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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 28.02.2005
Aktenzeichen: 12 U 74/03
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 126
BGB § 550 n. F.
BGB § 550 Satz 1 n. F.
BGB § 556 a. F.
BGB § 566 a. F.
ZPO § 526 Abs. 1
Auch ein schriftlich abgeschlossener Mietvertrag, der widersprüchliche Regelungen enthält, wahrt die Schriftform des § 126 BGB. Haben die Parteien im schriftlichen Mietvertrag mit fester Laufzeit von 10 Jahren eine Vereinbarung dahin getroffen, dass nach Ablauf eines Jahres über die angemessene Anhebung des Mietzinses jeweils Einvernehmen zu erzielen ist, und ist der Mieter dann jeweils den Bitten des Vermieters nachgekommen, monatlich eine um zwischen 1,5 % und 5 % erhöhte Miete zu zahlen, so führt die dadurch getroffene Vereinbarung nicht dazu, dass der Mietvertrag nicht mehr die Schriftform des § 550 BGB n. F. (§ 566 BGB a. F.) wahrt. Nicht jede nachträgliche, zeitlich nicht beschränkte Änderung der schriftlich vereinbarten Miethöhe ist "wesentlich" mit der Folge, dass die Schriftform des § 550 Satz 1 BGB n. F. in jedem Fall nicht mehr gewahrt ist.

§ 550 BGB n. F. dient vorrangig dem Schutz des in ein bestehendes Mietverhältnis eintretenden Grundstückserwerbers.


Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 12 U 74/03

verkündet am: 28. Februar 2005

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. Februar 2005 durch den Richter am Kammergericht Spiegel als Einzelrichter für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 16. Januar 2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 34 des Landgerichts Berlin - 34 0 476/02 - abgeändert:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 37.281,30 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf jeweils 2.485,42 EUR seit dem 05.10.2002, 05.11.2002, 05.12.2002, 06.01.2003, 05.02.2003, 05.03.2003, 04.04.2003, 06.05.2003, 05.06.2003, 04.07.2003, 05.08.2003, 04.09.2003, 06.10.2003, 05.11.2003 und 04.12.2003 zu zahlen.

Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Mit dem der Klageschrift in Kopie beigefügten Mietvertrag vom 6. Dezember 1993 mieteten die Beklagten von der Klägerin Gewerberäume und Freiflächen in Bnnn -Rnnnnnn zum Betrieb einer Kfz-Werkstatt. Das Mietverhältnis sollte am 15. Dezember 1993 beginnen und nicht vor dem 31. Dezember 2003 enden. In § 21 Absatz 4 des Mietvertrages vereinbarten die Parteien, dass nachträgliche Änderungen und Ergänzungen des Vertrages nur bei schriftlicher Vereinbarung gelten. § 37 des Mietvertrages lautet:

"Nach Ablauf eines Mietjahres (erstmalig zum 1.1.95) ist für das folgende Jahr über eine angemessene Anhebung des Mietzinses zwischen den Mietparteien jeweils Einvernehmen zu erzielen. Die Parteien gehen gegenwärtig von einer jährlichen ca. 5%igen Mietsteigerung aus. Sollten sich die Parteien über die exakte Mietsteigerung nicht einigen können, so soll die angemessene Mietsteigerung unter Berücksichtigung der Steigerung der Lebenshaltungskosten sowie des Gewerbemietenindexes durch einen von der IHK zu benennenden Sachverständigen festgesetzt werden ..."

Die Klägerin forderte von den Beklagten jährlich eine erhöhte Miete (Erhöhung ab Januar 1995, 1996 und 1997 um jeweils 5%, ab Januar 1998 um 1,5%, ab Januar 2000 um 1'4% und ab Januar 2001 um 2%), die von den Beklagten auch jeweils gezahlt wurde.

Mit Anwaltsschreiben vom 26. März 2002 kündigten die Beklagten das Mietverhältnis "wegen Nichteinhaltung der Schriftform gemäß § 550 BGB zum 30. September 2002". Dieser Kündigung widersprach die Klägerin.

Die hat Klägerin gemeint, bei den Mieterhöhungen handele es sich um unwesentliche Vertragsänderungen, die nicht der Schriftform bedürften. Von einer wesentlichen Änderung, die eine schriftliche Fixierung erforderlich mache, könne erst bei einer Mieterhöhung ab etwa 20 % gesprochen werden. Abzustellen sei nicht auf die Gesamtsteigerung des Mietzinses in Höhe von etwas unter 24 %. Vielmehr sei bei jeder einzelnen Vertragsänderung gesondert zu prüfen, ob diese wesentlich sei und eine schriftliche Fixierung erforderlich mache.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, dass das Mietverhältnis betreffend die Kfz-Werkstatt im Hause Rnnnn straße nnn , nnn Bnnn , gemäß Mietvertrag vom 06.12.1993 aufgrund der Kündigung vom 26.03.2002 nicht am 30.09.2002 endete, sondern bis 31.12.2003 weiter besteht.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben die Auffassung vertreten, der Mietvertrag wahre nicht mehr die Schriftform.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, § 550 BGB gelte ausnahmslos für jede nachträgliche Vereinbarung zur Miethöhe. § 550 BGB gelte auch für alle nachträglichen Änderungen eines in schriftlicher Form abgeschlossenen Mietvertrages, sofern die Änderung nicht unwesentliche Nebenabreden betreffe. Die Miethöhe gehöre aber zusammen mit den Mietparteien, dem Mietobjekt und der Mietzeit zu den wesentlichen Elementen eines Mietvertrages.

Dass sich die Mietforderungen der Klägerin in dem durch § 37 des Mietvertrages vorgezeichneten Rahmen bewegen, ändere nichts, denn § 37 des Mietvertrages enthalte keine präzise Mietstaffel, sondern formuliere lediglich einen Rahmen, der durch Vereinbarungen der Parteien oder durch einen IHK-Sachverständigen erst noch ausgefüllt werden müsse.

Mit ihrer am 20. März 2003 eingelegten und mit einem am 8. April 2003 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung wendet sich die Klägerin gegen dieses am 16. Januar 2003 verkündete und am 27. Februar 2003 zugestellte Urteil der Zivilkammer 34 des Landgerichts, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Im zweiten Rechtszug wiederholt und vertieft die Klägerin ihre erstinstanzlich vertretenen Ansichten.

Die Klägerin beantragt im Wege der Klageänderung,

die Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 37.281,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf jeweils 2.485,42 EUR seit dem 5.10.2002, 5.11.2002, 5.12.2002, 6.1.2003, 5.2.2003, 5.3.2003, 4.4.2003, 6.5.2003, 5.6.2003, 4.7.2003, 5.8.2003, 4.9.2003, 6.10.2003, 5.11.2003 und 4.12.2003 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Unter Wiederholung und Vertiefung ihrer erstinstanzlich vertretenen Ansichten verteidigen die Beklagten die angefochtene Entscheidung, die sie für zutreffend erachten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in beiden Rechtszügen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

Mit Beschluss vom 29. Dezember 2003 hat der Senat den Rechtsstreit dem Berichterstatter gemäß § 526 Absatz 1 ZPO als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

II.

A

Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

1.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die in zweiter Instanz nach Ablauf der vertraglich vereinbarten Mietzeit vorgenommene Klageänderung zulässig (§§ 263, 264 Nr. 2 ZPO; vgl. BGH NJW 1992, 2296).

2.

Die Klage ist auch begründet. Die Beklagten sind verpflichtet, der Klägerin für die Zeit von Oktober 2002 bis Dezember 2003 Mietzins in Höhe von 2.485,42 € monatlich zu zahlen (§ 535 Absatz 2 BGB). Die mit anwaltlichem Schreiben vom 26. März 2002 im Namen der Beklagten ausgesprochene Kündigung hat das Mietverhältnis nicht zum 30. September 2002 beendet. Das Mietverhältnis endete infolge der in § 2 Absatz 1 des Mietvertrages getroffenen Regelung erst am 31. Dezember 2003.

a)

Der am 6. Dezember 1993 geschlossene Mietvertrag entspricht entgegen der von den Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 6. Dezember 2002 geäußerten Ansicht der Schriftform des § 126 BGB. Er gilt deshalb nicht gemäß § 550 BGB für unbestimmte Zeit.

aa)

Das Mietobjekt ist ausreichend bestimmt. Da es auf dem Grundstück nur ein Hauptgebäude gibt, ist durch die Beschreibung "Mietgegenstand rechts neben dem Hauptgebäude" ausreichend klargestellt, dass all das, was rechts neben diesem Hauptgebäude liegt, vermietet wurde. Auch die Beschreibung der vermieteten Freiflächen ist angesichts der unstreitig an Hand der Pflasterung erkennbaren Begrenzungen ausreichend. Zu berücksichtigen ist hierbei auch, dass die Bestimmung des Mietobjektes den Parteien in der Zeit seit Vertragsschluss im Jahre1993 ganz offensichtlich keine Probleme bereitet hat.

bb)

Es kann dahinstehen, ob der schriftliche Mietvertrag vom 6. Dezember 1993 in seinen §§ 2, 4 und 30 sich widersprechende Regelungen enthält. Entgegen der Ansicht der Beklagten genügt ein schriftlich geschlossener Vertrag auch dann dem Schriftformerfordernis der §§ 126, 550 BGB bzw. 566 BGB a. F., wenn er widersprüchliche Regelungen enthält. In einem solchen Fall ist der Wille der Vertragsparteien durch Auslegung zu ermitteln. Soweit die Beklagten in diesem Zusammenhang eine Entscheidung des OLG Rostock zitieren (OLGR 2000, 477), handelt es sich wohl um ein Missverständnis dieser nicht eindeutig formulierten Entscheidung, in der § 566 BGB a. F. im Rahmen einer Vertragsauslegung genannt wird. Sollte das OLG Rostock allerdings gemeint haben, schriftlich geschlossene Verträge würden schon deshalb nicht der Schriftform genügen, weil sie sich widersprechende Regelungen wesentlicher Vertragsbestandteile enthalten, so könnte dieser Ansicht nicht gefolgt werden.

cc)

Auf die die §§ 22 ff enthaltende "Anlage/Fortsetzung des Mietvertrages" wurde am Ende des von den Parteien verwendeten Vordrucks "Mietvertrag für gewerbliche Räume" ausdrücklich verwiesen, jede einzelne Seite der Anlage/Fortsetzung wurde von den Mietparteien unterzeichnet. Eine feste Verbindung ist deshalb entgegen der Ansicht der Beklagten nicht erforderlich.

b)

Entgegen der Ansicht des Landgerichts wahrt der Mietvertrag trotz der mehrfach vereinbarten Mietzinserhöhungen die Schriftform, obwohl die jeweiligen Erhöhungsvereinbarungen der Schriftform nicht genügen.

Die Mieterhöhungsvereinbarungen sind trotz der in § 21 Absatz 4 des Mietvertrages vereinbarten einfachen Schriftformklausel wirksam. Die Parteien haben nämlich im Rahmen der Mieterhöhungsvereinbarungen die vertraglich vereinbarte Schriftformklausel jeweils abbedungen. Dies ergibt sich aus der in den auf § 37 des Mietvertrages gestützten schriftlichen Erhöhungsverlangen jeweils enthaltenen "Bitte" der Klägerin, die erhöhte Miete monatlich zu überweisen und die hierauf erfolgten Zahlungen der geforderten Miete durch die Beklagte. Der BGH (BGH NJW 1965, 293; BGHZ 71, 162 [164]; NJW 1975, 1657) hat mehrfach entschieden, dass die einfache Schriftformklausel mündlich oder konkludent aufgehoben werden kann, wenn die Parteien das Vereinbarte gewollt haben und zwar auch dann, wenn sie dabei nicht an das Schriftformerfordernis gedacht haben. Die Formwirksamkeit der Mieterhöhungsverlangen wird von den Parteien deshalb auch nicht in Frage gestellt.

Im Ansatz zutreffend geht das Landgericht allerdings davon aus, dass § 550 BGB auch für nachträgliche Änderungen eines in schriftlicher Form abgeschlossenen Mietvertrages gilt. Das aus § 550 Satz 1 BGB folgende Erfordernis der Schriftform gilt für sämtliche wesentlichen Abreden der Parteien, aus denen sich nach ihrem Willen der Vertrag zusammensetzen soll (Staudinger/Emmerich (2003) § 550 BGB Rdnr. 24 f). Deshalb bedürfen grundsätzlich Ergänzungen oder Änderungen des Mietvertrages gleichfalls der Schriftform, wenn sie für die Parteien wesentliche Punkte betreffen (Staudinger/Emmerich a.a.O. Rdnr. 28). Es spielt dabei grundsätzlich keine Rolle, ob die Pflichten der Parteien verschärft oder erleichtert werden. Der Formmangel eines Änderungsvertrages zu einem Miet- oder Pachtvertrag führt dazu, dass der zunächst unter Beachtung der Form geschlossene ursprüngliche Vertrag nunmehr gleichfalls der Schriftform entbehrt und als für unbestimmte Zeit geschlossen gilt (BGH, MDR 1994, 579).

Von dem Formerfordernis ausgenommen werden nach gefestigter Rechtsprechung so genannte unwesentliche Änderungen (Staudinger/Emmerich a.a.O.). Ob und unter welchen Voraussetzungen eine spätere vertragliche Änderung der ursprünglich vereinbarten Miethöhe eine lediglich unwesentliche Vertragsänderung darstellt, ist um stritten.

aa)

Ebenso wie das Landgericht Berlin in der angefochtenen Entscheidung (NZM 2003, 284) gehen das OLG Karlsruhe (OLGR 2001, 233 und OLGR 2003, 201, 207), das OLG Rostock (OLGR 2002, 34, 35) und das Landgericht Gießen (ZMR 2002, 272) davon aus, dass jede nachträgliche, zeitlich nicht beschränkte Änderung der Höhe der Miete wesentlich ist. Dieser Ansicht vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Schon das Reichsgericht (RG HHR 1931 Nr. 403) hat ausgeführt, das § 556 BGB a. F. nur anzuwenden ist, wenn wesentliche Vertragsbestandteile, zu denen die Miethöhe gehört, in nicht unwesentlichem Umfang durch mündliche Vereinbarung abgeändert werden. Nach Ansicht des Reichsgerichts durfte das Berufungsgericht "ohne Rechtsverstoß berücksichtigen, daß die Miethöhe und die Vertragsdauer, wenngleich sie an und für sich wesentliche Bestandteile des Vertrags sind, doch auch nach ihrer wirtschaftlichen Bedeutung im einzelnen Fall zu prüfen sind, da ja die Formvorschrift des § 566 BGB vornehmlich den Schutz des Grundstückserwerbers bezweckt und es hierbei nicht auf solche Änderungen ankommen kann, die im Verhältnis zum ganzen Mietgegenstand und zur ganzen Vertragsdauer nach vernünftiger Beurteilung der Parteien und des Erwerbers ... keine Rolle spielt."

bb)

Emmerich (Staudinger/Emmerich a.a.O. Rdnr. 28, 29) geht davon aus, dass eine nicht ins Gewicht fallende Erhöhung der Miete eine unwesentliche Änderung darstelle; für wesentlich hält er eine Erhöhung oder Herabsetzung der Miete nur dann, wenn die Änderung mehr als 10% oder 20% beträgt. Sternel (Mietrecht, 3. Auflage, I Rdnr. 208) hält geringfügige Änderungen der Miethöhe für unwesentlich, Mieterhöhungen "jedenfalls ab 20%" für wesentlich. Heile (Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts und Wohnraummiete, 3. Auflage, II Rdnr. 770) nennt als praktisches Beispiel für nachträgliche, dem Formzwang unterliegende Änderungsvereinbarungen u. a. eine "wesentliche Erhöhung der Miete", weiter führt Heile (a.a.O. Rdnr. 773) aus, geringe Veränderungen des Mietzinses seien dagegen als unwesentlich anzusehen, wobei allerdings verlässliche und berechenbare Maßstäbe für die Unterscheidung zwischen wesentlicher und unwesentlicher Änderung nicht existierten.

cc)

Vorliegend kann offen bleiben, ob es eine solche grundsätzlich anzuwendende Wesentlichkeitsgrenze gibt und ob diese bei 1%, 5%, 10% oder 20% liegt. Jedenfalls unter Berücksichtigung der in § 37 des Mietvertrages getroffenen Vereinbarung, nach der nach Ablauf eines Mietjahres für das folgende Jahr über eine angemessene Anhebung von ca. 5 % des Mietzinses zwischen den Mietparteien Einvernehmen zu erzielen ist, sind die vorliegend von den Parteien vereinbarten Mieterhöhungen (ab Januar 1995, 1996 und 1997 um je 5 %, ab Januar 1998 um 1'5%, ab Januar 2000 um 1'4% und ab Januar 2001 um 2%) jeweils als unwesentliche Änderungen des ursprünglichen Mietvertrages anzusehen. Dies folgt aus dem grundsätzlichen Interesse der Vertragsparteien an der Wirksamkeit der von ihnen unter Beachtung der Schriftform im Ausgangsvertrag vereinbarten Vertragslaufzeit. Es dürfte juristisch nicht geschulten Vertragsparteien nur schwer zu vermitteln sein, dass ein mit einer festen Laufzeit geschlossener langfristiger Mietvertrag nur deshalb vorzeitig gekündigt werden kann, weil eine auf Grund einer vertraglich vereinbarten Anpassungsklausel getroffene Mieterhöhungsvereinbarung nicht dem Erfordernis der Schriftform genügt. Dies insbesondere auch deshalb, weil die Annahme eines berechtigten Mieterhöhungsverlangens durch Zahlung der geforderten Miete einer weit verbreiteten Übung entspricht.

Der Zweck der in § 550 BGB getroffenen gesetzlichen Regelung steht dem gefunden Ergebnis nicht entgegen. § 550 BGB soll in erster Linie dem in die bestehenden Mietverhältnisse eintretenden Grundstückserwerber die Möglichkeit verschaffen, sich über den Umfang der auf ihn übergehenden Bindungen zu unterrichten (Staudinger/Emmerich a.a.O. Rdnr. 3; BGH, NJW 2004, 2962). Für diesen Schutzzweck reicht es vorliegend aber aus, dass ein späterer Grundstückserwerber durch die Regelung in § 37 des Hauptvertrages auf mögliche Mieterhöhungsvereinbarungen sowie den Rahmen, in dem sich diese bewegen, hingewiesen wird. Da sich die von den Parteien vereinbarten Mietererhöhungen jeweils in dem in § 37 des Ursprungsvertrages geregelten Rahmen halten, handelt es sich bei ihnen sowohl nach ihrer wirtschaftlichen Bedeutung als auch nach vernünftiger Beurteilung um unwesentliche Vertragsänderungen, die § 550 BGB nicht unterfallen.

Die von den Beklagten zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH, NZM 2000, 184, 185) steht diesem Ergebnis ebenso wenig entgegen wie dessen Entscheidung vom 28. November 1992 (BGH, ZMR 1963, 82). Die erstgenannte Entscheidung betrifft nicht die Frage einer später vereinbarten Mieterhöhung sondern eine rückwirkende Änderung der im Ursprungsvertrag vereinbarten Miete um 29% und damit nicht den vorliegend zu beurteilenden Fall; im letztgenannten Fall hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich offen gelassen, ob die nachträglichen Vereinbarungen über die Erweiterung des Mietgegenstandes bei gleichzeitiger Erhöhung der Miete um 22% von 900 DM auf 1.100 DM den ganzen Vertrag zu einem nur auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen gemacht haben. In seiner Entscheidung vom 29. Oktober 1986 (BGHZ 99, 54) leitet der Bundesgerichtshof die Wesentlichkeit einer Vertragsänderung nicht alleine aus der abweichenden Regelung des Mietzinses sondern auch aus der Einbeziehung weiterer Mietflächen und der Änderung des Zeitpunktes für den Beginn des Mietverhältnisses ab. Auch diese Entscheidung steht dem hier gefundenen Ergebnis nicht entgegen.

Entgegen der Ansicht der Beklagten folgt die Wesentlichkeit der Vertragsänderungen auch nicht aus der sich insgesamt ergebenden Erhöhung der Ausgangsmiete um 21,52%. Die Frage, welche Auswirkung eine nicht der Schriftform genügende Änderung eines schriftlichen Mietvertrages hat, ist für jede Änderung gesondert zu prüfen.

B

Die Revision war zuzulassen, da die Sache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Absatz 1 Nr.1, Absatz 2 ZPO n. F.).

C

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Absatz 1 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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