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Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 12.09.2002
Aktenzeichen: 12 U 9199/00
Rechtsgebiete: PflVG, BGB, VVG, ZPO, EGZPO


Vorschriften:

PflVG § 1
PflVG § 3 Nr. 8
BGB § 823 Abs. 1
VVG § 152
VVG § 158 c
ZPO § 91
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 101
ZPO § 543 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 543 Abs. 2 n.F.
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
EGZPO § 26 Nr. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 12 U 9199/00

Verkündet am: 12. September 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12. September 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Grieß, sowie die Richter am Kammergericht Hinze und Philipp für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten zu 2. wird das am 27. September 2000 verkündete Urteil der Zivilkammer 17 des Landgerichts Berlin geändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte zu 1. wird verurteilt, an die Klägerin 10.226,75 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 18. März zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug trägt die Klägerin 6/11 der Gerichtskosten, 6/11 ihrer außergerichtlichen Kosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2.; der Beklagte zu 1. trägt 5/11 der Gerichtskosten, 5/11 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin, 5/11 der Kosten des Streithelfers und seine außergerichtlichen Kosten in voller Höhe.

Es verbleibt bei der Kostenentscheidung des Senatsbeschlusses vom 11. Oktober 2001, wonach der Beklagte zu 1. seine eigenen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat.

Von den weiteren Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin und die Beklagte zu 2. je die Hälfte zu tragen; die Beklagte zu 2. trägt ferner die Hälfte der Kosten des Streithelfers.

Die weiteren Kosten des Streithelfers in beiden Rechtszügen trägt dieser selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

I. Die statthafte Berufung der Beklagten zu 2. als Haftpflichtversicherung der OHG für deren Klein-Lastkraftwagen Ford Transit ist zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass der Senat durch Beschluss vom 11. Oktober 2001 die Berufung des Beklagten zu 1. durch die Beklagte zu 2. als Nebenintervenientin gegen das am 27. September 2000 verkündete Urteil der Zivilkammer 17 des Landgerichts Berlin als unzulässig verworfen hat. Wie in dem Senatsbeschluss ausgeführt worden ist, ist die Beklagte zu 2. lediglich einfache, unselbständige und nicht notwendige, streitgenössisch Nebenintervenientin (vgl. § 69 ZPO). Davon unabhängig hat für die als Haftpflichtversicherung von der Klägerin in Anspruch genommene Beklagte zu 2. selbständig die Berufungsfrist von einem Monat zu laufen begonnen. Letztere hat gegen das ihr am 18. Oktober 2000 zugestellte Urteil mit am 17. November 2000 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz rechtzeitig Berufung eingelegt und mit am Montag, dem 18. Dezember 2000, eingegangenem weiteren Schriftsatz ihr Rechtsmittel fristgemäß begründet (§§ 516, 519, 222 Abs. 2 ZPO a.F.).

Der Berufung der Beklagten zu 2. steht ferner nicht § 3 Nr. 8 PflVG entgegen. Diese Vorschrift betrifft folgende Fälle. Wenn durch rechtskräftiges Urteil festgestellt wird, dass dem Dritten ein Anspruch auf Ersatz des Schadens nicht zusteht, wirkt das Urteil, wenn es zwischen dem Dritten und dem Versicherer ergeht, auch zu Gunsten des Versicherungsnehmers. Dieselbe Wirkung hat es zu Gunsten des Versicherers, wenn es zwischen dem Dritten und dem Versicherungsnehmer ergeht. Dies gilt auch gegenüber den in § 1 PflVG angeführten mitversicherten Personen. So schließt auch eine gegenüber dem Fahrer als versicherte Person rechtskräftig gewordene Klageabweisung eine Überprüfung im Verhältnis zum Haftpflichtversicherer aus (vgl. BGH NJW 1982, 999, 1000). Auch in den zuvor angesprochenen Fällen ist wegen der materiellen Rechtskraft der Abweisung der Klage das Gericht an einer hiervon abweichenden Beurteilung in einem anderen Rechtsstreit gehindert (vgl. BGH, a.a.O.; BGH NJW 1978, 2154; 1982, 996, 997); dies betrifft also nicht die Zulässigkeit einer Klage oder eines Rechtsmittels. Damit betrifft § 3 Nr. 8 PflVG Fälle, in denen die Klage des Geschädigten gegen den Fahrer, Halter oder Haftpflichtversicherer abgewiesen worden ist.

