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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 11.03.2004
Aktenzeichen: 12 U 209/02
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 513 I
ZPO § 529
BGB § 242
BGB § 748
BGB § 2032 I
BGB § 2038
BGB § 2038 I
BGB § 2038 II
BGB § 2038 II S. 1
BGB § 2221
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 12 U 209/02

verkündet am: 11.03.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Grieß sowie die Richter am Kammergericht Dr. Wimmer und Spiegel für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten zu 1.) gegen das am 28. Mai 2002 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 21 O 25/02 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die Berufung der Beklagten zu 1.) ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Die Beklagte zu 1.) ist durch das Urteil des Landgerichts Berlin auch im Verhältnis zu der Beklagten zu 2.) beschwert. Denn das Landgericht hat der Beklagten zu 1.) den gegenüber der Beklagten zu 2.) geforderten Anteil am streitgegenständlichen Konto lediglich aus dem Hilfsantrag zugesprochen.

Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der Senat folgt den im wesentlichen zutreffenden Erwägungen des Landgerichts. Ergänzend ist zu bemerken:

Nach § 513 I ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Prüfungsgegenstand des Berufungsgerichts sind damit die Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts (§ 529 Absatz 1 Nr. 1 ZPO) sowie dessen darauf gestützte rechtliche Beurteilung (§ 546 ZPO). Im zweiten Rechtszug neu vorgetragene Tatsachen darf das Berufungsgericht seiner Entscheidung nur zugrundelegen, wenn ihre Berücksichtigung zulässig ist (§§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 530, 531 ZPO)

Die auf dieser Grundlage vorgenommene Prüfung führt zu einer Zurückweisung der Berufung.

1) Das Landgericht hat die Beklagte zu 1) zu Recht zur Zustimmung zum Teilungsplan verurteilt (§§ 2042 Bs. 1, 2047 BGB). Der Nachlass ist teilungsreif, die einzige noch klärungsbedürftige Frage, ob und in welchem Umfang der "Beklagte zu 1) die von ihr behaupteten Ansprüche gegen den Nachlass zustehen, kann im vorliegenden Rechtsstreit abschließend geklärt werden.

a) Die Beklagte zu 1.) hat keinen Anspruch auf Erstattung der von ihr selbst für die Erbengemeinschaft geleisteten Tätigkeiten. Das Landgericht geht zutreffend davon aus, dass der eigene Zeitaufwand und der Einsatz eigener Arbeitskraft im Rahmen des § 2038 BGB nicht erstattungsfähig sind. Auch der BGH hat in einer Entscheidung (NJW-RR 1992, 771, 772 a.E.) einen gesetzlichen Anspruch nach §§ 2038, 748 BGB auf Vergütung eigener Verwaltungstätigkeit eines Miterben verneint.

Dies muss auch für Tätigkeiten gelten, die üblicherweise entgeltlich übernommen werden. Nahezu alle Tätigkeiten sind heutzutage kommerzialisiert. Ließe man anderes gelten, so könnte der Miterbe für die Entfaltung jedweder Tätigkeit gemäß §§ 2038 II, 748 BGB eine Vergütung verlangen.

Der Einwand der Beklagten zu L), ihr müsse auf Grund ihrer testamentsvollstreckerähnlichen Tätigkeit eine Vergütung zustehen, geht ins Leere. Die Tätigkeit eines Miterben ist mit der eines Testamentsvollstreckers generell nicht vergleichbar. Der Miterbe ist gemäß § 2032 I BGB selbst am Nachlass beteiligt. Der Testamentsvollstrecker bemüht sich dagegen um die Abwicklung eines fremden Nachlasses und würde ohne die Regelung des § 2221 BGB grundsätzlich keinen Gegenwert für seine geleisteten Dienste erhalten.

