Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 27.08.2007
Aktenzeichen: 12 U 24/07
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB


Vorschriften:

BGB § 204 Abs. 1 Nr. 7
BGB § 254 Abs. 1
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1
Durch die Fehlleistung des Gerichts wird der Ursachenzusammenhang zwischen einer Pflichtverletzung des Rechtsanwalts und dem Schaden im Allgemeinen nicht unterbrochen. Tritt der Anwalt der Klägerin pflichtwidrig den schriftsätzlichen Ausführungen des Beklagtenvertreters, die - tatsächlich einschlägige - Vorschrift des § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB n. f. i. V. Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB sei nicht anwendbar, auch im Berufungsverfahren nicht entgegen, so kann diesem Unterlassen eines rechtlichen Hinweises an das Gericht der Schaden nicht zugerechnet werden, der dadurch entsteht, dass sowohl das Landgericht als auch das Berufungsgericht die Rechtslage falsch beurteilen und den klägerischen Anspruch zu Unrecht für verjährt halten. Jedenfalls ergibt die Abwägung im Wege werdender Betrachtung im Hinblick auf § 254 Abs. 1 BGB, dass im vorliegenden Einzelfall der Anwaltsfehler hinter der eigenständigen falschen Rechtsanwendung der Gericht zurücktritt.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 12 U 24/07

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Grieß, den Richter am Kammergericht Dr. Wimmer und die Richterin am Kammergericht Zillmann am 27. August 2007 beschlossen:

Tenor:

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

2. Die Berufungsklägerin erhält gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO Gelegenheit, hierzu binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.

Gründe:

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts, § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

Beides ist nicht der Fall.

Die Kläger machen in der Berufungsbegründung geltend:

Die angefochtene Entscheidung beruhe auf einer fehlerhafte Anwendung materiellen Rechts; denn die Auffassung des Landgerichts, allein ursächlich für den Verlust des Vorprozesses sei ein Rechtsirrtum des Gerichts gewesen und dieser beruhe allein auf dessen eigener Entschließung, sei fehlerhaft und verstoße gegen die Denkgesetze; hätte der Beklagte das Gericht des Vorprozesses auf die geltenden Verjährungsvorschriften hingewiesen, hätte das Gericht die Klage nicht wegen Verjährung abgewiesen. Der Beklagte sei zu einem entsprechenden Hinweis jedenfalls im Laufe des Berufungsverfahrens verpflichtet gewesen; dies sei jedoch nicht geschehen.

Auch die fehlende Belehrung über die Nichtzulassungsbeschwerde, die erfolgreich gewesen wäre, führe zur Haftung.

Die Klage im Vorprozess wäre auch der Höhe nach erfolgreich gewesen, weil es nicht darauf ankomme, welcher physikalische Schaden nun am Gemeinschaftseigentum oder am Sondereigentum eingetreten sei.

I. Die Berufungsangriffe sind nicht geeignet, eine abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Das Urteil des Landgerichts ist jedenfalls im Ergebnis richtig.

1. Zutreffend geht das Landgericht mit den Parteien davon aus, dass beide Urteile im Vorprozess insoweit falsch sind, als sie die dort von der Klägerin gegen die Architektin und das Bauunternehmen geltend gemachten Ansprüche zu Unrecht als verjährt angesehen haben. Insoweit kann auf die Ausführungen des Landgerichts in dem angegriffenen Urteil verwiesen werden.

2. Die Klägerin begründet ihren Anspruch damit, der Beklagte sei zu einem Hinweis auf die neuen Verjährungsvorschriften jedenfalls im Laufe des Berufungsverfahrens verpflichtet gewesen.

Hat der Beklagte jedoch - wie er auf S. 3 der Klageerwiderung behauptet hat - in der Berufungsverhandlung des Vorprozesses auf die Anwendbarkeit des § 204 BGB n. F. auf der Grundlage der Übergangsvorschriften hingewiesen und ist diese Frage kontrovers erörtert worden, so können alle Erwägungen zu einem unterlassenen Hinweis und dessen Ursächlichkeit sowie zur Zurechenbarkeit des Schadens dahinstehen.

Die vorstehende Behauptung des Beklagten, ist auch nicht unerheblich, weil rechtliche Hinweise nicht den Verspätungsregeln unterliegen und ein solcher Hinweis auch in der letzten mündlichen Verhandlung ausreichend gewesen wäre, den Sorgfaltspflichten in der Prozessführung zu genügen.

Die Beweislast für eine Pflichtverletzung des Rechtsanwaltes trifft grundsätzlich den Anspruchsteller (vgl. nur Palandt/Heinrichs, § 280 BGB, Rn 66 b).

Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, wenn die behauptete Pflichtverletzung in einem Unterlassen des Beklagten besteht.

Die Klägerin hat erst auf den Hinweis des Landgerichts in der mündlichen Verhandlung vom 19. Oktober 2006 das diesbezügliche Vorbringen des Beklagten ausreichend bestritten. Jedenfalls hat sie für die zwischen den Parteien streitige Tatsache des vollständigen Unterlassens des Beklagten im Hinblick auf einen Hinweis auf die oben genannten Vorschriften keinen Beweis angetreten.

Die Klägerin ist demnach für einen unterlassenen Hinweis und damit eine Pflichtverletzung des Beklagten beweisfällig geblieben.

3. Selbst wenn man aber unterstellt, die unter vorstehend unter 2. dargestellte Behauptung des Beklagten träfe nicht zu, lässt sich im vorliegenden Fall eine Haftung des Beklagten nicht daraus herleiten, dass er das Gericht nicht auf das der Klägerin günstige neue Verjährungsrecht hingewiesen hat.

Der Senat folgt dem Landgericht dahin, dass jedenfalls ein Zurechnungszusammenhang zwischen einer - vom Landgericht unterstellten - Pflichtverletzung des Beklagten durch einen von der Klägerin behaupteten unterlassenen Hinweis des Beklagten im Vorprozess auf die neue Vorschrift des § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB und die entsprechenden Überleitungsvorschriften des Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB und dem Schaden nicht festgestellt werden kann; denn der gerichtliche Rechtsirrtum beruht maßgeblich auf einer eigenen Entscheidung des Gerichts; selbst wenn aber der Schaden sowohl dem unterlassenen anwaltlichen Hinweis als auch dem gerichtlichen Rechtsirrtum zugerechnet werden kann, führt die wertende Abwägung (vgl. §§ 254, 426 Abs. 2 BGB) zu dem Ergebnis, dass der etwaige Anwaltsfehler zurücktritt.

a) Das Landgericht hat im angefochtenen Urteil nicht näher begründet, dass die Prozessführung des Beklagten im Vorprozess überhaupt fehlerhaft war, sondern zutreffend darauf hingewiesen, dass nicht ersichtlich sei, dass der Beklagte durch unzureichenden oder fehlerhaften Sachvortrag einen Rechtsirrtum gefördert haben könnte (UA 12 f.).

Das Landgericht hat weiter ausgeführt: Obwohl die Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2) im Vorprozess auf S. 4 f. ihres Schriftsatzes vom 11. März 2003 die Frage der Anwendbarkeit des § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB n. F. ausdrücklich angesprochen hätten, hätten Landgericht und Kammergericht im Vorprozess diesen Punkt nicht berührt und die Rechtslage fehlerhaft beurteilt. Dagegen habe der Beklagte durch sein Verhalten keine rechtlichen Schwierigkeiten hervorgerufen, die zum Fehler des Gerichts hätten beitragen können, so dass ein Zurechnungszusammenhang zwischen einem anwaltlichen Fehler und dem Schaden nicht gegeben sei; jedenfalls "treten etwaige Fehler des Anwalts ... soweit zurück, dass sie nicht mehr kausal für den Schaden der Kläger angesehen werden können" (UA 13).

Auch wenn der Senat - unterstellt die oben unter 2. behandelte Erörterung in der Berufungsverhandlung habe nicht stattgefunden - dazu neigt, einen Anwaltsfehler zu bejahen, rechtfertigt dies im Ergebnis keine Abänderung des angefochtenen Urteils.

