Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 12.04.2007
Aktenzeichen: 12 U 65/06
Rechtsgebiete: WoBindG


Vorschriften:

WoBindG § 11
Eine juristische Person ist kein Wohnberechtigter, der sich kraft Gesetzes auf das Sonderkündigungsrecht nach § 11 WoBindG berufen kann; ein derartiges Kündigungsrecht ist jedoch dann vertraglich vereinbart, wenn die Parteien die Geltung der Vorschriften über die Kostenmiete (§§ 8 - 11 WoBindG) ihrem Mietverhältnis zu Grunde gelegt haben.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 12 U 65/06

In Sachen

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts am 12.April 2007 beschlossen:

Tenor:

1. Es wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO darauf hingewiesen, dass der Senat nach Vorberatung beabsichtigt, die Berufung der Klägerin durch Beschluss zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat.

2. Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu binnen drei Wochen.

Gründe:

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung erfolgreich nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

Beides ist hier nicht der Fall. Der Senat folgt vielmehr im Ergebnis der angefochtenen Entscheidung.

Insofern wird auf Folgendes hingewiesen:

1. Zu Recht hat das Landgericht die Geltung des Sonderkündigungsrechts nach § 11 WoBindG betreffend den Mietvertrag vom 17. November 1995 zu Gunsten des Beklagten angenommen.

a) Die auf Seite 4 ff. UA dargelegte Auffassung des Landgerichts, im Verhältnis zwischen den Parteien gelte das Sonderkündigungsrecht des § 11 WoBindG schon kraft Gesetzes, begegnet allerdings rechtlichen Bedenken.

(1) Zwar handelt es sich bei den Räumen in der Wnnnnnnnn 35 (Haus 6), EG rechts, in Berlin-Pnnn , auf die der zwischen den Parteien am 17. November 1995 geschlossene Vertrag sich bezieht, um Wohnraum i.S.d. § 1 WoBindG i.V.m. § 50 Abs.1 WoFG mit der Folge, dass die Räume grundsätzlich den Vorschriften des WoBindG unterliegen. Die Regelungen zur zulässigen Kostenmiete sowie zu ihrer Erhöhung (§§ 8 bis 10 WoBindG) als Anknüpfungspunkt für das Kündigungsrecht des § 11 WoBindG setzen jedoch tatbestandlich jedenfalls voraus, dass zwischen dem Verfügungsberechtigten und dem Wohnberechtigten ein Wohnraummietvertrag besteht. Zu Recht weist die Klägerin auf den sozialen Schutzzweck des WoBindG hin: Die Kostenmiete soll bezahlbaren Wohnraum nur für die nach dem WoBindG Berechtigten gewährleisten.

(2) Daher scheitert eine direkte Geltung des § 11 WoBindG im vorliegenden Fall daran, dass die Parteien keinen Wohnraummietvertrag geschlossen, sondern allenfalls ein Zwischenmietverhältnis begründet haben (zum Begriff vgl. Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 9. Aufl. 2007, § 565 BGB, Rn. 1). Zwar haben sie für den Vertrag vom 17. November 1995 einen Vordruck verwendet, die mit "Mietvertrag für Neubau-Wohnungen" überschrieben ist und in dem der Beklagte durchgängig als "Mieter" bezeichnet wird. Allerdings verbietet bereits die Rechtsform des Beklagten - eine eingetragene Genossenschaft - die Annahme eines Wohnraummietverhältnisses: Eine juristische Person "wohnt" nicht.Zudem hat die Beklagte satzungsgemäß die Räume Dritten jeweils im Rahmen einer Betreuungs- und Nutzungsvereinbarung zu Wohnzwecken zur Verfügung gestellt. Der Beklagte ist daher kein Wohnberechtigter, der sich kraft Gesetzes auf das Sonderkündigungsrecht nach § 11 WoBindG berufen kann.

Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Freistellungserklärung des Bezirksamts Pnnn von Berlin vom 30. August 1996. Dort wird zwar einerseits die Freistellung der Klägerin von den Bindungen des § 4 Abs. 2 WoBindG an die Dauer der Nutzung durch den Beklagten gekoppelt; andererseits ist das mit der Auflage verbunden, dass die Wohnung "von mindestens 2 Personen ausschließlich für Wohnzwecke zu nutzen" ist. Ferner ist geregelt, dass die Überlassung der Wohnung an den Nutzungsberechtigten binnen zwei Wochen dem Bezirksamt mitzuteilen ist. Darin kommt das Verständnis zum Ausdruck, dass Nutzungsberechtiger i.S.d. WoBindG jedenfalls nicht der Beklagte ist.

b) Die Parteien haben aber im Vertrag vom 17. November 1995 die Geltung der Vorschriften über die Kostenmiete (§§ 8 bis 11 WoBindG) vereinbart. Darauf weist der Beklagte zutreffend hin.

Dies ergibt sich jedenfalls aus der Anlage zum Mietvertrag, in der es u.a. heißt: "Die Wohnung, um die Sie sich beworben haben, ist im öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau errichtet worden. Sie unterliegt den Vorschriften des Wohnungsbindungsgesetzes - WoBindG - in der jeweils geltenden Fassung und ist gesetzlich preisgebunden. Die Miete für die Wohnung darf nur so hoch sein, daß sie zuzüglich der Umlagen (Betriebskosten) die laufenden Aufwendungen des Vermieters deckt". Nachfolgend enthält die Anlage Hinweise zur konkreten Mietberechnung sowie zur weiteren erwartbaren Kostenentwicklung.

Die Vertragspraxis der Parteien hat sich an den Regelungen zur Kostenmiete orientiert, wie die streitgegenständliche Erhöhungserklärung vom 7. April 2004 zeigt: Die Klägerin selbst bezieht sich zur Rechtfertigung für die Erhöhung auf die Verwaltungsvorschriften über die Kürzung der öffentlichen Fördermittel im öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau. Dies zeigt, dass zwischen den Parteien die Vorschriften zur Kostenmiete, damit auch das Kündigungsrecht des § 11 WoBindG, gelten sollten.

2. Das Kündigungsrecht ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Parteien in § 18 des Vertragstextes eine Dauer des Mietverhältnisses vom 1. April 1996 bis zum 31. März 2006 mit Verlängerungsklausel vereinbart haben. Durch eine derartige Befristung ist allenfalls das Recht zur ordentlichen Kündigung während des vereinbarten Zeitraums ausgeschlossen. Nicht ausgeschlossen ist die Wahrnehmung eines außerordentlichen Kündigungsrechts; für Sonderkündigungsrecht nach § 11 WoBindG kann zum Nachteil des Mieters nach Abs. 3 der Vorschrift nicht ausgeschlossen werden. Insofern kommt es auf die von der Klägerin hervorgehobene Kenntnis des Beklagten von einer Erhöhung aufgrund außerplanmäßiger Kürzung der Fördermittel nicht an.

3. Im übrigen hat die Sache weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Senats zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO.

Es wird angeregt, die Fortführung des Berufungsverfahrens zu überdenken. Der Berufungsstreitwert soll auf 5.804,70 EUR festgesetzt werden.

Ende der Entscheidung

Zurück