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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 31.07.2001
Aktenzeichen: 13 U 4954/00
Rechtsgebiete: KStG, BGB, ZPO


Vorschriften:

KStG § 47 Abs. 1
BGB §§ 249 ff.
ZPO § 304 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 13 U 4954/00

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 31. Juli 2001

hat der 13. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Kammergericht Hochgräber und der Richterinnen am Kammergericht Scheer und Freymuth-Brumby auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juni 2001 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 3. Mai 2000 geändert:

Der Klageanspruch ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Tatbestand:

Der Kläger als Konkursverwalter nimmt den Beklagten als früheren Steuerberater der Gemeinschuldnerin auf Schadenersatz wegen Vertragsverletzung durch fehlerhafte Beratung in Anspruch.

Die Gemeinschuldnerin, über deren Vermögen am 11. Dezember 1996 das Konkursverfahren eröffnet wurde, war mit Gesellschaftsvertrag vom 21. Dezember 1990 mit einem Stammkapital von 50.000,00 DM gegründet worden. Gründungsgesellschafter zu je 50 % und gleichzeitig Geschäftsführer waren und. Neben diesen hatte die Gesellschaft einen weiteren Geschäftsführer.

Der Beklagte war seit der Gründung der nachmaligen Gemeinschuldnerin als deren alleiniger Steuerberater bis zum Ablauf des Geschäftsjahres 1992 mit den steuerlichen Angelegenheiten der Gemeinschuldnerin betraut. Ein schriftlicher Vertrag wurde nicht abgeschlossen. Bilanz und Steuererklärungen für 1992 erstellte der Beklagte für die Gemeinschuldnerin noch im Jahre 1993, obwohl seit Anfang 1993 - etwa zeitgleich mit der Sitzverlegung der nachmaligen Gemeinschuldnerin nach - eine ortsansässige Steuerberatungs GmbH mit der steuerlichen Beratung der Gemeinschuldnerin beauftragt war.

Zwischen der Gemeinschuldnerin und den beiden Gesellschafter-Geschäftsführern bestanden gleichlautende schriftliche Geschäftsführerverträge vom 30. Januar 1992. Das Vertragsverhältnis sollte hiernach mit dem 1. Januar 1992 beginnend auf unbestimmte Zeit geschlossen sein. Nach dem "Bezüge" überschriebenen § 2 Abs. 1 lit. a sollte der Geschäftsführer jeweils für seine Tätigkeit erhalten:

"Ein festes Jahreshonorar in Höhe von DM 350.000, zahlbar gegen Rechnung zuzüglich Umsatzsteuer. Die Jahresvergütung bemißt sich nach einem monatlichen Honorar i.H.v. DM 25.000,- für zwölf Monate zuzüglich zweier Sonderzahlungen als Urlaubs- und Weihnachtsgeld in gleicher Höhe. Der Betrag ist entweder durch monatliche Teilrechnungen zu erheben oder in der zweiten Jahreshälfte eines jeden Jahres in einer Summe."

In § 2 Abs. 4 des Vertrages heißt es:

"Bei der Festsetzung des Jahresgehaltes ist von einem Jahresumsatz bis zu 10 Mio DM ausgegangen worden ...".

In Abs. 1 lit. b derselben Vorschrift ist eine Tantiemeregelung enthalten, wonach eine Tantieme als Anteil am Jahresgewinn der Gesellschaft in Höhe von 25% des körperschaftssteuerlichen Gewinns nach näherer Berechnungsmaßgabe (§ 2 Abs. 2) gezahlt werden sollte.

