfriedensstörungen der Beklagten dar. Es hat vielmehr ausschließlich im Verhältnis zwischen der Klägerin und dem hiesigen Streithelfer festgestellt, dass in der Zeit von November 1995 bis November 1996 der Mietzins wegen des Lärms aus dem "Z" i.S.d. § 537 BGB a.F. gemindert war und umgekehrt die Klägerin nach § 536 BGB a.F. mietvertraglich gegenüber dem hiesigen Streithelfer zur Mangelbeseitigung durch Verhinderung von Lärmbeeinträchtigung in dessen Wohnung verpflichtet ist. Dies besagt jedoch weder etwas zu einer seinerzeitigen kündigungsbegründenden Hausfriedensstörung nach § 554a BGB a.F. noch zu einer solchen Störung in den jetzt streitgegenständlichen Zeiträumen. Die im Termin zur mündlichen Verhandlung wiederholte Rechtsauffassung des Streithelfers, wegen der Interventionswirkung stehe eine Hausfriedensstörung durch die Beklagte bereits fest, und der jetzige Rechtsstreit betreffe nur noch die Frage, ob sie noch andauere oder Wiederholungsgefahr bestehe, trifft daher nicht zu.

(2) Die Parteien haben auch nicht bei der Vertragsverlängerung vom 22. Februar 2000 die Einhaltung der vom Landgericht festgelegten Pflichten der Klägerin im Verhältnis zum Streithelfer zum Gegenstand ihres Mietvertrages gemacht.

Im Text des Nachtrages zum Mietvertrag vom 22. Februar 2000 ist davon nicht die Rede. Die dortigen Regelungen betreffen lediglich den Verlängerungszeitraum, den Mietzins und die Möglichkeit für die Beklagte, die Räume zu verpachten, unterzuvermieten oder das Gewerbe zu veräußern. Ansonsten heißt es wörtlich: "Alle anderen Vereinbarungen aus dem o.g. Mietvertrag vom 1.3.95 bleiben durch den Nachtrag unberührt".

Das zeitlich übersandte Begleitschreiben der Klägerin vom 22. Februar 2000 führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Keineswegs ist dort davon die Rede, der Vertrag sei durch die Aufnahme von Pflichten entsprechend dem Urteil vom 23. September 1999 geändert worden, solle entsprechend geändert werden oder werde nur unter der Bedingung verlängert, dass die genannten Maßnahmen berücksichtigt würden. Vielmehr enthält das Schreiben nur die - von der Verlängerung nicht abhängige - Aufforderung an die Beklagte, sich an das Landgerichtsurteil zu halten. Zu einer Änderung des bereits verlängerten Vertrages konnte dies nicht führen.

Ohne Erfolg berufen sich die Klägerin und ihr Streithelfer darauf, die Parteien hätten eine entsprechende Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit mündlich vereinbart. Es mag sein, dass der Beklagten "anläßlich der mündlichen Verhandlungen über eine Vertragsverlängerung" Einschränkungen mitgeteilt worden sind. Dies besagt jedoch nichts über einen Konsens der Parteien zur Übernahme in den Vertrag; der bereits genannte Vertragstext spricht dagegen.

c) Ein Verstoß der Klägerin gegen ihre nach dem Mietvertrag verbleibende allgemeine Pflicht zur Rücksichtnahme bei Verfolgung des vertraglich vereinbarten Betriebszweckes "Swinger-Club" nach § 242 BGB ergibt sich aus dem behaupteten kündigungsbegründenden Geschehen nicht.

(1) In der Gestattung, in den Räumen einen Swinger-Club zu betreiben, liegt nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) zugleich die Hinnahme der typischen Folgen, die sich aus der Verfolgung dieses Betriebszwecks für die unmittelbare Umgebung ergeben. Solche erwartbaren Folgen sind während der Öffnungszeiten insbesondere die An- und Abfahrt von Kunden, Gespräche von Kunden oder Neugierigen vor dem Haus, aber auch - in gewissem Maße - das Herausdringen von Party- und anderen Geräuschen aus den Clubräumen in das Haus wie nach draußen. Entsprechend heißt es im Schriftsatz des hiesigen Streithelfers vom 2. August 2001 im Vorprozess u.a.: "Ganz offenbar ist der Betrieb eines derartigen Etablissements ohne die zu unterlassenden Beeinträchtigungen offenbar gar nicht möglich".

