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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 29.01.2007
Aktenzeichen: 12 U 207/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 513 Abs. 1
ZPO § 522 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 529
Die Behauptung, eine angebliche Reparatur, deren Einzelheiten nicht dargelegt werden, sei fachgerecht durchgeführt worden, kann nicht zulässigerweise in das Wissen eines Zeugen gestellt werden, der lediglich über Tatsachen vernommen werden kann (§ 373 ZPO); denn dies wäre Ausforschung und ein ungeeignetes Beweismittel, da eine fachkundige Bewertung erforderlich ist. Dies gilt auch dann, wenn als Zeuge der Privatsachverständige benannt ist, solange nicht dargetan ist, auf welche Weise dieser das Fahrzeug untersucht haben will, das einen schweren Schaden, auch an den Längsträgern, erlitten hat, Zu den Voraussetzungen der Feststellung eines provozierten Unfalls durch werthaltige Beweisanzeichen.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 12 U 207/06

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Grieß sowie die Richter am Kammergericht Spiegel und Dr. Wimmer am 29. Januar 2007 beschlossen:

Tenor:

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Der Berufungskläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen.

Gründe:

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Senats zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich, § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

Beides ist vorliegend nicht der Fall.

Der Senat folgt den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils, die durch die Berufungsbegründung nicht erschüttert werden.

Die Berufung hat weder eine Rechtsverletzung aufgezeigt, noch dargelegt, dass die angefochtene Entscheidung auf falschen oder unzureichend festgestellten Tatsachen beruht.

1. Der Kläger rügt auf S. 3 f. der Berufungsbegründung, das Landgericht habe lediglich Milan Stnnnn als Zeugen vernommen, es sei aber verfahrensfehlerhaft nicht den übrigen Beweisantritten (Sachverständigengutachten, Vernehmung seines Privatsachverständigen) nachgekommen.

Dies verhilft der Berufung nicht zum Erfolg.

a) Soweit sich der Kläger zum Beweise seiner Behauptung, der Vorschaden am Fahrzeug BMW, WB - nnn , aus dem Verkehrsunfall vom 20. November 2004 sei - vor dem hier streitigen Unfall vom 25. April 2005 - sach- und fachgerecht beseitigt worden, erstinstanzlich auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens berufen hat (vgl. S. 2 des Schriftsatzes vom 24. Januar 2006), konnte das Landgericht einem solchen Antrag nicht entsprechen.

Denn die Beklagten haben auf S. 14 der Klageerwiderung unwidersprochen vorgetragen, dass das Fahrzeug nach Stillegung am 17. Juni 2005 an Inga Pnnnn in Batumi/Georgien verkauft worden ist.

Es stand daher weder der Zweitbeklagten auf deren Bitte vom 10. Juni 2005 noch nach Einreichung der Klage am 28. September 2005 einem gerichtlichen Gutachter zu Besichtigung zur Verfügung.

b) Es bedeutet auch keinen Verfahrensfehler, dass das Landgericht nicht dem Beweisantrag des Klägers auf S. 1 seines Schriftsatzes vom 9. Februar 2006 entsprochen und nicht den Sachverständigen Klaus Pnnnnn über folgende Behauptung vernommen hat:

"Bei dem ersten Schaden fand die Gutachtenerstellung am 22.11.2004 statt. Es handelte sich um eine frontseitig, rechten Anstoß, bei dem beide Längsträger und die gesamte rechte Seite ausgewechselt werden musste.

Diese Vorschaden wurde im ersten Quartal 2005 sach- und fachgerecht behoben".

Der Senat folgt auch zu der Ablehnung der Vernehmung des Privatsachverständigen der zutreffenden Begründung des Landgerichts auf S. 7 - 9 des angefochtenen Urteils.

Schon der Kläger kann selbst den Reparaturweg im Einzelnen nicht beschreiben, da das Fahrzeug auf Veranlassung des damaligen Eigentümers Stnnnn in Polen von einem Herrn Jnnn aus Poznan (Posen) repariert worden sein soll, ohne dass der Zeuge Stnnnnn eine Rechnung hat vorlegen können oder erklärt hat, er hätte eine erhalten; da der Zeuge nach seiner Aussage das Schadensgutachten betr. den Unfall vom November 2004 nicht erhalten hat, konnte er auch nicht wissen, welche Arbeiten überhaupt für eine sach- und fachgerechte Reparatur vorzunehmen waren; er hat dem Polen dann auch nur den pauschalen Auftrag erteilt, "das Fahrzeug ganz doll wieder in Ordnung zu bringen" (Protokoll vom 11. September 2006, S. 2).

Diese aus der Aussage des Zeugen Stnnnn zu entnehmenden Umstände belegen eine ordnungsgemäße Reparatur des Vorschadens nicht.

Eine solche wird auch nicht durch die Bescheinigungen des Privatsachverständigen Dr. Pnnnnnn vom 10. März 2005 und 8. Februar 2006 hinreichend dargelegt.

Auch insoweit hat das Landgericht richtig entschieden und dies hinreichend begründet; insoweit wird auf die Ausführungen auf S. 8 f. des angefochtenen Urteils verwiesen.

Zutreffend hat das Landgericht daher im Ergebnis entschieden, dass es dem Kläger nicht gelungen ist, den Umfang des ihm aus dem Verkehrsunfall vom 25. April 2005 entstandenen Schadens darzulegen (UA 7, 9).

Daher ist die Klage insgesamt abzuweisen, weil bewiesen ist, dass ein Teil der vom Kläger geltend gemachten Schäden am Unfallfahrzeug nicht auf die Kollision zurückzuführen ist und der Kläger zu den nicht kompatiblen Schäden keine Angaben macht oder er das Vorliegen irgendwelcher Vorschäden bestreitet; in diesem Fall läßt sich nämlich nicht ausschließen, dass auch kompatible Schäden durch ein früheres Ereignis verursacht worden sind (Senat, Urteil vom 17. Oktober 2005 - 12 U 55/05 - , DAR 2006, 323).

2. Der Kläger macht ab S. 4 seiner Berufungsbegründung ferner geltend, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft einen "fingierten Unfall" angenommen, weil von dafür erforderlichen 17 Beweisanzeichen lediglich 2 feststünden.

Auch diese Argumentation verhilft der Berufung nicht zum Erfolg.

a) Das Landgericht hat auf S. 9 des angefochtenen Urteils zutreffend darauf hingewiesen, dass es auf die Frage, ob es sich bei dem streitigen Verkehrsgeschehen vom 25. April 2005 um einen vom Kläger provozierten Unfall gehandelt hat, nicht mehr entscheidend ankommt.

Zutreffend hat das Landgericht dann die Rechtsprechung zum "provozierten Unfall" dargestellt und Umstände aufgezeigt, die nach seiner Bewertung (§ 286 ZPO) für den Schluss auf einen vom Kläger provozierten Unfall ausreichen.

b) Die gegenteilige Auffassung des Klägers überzeugt den Senat nicht.

Zum einen betreffen die vom Kläger dargestellten Grundsätze und Nachweise unmittelbar nur die Feststellung eines gestellten, bestellten, verabredeten, abgesprochenen "Unfall", der im Streitfall auch von den Beklagten nicht behauptet wird.

Diese machen vielmehr einen "provozierten" Unfall geltend, also ein Geschehen, bei welchem ein bevorrechtigter Verkehrsteilnehmer eine gefährliche Verkehrssituation provoziert und ausnutzt und mit der Beschädigung seines Fahrzeugs durch den - arglosen - Unfallgegner einverstanden ist.

Auch wenn aber die Grundsätze zur Feststellung des bestellten "Unfalls" in der Weise auf die Feststellung eines provozierten Unfalls übertragbar sind, dass auch insoweit die Gesamtschau auffälliger Anzeichen entscheidend ist, ist auf Folgendes hinzuweisen:

Wie das Kammergericht Senat schon in mehreren Entscheidungen betont hat,(vgl. zuletzt Beschlüsse vom 15. Dezember 2006 - 12 U 188/06 - sowie vom 25. Oktober 2006 - 12 U 74/06 - trifft es nicht zu, dass stets eine ungewöhnlich hohe Häufung von typischen Beweisanzeichen vorliegen müssten, um einen manipulierten Unfall zu bejahen.

Die Rechtsprechung geht vielmehr dahin, dass es nicht darauf ankommt, dass bestimmte, nach ihrer Anzahl und/oder äußeren Erscheinungsform immer gleiche Beweisanzeichen nachgewiesen werden müssen; denn naturgemäß liegt jeder Fall anders.

Entscheidend ist vielmehr stets die Werthaltigkeit des oder der Anzeichen in der Gesamtschau. Diese hat das Landgericht, das nicht gehalten war, den vom Kläger auf S. 3-6 der Berufungsbegründung aufgestellten 17-Punkte-Plan (oder eine andere "Check - Liste") abzuarbeiten, vorgenommen und das Ergebnis ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

3. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Es wird angeregt, die weitere Durchführung der Berufung zu überdenken.

Ende der Entscheidung

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