Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 02.09.2004
Aktenzeichen: 12 U 97/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 139
Die Rüge der Verletzung der richterlichen Hinweispflicht (§ 139 ZPO) hat nur dann Erfolg, wenn die Pflichtverletzung für das angefochtene Urteil ursächlich war; daher muss in der Rechtsmittelbegründung angegeben werden, was auf entsprechenden Hinweis des Gerichts hin konkret vorgetragen worden wäre; eine generalisierende Umschreibung des Tatsachenkomplexes, zu dem näher vorgetragen worden wäre, reicht dafür nicht aus.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 12 U 97/03

verkündet am: 02.09.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 2. September 2004 durch den Richter am Kammergericht Hinze als Einzelrichter für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 12. März 2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 4 des Landgerichts Berlin - 4 O 532/02 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Berufungsgericht folgt den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils. Im Hinblick auf das Vorbringen in der Berufung weist es ergänzend auf Folgendes hin:

a) Soweit der Beklagte eine Verletzung der richterlichen Hinweispflicht durch das Landgericht rügt, verhilft dies der Berufung schon deshalb nicht zum Erfolg, weil der erforderliche Ursachenzusammenhang zwischen einer etwaigen Verletzung der Hinweispflicht durch das Landgericht und dem angefochtenen Urteil nicht festgestellt werden kann. Wird eine Verletzung der Prozessleitungspflicht geltend gemacht, so muss in der Rechtsmittelbegründung angegeben werden, was auf entsprechenden Hinweis des erstinstanzlichen Gerichts hin vorgetragen worden wäre (Zöller-Greger, ZPO, 24. Auflage, § 139 Rdnr. 20 m. w. N.). Hierzu reicht es nicht aus, wie der Beklagte es getan hat, in generalisierender Weise zu umschreiben, zu welchem Tatsachenkomplex er näher vorgetragen hätte. Vielmehr hätte er in der Berufungsbegründung denjenigen Vortrag konkret nachholen müssen, den er auf einen entsprechenden Hinweis des Landgerichts in erster Instanz gebracht hätte. Daran fehlt es hier. Zudem ergibt sich bereits aus dem erstinstanzlichen Vorbringen des Beklagten, insbesondere den Kontoaufstellungen vom 10. Oktober 2002 und 24. November 2002 wie die Zahlungen der Klägerin nach Ansicht des Beklagten hätten verrechnet werden müssen. Darüber hinausgehenden Tatsachenvortrag enthält die Berufungsbegründung nicht.

b) Das Berufungsgericht folgt dem Landgericht darin, dass aufgrund der Umstände des Falles von einer durch schlüssiges Verhalten erfolgten Tilgungsbestimmung der Klägerin auszugehen ist, wonach deren Zahlungen zunächst auf die Hauptforderung verrechnet werden sollten. Ohne Erfolg wendet der Beklagte dagegen ein, der vom Landgericht vorgenommenen Auslegung stünde die Rechtskraft des Urteils der Zivilkammer 24 des Landgerichts Berlin vom 22. April 2002 in der Form des Berichtigungsbeschlusses vom 14. Juni 2002 entgegen. Dem Beklagten kann nicht gefolgt werden, wenn er meint, der Umfang der Rechtskraft des Urteils im Ausgangsverfahren bestimme sich ausschließlich nach der - seiner Meinung nach eindeutigen - Urteilsformel. Nach zutreffender Auffassung müssen auch Tatbestand und Entscheidungsgründe und bei nicht streitigen und bestimmten streitigen Urteilen ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe das Parteivorbringen herangezogen werden, wenn der Streitgegenstand und damit der Umfang der Rechtskraft abgegrenzt werden sollen, wobei im Fall der Inkongruenz von Tenor und Gründen die allgemeinen Auslegungsregeln zu beachten sind (BGH NJW 04, 2526, 2527, Zöller-Vollkommer a.a.O. vor § 322 Rdnr. 31 m. w. N.). Zutreffend ist das Landgericht in dem angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass der Tenor des Urteils im Ausgangsverfahren nicht eindeutig ist und sich bei Heranziehung der Urteilsgründe ergibt, dass außergerichtliche Zahlungen der Klägerin auf die Hauptforderung angerechnet wurden (Seite 10 unten des Urteils).

c) Auch soweit der Beklagte mit der Berufung geltend macht, das Landgericht hätte bei seiner Kostenentscheidung hinsichtlich des vom Beklagten in erster Instanz erklärten Teilanerkenntnisses die Vorschrift des § 93 ZPO zu seinen Gunsten anwenden müssen, hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Soweit der Beklagte meint, die Klägerin habe dem Beklagtenschriftsatz vom 26. November 2002 entnehmen können, dass der Beklagte aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss noch Rechte in Höhe einer unverzinslichen Gesamtforderung von 2.768,91 EUR zuzüglich einer monatlich ab 1. Januar 2003 fällig werdenden Schmerzensgeldrente geltend machte, übersieht er, dass die Klägerin sich bereits aufgrund der vom Beklagten vorher eingeleiteten Vollstreckungsmaßnahmen am 7. November 2002 zur Einreichung der Klage veranlasst sehen konnte. Dass der Beklagte im Zeitraum zwischen der Übersendung der einfachen Abschriften der Klageschrift und der Zustellung der Klage erklärt hat, er verzichte wegen einer über den Betrag von 2.768,91 EUR sowie einer ab Januar 2003 zu zahlenden Schmerzensgeldrente auf die Rechte aus dem erwirkten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, steht der Annahme des Landgerichts nicht entgegen, er habe bereits durch sein vorangegangenes Verhalten der Klägerin Anlass zur Klageerhebung gegeben. Im Übrigen hat der Beklagte noch mit Schriftsatz vom 2. Januar 2003 angekündigt, er werde die insgesamte Klageabweisung beantragen, ohne hierbei eine Einschränkung vorzunehmen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).

3. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EGZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück