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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 08.04.2008
Aktenzeichen: 12 W 16/08
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 861
ZPO § 924
ZPO § 926 Abs. 1
ZPO § 927
Für den Antrag des Schuldners nach § 926 Abs. 1 ZPO fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der zu sichernde Anspruch auf Rückgabe der durch verbotene Eigenmacht (§ 861 BGB) erlangten Sache (hier: Ladengeschäft) infolge Erfüllung durch den Schuldner erloschen ist; richtiger Rechtsbehelf des Schuldners in einem solchen Falle ist der Widerspruch (§ 924 ZPO) oder der Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände (§ 927 ZPO).
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 12 W 16/08

08.04.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Grieß als Einzelrichter (§ 568 ZPO) am 8. April 2008 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners vom 18. März gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 27. Februar 2008 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert wird auf 34.348,20 EUR festgesetzt.

Gründe:

A.

Der Antragsgegner (Untervermieter) ist durch Beschluss der Zivilkammer 32 des Landgerichts Berlin vom 8. Januar 2008 im Wege der einstweiligen Verfügung verpflichtet worden, dem Antragsteller (Untermieter) den Besitz an einem Ladengeschäft einzuräumen, den er dem Antragsteller zuvor durch verbotene Eigenmacht (§ 861 BGB) entzogen hatte.

Auf Antrag des Antragsgegners vom 9. Januar 2008 hat der Rechtspfleger mit Beschluss vom 16. Januar 2008 nach §§ 926, 936 ZPO angeordnet, dass der Antragsteller binnen einer Frist von 3 Wochen Hauptsacheklage zu erheben habe und diese Frist später verlängert.

Mit seiner Erinnerung vom 1. Februar 2008 hat der Antragsteller geltend gemacht, er habe noch am Tage des Erlasses der einstweiligen Verfügung am 8. Januar 2008 den Besitz an dem von ihm gemieteten Ladengeschäft wiedererlangt, so dass ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 926 Abs. 1 ZPO nicht bestanden habe.

Auf diese Erinnerung hat der Rechtspfleger seinen Beschluss vom 16. Januar 2008 durch weiteren Beschluss vom 27. Februar 2008 aufgehoben mit der Begründung, eine Fristsetzung nach § 926 ZPO sei unzulässig, wenn es an einem Rechtsschutzbedürfnis oder an einem noch zu sichernden Anspruch fehle; dies sei hier der Fall, weil der Antragsteller nach Erlass der einstweiligen Verfügung den Besitz zurück erlangt habe und es daher sinnlos sei, den Antragsteller in eine aussichtslose Hauptsacheklage zu zwingen.

Dem Antragsgegner bleibe es unbenommen, das Widerspruchsverfahren (§ 924 ZPO) oder das Verfahren nach § 927 ZPO zu betreiben.

Gegen diesen ihm am 4. März 2008 zugestellten Beschluss vom 27. Februar 2008 wendet sich der Antragsgegner mit der 18. März bei dem Landgericht eingegangenen Beschwerde.

Mit dieser macht er u.a. geltend, der Antragsteller entziehe sich in rechtswidriger Art und Weise der Rückgabe der Mieträume und leiste keine Mietzahlungen.

Soweit sich der Antragsteller (Gläubiger) auf den Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses berufe, sei seine Erinnerung unzulässig gewesen, da bei Wegfall des zu sichernden Anspruchs richtiger Rechtsbehelf der nach §§ 924, 927 ZPO sei.

Durch Beschluss vom 27. März 2008 hat der Rechtspfleger der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Kammergericht zur Entscheidung vorgelegt.

B.

Die Zurückweisung der nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 567 ZPO zulässigen Beschwerde (vgl. Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 926 Rn 21) erfolgt aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses sowie des Nicht - Abhilfe - Beschlusses vom 27. März 2008.

Es sind keine Rechtsfehler oder Ermessensfehler der angefochtenen Entscheidung festzustellen.

So fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag nach § 926 Abs. 1 ZPO, wenn von der einstweiligen Verfügung für den Schuldner keine Gefahr mehr ausgeht oder die Aufhebung der einstweiligen Verfügung auf einfacherem Weg - ohne den Umweg über das Hauptsacheverfahren - möglich ist.

Dies ist auch dann der Fall, wenn der zu sichernde Anspruch auf jeden Fall weggefallen ist (richtiger Rechtsbehelf des Schuldners dann § 924 ZPO oder § 927 ZPO), wenn also der Schuldner in der Zwischenzeit erfüllt hat und der allein auf Besitzschutz (§ 861 BGB) gestützten Herausgabeverfügung voll entsprochen wurde (vgl. Zöller, aaO, § 926 Rn 12 m. w. N.; Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 926 Rn 7). Diese Grundsätze hat das Landgericht zutreffend angewandt.

Es verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg, wenn der Antragsgegner in seinem der Beschwerde beigefügten Schriftsatz vom 22. Februar 2008 zutreffend darauf hinweist, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Anordnung des Beschlusses vom 16. Januar 2008 der Zeitpunkt des Erlasses dieses Beschlusses (16. 01. 2008) ist.

Denn bereits bei Erlass des Beschlusses vom 16. Januar 2008 hat dem Antragsgegner das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 926 ZPO gefehlt, weil er - unstreitig - bereits am 8. Januar 2008 der allein auf Besitzschutz gestützten Herausgabeverfügung entsprochen hat.

Auch soweit der Antragsgegner in demselben Schriftsatz unter Berufung auf Zöller, ZPO, § 926 Rn 12, geltend macht, bei Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses seien Maßnahmen nach § 924 oder § 927 ZPO der richtige Rechtsbehelf, trifft dies zwar in vollem Umfang zu.

Es bedeutet indes, dass ihm, dem Antragsgegner und Beschwerdeführer, diese Rechtsbehelfe offen stehen, wenn er meint, die gegen ihn gerichtete einstweilige Verfügung sei zu Unrecht ergangen; in diesem Fall kann er nämlich nach § 924 ZPO Widerspruch einlegen oder nach § 927 ZPO die Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände beantragen.

Darauf hat bereits das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss vom 27. Februar 2008 zutreffend hingewiesen.

Soweit der Antragsgegner meint, der Antragsteller müsse zur Erhebung der Hauptsacheklage gezwungen werden, weil er sich in rechtswidriger Weise der Rückgabe der Mietsache entziehe, verhilft auch dies der Beschwerde nicht zum Erfolg.

Denn es war nicht der Antragsteller (Untermieter), der sich im Wege verbotener Eigenmacht den Besitz an der Mietsache verschafft hat, sondern dies war der Antragsgegner und Beschwerdeführer (Untervermieter).

Wenn dieser nun meint, ihm stehe ein Herausgabeanspruch gegen seinen Untermieter zu, entspricht es der Rechtsordnung, dass er sein Herausgabeverlangen im ordentlichen Verfahren geltend macht.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1.

Ende der Entscheidung

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