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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 29.11.2004
Aktenzeichen: 12 U 303/03
Rechtsgebiete: TreuhG, 5. DVO zum TreuhG


Vorschriften:

TreuhG § 11 Abs. 2
TreuhG § 11 Abs. 2 S. 2
TreuhG § 23
5. DVO zum TreuhG § 3
5. DVO zum TreuhG § 2 Abs. 1
5. DVO zum TreuhG § 2
Steht ein Gebäude auf zwei Grundstücken und ist ein Rechtssubjekt Fondinhaber hinsichtlich des Gebäudes und Rechtsträger hinsichtlich nur eines der Grundstücke geworden, so gebieten Sinn und Zweck des Treuhandgesetzes eine entsprechende Anwendung des § 11 Abs. 2 TreuhG mit der Folge, diesem Rechtssubjekt auch das Eigentum an dem anderen Grundstück zuzusprechen.

Ein Vermögenszuordnungsbescheid entfaltet nur Wirkungen im Verhältnis zwischen den Beteiligten des Vermögenszuordnungsverfahrens.


Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 12 U 303/03

verkündet am : 29. November 2004

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. November 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Grieß sowie die Richter am Kammergericht W. Hinze und Spiegel

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 23. Oktober 2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin - 12 O 286/03 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10% abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die am 5. Dezember 2003 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat mit einem am 5. Februar 2004 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung der Klägerin richtet sich gegen das am 23. Oktober 2003 verkündete und am 6. November 2003 zugestellte Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Klägerin u. a. vor:

Das Landgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass die Beklagte aufgrund Fondsinhaberschaft ihrer Rechtsvorgängerin Eigentümerin des Grundstücks Vnnn straße 51 in Berlin geworden sei. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten sei weder Rechtsträgerin noch Fondsinhaberin des streitgegenständlichen Grundstücks gewesen.

1. Zwar habe das Landgericht die Frage der Rechtsträgerschaft nicht entschieden, es handele sich aber gleichwohl um eine erhebliche Rechtsfrage, denn das TreuhG sehe keine Regelung zum Eigentumserwerb für den Fall vor, dass Rechtsträgerschaft und Fondsinhaberschaft auseinander fallen.

a) Der von der Beklagten als Anlage B 6 vorgelegte Rechtsträgernachweis bescheinige lediglich die Rechtsträgerschaft der Rechtsvorgängerin der Beklagten hinsichtlich des Grundstückes Vnnn straße 50. Unstreitig sei die Beklagte Eigentümerin dieses Grundstücks. Entgegen den Darlegungen der Beklagten sei dem vorgelegten Rechtsträgernachweis keineswegs zu entnehmen, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten auch hinsichtlich des streitgegenständlichen Grundstückes Vnnn straße 51 zum Rechtsträger bestellt worden sei. Vielmehr führe der Rechtsträgernachweis als betroffenes Grundstück lediglich das Grundstück Vnnn straße 50 auf. Dies ergäbe sich insbesondere auch aus der Größenangabe des Grundstückes, welches dort mit 816 m² angegeben werde. Dies entspräche exakt der Grundstücksfläche des Grundstückes Vnnnstraße 50.

Es werde bestritten, dass die Aufführung des hier streitgegenständlichen Grundstückes im Rechtsträgernachweis aufgrund eines Irrtums bei der Abfassung des Dokumentes unterlassen worden sei. Es handele sich bei der alleinigen Bezugnahme auf das Grundstück Vnnn straße 50 im Rechtsträgernachweis nicht um eine unbeachtliche Falschbezeichnung.

Für eine derartige Unbeachtlichkeit sei zumindest erforderlich, dass eine Auslegung des Dokuments im Sinne der Rechtsauffassung der Beklagten möglich wäre bzw. sonstige Anhaltspunkte für einen entsprechenden Willen der ausstellenden staatlichen Stelle existiere. Dies sei indes nicht der Fall, da das vom Rechtsträgernachweis umfasste Grundstück darin eindeutig und abschließend benannt sei.

b.) Es werde auch bestritten, dass der Magistrat von Berlin das streitgegenständliche Grundstück an die Rechtsvorgängerin der Beklagten stillschweigend zur Nutzung übertragen habe. Die Tatsache, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit der PGH "Hans Sachs" und der Volkspolizei Nutzungsverträge offenbar auch über Räumlichkeiten, die sich auf dem streitgegenständlichen Grundstück befanden, geschlossen habe, belege keineswegs eine entsprechende Berechtigung der Beklagten.

Es werde bestritten, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten das streitgegenständliche Grundstück seit dem Jahr 1985 bewirtschaftet habe, nutzte und in sämtlichen Gebäudeteilen eine Reparatur- und Servicestelle betrieben habe.

2. Die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin sei entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts auch nicht Fondsinhaberin des sich auf dem streitgegenständlichen Grundstück befindlichen Gebäudes geworden. Jedenfalls sei der Erwerbstatbestand des § 11 Abs. 2 TreuhG nicht erfüllt.

a.) Voraussetzung für eine Fondsinhaberschaft der Rechtsvorgängerin der Beklagten sei zum einen, dass das streitgegenständliche Grundstück bzw. die sich darauf befindlichen Aufbauten vom Rechtsträger des Grundstückes der Rechtsvorgängerin der Beklagten überlassen worden seien.

Die Beklagte habe insoweit lediglich vorgetragen dass sie auch das streitgegenständliche Grundstück mitsamt dem aufstehenden Gebäude vom Magistrat von Berlin übernommen habe. Es werde bestritten, dass das streitgegenständliche Grundstück der Beklagten vom Magistrat von Berlin stillschweigend überlassen worden sei. Es werde weiter bestritten, dass die Beklagte auch denjenigen Teil des Gebäudes in Besitz genommen habe, der sich auf dem streitgegenständlichen Grundstück befindet.

Die Beklagte habe ihre Behauptungen in keiner Weise belegen können. Sowohl das von der Klägerin als Anlage B 5 vorgelegte Schreiben des Justitiars der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 08. August 1985 als auch der Rechtsträgernachweis (Anlage B 6) sowie das Übernahmeprotokoll vom 06. August 1985 (Anlage B 7) würden sich lediglich auf das unstreitig im Eigentum der Klägerin stehende Grundstück Vnnnstraße 50 in Berlin beziehen.

Im Übergabeprotokoll vom 06. August 1985 sei ausdrücklich die konkrete Bezeichnung der übernommenen Liegenschaft angegeben. Aufgeführt sei dort das auf dem Liegenschaftsblatt Nr. 72038, Kartenblatt 42618 mit einer Größe von 816 m2 verzeichnete Grundstück Vnnn straße 50 in Berlin.

Die Auffassung des Landgerichts, das Übernahmeprotokoll vom 06. August 1985 sei dahingehend auszulegen, dass nicht nur das Grundstück Vnnnstraße 50, sondern auch das streitgegenständliche Grundstück an die Rechtsvorgängerin der Beklagten übergeben worden sei, könne nicht nachvollzogen werden. Das Landgericht habe keineswegs das Übernahmeprotokoll vom 06. August 1985 ausgelegt und darin enthaltene Hinweise auf eine etwaige gewollte Übergabe beider Grundstücke (Vnnn straße 50 und 51) der Entscheidung zugrunde gelegt. Vielmehr habe das erstinstanzliche Gericht fehlende konkrete Anhaltspunkte im Übergabeprotokoll auf eine Übergabe des streitgegenständlichen Grundstücks an die Rechtsvorgängerin der Beklagten durch eigene Überlegungen einer fiktiven Motivationslage der damaligen staatlichen Behörden ersetzt. Diese Überlegungen ließen sich nicht auf die Verhältnisse in der DDR übertragen. Das Übergabeprotokoll vom 06. August1985 gebe für die Annahmen des Landgerichts nichts her.

b.) Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte Räumlichkeiten, die sich auf dem streitgegenständlichen Grundstück befanden, an Dritte vermietet habe.

Zum einen sei bereits die Annahme der Beklagten, dass derjenige, der Räumlichkeiten an einen Dritten überlasse, ursprünglich der Inhaber der übertragenen Rechtsposition sein müsse, nicht nachvollziehbar. Auch Unberechtigte könnten in die Verfügungsbefugnis des Eigentümers bzw. sonstigen Verfügungsberechtigten eingreifen und Dritten die Nutzung von Räumlichkeiten einräumen. Darüber hinaus habe die Beklagte keineswegs dargelegt, dass sie selbst bzw. sonstige Dritte Räumlichkeiten auf dem Grundstück Vnnn straße 51 genutzt hätten.

c.) Es werde bestritten, dass die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin das streitgegenständliche Grundstück als notwendiges Betriebsvermögen genutzt habe. Eine Fondsinhaberschaft und eine daraus möglicherweise folgende Eigentümerstellung der Beklagten wären nur dann zu bejahen, wenn das Gebäude ausschließlich vom Fondsinhaber genutzt worden sei. Dies sei hier aber gerade nicht der Fall.

Zu Unrecht meine das erstinstanzliche Gericht, dass es auf eine eigene Nutzung des Gebäudes durch den Fondsinhaber nicht ankäme. Im Rahmen des Erwerbstatbestandes des § 11 Abs. 2 TreuhG werde bei Auseinanderfallen von Rechtsträgerschaft und Fondsinhaberschaft an einem Grundstück nebst aufstehendem Gebäude der Fondsinhaber nur dann Eigentümer des Grundstückes, wenn er das Gebäude selbst nutze.

Die Beklagte habe aber die im Gebäude vorhandenen Räumlichkeiten weitestgehend an Dritte vermietet und nach ihren eigenen Angaben dort selbst nur eine örtliche Verkaufs- und Reparaturstelle betrieben. Hierfür sei eine Nutzung des gesamten Gebäudekomplexes, der sich auf den Grundstücken Vnnn straße 50 und 51 befindet, nicht erforderlich gewesen. Die Beklagte habe eine derartige Nutzung auch nicht in Anspruch genommen.

Entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts führe die Nutzung des Gebäudes in Form der Vermietung und Verpachtung nicht zu einem Grundstückserwerb der Rechtsvorgängerin der Beklagten nach § 11 Abs. 2 TreuhG, da die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Räumlichkeiten in diesem Falle nicht zu betrieblichen Zwecken genutzt habe.

3. Der Vermögenszuordnungsbescheid der Oberfinanzdirektion Berlin vom 28. August 1998 (VZOG 113/19-2159) sei auch gegenüber der Beklagten bestandskräftig geworden.

4. Die Klägerin bestreitet, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten etwaige Rechte bezüglich des streitgegenständlichen Grundstückes innerhalb der Frist des § 3 der 5. DVO zum TreuhG, also bis zum 31. Dezember 1990 gegenüber dem Rechtsträger des Grundstückes geltend gemacht habe. Für den Fall, dass eine Geltendmachung tatsächlich unterblieben sei, komme eine Gleichstellung der Rechtsvorgängerin der Beklagten auch bei der von ihr behaupteten Fondsinhaberschaft nicht in Betracht.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

die Beklagte zu verurteilen, das Grundstück Vnnnstraße 51 in 13189 Berlin, eingetragen im Grundbuch von Pankow des Amtsgerichts Pankow/Weißensee, Band 741, Blatt 18506, Flur 1568, Flurstück 46 zu räumen und an die Klägerin herauszugeben;

Die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung, die sie für zutreffend erachtet. Das umfangreiche Bestreiten der Klägerin mit neuem Sachvortrag sei gemäß §§ 529, 531 ZPO zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in beiden Rechtszügen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

II.

Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache aus den im Wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben.

Im Hinblick auf die Ausführungen im zweiten Rechtszug ist ergänzend auf das Folgende hinzuweisen:

Nach § 513 Absatz 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

Beides ist nicht der Fall.

A. Mit zutreffender Begründung geht das Landgericht davon aus, dass der Vermögenszuordnungsbescheid vom 28. August 1998 das Eigentum der Klägerin im Verhältnis zur an dem Vermögenszuordnungsverfahren nicht beteiligten Beklagten nicht verbindlich feststellt (vgl. § 2 Abs. 3 VZOG; BGH WM 2001, 1002). Entgegen der Ansicht der Klägerin wäre die Beklagte selbst dann nicht Verfahrensbeteiligte geworden, wenn das Schreiben der Rechtsanwälte Weiß & Partner vom 10. September 2002 (Anlage BK 2) als ein im Namen der Beklagten gegen den Vermögenszuordnungsbescheid vom 23. August 1998 eingelegter Widerspruch zu werten wäre, der mit Schreiben vom 16. Juli 2004 (Anlage BK 1) zurückgenommen worden ist. Ein Vermögenszuordnungsbescheid kann nämlich durch einen Widerspruch nicht angefochten werden (§ 2 Abs. 6 VZOG). Durch ihren damit unzulässigen Widerspruch konnte die Beklagte aber in Ermangelung der Erforderlichkeit einer Sachprüfung nicht Verfahrensbeteiligte werden (vgl. OLG Naumburg, OLG-NL 2001, 179).

Der in dem Schreiben vom 10. September 2002 (Anlage BK 2) enthaltene neue Antrag hat allenfalls ein von dem früheren Verfahren unabhängiges neues Vermögenszuordnungsverfahren in Gang gesetzt. Die Beklagte ist deshalb auch durch diesen Antrag nicht zur Verfahrensbeteiligten des mit Bescheid vom 28. August 1998 bestandskräftig abgeschlossenen Verfahrens (AZ VZOG 113/19-2159) geworden.

B. Zu Recht geht das Landgericht auf Seite 8 seines Urteils auch davon aus, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten entsprechend §§ 11 Abs. 2 S. 2, 23 TreuhG Eigentümerin des streitgegenständlichen Grundstücks Vnnnstraße 51 geworden ist.

1. Es spricht schon vieles dafür, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten Rechtsträger des Grundstückes Vnnnstraße 51 war. Der Klägerin ist zwar zuzugestehen, dass der Rechtsträgernachweis (Anlage B 6) sich seinem Wortlaut nach nur auf das benachbarte Grundstück Vnnnstraße 50 bezieht. Die Bebauung der beiden Grundstücke Vnnnstraße 50/51 mit einem Gebäude, die Nennung dieses Gebäudes in dem Rechtsträgernachweis und die Ausgestaltung der Nutzung des auf beiden Grundstücken stehenden Gebäudes zeigt aber, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten Rechtsträgerin auch des Grundstückes Vnnnstraße 51 geworden ist bzw. hätte werden sollen. Auch die Klägerin kann keinen vernünftigen, nachvollziehbaren Grund dafür angeben, warum die seinerzeit beteiligten Stellen den Willen gehabt haben sollten, die Rechtsträgerschaft an den beiden einheitlich bebauten Grundstücken Vnnnstraße 50/51 unterschiedlich zu regeln. Doch kann die Frage der Rechtsträgerschaft der Rechtsvorgängerin der Beklagten an dem streitgegenständlichen Grundstück - wie die folgenden Ausführungen zeigen - letztlich dahinstehen.

2. Das Landgericht geht zu Recht davon aus, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten im Zeitpunkt ihrer Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft jedenfalls Fondsinhaber des auch auf dem Grundstück Vnnnstraße 51 befindlichen Dienstleistungsgebäudes war.

Entgegen der Ansicht der Klägerin besteht kein Zweifel daran, dass dieses Gebäude - auch soweit es auf dem Grundstück Vnnnstraße 51 steht - der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom damaligen Rechtsträger zur Bewirtschaftung übertragen, wirtschaftlich zugeordnet und hierdurch in dessen Fond überführt worden ist.

a) Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats schon aus den von den Parteien eingereichten Urkunden.

Bereits in dem Rechtsträgernachweis (Anlage B 6) betreffend das Grundstück Vnnnstraße 50 wird unter Ziffer 4 das auf den beiden Grundstücken stehende Gebäude als ganzes und nicht nur der auf dem Grundstück Vnnnstraße 50 stehenden Gebäudeteil genannt, wenn es dort wörtlich lautet: "Das Grundstück ist unbebaut / bebaut mit Dienstleistungsgebäude".

Auch das Übergabe - Übernahmeprotokoll vom 6. August 1985 (Anlage B 7) bezieht sich nach seinem eindeutigen Wortlaut nicht nur auf den auf dem Grundstück Vnnnstraße 50 stehenden Gebäudeteil sondern auf das gesamte Gebäude. Mit diesem Protokoll wurde der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom Rat des Stadtbezirks Berlin-Pankow das Grundstück Vnnnstraße 50 "einschließlich des im komplexen Wohnungsbau errichteten Dienstleistungsgebäudes" übergeben und festgelegt, dass die "mit dem Festlegungsprotokoll vom 15. August 1983 getroffene Raumaufteilung zur Nutzung durch das Präsidium der VP Berlin und der PGH "Hans Sachs" erhalten bleibt." Die Übergabe an die Rechtsvorgängerin der Beklagten gewährleiste, so wird in der Urkunde weiter ausgeführt, dass das Gebäude (nicht der Gebäudeteil) "mit höherer Effektivität zur Verbesserung der Dienstleistungen und Reparaturen für die Bevölkerung genutzt und verwaltet werden" könne. Schon das Ziel einer effektiven Nutzung und Verwaltung des Gebäudes setzt die Übertragung des ganzen Gebäudes voraus. Eine Übertragung des auf dem Grundstück 50 stehenden Gebäudeteils würde dieser Zielsetzung schon deshalb nicht gerecht werden, weil die getrennte Verwaltung und Nutzung von zwei unselbständigen Teilen eines einheitlichen Gebäudes nicht effektiv sein kann. Hinsichtlich der Nutzung des auf dem Grundstück Vnnnstraße 50 liegenden Gebäudeteils ergibt sich die fehlende Effektivität bereits aus dem Umstand, dass der einzige Gebäudeeingang auf dem streitgegenständlichen Grundstück Vnnnstraße 51 liegt.

b) Auch aus dem späteren Verhalten der Beteiligten ergibt sich, dass das gesamte Gebäude der Rechtsvorgängerin der Beklagten übertragen worden ist. Bereits in einem Vermerk vom 8. August 1985 (Anlage B 5) teilte der Justiziar der Rechtsvorgängerin der Beklagten dem "Direktor Technik" mit, dass das Grundstück Vnnnstraße 50 nebst Gebäude (nicht Gebäudeteil) übernommen worden sei. Gleichzeitig bat er ihn, die notwendigen Instandhaltungsarbeiten sowie Wartungs- und Pflegearbeiten, insbesondere für die Heizungsanlage, planmäßig einzuordnen und durchführen zu lassen. Da von einer einzigen Beheizungsanlage für das ganze Gebäude auszugehen ist (vgl. hierzu die Anlage B 25) bezieht sich dieser Vermerk entsprechend seinem Wortlaut auf das Gebäude im Ganzen. Wäre seinerzeit nur ein Gebäudeteil übertragen worden, so wäre zu erwarten gewesen, dass der Justiziar der Rechtsvorgängerin der Beklagten in seinem an den "Direktor Technik" gerichteten Vermerk wegen der sich daraus ergebenden weit reichenden Probleme für Instandhaltung, Wartung, Pflege und Heizung mit Sicherheit deutlich zum Ausdruck gebracht hätte.

c) Mit zwei zum 1. Januar 1985 rückwirkend in Kraft tretenden Nutzungsverträgen (Anlagen B 8 und B 9) überließ die Rechtsvorgängerin der Beklagten - entsprechend der von ihr in dem Übergabe / Übernahmeprotokoll vom 6. August 1985 gegenüber dem Rat des Stadtbezirkes eingegangenen Verpflichtung - bestimmte, in den jeweiligen Anlagen zu diesen beiden Nutzungsverträgen näher bezeichneten Räume dem Präsidium der Volkspolizei und der PGH "Hans Sachs" zur Nutzung. Zwar werden unter Ziffer 1 dieser Verträge als Nutzungsgegenstand jeweils nur Räume in der Vnnnstraße 50 genannt, wie sich aus den beiden Anlagen zu diesen Verträgen in Verbindung mit den in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht überreichten drei Grundrissplänen ergibt, verteilten sich die zur Nutzung überlassenen Räume aber wie folgt auf die beiden Gebäudeteile:

 Vnnnstraße 51Vnnnstraße 50
   
Volkspolizei12, 13, 14, 15 
 116, 117 
 214, 215, 216, 
 217, 218, 219 
   
PGH "Hans Sachs"12,5,6,7
 101, 102, 103, 
 104,105, 106 
  201, 207, 208,
  208a, 209,210

In Ermangelung abweichenden Vortrags ist davon auszugehen, dass diese Verteilung der Räume derjenigen Raumaufteilung entspricht, wie sie in dem im Übergabe /Übernahmeprotokoll vom 6. August 1985 genannten Festlegungsprotokoll vom 15. August 1983 vereinbart wurde; andernfalls ergäbe der Nutzungsvertrag im Verhältnis zur Volkspolizei keinen Sinn, da sich alle der Volkspolizei überlassenen Räume auf dem streitgegenständlichen Grundstück Nr. 51 befinden.

Hieraus folgt aber, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Wissen und Wollen des Rates des Stadtbezirkes Berlin-Pankow der Volkspolizei und der PHG "Hans Sachs" Räume zur Nutzung überlassen hat, ganz überwiegend in dem auf dem Grundstück Vnnnstraße 51 stehenden Gebäudeteil lagen. Auch dies lässt nur den Schluss zu, dass der Beklagten nicht nur ein Gebäudeteil sondern das ganze Gebäude übertragen worden ist.

Die "Annahme" der Klägerin (Seiten 8/9 der Berufungsbegründung), diese beiden Verträge bezögen sich "auf eine anderweitige Baulichkeit, die sich im Jahre 1986 auf dem Grundstück Vnnnstraße befand", lässt sich mit den vorliegenden Urkunden und mit der tatsächlich bestehenden Bebauung nicht in Einklang bringen. Die Übernahme der Räume bereits im Jahre 1983 lässt sich vielmehr zwanglos damit erklären, dass die Nutzung durch Volkspolizei und PHG "Hans Sachs" wegen der besonders großen Raumnot im Jahre 1983 bereits vor der bautechnischen Übergabe begann.

Ganz offensichtlich wurde im Laufe der Bebauung "vergessen", dass nicht ein einheitliches sondern zwei Grundstücke bebaut wurden. Ganz offensichtlich gingen die Beteiligten seinerzeit übereinstimmend davon aus, dass das Gebäude vollständig auf dem Grundstück Vnnnstraße 50 errichtet worden sei. Dementsprechend wurden in der Folgezeit nur die Angaben zu diesem Grundstück in die Verträge aufgenommen. Dieser Fehler wurde nicht einmal von dem Sachverständigen Dipl.-Kaufmann Pnn Znnn im Rahmen der Erstellung seines Wertermittlungsgutachtens vom 7. Dezember 1990 bemerkt. In diesem Gutachten geht auch der Sachverständige davon aus, dass sich das gesamte Gebäude auf dem Grundstück Vnnnstraße 50 mit einer Grundstücksgröße von 816 m² befindet.

3. Zutreffend geht das Landgericht auf Seite 8 der angefochtenen Entscheidung auch davon aus, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten infolge der Umwandlung des VEB in eine GmbH in entsprechender Anwendung der §§ 11 Abs. 2 Satz 2, 23 TreuhG Eigentümerin des gesamten Gebäudes und des Grundstücks Vnnnstraße 51 geworden ist.

a) Die Frage, wem das Eigentum an Grund und Boden zusteht, wenn die Wirtschaftseinheit, die Fondsinhaber des auf dem volkseigenen Grundstück aufstehenden Gebäudes war, nicht zugleich die Rechtsträgerschaft an dem Grundstück inne hatte, hat der Gesetzgeber nicht ausdrücklich geregelt. Sie ist nach dem Sinn und Zweck sowie dem systematischen Zusammenhang des Treuhandgesetzes zu beantworten, wobei die Regelungen, die in anderen Gesetzen bezüglich der Zuordnung des früheren volkseigenen Vermögens getroffen wurden, nicht unberücksichtigt bleiben dürfen, soweit ihr Geltungsbereich betroffen ist.

