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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 11.01.2007
Aktenzeichen: 12 U 63/06
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 522 Abs. 2 | |
ZPO § 513 Abs. 1 | |
ZPO § 546 | |
ZPO § 529 |
Kammergericht
Beschluss
Geschäftsnummer: 12 U 63/06
In Sachen
hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Grieß, die Richterin am Kammergericht Zillmann und den Richter am Kammergericht Spiegel am 11. Januar 2007 beschlossen:
Tenor:
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.
Gründe:
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat folgt den im Wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet worden sind. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
Nach § 513 Absatz 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall.
Das Landgericht hat die Darlegungs- und Beweislast der Klägerin nicht verkannt.
Ausgangspunkt der zutreffenden Ausführungen des Landgerichts ist der folgende Grundsatz:
Allein der Umstand, dass ein Heimbewohner im Bereich des Pflegeheims gestürzt ist und sich dabei verletzt hat, indiziert nicht den Schluss auf eine schuldhafte Pflichtverletzung des Pflegepersonals (BGH, Urteil vom 14. Juli 2005 - III ZR 391/04 - NJW 2005, 2613). Die von der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung zitierten beiden Entscheidungen des Bundesgerichtshofes (BGH, NJW 2005, 1937 f und NJW 2005, 2613 f), die diesen Grundsatz bestätigen, betreffen Fälle, in denen sich die Stürze -anders als vorliegend - nicht im Zusammenhang mit einer vom Pflegeheim konkret geschuldeten Hilfeleistung ereignet haben.
Kommt es aber - wie vorliegend - im Zusammenhang mit einer konkret geschuldeten Hilfeleistung zu einem Sturz eines Heimbewohners, so hat der Betreiber des Pflegeheims darzulegen und zu beweisen, dass dieser Sturz nicht auf einem Fehlverhalten des mit der Pflege und Betreuung des Heimbewohners betrauten Personals beruht (OLG Dresden, VersR 2001, 520 unter Hinweis auf BGH, VersR 1991, 310; OLG Hamm, Urteil vom 18. Oktober 2005 - 24 U 13/05 - OLGR 2006, 569).
Diese Beweislastumkehr umfasst auch den Nachweis eines objektiven Pflichtverstoßes, da der Heimbewohner im Herrschafts- und Organisationsbereich des Pflegeheims zu Schaden gekommen ist und die das Pflegeheim treffenden Vertragspflichten (auch) dahin gingen, den Heimbewohner in der konkreten Situation gerade vor dem eingetretenen Schaden zu bewahren (vgl. BGH, VersR 1991, 310).
Mithin war die Klägerin vorliegend nicht verpflichtet darzulegen und zu beweisen, dass der Sturz der Versicherten auf einer von der Beklagten nach § 278 BGB zu vertretenden schuldhaften Pflichtverletzung der Pflegekraft Vnnn beruht. Zu Recht hat deshalb das Landgericht die schuldhafte Pflichtverletzung der Pflegekraft Vnnn allein aus der Tatsache abgeleitet, dass die Versicherte gestürzt ist, während sie von dieser Pflegekraft in das Bad geführt wurde.
Es oblag vielmehr der Beklagten, darzulegen, dass der Sturz nicht durch eine schuldhafte Pflichtverletzung der Pflegekraft Vnnn verursacht worden ist. Dies ist ihr selbst dann nicht gelungen, wenn man ihren Vortrag als wahr unterstellt.
Dass die konkret von der Pflegekraft Vnnn durchgeführte Begleitung bzw. Führung der Versicherten zum Bad nicht ausreichend war, um die Versicherte vor einem Sturz zu bewahren, zeigt der streitgegenständliche Vorfall.
Der Beklagten war aufgrund des 4-monatigen Aufenthaltes der Versicherten in dem Pflegeheim "Pnnnn Seniorenresidenz am Schlosspark Dnn " bekannt, dass die Versicherte an Demenz leidet, sie deshalb zu Fehlhandlungen neigt und bei ihr körperliche sowie geistige Einschrän-kungen bestanden haben.
Der Beklagten bzw. ihren Mitarbeitern war, wie die Beklagte selbst vorträgt, weiterhin bekannt, dass die Versicherte auf einige Gegenstände (Brille, Schuhe, Taschentücher, Taschenlampe und Brillenetui) ausgesprochen fixiert war. Die Pflegekraft Vnnn musste deshalb trotz der Verneinung ihrer entsprechenden vorherigen Frage durch die Versicherte damit rechnen, dass diese ohne Ankündigung eine Kehrtwendung vollzieht, um nun doch einen dieser Gegenstände mit in das Bad zu nehmen.
Diese ruckartige Bewegung war für die Beklagte bzw. deren Mitarbeiter aufgrund der ausgesprochenen Fixierung der Versicherten auf diese Gegenstände mithin vorhersehbar. Die Beklagte war deshalb verpflichtet, die Versicherte vorliegend auch vor den Gefahren zu schützen, die sich aus solchen plötzlichen Bewegungen ergeben können. Dies hat sie, wie der Sturz zeigt, nicht getan. Dass ein solcher Schutz im vorliegenden Fall unmöglich war, hat sie nicht schlüssig dargelegt. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Pflegekraft Vnnn nicht in der Lage war, den Sturz der Versicherten zu vermeiden oder zumindest so abzumildern, dass es zu keinen schwerwiegenden Verletzungen kommt. Die Verletzungen konnten ganz offensichtlich nur eintreten, weil die Pflegekraft im entscheidenden Moment unaufmerksam war oder die Versicherte nicht ausreichend fest gehalten und den Sturz abgefangen oder zumindest gemildert hat.
Im Übrigen hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung, und eine Entscheidung des Senats zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich.
Es wird daher angeregt, die Fortführung der Berufung zu überdenken.
Ende der Entscheidung
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