(2) Entsprechend halten sich die gerügten Lärmemissionen des "Z" (unbeschadet der Frage, ob sie für die Wohnungsmieter Belästigungen darstellen) jedenfalls im Rahmen dessen, womit beim Betreiben eines solchen Clubs zu rechnen ist und damit im Rahmen des von der Klägerin Erlaubten.

(a) Die Klägerin hat die Kündigung vom 17. Januar 2002 auf Geschehnisse aus der Zeit vom 6. Dez. 2001 bis zum 15. Jan. 2002 gestützt, die in der Liste des Streithelfers vom 16. Januar 2002 aufgeführt sind. Diese Liste umfasst 15 Vorfälle unterschiedlicher Intensität. Davon betreffen neun Fälle Geräusche durch die An- und Abfahrt von Autos, dreimal mit lautem Sprechen verbunden; weitere 12 Fälle betreffen laute Musik aus dem "Z".

Ferner wird gerügt, einmal sei Erbrochenes vor dem Hauseingang gefunden worden.

Die mit der Klage vom 19. Februar 2002 vorsorglich weiter erklärte Kündigung enthält keinen Hinweis darauf, auf welches Geschehen sie gestützt werden soll.

Die Kündigung im Schriftsatz vom 11. Juni 2002 bezieht sich auf eine Liste vom 21. Mai 2002, betreffend den Zeitraum vom 14. März 2002 bis 705.2002. Die Liste umfasst weitere 16 Ereignisse, darunter sieben Fälle von Kfz-Lärm, vier Fälle lauten Sprechens sowie neun Fälle von Musik. Zudem soll sich eine Touristengruppe laut vor dem Clubeingang unterhalten haben und ein Besucher soll die Nachbareinfahrt blockiert haben mit der Folge, dass ein Anlieger mit seinem Fahrzeug laut gehupt habe.

(b) Diese behaupteten Geschehnisse sind sämtlich, auch in ihrem nächtlichen Auftreten, typische Begleiterscheinungen des Clubbetriebs. Es ist nicht überraschend oder außergewöhnlich, dass Gäste eines solchen Clubs - für andere wahrnehmbar - mit dem Taxi an- oder abfahren, sich vor der Clubtür unterhalten oder Musik nach außen dringt.

Angesichts des genehmigten Vertragszwecks läßt sich das alles - soweit es der Beklagten überhaupt zuzurechnen ist - jedenfalls nicht als Vertragsverstoß der Beklagten als Betreiberin werten.

d) Entgegen der in der mündlichen Verhandlung vom Streithelfer persönlich nachhaltig vertretenen Auffassung läge eine zur Kündigung berechtigenden Hausfriedensstörung i.S.d. § 569 Abs. 2 BGB nicht vor, wenn der Betrieb gegen gewerbe- oder bauplanungsrechtliche Bestimmungen verstoßen sollte. Zutreffend hat die Zivilkammer 61 des Landgerichts im Rechtsstreit zwischen der Klägerin und ihrem jetzigen Streithelfer (Az. 61 S 518/98) auf S. 4 des am 23. September 1999 verkündeten Urteils für den dortigen Sachverhalt ausgeführt, der Vermieter sei seinem Mieter gegenüber nicht zur Wahrung der Rechtsordnung verpflichtet, sondern nur zur Gewährleistung des vertragsgemäßen Gebrauchs. Dies trifft zu und gilt entsprechend auch im vorliegenden Fall: Nicht jeder Verstoß des Mieters beim Mietgebrauch gegen Rechtsvorschriften kann eine Kündigung wegen Hausfriedensstörung rechtfertigen, sondern nur ein Verstoß, der zugleich solche Pflichten des Mieters aus dem Mietvertrag verletzt, die konkret die Wahrung des Hausfriedens betreffen. Dies wäre bei einem isoliert betrachteten Verstoß gegen Bauplanungsrecht oder Gewerberecht durch den Betrieb des "Z hier nicht der Fall. Es ist schon weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, dass die zuständigen Behörden einen solchen Verstoß etwa durch einen entsprechenden Bescheid moniert hätten. Erst recht ist nicht erkennbar, dass sich allein aus dem behaupteten Verstoß gegen öffentliches Recht konkrete Konsequenzen für den Hausfrieden ergeben hätten. Der Streithelfer der Klägerin hat - auch im genannten Vorprozess - vorgetragen, es handele sich bei dem "Z um einen bordellartigen Betrieb, der im allgemeinen Wohngebiet unzulässig sei und ausgeführt, dieses Verbot diene bei der gebotenen typisierenden Betrachtung der Abwehr negativer "milieubedingter" Auswirkungen derartiger Einrichtungen auf das soziale Klima im Wohnumfeld. Ob dies so ist, kann auf sich beruhen - jedenfalls hat sich dies nicht auf den Hausfrieden ausgewirkt. Wegen angeblich rechtswidrigen Betreibens des Clubs hat die Klägerin weder eine Abmahnung ausgesprochen noch eine Kündigung erklärt. Diese hat sie vielmehr jeweils auf konkrete Beeinträchtigungen gestützt.

