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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 13.09.2007
Aktenzeichen: 12 U 36/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 147 Abs. 2
BGB § 550
BGB § 550 Satz 1
Zur Wahrung der Schriftform nach § 550 Satz 1 BGB ist es in der Regel ausreichend, wenn das nach § 147 Abs.2 BGB abgegebene Vertragsangebot der einen Mietpartei von der anderen Mietpartei binnen zwei bis drei Wochen angenommen wird. Der Schriftform des § 550 BGB ist dann Genüge getan, wenn sich die wesentlichen Vertragsbedingungen - insbes. Vertragsgegenstand, Mietzins sowie Dauer und Parteien des Mietverhältnisses - aus der Vertragsurkunde ergeben. Weitere Bestimmungen müssen in die Urkunde aufgenommen werden, wenn sie nach dem Willen der Vertragsparteien wichtige Bestandteile des Vertrages sein sollen. Da ein "Übergabeprotokoll" kein wesentlicher Bestandteil des Mietvertrages ist, kommt es für die Wahrung der Schriftform weder darauf an, dass diese Anlage nicht vom Mieter unterzeichnet ist noch darauf, dass der Mieter falsch bezeichnet ist.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 12 U 36/07

In Sachen

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Grieß, die Richterin am Kammergericht Zillmann und den Richter am Kammergericht Spiegel am 13. September 2007 beschlossen:

Tenor:

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.

Gründe:

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat folgt den im Wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet worden sind. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:

Nach § 513 Absatz 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall.

1. Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass die Frist des § 147 Abs. 2 BGB gewahrt ist, obwohl zwischen Angebot und Annahme ein Zeitraum von 7 Tagen liegt. Die von der Beklagten zitierte Entscheidung des 8. Zivilsenats des Kammergerichts (KG GE 2001, 418) steht dem nicht entgegen. In seiner Entscheidung vom 5. Juli 2007 (- 8 U 182/06 - WuM 2007, 475) hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts zu dieser Frage ausgeführt:

"..so ist das Angebot der Klägerin auf Abschluss des Mietvertrages auch rechtzeitig gemäß § 147 Abs. 2 BGB angenommen worden. Der einem Abwesenden gemachte Antrag kann nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf. Die gesetzliche Annahmefrist setzt sich zusammen aus der Zeit für die Übermittlung des Antrages an den Empfänger, dessen Bearbeitungs- und Überlegungszeit sowie aus der Zeit für die Übermittlung der Antwort an den Antragenden (BGH NJW 1996, 921). Bei der Bemessung der Frist sind zunächst die regelmäßigen Umstände, aber auch die besonderen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen (vgl. im Einzelnen Kramer in Münchener Kommentar, BGB, 5. Auflage, § 147 BGB, Rdnr. 7). Bei Mietverträgen beträgt die Annahmefrist in der Regel 2 bis 3 Wochen (Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Auflage, § 147 BGB, Rdnr. 6; Dresden und Naumburg NZG 2005, 72, 75; LG Stendal NJW-RR 2005, 97; OLG Sachsen NZM 2004, 825 : 2 Wochen). Bei einer großen Gesellschaft - wie es auch die Beklagte ist - kann regelmäßig nicht damit gerechnet werden, dass bedeutende Vertragsangebote innerhalb weniger Tage angenommen werden (BGH NJW 2000, 2984; Erman/Armbrüster, BGB, 11. Auflage, § 147 BGB, Rdnr. 18). Soweit der Senat in seiner Entscheidung vom 04. Dezember 2000 - 8 U 304/99 (GE 2001, 418) eine Annahmefrist von nur 5 Tagen angenommen hat, beruhte dies auf den besonderen Umständen des Einzelfalls.

Grundsätzlich geht auch der Senat davon aus, dass der Antragende den Eingang der Antwort regelmäßig in einer Frist von 2 bis 3 Wochen erwarten darf. Nur in ganz besonderen Ausnahmefällen kann eine kürzere Frist gerechtfertigt sein. Eine solche besondere Fallkonstellation ist vorliegend nicht gegeben."

Diesen Ausführungen schließt sich der erkennende 12. Zivilsenat des Kammergerichts vorliegend ausdrücklich in vollem Umfang an.

2. Entgegen der Ansicht der Klägerin scheitert die Wahrung der Schriftform nicht daran, dass die Anlage "Übergabeprotokoll" von der Beklagten nicht unterschrieben worden ist.

Der Schriftform des § 566 BGB ist dann Genüge getan, wenn sich die wesentlichen Vertragsbedingungen - insb. Mietgegenstand, Mietzins sowie Dauer und Parteien des Mietverhältnisses - aus der Vertragsurkunde ergeben (vgl. BGH, Urt. v. 18.6.1969 - VIII ZR 88/67, WM 1969, 920; BGH, Urt. v. 30.6.1999 - XII ZR 55/97, MDR 1999, 1431 = NJW 1999, 2591 = NZM 1999, 761 = Grundeigentum 1999, 980; BGH, Urt. v. 29.9.1999 - XII ZR 313/98, MDR 2000, 79 = NJW 2000, 354 = NZM 2000, 36). Ob weitere Bestimmungen aufzunehmen sind, hängt vom Einzelfall ab. Sie müssen in die Urkunde aufgenommen werden, wenn sie nach dem Willen der Vertragsparteien wichtige Bestandteile des Vertrages sein sollen. Nur wenn die Parteien diese Essentialia nicht in den Mietvertrag selbst aufnehmen, sondern teilweise in andere Schriftstücke auslagern, so dass sich der Gesamtinhalt der mietvertraglichen Vereinbarungen erst aus dem Zusammenspiel dieser Bestimmungen ergibt, müssen die Vertragsparteien zur Wahrung der Urkundeneinheit die Zusammengehörigkeit dieser Schriftstücke in geeigneter Weise zweifelsfrei kenntlich machen (BGHZ 40, 255; BGH, Urt. v. 30.6.1999 - XII ZR 55/97, a.a.O.). Der Schriftform bedürfen hingegen nicht auch solche Abreden, die für den Inhalt des Vertrages, auf denen sich die Parteien geeinigt haben, von nur untergeordneter Bedeutung sind (BGH, Urt. v. 30.6.1999 - XII ZR 55/97, a.a.O., vgl. Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl., Rz. 110).

In der Regel enthalten Übergabeprotokolle keine vertraglichen Vereinbarungen sondern dokumentieren lediglich die tatsächlichen Gegebenheiten wie den Zustand der Mietsache, den Zählerstand usw. Sie dienen damit Beweiszwecken, wesentliche vertragliche Vereinbarung sind hierin im Regelfall nicht zu sehen. Dass in der Anlage "Übergabeprotokoll" vorliegend Malerarbeiten sowie Nacharbeiten an der Schwelle zur Terrasse genannt werden, reicht für die Annahme der Wesentlichkeit dieser Vereinbarung für den Mietvertrag nicht aus.

Da die Anlage "Übergabeprotokoll" kein wesentlicher Bestandteil des Mietvertrages ist, kommt es für die Frage der Einhaltung der Schriftform des Mietvertrages auf die falsche Bezeichnung des Mieters in dieser Anlage nicht an.

3. Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass die Angabe eines falschen Mietvertragsdatums in dem Nachtrag vom 29. April 1997 die Frage der Einhaltung der Schriftform nicht berührt, da es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler handelt. Der in dieser Anlage in Bezug genommene Mietvertrag lässt sich anhand der Angaben der Vertragsparteien eindeutig ermitteln.

Im Übrigen ist es fraglich, ob die nachträgliche Anmietung eines PKW-Stellplatzes zu den wesentlichen Vertragsbedingungen eines Gewerbemietvertrages gehört oder ob es sich nicht vielmehr um einen neuen, eigenständigen Mietvertrag handelt.

4. Der die Kaution betreffende Nachtrag vom 3. Juli 1997 wahrt die Schriftform und nimmt den Mietvertrag durch Benennung des Vertragsdatums und der Vertragsparteien auch ausreichend in Bezug. Die Höhe der Kaution ist in der Nachtragsurkunde ebenso genannt. Der spätere die Kaution betreffende Schriftwechsel betrifft nicht die Höhe der zu leistenden Kaution sondern lediglich deren Modalitäten. Diese gehören, wie das Landgericht zutreffend ausführt, nicht zu den wesentlichen Vertragspunkten.

5. Bei der zwischen dem Geschäftsführer der Beklagten und den Klägern geschlossenen Bürgschaftsvereinbarung vom 19. März 1997 handelt es sich um eine eigenständige Vereinbarung, deren rechtlicher Bestand den Bestand des Mietvertrages nicht beeinflusst. Es ist deshalb unerheblich, ob in dieser Urkunde das Datum des Mietvertragsschlusses genannt wird.

6. Im Übrigen hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung, und eine Entscheidung des Senats zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich.

Es wird daher angeregt, die Fortführung der Berufung zu überdenken.

Ende der Entscheidung

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