Zwar obliegt dem Anwalt keine Pflicht, "das Gericht durch juristische Untiefen durchzulotsen und schwierige Rechtsfragen verständlich aufzubereiten" (Henssler, JZ 1994, 178, 182; Zugehör, Anwaltsverschulden, Gerichtsfehler und Anwaltshaftung, NJW 2003, 3225, 3226). Der Anwalt ist nach allgemeiner Auffassung jedoch verpflichtet, durch rechtliche Hinweise auf die rechtliche Beurteilung des Gerichts Einfluss zu nehmen (Borgmann/Jungk/Grams, Anwaltshaftung, 4. Aufl., Kapitel IV Rn 106) und durch geeignete Rechtsausführungen darauf hinzuwirken, dass gerichtliche Fehler vermieden werden (Fischer in: Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Aufl.,). Zur vertraglichen Schadensverhütungspflicht gehört es auch, erkennbaren Irrtümern, Versehen und Fehlern des Gerichts zum Nachteil des Mandanten entgegenzuwirken (vgl. Zugehör, NJW 2003, 3226 m. w. N.)

Insoweit hat auch das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 12. August 2002 - 1 BvR 399/02 - NJW 2002, 2937) ausgeführt, dass Fehler der Richter - soweit möglich - im Instanzenzug zu korrigieren sind und der Rechtsanwalt verpflichtet ist, auf eine Korrektur des Fehlers im vorgesehenen Instanzenzug hinzuwirken.

Enthält ein landgerichtliches Urteil zu einer einschlägigen Vorschrift keine Ausführungen, so darf sich der Rechtsanwalt nicht darauf verlassen, dass das (Berufungs-) Gericht die Unrichtigkeit des Rechtsstandpunktes des Prozessgegners ohne weiteres erkennen werde (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - III ZR 107/02 - NJW 2003, 202).

Dem entspricht die Verpflichtung des Berufungsführers gemäß § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO in der Berufungsbegründung die Umstände zu bezeichnen, aus denen sich eine Rechtsverletzung ergibt. Die Berufungsbegründung muss auf den Streitfall zugeschnitten sein und Ausführungen dazu enthalten, aus welchen tatsächlichen oder auch rechtlichen Gründen das angefochtene Urteil für falsch gehalten wird (Gummer/Heßler in: Zöller, 26. Aufl., § 520 ZPO Rn 35).

Der Beklagte musste also im Berufungsverfahren des Vorprozesses darauf hinweisen, dass die Auffassung der dortigen Beklagten zur fehlenden Anwendbarkeit des § 204 Abs. Nr. 7 BGB n. F. falsch sei und auch das angefochtene Urteil die Rechtslage insoweit nicht behandelt hat.

b) Zweifelhaft ist indes, ob das Unterlassen eines derartigen Hinweises für die Entscheidung des Kammergerichts im Vorprozess kausal geworden ist und, wenn ja, ob der Schaden aufgrund des falschen Berufungsurteils noch einem anwaltlichen Fehler zugerechnet werden kann.

Es trifft zwar zu, dass durch die Fehlleistung des Gerichts der Ursachenzusammenhang zwischen einer Pflichtverletzung des Rechtsanwalts und dem Schaden nicht unterbrochen wird (BGH NJW-RR 2003, 850; Palandt/Heinrichs, 66. Aufl., vor § 249, Rn 73; § 280 BGB, Rn 71 jeweils m.w.N.). Der Senat folgt dem Bundesgerichtshof auch dahin, dass nach der Entscheidung des BVerfG, NJW 2002, 2937, Fehler des Gerichts allgemein die Ursächlichkeit pflichtwidrigen Verhaltens des Rechtsanwalts im Prozess nicht entfallen lassen (so BGH NJW 2003, 202).

Bevor jedoch die Unterbrechung eines Ursachenzusammenhangs relevant werden kann, ist zunächst zu fragen, ob überhaupt ein Ursachenzusammenhang zwischen der - unterstellten - Pflichtverletzung und der falschen Entscheidung des Rechtsstreits festzustellen ist.

Dies ist bei einem unterlassenen rechtlichen Hinweis eines Anwalts an das Gericht auf neue Verjährungsvorschriften, auf die im ersten Rechtszuge die Gegenseite hingewiesen hatte, nicht zweifelsfrei.

Ein Unterlassen ist nur dann für einen Schaden ursächlich, wenn pflichtgemäßes Handeln den Schaden mit Sicherheit verhindert hätte. Die bloße Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit genügt nicht (vgl. BGHZ 34, 206, 215; BGHZ 61, 118, 120; BGH NJW 1984, 432, 434; Borgmann/Grams, Anwaltshaftung, 4. Aufl. 2005, Rn 50; Palandt/Heinrichs, aaO, vor § 249, Rn 84).

Wenn allerdings im Haftpflichtprozess die Frage, ob dem Mandanten durch eine schuldhafte Pflichtverletzung des Rechtsanwalts ein Schaden entstanden ist, vom Ausgang des Vorprozesses abhängt, muss das Regressgericht selbst prüfen, wie jenes Verfahren ohne einen Anwaltsfehler richtigerweise zu entscheiden gewesen wäre. Welche rechtliche Beurteilung das mit dem Vorprozess befasste Gericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hätte, ist ohne Belang. Vielmehr ist die Sicht des Regressgerichts maßgeblich (st. Rspr., BGHZ 133, 110, 111; BGH NJW 2005, 3071).

Aus Sicht des erkennenden Senats hätte richtigerweise die Klage nicht wegen Verjährung des Anspruchs abgewiesen werden dürfen; vielmehr hätten zu Gunsten der Kläger die einschlägige Vorschrift des § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB n. F. angewandt werden müssen.

Dies bedeutet indes nicht, dass dafür, dass Landgericht und Kammergericht im Vorprozess die vorgenannte Vorschrift nicht angewandt haben, ein unterlassener rechtlicher Hinweis des Beklagten - adäquat - ursächlich war.

Denn rechtliche Hinweise der Parteien beeinflussen - anders als Sachvortrag oder Anträge - die Rechtsfindung des Gerichts nicht zwingend.

Die Klage hätte nämlich - unabhängig von einem unterlassenen rechtlichen Hinweis des Beklagten - nicht wegen Verjährung abgewiesen werden dürfen und die Berufung hätte - auch ohne konkreten Bezug auf das neue Verjährungsrecht in der Berufungsbegründung - nicht wegen Verjährung zurückgewiesen werden dürfen.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass eine Erteilung des - wie unterstellt - unterlassenen Hinweises zu einer anderen Entscheidung des Gerichts geführt hätte oder hätte führen müssen. Auch dies ist aus der Sicht des Regressgerichts zu beurteilen.

Es gilt der Grundsatz "iura novit curia", der dahin geht, dass das Gericht das Recht in eigener Verantwortung richtig anwenden muss und hierfür unabhängig von der Aufgabe des Anwalts selbst verantwortlich ist (vgl. Fischer, aaO, Rn 1024). Dem Anwalt obliegt auch keine allgemeine Pflicht zur Überwachung gegenüber dem Gericht (vgl. Vollkommer/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, 2. Aufl., Rn 305).

So sind die Gerichte zwar an den Sachvortrag und die Anträge der Parteien, nicht aber an rechtliche Hinweise der Parteien gebunden. Wie das Landgericht zutreffend auf S. 12 des angefochtenen Urteils entschieden hat, beruht der gerichtliche Rechtsirrtum im Vorprozess allein auf der autonomen Entschließung der befassten Gerichte.

Auch liegt es nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit (vgl. zur Adäquanz etwa BGH NJW-RR 2001, 887), dass auch bei Vermeidung des unterstellten Anwaltsfehlers die Gerichte des Vorprozesses ebenso fehlerhaft entschieden hätten.

Dies wird dadurch verdeutlicht, dass die Gerichte des Vorprozesses die Frage der Anwendbarkeit des neuen Verjährungsrechts verkannt haben, obwohl im Vorprozess schon erstinstanzlich ein ausdrücklicher Hinweis auf die neuen Vorschriften aktenkundig ist (Schriftsatz der damaligen Beklagten zu 2) vom 11. März 2003).

c) Selbst wenn man die Ursächlichkeit bejahen wollte, fehlt der erforderliche Zurechnungszusammenhang zwischen dem anwaltlichen Fehler - unterstellter unterlassener Hinweis auf die neuen Verjährungsvorschriften - und dem geltend gemachten Schaden.

