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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 09.03.2006
Aktenzeichen: 12 U 29/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 513 Abs. 1
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 529
BGB § 278
BGB § 831
Keine Haftung des Vermieters wegen Verletzung der Fürsorge- oder Verkehrssicherungspflicht (hier: Vermieter hatte etwa 4 Wochen zuvor den Kreis der Nutzer des Parkhauses erweitert und neben Dauermietern jetzt auch Kunden zweier Gewerbebetriebe zum Kurzparken zugelassen ) für angeblich aus der innerhalb des Parkhauses gemieteten, verschlossenen, nicht einsehbaren Garage gestohlenen, unverschlossenen Pkw, in welchem beide Originalschlüssel zurückgelassen worden waren.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 12 U 29/06

In Sachen

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Grieß sowie die Richterin am Kammergericht Zillmann und den Richter am Kammergericht Spiegel am 9. März 2006 beschlossen:

Tenor:

1. Der Kläger wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO darauf hingewiesen, dass der Senat nach Vorberatung beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat.

2. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen.

Gründe:

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.

Der Senat folgt dem zutreffenden Ergebnis der angefochtenen Entscheidung, welches durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet wird.

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

Beides ist nicht der Fall.

1) Entgegen der Auffassung des Klägers auf Seite 3 der Berufungsbegründung hat er keinen Anspruch gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht sowie der Fürsorgepflicht aus dem Mietvertrag seiner Ehefrau mit der Beklagten vom 25. November 1998.

a) Eine Pflichtverletzung durch die Beklagte kann nicht festgestellt werden.

Gemäß § 1 Nr. 1 des Mietvertrages wurde vermietet "1 Pkw-Einstellplatz/-plätze mit der/den Nummer/n: 1.26." Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass sich der Stellplatz in einer durch eine verschließbare Stahltür abgeschlossenen Garage befindet und von außen nicht einsehbar ist..

Die Zulassung weiterer Nutzer von Einstellplätzen ("Kurzparker") in dem Parkhaus im April 2004, in welchem sich der vermietete Einstellplatz befindet, nämlich von Kunden des Fitnessstudios sowie Kunden eines Elektrodiscounters, bedeutet weder eine Verletzung des Mietvertrages noch einer Verkehrssicherungspflicht des Vermieters gegenüber den Mietern. Denn dadurch wurde weder der im Vertrag beschriebene Mietgegenstand wesentlich verändert noch eine wesentliche Gefahrerhöhung für ein eingestelltes Kraftfahrzeug der Mieterin geschaffen.

Der in einer durch eine verschließbare Stahltür abgeschlossenen Garage befindliche Stellplatz ist in seinen wesentlichen Eigenschaften nicht verändert worden, da nach wie vor das Kraftfahrzeug in einer durch eine Stahltür gesicherten Garage, die nicht eingesehen werden kann, abgestellt werden konnte. Diese Art der Abstellung stellte den entscheidenden Schutz des eingestellten Kraftfahrzeuges dar, da das Parkhaus sowohl vor April 2004 als auch danach auch von Dritten benutzt wurde. Die Sicherheitslage für ein in die durch ein verschlossenes Stahltor gesicherte und nicht einsehbare Garage eingestelltes Fahrzeug ist durch die Zulassung von Kurzparkern neben anderen Mietern nicht wesentlich verändert worden.

Auch hat der Haftpflichtversicherer der Beklagten mit Schreiben vom 14. September 2004 zutreffend darauf hingewiesen, dass die Beklagte ihrer Verkehrssicherungspflicht durch die Anbringung einer Stahltüre vor der von der Ehefrau des Klägers gemieteten Garage nachgekommen ist. Entgegen der Auffassung des Klägers auf Seite 3 der Berufungsbegründung war zur Erfüllung der Fürsorge- und Verkehrssicherungspflicht auch im Hinblick mit der Zulassung von Kurzparkern nicht zusätzlich der Einbau eines Rollgitters erforderlich.

b) Selbst wenn aber eine Pflichtverletzung unterstellt würde, kann der Senat auch die Ursächlichkeit einer etwaigen Verletzung einer Fürsorge- oder Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte für den behaupteten Schaden der Ehefrau des Klägers als Mieterin nicht feststellen.

Soweit der Kläger auf Seite 3 der Klageschrift geltend gemacht hat, ein Diebstahl des Fahrzeuges habe nur deshalb geschehen können, weil die Beklagte den Kreis der Nutzer des Parkhauses verändert habe, kann die Richtigkeit dieser Behauptung zur Ursächlichkeit nicht festgestellt werden. Denn die entscheidende Sicherung, nämlich durch Stahltür verschlossene und nicht einsehbare Garage, ist nicht verändert worden.

Wenn der Kläger darauf hinweist, dass die Mieter nicht über die Veränderung des Kreises der Nutzer informiert worden seien, liegt auch darin - unabhängig davon, ob dies pflichtwidrig war - keine Ursache für den angeblichen Diebstahl. Denn es ist nicht vorgetragen oder erkennbar, wann und wie die Mieterin davon erfahren hat und welche konkreten Maßnahmen sie getroffen hätte, die einen Diebstahl aus der durch ein Stahltor verschlossenen nicht einsehbaren Garage hätten verhindern sollen. Wenn der Kläger auf Seite 4 unten der Klageschrift vorgetragen hat, er habe die Garagentür fest verschlossen gehalten und ein Sicherheitsschloss nicht angebracht, da er davon habe ausgehen können, dass "unberechtigten Dritten" der Zugang zum Parkhaus nicht gewährt werde, ist dies nicht geeignet, die erforderliche Kausalität zwischen einer - unterstellten - Pflichtverletzung und dem behaupteten Schaden zu begründen; denn auch ein Sicherheitsschloss hätte nicht verhindert, dass Täter mit einer Brechstange das Garagentor an den Scharnieren aushebeln können, wie es nach dem Vorbringen des Klägers geschehen sei.

2) Darüber hinaus sind - obwohl es darauf nicht mehr entscheidend ankommt - auch die Ausführungen des Landgerichts zum überwiegenden Mietverschulden nicht zu beanstanden.

Entgegen der Auffassung des Klägers auf Seite 2 der Berufungsbegründung ist es dagegen nicht unerheblich, dass er die Originalschlüssel im Fahrzeug gelassen hat, weil sich das Fahrzeug in einem abgeschlossenen Raum, nämlich der durch die Stahltür gesicherten Garage, befunden hat. Denn zweifellos wird der Diebstahl eines Kraftfahrzeuges wesentlich erleichtert, wenn es mit im unverschlossenen Fahrzeug befindlichen Originalschlüsseln gestartet werden kann, und zwar auch nachdem eine in einem, bestimmten Nutzern zugänglichen, Parkhaus befindliche verschlossenen Garage gewaltsam geöffnet worden ist.

Auch nach Auffassung des Senats hat der Kläger mit dem Zurücklassen der Originalschlüssel im unverschlossenen Fahrzeug die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, da es auf der Hand liegt, dass ein Diebstahl wesentlich erleichtert wird, wenn die Originalschlüssel im unverschlossenen Fahrzeug zurückgelassen werden, auch wenn sich das Fahrzeug selbst in einer verschlossenen garage befindet. Dieses Verhalten des Klägers muss sich die Ehefrau als Mieterin gemäß §§ 278, 831 BGB zurechnen lassen. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass selbst bei Unterstellung einer leichten ursächlichen Pflichtverletzung der Beklagten diese nach § 254 Abs. 2 gegenüber einem stark überwiegenden Eigenverschulden der Mieterin zurücktritt.

3) Es kann daher letztlich dahinstehen, ob eine Haftung der Beklagten für einfache Fahrlässigkeit nicht ohnehin aufgrund des Mietvertrages (§ 4 Nr. 4, § 5 Nr. 2) ausgeschlossen ist, da der Mieter das Diebstahlrisiko hätte versichern können.

4) Abschließend muss der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen werden, dass nach Aktenlage auch nicht festgestellt werden kann, dass der Ehefrau des Klägers als Mieterin am 24./25. April 2004 ein Schaden entstanden ist. Die auf Seite 2 f. der Klageschrift aufgestellte Behauptung, das Kraftfahrzeug Opel Corsa, B-nnnn , "welches dem Kläger gehörte", sei in der Zeit vom 24. April bis 25. April 2004 aus der abgeschlossenen Garage entwendet worden, ist von der Beklagten zulässigerweise mit Nichtwissen bestritten worden (Seite 2 der Klageerwiderung vom 25. August 2005).

Abgesehen davon, dass der Kläger daraufhin mit Schriftsatz vom 28. November 2005 ohne nähere Erklärung zur Sache eine Abtretungserklärung seiner Ehefrau vom 25. Oktober 2005 (K 3) eingereicht hat zusammen mit Ablichtungen aus Kfz-Schein und Kfz-Brief, in welchen die Ehefrau als Halterin eingetragen ist, ist eine weitere Erwiderung des Klägers auf das Bestreiten der Beklagten oder ein geeigneter Beweisantritt im ersten Rechtszuge nicht erfolgt.

5) Im Übrigen hat die Sache weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Senats zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherheit einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Es wird angeregt, die Rücknahme der Berufung zu erwägen.

Ende der Entscheidung

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