Dagegen hatte vorliegend die Klägerin mit ihrer Klage im ersten Rechtszug gegen die beiden Beklagten Erfolg. Das Urteil ist gegenüber dem Beklagten zu 1. rechtskräftig geworden. Gegen die Verurteilung hat die Beklagte zu 2. in zulässiger Weise Berufung eingelegt. Dieser Fall ist nicht von § 3 Nr. 8 PflVG erfasst.

II. Die Klägerin ist entgegen der Ansicht der Beklagten zu 2. aktivlegitimiert. Hierbei kommt es vorliegend nicht darauf an, ob und gegebenenfalls welche Regelung die Leasing GmbH (künftig: VLM) und die Klägerin in dem Leasingvertrag vom 11. September/28. November 1996 über den Personenkraftwagen Opel Vectra bezüglich der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen, wie sie die Klägerin eingeklagt hat, getroffen haben, nämlich ob die Klägerin hierzu ermächtigt ist. Denn der Mitarbeiter teilte für die VLM mit Schreiben vom 11. November 1999 der Beklagten zu 2. mit (I, 23):

"auf Anfrage von Herrn Rechtsanwalt teile ich Ihnen mit, dass mich Herr unmittelbar nach dem Unfall anrief und mit fragte, was zu tun sei. Ich sagte ihm darauf hin, er solle ein Gutachten erstellen lassen und sich an die Versicherung wenden, da es Angelegenheit des Leasingnehmers sei, die Ansprüche geltend zu machen."

Rechtsanwalt ist der Bevollmächtigte der Klägerin, der außerprozessual die Schadensregulierung gegenüber der Beklagten zu 2. betrieben hat. War ihr Lebensgefährte. Dem Schreiben der VLM ist die Berechtigung der Klägerin zu entnehmen, die Klageforderung gegenüber der Beklagten zu 2. geltend zu machen.

Darüber hinaus bedurfte es zur Geltendmachung des Sachschadens und der Nutzungsausfallentschädigung - der übrigen Schadenspositionen ohnehin nicht - nicht einer ausdrücklichen Abtretung des gesamten Schadensersatzanspruchs seitens der VLM an die Klägerin, um berechtigt zu sein, Zahlung an sich zu fordern. Denn es kommt die Verletzung eines eigenen absoluten Rechts der Klägerin, ihres unmittelbaren Besitzes in Betracht. Dass der - berechtigte - unmittelbarer Besitzer zu den gemäß § 823 Abs. 1 BGB geschützten "sonstigen" Rechten gehört, ist anerkannt (BGHZ 62, 243, 248 = NJW 1974, 1189; NJW 1981, 750, 751; KG, Urteile vom 1. April 1993 - 12 U 1293/72 -; 27. Juni 1994 - 12 U 6096/93 -). Da Mietwagenkosten erstattungsfähig sind, gilt dies auch für Nutzungsausfallkosten, die in Betracht kommen, soweit der Geschädigte nicht ein Ersatzfahrzeug angemietet hat.

III. Gleichwohl hat die Berufung der Beklagten zu 2. Erfolg. Deren Haftung in Höhe des vom Landgericht ausgeurteilten Betrages von 10.226,75 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 18. März 2000 ergibt sich nicht schon daraus, dass der Beklagte zu 1. mit dem der OHG (künftig: Vermieterin) gehörenden und bei der Beklagten zu 2. gegen Haftpflicht versicherten Klein-Lastkraftwagen Ford Transit am 11. August 1999 in Berlin-Steglitz gegen den am östlichen Fahrbahnrand der R Straße in Höhe des Grundstücks Nr. 53 abgestellten Personenkraftwagen Opel Vectra geraten ist (vgl. § 3 Nr.1 und Nr. 2 PflVersG in Verbindung mit §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1 BGB).

Die Haftung der Beklagten zu 2. entfällt entgegen ihrer Ansicht nicht schon nach § 152 VVG. Auf § 158 c VVG kommt es deshalb nicht weiter an. Denn § 152 VVG betrifft nur den Fall, dass der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich herbeiführt (OLG Nürnberg MDR 2001, 31, 32). Vorliegend hat jedoch nicht die Fahrzeugvermieterin als Versicherungsnehmerin, sondern der Beklagte zu 1. als Fahrer das Schadensereignis vorsätzlich verursacht und verschuldet, wie noch auszuführen ist. Dieser Fall ist nicht von § 152 VVG gedeckt.