Zwar kann der Zurechnungszusammenhang nicht verneint werden, wenn der Gerichtsfehler eine adäquate Folge der anwaltlichen Pflichtverletzung ist; das ist etwa dann der Fall, wenn der Anwalt pflichtwidrig Probleme, Schwierigkeiten und Gefahren geschaffen hat, die das Gericht rechtlich nicht bewältigt, weil es den damit verbundenen erhöhten Anforderungen an die richtige Rechtsanwendung nicht gewachsen ist, die ihm bei pflichtgemäßem Verhalten des Rechtsanwalts erspart geblieben wären (vgl. Zugehör, NJW 2003, 3225, 3229).

So liegt der Fall hier jedoch nicht.

Der Grundsatz, dass der Rechtsanwalt für seine Pflichtverletzung trotz eines gerichtlichen Schadensbeitrags haften muss, schließt es indes nicht aus, dass es Sachverhalte gibt, in denen die Zurechnung ganz entfällt (vgl. BGH NJW 1988, 3013, 3016).

In dem hier vorliegenden speziellen Fall eines unterlassenen Hinweises des Anwalts auf die Rechtslage aufgrund neuer Verjährungsvorschriften mit komplizierter Übergangsregelung an das Gericht kann auch nicht außer acht gelassen werden, was das BVerfG, NJW 2002, 2937, so formuliert hat: "Die Gerichte sind verfassungsrechtlich nicht legitimiert, den Rechtsanwälten auf dem Umweg über den Haftungsprozess auch die Verantwortung für die richtige Rechtsanwendung zu überbürden."

Dabei ist der Senat weiterhin mit dem BGH der Auffassung: "Keinesfalls lassen Fehler des Gerichts allgemein die Ursächlichkeit pflichtwidrigen Verhaltens des Rechtsanwalts im Prozess entfallen" (BGH NJW 2003, 202, 204; ähnlich BGH NJW-RR 2003, 850, wo die Lösung durch eine wertende Betrachtungsweise im Hinblick auf § 254 BGB gefunden wird).

Auch die Kritiker der Entscheidung des BVerfG, aaO, ( vgl. nur Zugehör, NJW 2003, 3225, 3228; Fischer, in: Zugehör u. a., Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Aufl., Rn 1028 mit Fn 71;) betonen, dass es in derartigen Fällen darum geht, in welchen Fällen dem Anwalt der ihm angelastete kausale Fehler nicht mehr zuzurechnen ist wegen eines zeitlich nachfolgenden gerichtlichen Fehlers.

Diese Frage lässt sich nicht generell beantworten, sondern bedarf einer fallbezogenen wertenden Betrachtungsweise mit Rücksicht auf die besondere Stellung des Richters nach der Prozessordnung und dem ihm auferlegten Pflichtenkreis (vgl. Fischer, aaO; Vollkommer/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, 2. Aufl., Rn 305)).

So entfällt der Zurechnungszusammenhang, wenn ein Gericht als Zweitschädiger unter völlig ungewöhnlicher und sachwidriger Verletzung seiner eigenen besonderen Pflichten eine Schadensursache setzt, die die vorangegangene anwaltliche Pflichtverletzung mit Rücksicht auf Art, Gewicht und wechselseitige Abhängigkeit der Schadensbeiträge so sehr in den Hintergrund rückt, dass bei wertender Betrachtung gleichsam nur der Gerichtsfehler als einzige und endgültige Schadensursache erscheint (vgl. Zugehör, aaO, 3229).

So liegt der Fall hier. In Hinblick darauf, dass die Gerichte im Vorprozess bei der ihnen obliegenden autonomen Rechtsfindung - trotz eines aktenkundigen Hinweises auf die neuen Verjährungsvorschriften - diese nicht erkennbar geprüft und zutreffend angewandt haben, erscheint die angebliche Pflichtverletzung des Beklagten (unterlassener Hinweis auf die Anwendbarkeit des neuen Verjährungsrechts) nach wertender Betrachtung letztlich bedeutungslos.