Im Hinblick auf den Umstand, dass die tatsächliche Zuordnung und Nutzung des Volkseigentums in der DDR in vielen Fällen nicht entsprechend den gesetzlich vorgesehenen Bestimmungen auch formal umgesetzt wurde und daher eine Vielzahl denkbarer Fallvarianten der tatsächlichen Nutzung des Volkseigentums durch andere als den eigentlichen Rechtsträger in Betracht kommt, verbietet sich dabei jedoch jede schematische Lösung (OLG Naumburg, OLGR 2000, 337). Vielmehr ist unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles ein nach den Maßstäben der jeweils sachnahen gesetzlichen Regelungen zur Vermögenszuordnung interessengerechter Ausgleich zwischen denjenigen herzustellen, die Anspruch auf das Eigentum an früher volkseigenen Grund und Boden erheben.

Eine interessengerechte Lösung kann deshalb nur durch eine Rückschau auf die Fallgestaltungen gefunden werden, die zu einem Auseinanderfallen von Rechtsträgerschaft und Fondsinhaberschaft geführt haben (vgl. OLG Jena, OLGR Jena 1998, 406). Busche (Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR, TreuhandG, § 11 Rn. 12 f, vgl. auch Teige, VIZ 1994, 61) hat darauf hingewiesen, dass in den entschiedenen Fällen das Auseinanderfallen dadurch bedingt ist, dass ein Rechtsträgerwechsel "hängen geblieben" ist. Es war für die Handhabung in der DDR nichts ungewöhnliches, dass die Belange der Praxis umgesetzt wurden, ohne dass dem rechtlichen Vollzug im Einzelnen große Aufmerksamkeit geschenkt worden ist. Die "Nachzeichnungslösungen" des Sachenrechtsänderungsgesetzes haben u.a. hierin ihre Ursache. Für die Praxis genügte die Begründung und Übertragung der Fondsinhaberschaft an den aufstehenden Betriebsgebäuden, ein mit Kautelen verbundener Rechtsträgerwechsel war in vielen Fällen möglich, aber entbehrlich. Grundsätzlich ist deshalb der Fondsinhaber bei "hängen gebliebener" Übertragung zugleich als der "eigentliche", "wirkliche" Rechtsträger anzusehen (OLG Jena, a.a.O.).

b) Von diesem Grundsatz ist auch vorliegend auszugehen. Tatsachen, die eine Ausnahme rechtfertigen würden, hat die Klägerin nicht dargelegt. Insbesondere gebieten Sinn und Zweck des Treuhandgesetzes (vgl. hierzu BGH WM 2001, 1002 m.w.N.) auch vorliegend eine entsprechende Anwendung von § 11 Abs. 2 TreuhG.

Die beiden Grundstücke Vnnnstraße 50/51 bilden sowohl tatsächlich als auch wirtschaftlich eine Einheit. Die Grundstücke sind mit einem Gebäude bebaut und werden seit 1985 unter der postalischen Anschrift "Vnnnstraße 50" wie ein Grundstück genutzt. Der auf dem Grundstück Vnnnstraße 50 stehende Gebäudeteil lässt sich ohne den auf dem streitgegenständlichen Grundstück stehenden Gebäudeteil - in dem sich der einzige Eingang des Gebäudes befindet - sinnvoll nicht nutzen. Die von den seinerzeitigen Nutzungsberechtigten genutzten Räume waren jeweils auf beide Gebäudeteile verteilt.

Da die Rechtsvorgängerin der Beklagten Fondsinhaberin bezüglich des gesamten Gebäudes war und sie gemäß § 11 Abs. 2 TreuhG Eigentümerin des Grundstücks Vnnnstraße 50 geworden ist, gebietet es das Ziel von § 11 Abs. 2 TreuhG, die Trennung von Grund- und Gebäudeeigentum aufzuheben, der Rechtsvorgängerin der Beklagten in entsprechende Anwendung von § 11 Abs. 2 TreuhG auch das Eigentum an dem streitgegenständlichen Grundstück Vnnnstraße 51 zuzusprechen. Dies dient zugleich dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit des früher volkseigenen Unternehmens herzustellen, den schon vor der Umwandlung genutzten Grund und Boden sowie das Betriebsvermögen für wirtschaftliche Zwecke bereitzustellen und so der Rechtsvorgängerin der Beklagten die Grundlage für die unternehmerische Tätigkeit und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

Zu berücksichtigen ist auch, dass das Grundstück nur formal in Rechtsträgerschaft des Rats des Stadtbezirks Berlin-Pankow stand. Die Klägerin hat jedenfalls nicht dargelegt, dass und in welchem Umfang das Grundstück zu kommunalen Zwecken genutzt worden ist. Hierin unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem vom OLG Naumburg (OLGR a.a.O.) und vom BGH (BGH WM 2001, 1002) zu beurteilenden Sachverhalt.

Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt es, wie das Landgericht auf Seite 8 seines Urteils zutreffend ausführt, im Rahmen des § 11 Abs.2 Satz 2 TreuhG auf die Frage der Nutzung zu Betriebszwecken nicht an. Im Übrigen hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten das gesamte Gebäude von Anfang an für ihre wirtschaftliche Betätigung genutzt. Hinsichtlich der nicht der Volkspolizei bzw. dem PHG "Hans Sachs" überlassenen Räume versteht sich dies von selbst. Aber auch die insoweit überlassenen Räume dienten der eigenen wirtschaftlichen Betätigung der Rechtsvorgängerin der Beklagten. Die Nutzungsüberlassung im Rahmen eines entgeltlichen Nutzungsvertrages stellen eine eigene wirtschaftliche Betätigung dar und dienten, wie sich aus den oben genannten Unterlagen ergibt, auch der Erfüllung einer der Rechtsvorgängerin der Beklagten übertragenen staatlichen Aufgabe (vgl. OLG Naumburg, OLG-NL 2001, 179).

Damit liegen zugunsten der Rechtsvorgängerin der Beklagten sogar die Voraussetzung des -entgegen der Ansicht der Klägerin - vorliegend nicht einschlägigen § 2 Abs. 1 der 5. DVO z. TreuhG vor. Anderen Wirtschaftseinheiten stehen Ansprüche aus § 11 Abs. 2 TreuhG bzw. aus § 2 Abs. 1 der 5. DVO z. TreuhG nicht zu. Bei der Volkspolizei handelt es sich nicht um eine Wirtschaftseinheit im Sinne dieser Vorschriften, bezüglich der PHG "Hans Sachs" fehlt es an jeglicher Darlegung einer Grundstücksnutzung (vgl. zur Unterscheidung von Gebäude- und Grundstücksnutzung: BVerwG, VIZ 1997, 694).

4. Auf eine fehlende Anzeige innerhalb der Frist des § 3 der 5. DVO z. TreuhG, also bis zum 31. Dezember 1990, kann die Klägerin sich schon deshalb nicht berufen, weil der Eigentumserwerb der Rechtsvorgängerin der Beklagten sich nicht aus § 2 der 5. DVO z. TreuhG ergibt. Es kann deshalb dahinstehen, ob diese Norm wegen ihrer Funktion, entstandenes Eigentum wieder zu entziehen, mit dem Bundesrecht nicht vereinbar ist und deshalb nicht fortgilt (Art. 9 Abs. 1 EVertr).

Im Übrigen stellt § 3 der 5. DVO lediglich eine Anzeigepflicht auf. Der Sinn und Zweck dieser Pflicht besteht darin, dass der bisherige Rechtsträger bis zu dem genannten Zeitpunkt Klarheit darüber erhalten soll, ob das bislang zu seinem Vermögen zu zählende Grundeigentum ihm verbleibt oder nach §§ 2 Abs. 1 der 5. DVO, 11 Abs. 2 TreuhG einer anderen Wirtschaftseinheit zufällt. Hierfür besteht ein Bedürfnis in den Fällen, in denen der bisherige Rechtsträger ebenfalls eine Eigentumszuordnung beanspruchen könnte und ein Interesse daran hat, für seine unternehmerischen Überlegungen eine Planungsgrundlage zu erhalten. Das ist der Fall, wenn er als werbende Wirtschaftseinheit fortbestehen könnte, kommt hier aber nicht in Betracht. Für diesen Fall kommt § 3 der 5. DVO keine inhaltlich beachtliche Bedeutung zu; sie ist auf eine bloße Förmlichkeit reduziert. Ihre Geltendmachung widerspricht § 242 BGB (vgl. BGH, WM 1998, 987).

B Die Revision war nicht zuzulassen, da weder die Sache grundsätzliche Bedeutung hat, noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 543 Absatz 1 Nr.1, Absatz 2 ZPO n. F.).

C Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711.



Ende der Entscheidung

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