Auch gesellschaftsrechtliche Erwägungen führen nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Abwicklung des Grundbesitzes ist mit der Fortführung eines Betriebes nicht vergleichbar. Insbesondere wollten die Miterben den landwirtschaftlichen Betrieb nicht als solchen fortführen. Gegen eine stillschweigend vereinbarte Vergütung für die Beklagte zu 1.) spricht schon ihr eigenes Schreiben vom 01. Juli 1998 (Anlage K 9). In diesem Schreiben brachte sie selbst zum Ausdruck, dass es für die Tätigkeit im Rahmen der Erbengemeinschaft keine Honorare gibt.

b) Die Beklagte zu 1.) kann auch keine Vergütung der von ihrem Ehemann erbrachten Arbeitsleistungen verlangen.

aa) Dies gilt zunächst hinsichtlich einer Geltendmachung aus abgetretenem Recht. Das Landgericht führt zutreffend aus, dass der Ehemann der Beklagten zu 1.) nicht von der Erbengemeinschaft mit der entgeltlichen Verwaltung des Nachlasses beauftragt war. Dies gilt auch in Anbetracht der für den Ehemann der Beklagten zu 1.) ausgestellten Vollmachten (z.B. Generalvollmacht vom 03. Mai 1997, Band III, Bl. 61, Vollmacht vom 25. Oktober 1994, Band IV, Bl. 15). Der Erteilung einer Vollmacht muss nicht zwingend ein Geschäftsbesorgungsvertrag zugrunde liegen. Gemäß § 2038 I BGB steht den Miterben die Verwaltung des Nachlasses grundsätzlich gemeinschaftlich zu. Eine Miterbengemeinschaft stellt Vollmachten regelmäßig nur deshalb aus, um eine ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses zu sichern. Dies gilt auch hinsichtlich des Ehemannes der Beklagten zu 1.). Dieser wurde ersichtlich nur deshalb tätig, um seine Ehefrau zu unterstützen. Seine Tätigkeit ist als unentgeltlich anzusehen.

bb) Die Beklagte zu 1.) kann die von ihr behaupteten Honorarzahlungen an ihren Ehemann auch nicht als eigene Aufwendung nach § 2038 II iVm. § 748 BGB geltend machen. In jedem Fall war die Beklagte zu 1.) nicht verpflichtet, ein Honorar an ihren Ehemann zu zahlen. Nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts erbrachte der Ehemann der Beklagten zu 1.) seine Dienste im Rahmen eines familiär bedingten Gefälligkeitsverhältnisses.

Daran ändert auch das Vorbringen der Klägerin nichts, dass auch sie ihrem Ehemann eine Aufwandsentschädigung für Tätigkeiten in Höhe von 26.250 DM gezahlt haben will. Denn dieser Vortrag ist ausdrücklich nur hilfsweise für den Fall erfolgt, dass das Gericht die Tätigkeit des Ehemannes der Beklagten zu 1.) als ersatzfähige Aufwendung der Beklagten zu 1.) ansieht. Dies ist jedoch gerade nicht der Fall. Auch aus den Anlage K 14, 16 geht hervor, dass die Klägerin mit ihrem Hauptvorbringen daran festhält, dass Grundlage jedweder Tätigkeit der Ehemänner das familiär bedingte Gefälligkeitsverhältnis war.

Ergänzend ist zu bemerken, dass gegen die Annahme einer Honorarvereinbarung spricht, dass die Beklagte zu 1.) die Arbeitsleistungen ihres Ehemannes niemals stundenweise quittiert hat. Dies ist in Anbetracht der Höhe des angeblich gezahlten Honorars und einem Stundensatz von 100,00 DM kaum nachvollziehbar. Dieser Betrachtungsweise widerspricht auch nicht die steuerliche Geltendmachung des "Honorars" durch die Beklagte zu 1.) und die entsprechende Kenntnis der Klägerin. Denn die steuerliche Geltendmachung einer Honorarzahlung zwischen Ehegatten hat fast immer "buchungstechnische" Gründe.

Eine Vernehmung des Zeugen P kam insoweit nicht in Betracht. Denn hier hätte die Beklagte zu 1.) substantiierter vortragen müssen. Insbesondere hätte sie darlegen müssen, warum erstmalig im Zuge der Auseinandersetzung Honoraransprüche geltend gemacht wurden und auch, warum es keine stundenweisen Abrechnungen über die Tätigkeit des Ehemannes der Beklagten zu 1.) gibt.

c) Die Beklagte zu 1.) hat auch keinen Anspruch gemäß § 2038 II S. 1 iVm. § 748 BGB auf Erstattung von begleitenden Aufwendungen, wie z.B. Fahrt-, Büro- und Portokosten, gegen den Nachlass. Die Anwendung des § 748 BGB war, wie das Landgericht zutreffend ausführt, zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1.) konkludent abbedungen. § 748 BGB ist eine dispositive Rechtsvorschrift (Müko-Schmidt, 3. Auflage, § 748, Rdnr. 5). Der konkludente Ausschluss des § 748 BGB ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1.) ist unstreitig, dass vor diesem Rechtsstreit eine Verrechnung bzw. Abrechnung der beiderseitigen begleitenden Aufwendungen in nennenswertem Umfang nicht stattgefunden hat. Unstreitig ist auch, dass die beiden Parteien niemals ausdrücklich den Ersatz von begleitenden Aufwendungen festgelegt haben. Beide Parteien trugen über einen Zeitraum von ca. 10 Jahren zur Verwertung des Nachlasses bei und machten nur in Ausnahmefällen die Erstattung von begleitenden Aufwendungen gegenüber der anderen Seite geltend.

Die Beklagte zu 1.) hat selbst vorgetragen, dass über das streitgegenständliche Konto alle Ein- und Ausgänge an Mieten und Pachten sowie alle nachgewiesenen Auslagen der Parteien darüber laufen sollten (Band I, Bl. 15). Verauslagte Beträge seien abgerechnet worden und nach Vorlage der Rechnungen durch die Beklagte zu 1.) beglichen worden (Band I, Bl. 15).

Auch aus dem Schreiben der Beklagten zu 1.) vom 25. Januar 1998 (Band I, Bl. 97, Anlage K 12), lässt sich entnehmen, dass grundsätzlich jede der beiden Parteien ihre begleitenden Aufwendungen selbst zu tragen hatte. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass die Beklagte zu 1.) die Zahlung von Aufwendungsersatz an den Ehemann der Klägerin von näher bezeichneten Bedingungen abhängig machte. Die Beklagte zu 1.) ging also selbst davon aus, dass der Ersatz von begleitenden Aufwendungen grundsätzlich nicht in Betracht kam und einer Zustimmung des jeweils anderen Teils bedurfte.

Auch aus dem Schriftsatz der Beklagten zu 1.) vom 25. Juli 2001 (Band I, Bl. 188) ergibt sich, dass der Ersatz von begleitenden Aufwendungen Ausnahmecharakter hatte und § 748 BGB zwischen den Parteien abbedungen war. In dem Schriftsatz trägt die Beklagte u.a. vor, dass es der Klägerin in einer bestimmten Angelegenheit nur durch "Erpressung" gelungen sei, Aufwendungsersatz von den beiden anderen Miterbinnen zu erhalten.

Nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts stehen im Einzelfall "vor Ort" vorgenommene Ausgleichungen der og. grundsätzlichen Verteilung nicht entgegen.

d) Im Übrigen verstößt die Geltendmachung der Honorare und Aufwendungen durch die Beklagte zu 1.) gegen das Verbot des widersprüchlichen Verhaltens, § 242 BGB. Die Beklagte zu 1.) hat ca. 10 Jahre lang ihre begleitenden Aufwendungen gegenüber dem Nachlass nicht abgerechnet. Nach einem so langen Zeitablauf und einem kaum noch vorhandenen Restbestand des Nachlasses ist es der Beklagten zu 1.) verwehrt, noch die Abrechnung von Honoraren und Aufwendungen zu verlangen.

2) Aus den og. Erwägungen ist auch die Widerklage der Beklagten zu 1.) unbegründet.

Die Revision war nicht zuzulassen, da weder die Sache grundsätzliche Bedeutung hat, noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 543 Absatz 1 Nr.1, Absatz 2 ZPO n. F.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713, ZPO i.V.m § 26 Nr. 8 EGZPO.

Ende der Entscheidung

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