Es kann bei dem vorliegenden krassen gerichtlichen Fehler im Vorprozess jedenfalls davon ausgegangen werden, dass bei - gebotener wertender Beurteilung - der Schadensbeitrag des Gerichts den des Beklagten in solchem Maße überwiegt, dass unter Anwendung der zu § 254 BGB entwickelten Grundsätze das Verschulden des Rechtsanwaltes völlig zurücktritt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 13. März 2002 - IX ZR 181/99 - NJW-RR 2003, 850; Zugehör, aaO, 3230).

Die Fehler des (Berufungs-) Gerichts und des Beklagten betreffen zwar dieselbe Rechtsfrage (Anwendbarkeit der neuen Vorschrift des § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB auf den zu entscheidenden Fall gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB); sie sind jedoch völlig ungleichwertig, da diese Fragestellung bereits aktenkundig war und die Ermittlung der einschlägigen Vorschriften und die richtige Rechtsanwendung ausschließlich dem Gericht obliegt.

4. Zutreffend hat das Landgerichts auch entschieden, dass es nicht auf die Frage ankommt, ob der Beklagte die Klägerin ausreichend und rechtzeitig auf die Möglichkeit der Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde hingewiesen habe, weil eine solche ohnehin keinen Erfolg gehabt hätte.

Zwar ist die vom Landgericht dafür gegebene Begründung bedenklich:

Denn es kommt hier nicht darauf an, ob eine Nichtzulassungsbeschwerde gemäß §§ 544 Abs. 1 Satz 3, 543 Abs. 2 ZPO erfolgreich hätte sein können wegen grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache oder der Notwendigkeit einer Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die genannten Kriterien ohne weiteres verneint werden können, weil zu dem Kriterium der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung auch solche Fälle erfasst werden, in denen das Vertrauen in die Rechtsprechung wegen einer fehlerhaften Entscheidung des Berufungsgerichts Schaden nimmt und diese deshalb nicht bestehen bleiben kann (Zöller-Gummer, 26. Aufl., § 543 ZPO, Rn 13).

Entscheidend ist vielmehr, dass die Beschwer der Klägerin durch das Urteil des Kammergerichts vom 1. September 2004 - 26 U 47/04 - den Betrag von 20.000 EUR nicht übersteigt.

In einem solchen Falle ist nämlich die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 26 Nr. 8 EGZPO von vornherein unzulässig, ohne dass es auf Fragen des § 543 Abs. 2 ZPO ankäme.

Es kommt daher auch nicht darauf an, dass die Klägerin für diese behauptete Pflichtverletzung des Beklagten beweisbelastet ist und für ihr Vorbringen, der Beklagte habe entgegen seinem Vortrag den sie vertretenden Verwalter nicht über die entsprechenden Möglichkeiten belehrt, keinen Beweis angetreten hat.

5. Schließlich scheitert die Berufung unabhängig von den obigen Ausführungen auch daran, dass die Klägerin nicht ausreichend zu einem kausalen Schaden vorgetragen hat.

Sie beschränkt sich vorliegend darauf, den Betrag geltend zu machen, den der Beklagte im Vorprozess für sie eingeklagt hatte und den sie ausweislich der im Vorprozess vorgelegten Belege für Arbeiten im Haus Lnnnnnn 81 aufgewendet haben will.

Bereits im Vorprozess hatten die dortigen Beklagten eingewandt, dass die Klägerin die Aufwendungen für die Beseitigung von Schäden am Gemeinschaftseigentum und am Sondereigentum der jeweiligen Eigentümer geltend mache, wobei sie für letztere nicht aktiv legitimiert sei und erstere nicht aus dem geltend gemachten Schaden herausgerechnet werden könnten, weshalb die Klage unschlüssig sei. Die Klägerin ist sodann im Vorprozess durch Verfügung des Gerichts vom 4. November 2003 darauf hingewiesen worden, dass die Höhe des geltend gemachten Schadens fraglich sein dürfte, weil die Notwendigkeit der Arbeiten in der geltend gemachten Höhe in Ansehung des eingeholten Gutachtens im selbständigen Beweisverfahren nicht nachvollziehbar sei.

Die Klägerin hatte sodann im Schriftsatz vom 30. Dezember 2003 lediglich ausgeführt, dass die beteiligten Handwerksmeister nicht an die überschlägige Schadensschätzung des Sachverständigen gebunden seien und die Schäden gemäß ihrer eigenen fachlichen Einschätzungen beseitigt hätten. Sondereigentum sei lediglich bei den Positionen Türen und Schrankwand mithin bei den Beträgen über 818,67 EUR, 139,75 EUR und 767,60 EUR betroffen. Im Übrigen verschließe sich die Klägerin nicht eines Abzuges Neu für Alt hinsichtlich der vorgenommenen Malerarbeiten, wolle dies jedoch der mündlichen Verhandlung überlassen. Die tätigen Handwerker hat die Klägerin zum Beweis für die Notwendigkeit und Angemessenheit der Arbeiten sowie Höhe der Rechnungen als sachverständige Zeugen benannt.

Damit hat die Klägerin nicht ausreichend dazu vorgetragen, dass ihr durch eine unterstellte Pflichtverletzung des Beklagten ein Schaden in Höhe von 16.970,27 EUR zuzüglich der geltend gemachten Rechtsanwalts- und Gerichtskosten entstanden ist.

Dabei kommt es nicht vorrangig darauf an, dass Notwendigkeit und Angemessenheit der Arbeiten und der Höhe der Rechnung nicht durch sachverständige Zeugen, sondern nur durch einen Sachverständigen bewiesen werden können (vgl. nur BGH, Urteil vom 20. März 2007 - VI ZR 254/05 - NJW 2007, 2122).

Nach der Aktenlage im Vorprozess in Verbindung mit dem selbständigen Beweisverfahren ist jedenfalls nicht ausreichend ersichtlich, dass der Klägerin durch die Eingriffe der damaligen Beklagten in die Bausubstanz des Hauses Lnnnnnn 81 ein Schaden in Höhe von 16.970,27 EUR entstanden ist und die damaligen Beklagten ohne die Pflichtverletzung des hiesigen Beklagten zu entsprechenden Zahlungen verurteilt worden wären. Neben einem Rechenfehler bei der Addition der einzelnen Rechnungsbeträge, die tatsächlich lediglich 16.970,19 EUR betragen, betrafen jedenfalls die Arbeiten an den Innentüren und hinsichtlich einer Schrankwand Sondereigentum, so dass Kosten in Höhe von 1.726,02 EUR nach ihrem eigenen Vorbringen nicht schlüssig vorgetragen waren. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass auch die Rechnung vom 29.11.2002 über einen Betrag von 832,48 EUR die Reparaturen von Innentüren beinhaltete.

Unschlüssig war die Klage auch insoweit, als sie sich auf ein Schreiben der Familie Innnn bezog, mit welchem diese Eigenarbeiten in Höhe von insgesamt 1.422,05 EUR abrechnete, die die Hausverwaltung offenbar ohne ersichtliche Nachweise erstattete.

Die Beklagten hatten im Vorprozess auch vorgebracht, dass hinsichtlich der Malerarbeiten ein Abzug "neu für alt" erforderlich sei, dem sich die Klägerin ausweislich ihres Schriftsatzes vom 30.12.2003 nicht verschließen wollte.

Schließlich ist das Vorbringen der Klägerin zur Erforderlichkeit der vorgenommenen Arbeiten und der Höhe der hierfür gezahlten Kosten auch im Hinblick auf das eingeholte Sachverständigengutachten im selbständigen Beweisverfahren nicht ausreichend, da der Sachverständige - wenn auch als grobe Schätzung - Gesamtkosten in Höhe von 2.500,- EUR netto, mithin 2.900,- EUR brutto angegeben hatte. Bei einer tatsächlichen Überschreitung der geltend gemachten Kosten in Höhe des mehr als 5,5fachen reicht das Vorbringen der Klägerin nicht aus, von einer Verurteilung der damaligen Beklagten in der geltend gemachten Höhe ausgehen zu können.

6. Im Hinblick auf die obigen Ausführungen wird vorsorglich auf die §§ 529, 531 ZPO hingewiesen sowie anheim gestellt, die weitere Durchführung der Berufung zu überdenken.

Ende der Entscheidung

Zurück