2) Auf mögliche Beeinträchtigungen des Streithelfers als Wohnungsmieter durch den Clubbetrieb und darauf gestützte rechtliche Maßnahmen gegen sie kann sich die Klägerin zur Rechtfertigung der Kündigung nicht erfolgreich berufen. Es ist ihr angesichts der Vorgeschichte zuzumuten, das reguläre Ende des bis zum 28. Februar 2005 verlängerten Mietverhältnisses abzuwarten.

a) Die Rechtsordnung läßt widersprüchliches Verhalten einer Person grundsätzlich zu. Es ist niemandem unbenommen, seine einmal geäußerte Rechtsauffassung zu ändern und entsprechend zu handeln. Eine Grenze für selbstwidersprechendes Verhalten ergibt sich nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) dann, wenn durch das ursprüngliche Verhalten für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen: In diesem Fall wäre eine Änderung eine unzulässige Rechtsausübung (BGH, NJW 1997, 3377 [3380]; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 242 BGB, Rn. 55 ff. m.w.N.).

b) Es stellt einen hiernach unzulässigen Selbstwiderspruch dar, dass die Klägerin sich zur Kündigungsbegründung auf Störungen berufen will, die sich aus dem von ihr selbst erlaubten Betrieb als Swinger-Club ergeben.

(1) Zwar spricht vieles dafür, die Geschehnisse jedenfalls im Rechtsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Streithelfer als Hausfriedensstörung i.S.d. § 569 Abs. 2 BGB zu werten.

Jedenfalls die in der Wohnung des Streitverkündeten nach seiner Behauptung zu nächtlicher Zeit wahrnehmbare Musikwiedergabe im Club gehört zu der Art von Beeinträchtigung, die gegenüber Wohnungsmietern typischerweise eine Hausfriedensstörung darstellt. Dies hat das Landgericht zutreffend ausgeführt.

(2) Letztlich kann jedoch auf sich beruhen, ob die Klägerin, wie das Landgericht meint, die behaupteten störenden Geschehnisse bewiesen hat. Jedenfalls die Klägerin kann sich hierauf nicht zur Begründung der fristlosen Kündigung mit Erfolg berufen. Sie hat den im Vorprozess und im vorliegenden Rechtsstreit mittelbar ausgetragenen Konflikt zwischen Gewerbe- und Wohnmietern durch eine entsprechende Vermietungsentscheidung sehenden Auges selbst herbeigeführt. Bei der Beklagten hat sie - zumal durch die bereits erörterte Vertragsverlängerung unter Hinnahme des Gewerbezweckes - das berechtigte Vertrauen begründet, sie dürfe den Club mit den typischen Begleiterscheinungen weiterführen. Damit ist es ihr nach Treu und Glauben verwehrt, nunmehr fristlose Kündigungen mit diesen bei Vertragsschluss noch hingenommenen Begleiterscheinungen zu rechtfertigen.

Daran ändert auch der Hinweis auf mögliche weitere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen des Streithelfers aus dem Urteil im Vorprozess nichts. Diese Maßnahmen sind nur die Konsequenz der gleichzeitigen Vermietung an Wohn- und Gewerbemieter und gehen letztlich auf eine Entscheidung der Klägerin zurück. Dass diese Entscheidung zu rechtlich möglicherweise nachteiligen Konsequenzen für sie führt, begründet keine Unzumutbarkeit, am Gewerbemietverhältnis noch bis zu dessen Beendigung durch Zeitablauf festzuhalten. Im übrigen trifft die vom Streithelfer geäußerte Auffassung nicht zu, bei Scheitern der Räumungsklage sei der im Vorprozess widerklagend erstrittene Titel gegen die Klägerin gegenstandslos: Es ist nicht erkennbar, dass der Klägerin damit sämtliche Möglichkeiten genommen wären, zu verhindern, dass die dort bezeichneten Geräusche in der Wohnung des Streithelfers hörbar sind.

III. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).

IV. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück