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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 10.09.2007
Aktenzeichen: 12 U 87/07
Rechtsgebiete: ZPO, BRAO


Vorschriften:

ZPO § 522 Abs. 1
BRAO § 53
Die Berufungsbegründung ist nicht wirksam unterzeichnet, wenn ein Rechtsanwalt, der nicht im Briefkopf der Kanzlei erscheint und dieser auch nicht angehört, ohne jeden Vertretungszusatz unterschrieben hat.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 12 U 87/07

10.09.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts am 10. September 2007 beschlossen:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 20. März 2007 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Der Streitwert für die Berufung wird auf 80.000,- EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Berufung ist als unzulässig zu verwerfen, denn sie ist nicht in der gesetzlichen Form begründet worden, § 522 Abs. 1 ZPO.

I. Eine Berufungsbegründungsschrift muss als bestimmender Schriftsatz eigenhändig von dem mandatierten, beim Rechtsmittelgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben sein, der ihn einreicht, der also als sein Absender erscheint (§§ 78, 129, 130 Nr. 6, 520 Abs. 5 ZPO; vgl. nur Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 129 Rn 6, 7; Baumbach u. a., ZPO, 65. Aufl., § 129 Rn 9). Denn mit der Unterschrift wird der Nachweis geführt, dass der den Schriftsatz absendende Berufungsanwalt die Verantwortung für den Inhalt der Rechtsmittelbegründungsschrift übernimmt (st. Rechtspr., vgl. BGHZ 37, 156, 157; BGH NJW 2003, 2028; BGH FamRZ 2005, 434; BGH NJW 2005,2086). Dies soll sicher stellen, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist (vgl. zuletzt BGH NJW 2005, 2086).

Die Person, die den Schriftsatz verantwortet, muss im Anwaltsprozess ein mandatierter und beim Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt oder dessen allgemein bestellter Vertreter sein (§ 53 BRAO; BGH VersR 1973, 86; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 130 Rn 14). Für die Wirksamkeit der Prozesshandlung eines gemäß § 53 BRAO als Vertreter bestellten Rechtsanwalts reicht es aus, wenn sein Handeln als Vertreter sich aus den Umständen hinreichend deutlich erkennbar ergibt (BGH NJW 1993, 1925; KG, KGReport 1999, 244).

Zwar kann die Berufungsbegründung auch von einem beim Rechtsmittelgericht postulationsfähigen Rechtsanwalt, der in Untervollmacht für einen anderen Rechtsanwalt handelt, unterzeichnet werden; der Unterbevollmächtigte muss sich jedoch als selbständig verantwortlicher Bevollmächtigter zu erkennen geben; er darf nicht nur als Überbringer einer fremden Erklärung auftreten (BAG, Urteil vom 22. Mai 1990 - 3 AZR 55/90 - NJW 1990, 2706; BGH NJW 2003, 2028); Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 65. Aufl. 2006, § 129 Rn 9, 10,14); ein Rechtsanwalt, der "für" oder "i. V." an Stelle eines anderen Rechtsanwalt die Berufung begründet, handelt erkennbar als Unterbevollmächtigter (BAG, a. a. O., sowie NJW 1987, 3279; BGH NJW 2003, 2028).

Diese Erkennbarkeit ist jedoch dann nicht gegeben, wenn der Unterschrift des Anwalts, der nach dem Briefbogen nicht der Absender und auch nicht amtlich bestellter Vertreter gem. § 53 BRAO ist, keinerlei Vertretungszusatz beigefügt ist.

II. Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründungsschrift vom 29. Mai 2007 nicht.

1. Aus dem Schriftsatz selbst ist auch im Wege der Auslegung nicht ersichtlich, wer ihn inhaltlich zu verantworten hat.

a) Der am Tage des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist (29. Mai 2007) per Telefax eingegangene Schriftsatz vom 29. Mai 2000 ist nicht von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers, Rechtsanwalt nnnnnnnnnn , unterzeichnet, dem der Kläger durch Vollmacht vom 2. Dezember 2005 "in Sachen nnnnnnnn ./. nnnnnnnn wegen Schadensersatz Vollmacht erteilt" hat "zur Prozessführung ...", wobei die Vollmacht auch die Befugnis umfasst, "die Vollmacht ganz oder teilweise auf andere zu übertragen (Untervollmacht), Rechtsmittel einzulegen ...".

Vielmehr ist der auf dem Briefbogen des Rechtsanwalts nnnnnnnnnnn verfasste Begründungsschriftsatz vom 29. Mai 2007 ohne jeden Vertretungszusatz unterschrieben mit

"I. nnn Rechtsanwalt".

Auf dem Briefbogen, überschrieben mit "nnnnn & Partner, Rechtsanwälte und Steuerberater, ist zwar ein Steuerberater, jedoch nicht ein weiterer Rechtsanwalt der Kanzlei namentlich genannt; es befindet sich ferner unter dem Namen dieses Steuerberaters folgender Hinweis: "in Bürogemeinschaft mit nnnnn nnnn und Partner Rechtsanwälte - Steuerberater.

Rechtsanwaltnnnn nnnn hat nicht ausdrücklich "für" oder "in Vertretung" für Rechtsanwalt nnnnn unterschrieben, sondern die auf dessen Briefbogen gefertigte Berufungsbegründung ohne jeden Zusatz.

b) Damit ist nicht erkennbar, dass Rechtsanwalt nnnn selbst für den Inhalt der Rechtsmittelbegründung Verantwortung übernehmen will und nicht bloßer Erklärungsbote ist; letzteres wäre zwar eindeutig der Fall wenn ein Schriftsatz mit dem Zusatz "i.A." unterzeichnet wird (BGH NJW 1988, 210; NJW 1993, 2056).

Einen solchen Zusatz hat die Unterschrift des Rechtsanwalts I. nnn zwar nicht; dennoch war nicht erkennbar, dass er in Untervollmacht des Rechtsanwalts nnnnn unterschrieben hat, da dies weder ausdrücklich geschah noch aus den Umständen erkennbar ist.

Anders als in einem anderen vom Kammergericht (KGR 1999, 244) entschiedenen Fall ist der Unterzeichner I. nnn auch nicht auf dem Briefbogen als Mitglied der Kanzlei des Rechtsanwalts nnnnnnnnnnn ausgewiesen; vielmehr ist auf diesem Briefbogen allein dieser als Rechtsanwalt der Sozietät "nnnnnnn Partner - Rechtsanwälte und Steuerberater" genannt, so dass auch der Briefkopf keine Schlüsse auf ein Vertretungsverhältnis zwischen Rechtsanwalt nnnn r und Rechtsanwalt nnnn ermöglicht.

Auch die Verwendung des Plurals ("begründen wir namens des Klägers und Berufungsklägers die mit Schriftsatz vom 16. 04. 2007 eingelegte Berufung...") läßt nicht die Deutung zu, dass nach außen hin auch der als Absender erscheinende Rechtsanwalt nnnnn die Berufungsbegründung gefertigt hat und verantworten wollte. Das Gegenteil folgt klar aus dessen Erläuterungen mit Schriftsatz vom 11. Juni 2007; danach hat allein Rechtsanwalt nnnn nachträglich die Verantwortung für die durch ihn gefertigte Berufungsbegründung übernommen.

2. Die weiteren Ausführungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 11.Juni 2007 führen nicht zu einer anderen Beurteilung.

a) Er hat dort ausgeführt:

"Hintergrund ist, dass die Kanzlei nnnnn und Partner - Rechtsanwälte und Steuerberater - in den Räumlichkeiten der nnnnnnn 25 in nnnnnnn in Bürogemeinschaft mit nnnnn nnnn und Partner - Rechtsanwälte - Steuerberater- tätig ist. Partner der Partnerschaft nnnn ,nnnnn und Partner, ist Rechtsanwalt Innn nnn , der seinen Kanzleisitz unter der Anschrift nnnnnnn 25 in nnnnnnn hat.

Zwischen dem Rechtsanwalt nnnnnnnnnnn und dem Rechtsanwaltnnnnnnnn werden dabei bestimmte Mandate, die durch einen der Rechtsanwälte übernommen werden, im Rahmen von Untervollmachten und in Rücksprache mit den Mandanten auch durch den jeweils anderen Anwalt bearbeitet."

Auf dieser Grundlage und vor dem Hintergrund der ihm vom Kläger erteilten Befugnis, Untervollmacht zu erteilen, habe er Untervollmacht an Rechtsanwalt nnnnn erteilt, der dann die Berufungsbegründung gefertigt und mit seiner Unterschrift die Verantwortung für die von ihm eigenständig erarbeitete Berufungsbegründung übernommen; Rechtsanwalt nnn sei bei dem OLG zugelassen.

b) Diese Erklärung reicht für die Feststellung einer ordnungsgemäße Unterzeichnung der Berufungsbegründung im maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist nicht aus.

Es kann dahinstehen, ob die von Rechtsanwalt nnnnn mit Schriftsatz vom 11. Juni 2007 dargestellte "Untervollmacht" für den Rechtsanwalt nnn nach § 53 BRAO wirksam ist.

Denn es war bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist jedenfalls nicht erkennbar oder klargestellt, dass der postulationsfähige Rechtsanwalt Ingolf nnn (zugelassen beim Brandenburgischen Oberlandesgericht) die Berufungsbegründung in Vertretung des Rechtsanwalts J-H nnnnn unterzeichnet oder in welcher Funktion er überhaupt unter dem Briefkopf und Namen des Rechtsanwalts nnnnnnnnnnn unterschrieben hat, unter dessen Namen die Berufung begründet worden ist und der als Absender der Berufungsbegründung erscheint.

Es war im Zeitpunkt des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist auch nicht erkennbar, wer für den Inhalt der Berufungsbegründung die Verantwortung übernimmt und dass der Schriftsatz mit Wissen und Willen des Rechtsanwalts nnnnn an das Gericht gesandt wurde; auch kann für diesen Zeitpunkt nicht festgestellt werden, dass die Berufungsbegründungschrift vom Prozessbevollmächtigten des Klägers oder einem allgemein bestellten Vertreter (§ 53 BRAO) oder auch nur unterbevollmächtigten Anwalt eigenhändig unterschrieben worden ist.

Die Heilung eines solchen, die wirksame Begründung des Rechtsmittels betreffenden Mangels ist nach Ablauf der Rechtsmittelbegründungsfrist nicht mehr möglich (vgl. BGH NJW 1988, 210).

Von weiterem Vortrag zur Sache hat der Kläger trotz antragsgemäß bewilligter Fristverlängerung zur Stellungnahme auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 28. Juni 2007 abgesehen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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