Die Beklagte zu 2. schuldet der Klägerin keinen Schadensersatz, weil es sich bei dem Schadensereignis um einen so genannten bestellten, fingierten Unfall handelt.

Auch im Falle eines bestellten Unfalls obliegt es grundsätzlich dem Geschädigten, die Verursachung des Schadens durch das gegnerische Fahrzeug und das Ausmaß des unfallbedingten Schadens darzulegen und zu beweisen (KG, Urteile vom 3. Juli 2000 - 12 U 784/99 -; 22. April 2002 - 12 U 20/01 -).

Selbst wenn davon auszugehen ist, dass das Fahrzeug des Geschädigten durch das von ihm behauptete Ereignis in dem von ihm behaupteten Umfang beschädigt worden ist, entfällt eine Haftung des Schädigers, Halters des gegnerischen Fahrzeuges und der Haftpflichtversicherung, wenn in ausreichendem Maße Umstände vorliegen, die die Feststellung gestatten, dass es sich bei dem Schadensereignis um einen verabredeten Unfall gehandelt hat. In diesem Fall scheitert ein Ersatzanspruch an der Einwilligung des Geschädigten, ohne dass es auf die §§ 152, 158 c VVG ankommt. Den Nachweis, dass ein vorgetäuschter Unfall vorliegt, hat grundsätzlich der Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer zu führen. Es genügt der Nachweis einer erheblichen Wahrscheinlichkeit für unredliches Verhalten. Die ungewöhnliche Häufung von Beweisanzeichen, die für eine Manipulation sprechen, gestattet eine entsprechende Feststellung (§ 286 Abs. 1 ZPO; grundlegend BGHZ 71, 339 = VersR 1978, 242 = NJW 1978, 2154; VersR 1979, 514; OLG Hamm NJW-RR 1987, 1239; VersR 1993, 1418; KG, st. Rspr., NZV 1991, 73, 74; VerkMitt 1995, 84; 1986, 51; KG, Urteile vom 3. Juli 2000 - 12 U 784/99 -; 7. Mai 2001 - 12 U 10590/99 -; 22. April 2002 - 12 U 20/01 -).

Soweit verschiedene Beweisanzeichen vorhanden sind, die eine entsprechende Feststellung noch nicht völlig sicher gestatten, oder solche Beweisanzeichen vollständig fehlen, gibt es gleichwohl Situationen, in denen dem Geschädigten kein Ersatzanspruch zusteht, wenn er - unter Umständen zusätzlich - Schäden geltend macht, die nicht auf den behaupteten Vorfall zurückzuführen sind, und wenn sich herausstellt, dass die bei dem Vorfall eingetretenen Beschädigungen entweder einen vorhandenen Vorschaden nicht mehr erhöhen oder nicht mehr herausgerechnet werden können (vgl. KG, Urteil vom 10. Dezember 1998 - 12 U 5032/97 -). Hiernach ist ein Ersatzanspruch insbesondere dann nicht gegeben, wenn nachweislich das Fahrzeug des Geschädigten vorgeschädigt war, dieser den Vorschaden beharrlich in Abrede stellt, um auch diesen ersetzt zu erhalten, und er dadurch den in Anspruch genommenen Haftpflichtversicherer unberechtigt schädigen will (vgl. KG, a.a.O.; ferner Urteile vom 16. März 2000 - 12 U 6482/98 -; 15. Mai 2000 - 12 U 9704/98 -; OLG Köln VerkMitt 1999, 94 Nr. 97).

Die einzelnen Beweisanzeichen gestatten vorliegend die Feststellung, dass von einer erheblichen Wahrscheinlichkeit für ein unredliches Verhalten auszugehen ist. Diese erhebliche Wahrscheinlichkeit führt dazu, dass die Beklagte zu 2. nicht haftet. Vorliegend steht die Art und die Weise, wie der Beklagte zu 1. den Schaden mit dem gemieteten Klein-Lastkraftwagen absichtlich verursacht hat, im Vordergrund; dieses Beweisanzeichen wiegt besonders schwer, zumal wegen seiner gezielten Fahrt auf den von der Klägerin geleasten Personenkraftwagen Opel Vectra zu und wegen anderer in seiner Person liegenden Umständen alles darauf hindeutet, dass er allein auf eigenem Entschluss beruhend und dem Wunsch der Klägerin entsprechend gegen den Personenkraftwagen gefahren sein könnte.

Im Einzelnen:

1. Der Annahme eines manipulierten Ereignisses steht nicht entgegen, dass es sich bei dem Personenkraftwagen Opel Vectra um ein von der Klägerin geleastes Fahrzeug handelt (vgl. KG, Urteil vom 23. März 1998 - 12 U 8322/96 -), dieses Fahrzeug am 22. November 1996 erstmals zum Verkehr zugelassen wurde, es zur Unfallzeit am 11. August 1999 knapp 3 Jahre alt war und eine Fahrleistung von 71.102 km hinter sich hatte (vgl. Privatgutachten des Dipl.-Ing. vom 26. August 1999, I, 24 ff. = Anlage K 8). Das noch nicht besonders hohe Alter des Fahrzeuges und die möglicherweise geringe Gewinnerzielung stehen der Annahme eines gestellten Unfalles nicht entgegen. Denn derartige manipulierte Fälle, selbst mit fast neuwertigen Personenkraftwagen, beginnen sich zu häufen, bei denen es dem angeblich Geschädigten genügt, mit keinem oder nur geringem Gewinn bei der Schadensabrechnung auf so genannter Reparaturkostenbasis oder Totalschadensbasis aus einem manipulierten Unfall davon zu kommen (vgl. KG, Urteile vom 23. März 1998 -12 U 8322/96 -; 26. Juli 1999 - 12 U 4832/97 -). In dem vom Senat am 13. März 2000 zu 12 U 1997/99 verhandelten Rechtsstreit hat der angeblich Geschädigte erfolglos Ersatzansprüche für Schäden an seinem knapp 3 Jahre alten Personenkraftwagen Renault 19 geltend gemacht, der eine Laufleistung von 92.697 km hinter sich hatte; der Geschädigte hat seine Berufung gegen das seine Klage abweisende, am 3. Februar 1999 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin (17 O 294/98) in der genannten mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurückgenommen.

Der wenn auch relativ geringe Gewinn der Klägerin hätte darin gelegen, auf Kosten der Beklagten zu 2. unberechtigt jedenfalls Nutzungsausfallentschädigung - nach der Ansicht des Landgerichts - in Höhe von 1.080,00 DM ersetzt zu verlangen; es darf nicht übersehen werden, dass die Klägerin mit der Klage 2.160,00 DM als Nutzungsausfallentschädigung geltend gemacht hat.

Eben weil inzwischen nicht selten angeblich Geschädigte sich mit geringem Gewinn begnügen, hat sich eine Auseinandersetzung mit dem weitergehenden, durchaus einleuchtenden Vorbringen der Beklagten zu 2. zum von der Klägerin möglicherweise angestrebten weiteren Gewinn erübrigt.

2. Ohne daraus ein zusätzliches Beweisanzeichen für ein manipuliertes Ereignis herleiten zu können, ist allerdings mit der Beklagten zu 2. davon auszugehen, dass die Klägerin sich zur Zeit des angeblichen Unfallgeschehens am 11. August 1999 in einer besonders schlechten wirtschaftlichen Situation befunden hat. Denn gegen sie ist damals ausweislich der Akten des Amtsgerichts ein Haftbefehl zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ergangen. Zuvor hat die Klägerin es mit Schriftsatz vom 19. Juni 2000 (S. 8 = I, 111) unzutreffend als "glatte Lüge" bezeichnet, soweit die Beklagte zu 2. eindeutig ihre wirtschaftlichen Verhältnisse angezweifelt hatte; die Klägerin hatte es so dargestellt wissen wollen, dass finanzielle Probleme bestünden, weil sie seit längerer Zeit an den Folgen eines Verkehrsunfalles leide.

3. Die Klägerin hatte mit Anwaltsschreiben vom 8. Oktober 1999 (I, 35-37) von der Beklagten zu 2. Ersatz der Reparaturkosten in Höhe von 7.128,21 DM netto gemäß Rechnung der Firma Allround-Kfz-Service also des Streithelfers, vom 26. September 1999 (I, 11 f.) gefordert. Die Beklagte zu 2. stellte der Klägerin die Aktennotiz des Dipl.-Ing. vom 2. Oktober 1999 (I, 13-17) zur Verfügung; darin führt Dipl.-Ing. aus, welche in der Rechnung des Streithelfers vom 26. September 1999 abgerechneten Neuteile und Leistungen nicht erbracht oder überteuert erbracht worden sind. Hierauf hat die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 10. November 1999 (I, 18-22) an Reparaturkosten nicht lediglich 7.128,21 DM, sondern 7.548,75 DM netto von der Beklagten zu 2. verlangt. Sie ist damit von der konkreten auf die abstrakte Schadensberechnung übergegangen und hat ihren angeblich durch ein ungewolltes Ereignis zurückzuführenden Schaden auf so genannter Gutachtenbasis abgerechnet; so hatte sie das Privatgutachten des Dipl.-Ing. vom 26. August 1999 eingeholt, der die Reparaturkosten auf 7.548,75 DM netto geschätzt hat (I, 24-32, insbesondere I, 28); dieses Privatgutachten ist an die Klägerin, Berlin, gerichtet, wo sie eine Boutique betreibt.

Ein Geschädigter ist nach höchstrichterlicher und obergerichtlicher Rechtsprechung berechtigt, Reparaturkosten auf Gutachtenbasis und nicht konkret abzurechnen, wenn er sich auf ein Privatgutachten eines anerkannten Sachverständigen berufen kann. Dies trifft für den Dipl.-Ing. zu. Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 2. ist also nicht von vornherein zu beanstanden, dass die Klägerin von der konkreten zur abstrakten Schadensberechnung übergegangen ist. Ihr kann nur vorgeworfen werden, dass sie weiterhin einen Schaden infolge eines manipulierten Ereignisses ersetzt verlangt.

Allerdings war der Klägerin aus der Aktennotiz des Dipl.-Ing. vom 2. November 1999 (I, 13 ff.) bekannt, dass der Streithelfer in der Rechnung vom 26. September 1999 (I, 11 f.) unberechtigt Neuteile, nämlich den Kotflügel vorn links, den Türgriff, das Türschloss und den Schließzylinder links sowie die Schachtleiste hinten links, berechnet hat, obwohl es zu keinem Austausch dieser Teile gekommen ist. Die Lackierung war teilweise zu beanstanden. Dies alles ist in der Aktennotiz einleuchtend und nachvollziehbar erläutert worden, ebenso die Tatsache, dass der Streithelfer abweichend von seinem üblichen Geschäftsgebaren höhere Stundenverrechnungssätze berechnet hat, z.B. 9,75 DM x 12 AW netto statt sonst berechneter 75,00 DM einschließlich Mehrwertsteuer. Der Klägerin ist die an sie gerichtete korrigierte Rechnung des Streithelfers vom 29. November 1999 (I, 138 f.) bekannt geworden, in der er nicht mehr die zuvor genannten Teile, insbesondere einen Kotflügel vorn links, als Neuteile abgerechnet hat. Für eine AW-Leistung hat er nun 5,25 DM sowie 7,55 DM netto, also bezüglich der 7,55 DM pro AW immer noch mehr als 75,00 DM einschließlich Mehrwertsteuer angesetzt, außerdem nun insgesamt 253 AW statt 244 AW in der Rechnung vom 26. September 1999 berechnet hat. Diese Umstände sind augenfällig. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Streithelfer für die Lackierung statt ursprünglich berechneter 2.197,98 DM wegen deren Mangelhaftigkeit nun exakt immer noch 2.000,00 DM netto angesetzt hat. Deshalb überzeugt es nicht, dass die Klägerin nicht erkennen will, dass auch die Rechnung vom 29. November 1999 zu beanstanden ist. Hierzu hat der Streithelfer auch im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 11. April 2001 (S. 2 = II, 62) keine Aufklärung geboten.

Doch hat es hierzu keiner abschließenden Aufklärung - etwa durch Einholung eines Sachverständigengutachtens auf Antrag des Streithelfers - bedurft. Entscheidend ist, dass die Klägerin nunmehr wusste, dass der Schaden am vorderen linken Kotflügel nicht nach den Regeln des Handwerks behoben war, da er nicht durch ein neues Teil ausgetauscht worden ist. Dann war sie verpflichtet, nach dem weiteren Schadensfall am 25. Januar 2000, bei dem erneut der vordere linke Kotflügel des Leasingfahrzeuges der Klägerin beschädigt worden ist, als er am Rande einer Straße in Mahlow abgestellt war (vgl. Verkehrsunfallmeldung des Polizeipräsidiums Potsdam vom 25. Januar 2000, I, 122 f.), den von ihr beauftragten Dipl.-Ing. darauf hinzuweisen, dass der vorhandene Kotflügel vorn links vorgeschädigt und nicht erneuert worden ist. Dies hat sie ersichtlich nicht getan, weil dieser Sachverständige in seinem Privatgutachten vom 5. Februar 2000 vermerkt hat: "VORSCHADEN: IM SCHADENSBEREICH NICHT FESTGESTELLT" (II, 48 f.). Zum Schadensbereich gehört nach diesem Privatgutachten auch der vordere linke Kotflügel. Insoweit hat es die Klägerin wissentlich erreicht, einen höheren unberechtigten Schadensbetrag von der Haftpflichtversicherung des Schädigers zu erzielen. Es ist also der Klägerin nicht wesensfremd, unberechtigte Zahlungen entgegenzunehmen bzw. sich auf Kosten anderer zu bereichern.

4. Für ein manipuliertes Ereignis ist insbesondere anzuführen, dass der Beklagte zu 1. den Schaden am Leasingfahrzeug der Klägerin absichtlich, vorsätzlich herbeigeführt hat.

Dipl.-Ing. hat in seinem Privatgutachten vom 8. Mai 2000 auf S. 28-30 (vgl. Beistück) zusammengefasst:

"Die Auswertung der UDS-Daten, die in dem Miet-Lkw, vom Typ Ford Transit am 11.08.1999 gegen 17.55 Uhr automatisch gespeichert worden sind, hat unter Berücksichtigung der Schadenörtlichkeit und den Schäden an den Fahrzeugen ergeben:

1. Die UDS-Daten sind nach dem Gerätepass des UDS eindeutig dem Ford Transit ... zuzuordnen. Es erfolgte demnach am 11.08.1999 ein Anstoß gegen den Ford Transit, der von vorne rechts gegen das Fahrzeug gerichtet war und vom UDS als solcher automatisch erkannt wurde. Dieser Anstoß erfolgte um 17:55:20 Uhr.

2. Die UDS-Daten aus dem Ford Transit lassen sich auf Grund der festgehaltenen Ausrichtungen, der Wegstrecken, der Größe und Richtung der Beschleunigungen und nicht zuletzt wegen der exakten zeitlichen Korrespondenz eindeutig dem polizeilich unter dem Aktenzeichen Aufgenommenen Schadensfall zuordnen.

3. Bei dem im UDS festgehaltenen Anstoß kollidierte der Miet-Lkw nachdem dieser aus einer Bremsausgangsgeschwindigkeit von rund 29 km/h binnen rund 0,5 Sekunden verzögert wurde. Bei dem Anstoß hat die Kollisionsgeschwindigkeit des vorwärts fahrenden Ford Transit ... rund 27 km/h betragen. Die Auslaufgeschwindigkeit des Ford Transit ... betrug rund 22 km/h, wobei sich aus der relativ langen Stoßdauer und dem Verlauf der dabei aufgetretenen Beschleunigungen ein streifender Anstoß gegen die rechte Fahrzeugseite ergibt.

4. Die Verzögerung während des Bremsens binnen der rund 0,5 Sekunden unmittelbar vor dem Anstoß hat maximal rund 1,0 m/s2 betragen, was einem leichten Betätigen der Bremse zuzuordnen ist. Das untypisch leichte Bremsen des Ford Transit unmittelbar vor der Kollision steht dabei sowohl im deutlichen Widerspruch zu den Angaben des Herrn, der angab, es gar nicht mehr geschafft zu haben, vor der Kollision noch zu bremsen, als auch zu dem Verhalten eines Normalfahrers, der eine erkennbar drohende Kollision verhindern will.

5. Rund 8 m vor dem Anstoß bewegte sich der bis dahin ohnehin in einer leichten Rechtskurvenfahrt befindliche Ford Transit mit einem kleineren Radius, also stärker nach rechts. Der kontinuierlichen Zunahme der bei dieser Rechtskurvenfahrt unmittelbar vor dem Anstoß auftretenden Querbeschleunigung nach ist davon auszugehen, dass der Ford Transit durch entsprechend kontinuierliches Lenken nach rechts in den geparkten Opel Vectra hineingesteuert wurde. Äußere Kräfte, die vor der stärkeren Rechtskurvenfahrt diese hätten initiiert haben können, wie es von Herrn mit dem Überfahren eines Steines als Ursache für die Kollision angegeben wurde, waren aus den UDS-Daten nicht zu erkennen.

6. Die Angaben des Herrn dass er das Lenkrad festgegriffen und "weggelenkt" hat, um den Ford Transit wieder unter Kontrolle zu bringen, trifft nicht zu. Aus der durchgängigen Spurzeichnung des in den Opel Vectra hinein ausgestellten rechten Vorderrades des Ford Transit folgt, dass Herr beim Kontakt weiter in den Opel Vectra hineingelenkt hat.

7. Auffällig und für ein normales Unfallgeschehen untypisch ist ferner, dass Herr angibt, das letzte Mal vor dem Anstoß an der "Ampel" zuvor angehalten zu haben. Die Haltelinie dieser Lichtzeichenanlage befindet sich in einem Abstand von rund 156 m zum Kollisionsort. Der Ford Transit wurde aber tatsächlich vom letzten Halt bis zur Kollision nur 103 m weit bewegt. An der Stelle des letzten Haltes befand sich der Ford Transit somit auf Höhe des Anwesens R Straße 51. Hier wurde der Ford Transit sogar noch zurückgesetzt und danach vom rechten Fahrbahnrand aus angefahren. Am Beginn der vorkollisionären Fahrt war der geparkte Opel Vectra für Herrn bereits erkennbar."

Diese Zusammenfassung hat Dipl.-Ing. auf die ausführliche Auswertung der Schäden an den beiden beteiligten Fahrzeugen und des Unfalldatenschreibers (UDS) im vom Beklagten zu 1. angemieteten Klein-Lastkraftwagen Ford Transit auf S. 7-28 seines Gutachtens gestützt. Es wird nicht verkannt, dass dieses Privatgutachten lediglich als Parteivortrag der Beklagten zu 2. zu werten ist. Für die Berücksichtigung des Gutachtens im Wege des Urkundenbeweises besteht keine rechtliche Grundlage. Allerdings ist das Gutachten der Klägerin bekannt. Das Gutachten als Vorbringen der Beklagten zu 2. ist plausibel. Auch nicht andeutungsweise lässt die Klägerin erkennen, dass sie die Erörterungen in dem Privatgutachten zur Schadensauswertung und zur Auswertung des Unfalldatenschreibers anzweifeln wollte und könnte. Deshalb gilt der Vortrag des Inhalts des Privatgutachtens durch die Beklagte zu 2. als von der Klägerin zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO). Ein - substantiiertes - Bestreiten der Klägerin ergibt sich nicht daraus, dass sie allein bestreitet, der Beklagte zu 1. habe den Schaden nicht vorsätzlich herbeigeführt.

Tatsächlich ist der Beklagte zu 1. absichtlich und vorsätzlich mit dem angemieteten Klein-Lastkraftwagen gegen den Personenkraftwagen gefahren. Dies ergibt sich aus dem Vortrag der Beklagten zu 2., dem Privatgutachten, wonach der Beklagte zu 1. gezielt auf den von der Klägerin geleasten Personenkraftwagen zugefahren ist und während der ganzen Zeit der Berührung fast der ganzen linken Seite des Personenkraftwagens die Räder des Lastkraftwagens nach rechts gegen den Personenkraftwagen gelenkt hat. Nichts lässt sich dafür anführen, dass der Beklagte zu 1. dieses Schadensereignis aus lauter Freude an einer Schadensstiftung herbeigeführt hätte. Dass er die Räder lange nach rechts gelenkt hielt, spricht eindeutig für ein manipuliertes Ereignis.

