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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 29.09.2005
Aktenzeichen: 12 U 235/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 531 Abs. 2
BGB § 286
BGB § 288
300 € Schmerzensgeld für HWS - Distorsion mit unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit von 2 Wochen bei vorhandener Schadensanlage. Die Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges ist nicht Voraussetzung für den Anspruch auf Nutzungsentschädigung. Dem Geschädigten steht jedoch - mangels Nutzungsmöglichkeit - für die Zeit kein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung zu, während der er wegen der bei dem Unfall erlittenen Verletzungen nicht in der Lage gewesen wäre, sein durch den Unfall beschädigten Pkw zu nutzen. Ein Anspruch kommt allerdings auch in einem solchen Fall in Betracht, wenn der Geschädigte den Pkw aufgrund einer vor dem Unfall getroffenen Vereinbarung einem Dritten (Familienangehörigen oder Verlobten) unentgeltlich zur Nutzung überlassen hätte.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 12 U 235/04

verkündet am : 29. September 2005

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. September 2005 durch den Richter am Kammergericht Hinze als Einzelrichter für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers, die im Übrigen zurückgewiesen wird, wird das am 13. Oktober 2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 24. des Landgerichts Berlin teilweise abgeändert und die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger weitere 148, 79 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basisdiskontsatz seit dem 1. Februar 2002 zu zahlen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits erster Instanz bleibt es bei der landgerichtlichen Entscheidung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat nur teilweise Erfolg.

1. Ohne Erfolg wendet sich der Kläger mit seiner Berufung dagegen, dass das Landgericht für die nach Beweisaufnahme als erwiesen angesehenen unfallbedingten Verletzungen ein Schmerzensgeld von nicht mehr als 300,00 EUR als angemessen angesehen hat. Der Kläger greift die Beweiswürdigung des Landgerichts, dass die von ihm behauptete Gehirnerschütterung als nicht erwiesen angesehen hat, nicht an. Die vom Kläger danach bewiesenen Verletzungen, nämlich eine Distorsion der Halswirbelsäule die zu einer hundertprozentigen Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vom 29. November 2001 bis zum 11. Dezember 2001 und einer daran anschließenden Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 % bis zum 31. Dezember 2001 geführt hat, rechtfertigen auch nach Einschätzung des Berufungsgerichts kein höheres Schmerzensgeld als 300,00 EUR. Insoweit wird auf die Rechtsprechungsnachweise bei Slizyk (Schmerzensgeldtabelle, 4. Aufl., Seite 529, 530) verwiesen. Der Kläger zeigt auch mit der Berufungsbegründung keine Umstände auf, die ein höheres Schmerzensgeld rechtfertigen würden.

2. Hinsichtlich der begehrten Nutzungsausfallentschädigung hat die Berufung teilweise Erfolg.

Entgegen der von den Beklagten in erster Instanz geäußerten Rechtsansicht steht der Umstand, dass der Kläger nach dem streitgegenständlichen Unfall kein Ersatzfahrzeug beschafft hat dem Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung nicht entgegen (Senat, DAR 2004, 352, ständige Rechtsprechung).

Allerdings steht dem Kläger für diejenige Zeit kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung zu, während der er wegen der bei dem Unfall erlittenen Verletzungen nicht dazu in der Lage gewesen wäre, den bei dem Unfall beschädigten PKW zu nutzen, denn insoweit fehlt es an der erforderlichen Nutzungsmöglichkeit (vgl. BGHZ 45, 212; BGH NJW 1985, 2471; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl. § 12 StVG Rdnr. 45 m. w. N.). Dies betrifft im vorliegenden Fall den Zeitraum vom 29. November 2001 bis zum 11. Dezember 2001, da der Kläger während dieser Zeit nach seiner eigenen Darstellung bettlägerig krank war.

Zwar kommt ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung grundsätzlich auch dann in Betracht, wenn der geschädigte Fahrzeugeigentümer sein Fahrzeug einem Dritten, etwa Familienangehörigen oder seiner Verlobten unentgeltlich zur Nutzung überlassen hätte (BGH NJW 1974, 33; NJW 1975, 922), doch setzt ein derartiger Anspruch eine vor dem Unfall getroffene Vereinbarung zwischen dem Fahrzeugeigentümer und dem Dritten voraus (KG, 22 U 14/02 Urteil vom 3. März 2003).

Hier hat der Kläger zur Begründung seines Anspruchs auf Nutzungsentschädigung mit der Berufung vorgetragen, seine Ehefrau habe über einen Führerschein verfügt und ihn, den Kläger fahren müssen. Weiterhin hat er behauptet, er sei Vater eines Kleinkindes. Es sei täglich ein PKW für Einkäufe, Arztbesuche, etc. benötigt worden. Dieser Vortrag bezieht sich jedoch, wie sich in der mündlichen Verhandlung herausgestellt hat, nicht auf den streitgegenständlichen Zeitraum im November/Dezember 2001. Auf einen entsprechenden Vorhalt durch das Gericht hat der Kläger angegeben, erst im Jahr 2003 geheiratet zu haben. Auch das Kind des Klägers ist, wie sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. Hnnnn vom 4. August 2004 (dort Seite 4, Bd. I Bl 171) ergibt erst im Jahr 2003 zur Welt gekommen.

Soweit der Kläger erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung seinen Vortrag dahingehend geändert hat, er habe bereits zum damaligen Zeitpunkt mit seiner späteren Ehefrau zusammengelebt, diese habe das Fahrzeug damals bereits genutzt, fehlt es an dem erforderlichen Beweisantritt. Die Beklagten hatten bereits mit der Berufungserwiderung (dort Seite 4, Bd. II, Bl. 25) den Vortrag des Klägers zu einer Nutzung des Fahrzeugs durch Dritte bestritten. Es kommt daher nicht mehr auf die Frage an, ob die Voraussetzungen, unter denen der neue Vortrag des Klägers ausnahmsweise nach § 531 Abs. 2 ZPO berücksichtigt werden könnte, vorliegen.

Der Kläger kann jedoch für die drei Tage vom 12. bis einschließlich 14. Dezember 2001 Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von je 97,00 DM, zusammen 291,00 DM = 148, 79 EUR beanspruchen.

Der Zinsanspruch ist aus §§ 286, 288 BGB gerechtfertigt.

3. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).

4. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1 i. V. mit § 92 Abs. 2, 708 Nr. 10, 713 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EGZPO.

Ende der Entscheidung

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