Auf Grund des von der Beklagten zu 2. vorgetragenen Gutachtens steht fest, dass den vorprozessualen Angaben des Beklagten zu 1. gegenüber der Vermieterin und denjenigen anlässlich seiner persönlichen Anhörung vor dem Landgericht Berlin am 6. September 2000 (I, 156) nicht zu folgen ist, der Lastkraftwagen sei plötzlich nach rechts gezogen, dies sei darauf zurückzuführen, dass er über einen Stein gerollt sei. Die Beklagte zu 2. hat ferner mit dem Vortrag des Gutachtens dargetan - auch dies ist unbestritten geblieben -, dass der Ford Transit nicht durch Überfahren eines kleinen oder großen Steines nach rechts ausbrechen konnte. Hiernach kommt es nicht mehr darauf an, ob im Falle einer durch äußere Kraft - einen Stein - bewirkten Bewegung nach rechts sogleich eine Gegenreaktion folgen muss, wie es bei reflexartigen Bewegungen der Fall ist (hierzu vgl. KG, Urteil vom 5. Februar 1990 - 12 U 1033/89 -, S. 3, 24, insoweit nicht abgedruckt in NZV 1991, 73 f.; ferner KG, Urteil vom 23. März 1998 - 12 U 8322/96 -, S. 11). Wegen des vorgetragenen Gutachtens sind ferner alle letztlich unerheblich.

5. Für ein manipuliertes Ereignis typisch - und immer wieder feststellbar - ist es, dass für die Herbeiführung des Schadens ein Klein-Lastkraftwagen angemietet wird (vgl. nur z. B. Senat VerkMitt 1996, 51 Nr. 71). Dadurch wird das Risiko, selbst als Fahrer einen Gesundheitsschaden zu erleiden, praktisch ausgeschlossen. Auch ist es möglich, leichter mit einem solchen Fahrzeug als mit einem Personenkraftwagen einen umfangreicheren Schaden herbeizuführen.

Zwar hatte sich der Beklagte zu 1. in dem Mietvertrag vom 11. August 1999 (II, 47) zu einer Selbstbeteiligung von 950,00 DM für den Schadensfall am Lastkraftwagen verpflichtet. Doch ist nicht ersichtlich, dass er über die geleistete Kaution bzw. Anzahlung von 200,00 DM hinaus nach Abzug des Mietzinses die Selbstbeteiligung erbracht hat oder hat erbringen wollen und können.

Typisch für einen bestellten Unfall ist ferner, dass die Polizei herbeigerufen wird. Dadurch soll der Eindruck erweckt werden, dass alles seine Ordnung hat. Es wird ein auf den ersten Augenblick einleuchtender Grund für das Ereignis genannt. Ausweislich der Verkehrsunfallanzeige vom August 1999 zu des Polizeipräsidenten in Berlin hat der Beklagte zu 1. erklärt, wie er festgestellt habe, sei er über einen kleinen Stein gefahren; deshalb sei die Lenkung nach rechts geschlagen worden.

6. Schließlich ist nicht auf Antrag der Klägerin der Beklagte zu 1. als Zeuge zu ihrer Behauptung zu vernehmen gewesen, der Unfall sei von ihm nicht in Absprache mit ihr, der Klägerin, herbeigeführt worden (S. 1 des Schriftsatzes vom 29. Mai 2002, II, 92). Diese ihre Behauptung kann als richtig unterstellt werden, ohne dass hieran die Annahme eines manipulierten Ereignisses scheitern könnte. Denn in der Regel kennen sich die am Unfall beteiligten Personen nicht, weil Kontakte über Dritte bevorzugt werden (KG, Urteile vom 17. Juni 1996 - 12 U 2152/95 -; 28. Oktober 1996 - 12 U 5745/95 -; 26. Juli 1999 - 12 U 4832/97 -; 14. Februar 2000 - 12 U 6185/98 -; 15. Mai 2000 - 12 U 9704/98 -).

7. Der Schriftsatz der Klägerin vom 27. August 2002 enthält keine neuen Tatsachen, die ein anderes Ergebnis rechtfertigen könnten.

Weil die Entscheidung des Senats nicht auf neuem Vorbringen der Beklagten zu 2. mit Schriftsatz vom 11. September 2002 beruht, war der Klägerin keine Erklärungsfrist zu gewähren.

IV. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 92 Abs. 1, 101, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Hierbei wurde berücksichtigt, dass der Beklagte zu 1. im ersten Rechtszug zur Zahlung von 10.226,75 DM verurteilt worden ist und insoweit die Kosten der - unzulässigen - Berufung für den Beklagten zu 1. durch die Beklagte zu 2. als Nebenintervenientin ausgelöst worden sind, also sie diese zu tragen hat.

V. Die Revision war nach § 543 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 ZPO n.F. in Verbindung mit § 26 Nr. 7 EGZPO nicht zuzulassen, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

Ende der Entscheidung

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