Die Geschäftsführerverträge, insbesondere die freiberuflichen Einkünfte eines Gesellschafter-Geschäftsführers und die Umstände, unter denen diese nach der Rechtsprechung des BFH dem Einkommen der GmbH als verdeckte Gewinnausschüttungen hinzuzurechnen sind, wurden von dem Beklagten in Schreiben vom 8. Juli und 17. September 1992 an den die GmbH damals beratenden Rechtsanwalt; Dipl.-Betriebswirt und Fachanwalt für Steuerrecht, angesprochen. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH - ohne Fundstellennachweis - und auf einen Erlass des Finanzministeriums in deren Folge weist der Beklagte auf die Notwendigkeit hin, Abgrenzungen der Nebentätigkeiten der Gesellschafter-Geschäftsführer in die Satzung aufzunehmen, da die Genehmigung derartiger Nebentätigkeiten im Geschäftsführervertrag nicht mehr ausreichend sei. Wegen der Einzelheiten dieser Schreiben wird auf die Anlagen K5 und K6 Bezug genommen. Das Problem verdeckter Gewinnausschüttung im Zusammenhang mit den Geschäftsführergehältern war auch Gegenstand von Schreiben des Beklagten an die Gemeinschuldnerin vom 6. Dezember 1993 (K8) und - undatiert - mit Eingangsdatum 17. Dezember 1993 (K9) sowie eines Schreibens an den Gesellschafter-Geschäftsführer H vom 28. Oktober 1993 (Anlage K2).

Die Vergütung der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer für das Jahr 1992 wurde im September desselben Jahres in Höhe von je 399.000,00 DM einschließlich Umsatzsteuer gezahlt. Später wurde die Umsatzsteuer storniert und für beide Gesellschafter-Geschäftsführer von der Gesellschaft Lohn- und Kirchensteuer auf die Geschäftsführerbezüge nachentrichtet. Auch hierauf bezieht sich das Schreiben des Beklagten an die Gemeinschuldnerin vom 17. Dezember 1993 (Eingangsdatum).

Unter dem 16. März 1993 wurden mit Wirkung vom 1. Januar 1993 mit den Gesellschafter-Geschäftsführern neue Geschäftsführer-Anstellungsverträge geschlossen; auf die zu den Akten gereichte Ablichtung eines Exemplars (Bl. 140-144) wird verwiesen.

In einem auf den 18. August 1997 datieren Bericht stellte das Finanzamt für Großbetriebsprüfung h nach Abschluss einer Betriebsprüfung bei der Gemeinschuldnerin fest, bei dieser lägen in Höhe des Aufwandes für die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer (laufende Bezüge einschließlich Sonderzahlungen und Tantiemen) in Höhe von 1.101.618,00 DM verdeckte Gewinnausschüttungen für das Jahr 1992 vor. Zur Begründung wird in dem Bericht ausgeführt, für das Jahr 1992 hätten steuerlich wirksame Anstellungsverträge mit den Gesellschafter-Geschäftsführern nicht vorgelegen, weshalb - und u.a. auch wegen fehlender monatlicher Auszahlung der Nettobezüge und Abführung der Lohnsteuer - die Vergütungen für die Geschäftsführer nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt werden könnten und die Anrechnung von Körperschaftssteuer zu versagen sei; auf die Anlage K12 wird wegen der Einzelheiten verwiesen.

Im Anschluss an die Außenprüfung durch das vorgenannte Finanzamt forderte das Finanzamt E mit Bescheid über Körperschaftssteuer vom 10. September 1996 von der nachmaligen Gemeinschuldnerin für das Jahr 1992 Körperschaftssteuer in Höhe von insgesamt 611.666,00 DM nach (K13). Gegen diesen Bescheid sowie gegen den gleichzeitig erlassenen Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 KStG und die Abrechnung zur Körperschaftssteuer für 1992 sowie den Bescheid über Zinsen hat die GmbH/Gemeinschuldnerin zunächst Einspruch eingelegt. Zu diesen Einsprüchen hat das Finanzamt Brühl, Rechtsbehelfsstelle, unter dem 28. Januar 1998 gegenüber dem Konkursverwalter Stellung genommen und um Prüfung gebeten, ob nach der dargelegten Rechtsauffassung die Einsprüche zurückgenommen werden. Im Einvernehmen mit dem Beklagten (Schreiben des Beklagten an den Kläger vom 3. März 1998 - K18) hat der Kläger die gegen die Körperschaftssteuer- und Gewerbessteuerbescheide eingelegten Einsprüche zurückgenommen. Der endgültige Bescheid des Finanzamts erging am 9. Juli 1998 und bestätigte die Steuerschuld der GmbH - Körperschaftssteuer zuzüglich Zinsen und Solidaritätszuschlag - in Höhe von insgesamt 611.936,30 DM (K11).

Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom 18. August 1998 (Anlage K20) die Gewerbesteuer für 1992 einschließlich Zinsen auf 218.937,00 DM fest.

Auf Grund der Bescheide des Finanzamts vom 10. September 1996 hatte sich die GmbH als zahlungsunfähig angesehen und die Eröffnung des Konkursverfahrens über ihr Vermögen beantragt.

Der Kläger hat behauptet, der Beklagte habe der nachmaligen Gemeinschuldnerin geraten, für die Geschäftsführer eine Vergütung auf Honorarbasis zu vereinbaren. Auf das besondere Risiko einer solchen Vereinbarung habe er nicht hingewiesen. So habe er nicht auf die Gefahr einer verdeckten Gewinnausschüttung bei jährlicher Zahlungsweise und nicht darauf hingewiesen, dass die Rechtsprechung Betriebsausgaben für Geschäftsführervergütungen nur anerkenne, wenn ein üblicher Angestelltenvertrag abgeschlossen werde. Der Beklagte habe es auch versäumt, die GmbH zur angemessenen Höhe der Vergütung und zur Lohnsteuerpflicht zu beraten. Bei richtiger Beratung durch den Beklagten, so behauptet der Kläger, wäre eine Geschäftsführervergütung vereinbart worden, die nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung geführt hätte. Die hierin zu sehende Pflichtverletzung sei fahrlässig und habe bei der Gemeinschuldnerin eine Steuerlast wegen verdeckter Gewinnausschüttung verursacht, die diejenige, die bei richtiger Beratung ohne verdeckte Gewinnausschüttung entstanden wäre, in Höhe der Klageforderung übersteige. Der Kläger hat sich zur Schadensaufstellung und -berechnung auf eine Tabelle (Bl. 15-16 d.A.) bezogen, in der für das Jahr 1992 Gewerbe- und Körperschaftssteuer nebst den jeweiligen Zinsen einmal unter Berücksichtigung von verdeckter Gewinnausschüttung und sodann ohne verdeckte Gewinnausschüttung gegenübergestellt und die Differenz jeweils errechnet ist. Die Differenz beläuft sich insgesamt auf 650.048,00 DM, das ist der mit der Klage geltend gemachte Betrag.

Vorsorglich hat der Kläger seine Klage darauf gestützt, durch die Nichtentrichtung der Lohnsteuer für beide Gesellschafter-Geschäftsführer für das Jahr 1992 sei auf Grund der Progression ein Mehrbetrag von 307.642,00 DM entstanden, den er hilfsweise geltend mache.

Darüber hinaus sei die nachträglich festgestellte verdeckte Gewinnausschüttung ursächlich für den Konkursantrag der GmbH/Gemeinschuldnerin gewesen; diesen Schaden könne er jedoch noch nicht beziffern, so dass er zunächst nur einen Teilbetrag in Höhe der o.g. Klageforderung geltend mache.

Der Beklagte, der Klagabweisung beantragt hat, hat vorgetragen: Die Geschäftsführerverträge mit Datum 30. Januar 1992 seien rückdatiert. Denn er habe im Rahmen seiner steuerlichen Beratungstätigkeit den Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin ab März 1992 regelmäßig bei seinen 14-täglichen Besuchen in deren Geschäftsräumen ermahnt, es müssten Geschäftsführerverträge geschlossen werden. Dabei habe er auch darauf hingewiesen, dass er die Verträge nicht entwerfen dürfe, da er nicht zur Rechtsberatung befugt sei; er habe daher auf den für die Gemeinschuldnerin tätigen Rechtsanwalt verwiesen. Dieser hätte auf die Problematik der verdeckten Geschäftsführung selbst hinweisen müssen.

Er, der Beklagte, habe die Verträge erst als Anlage zur Klageschrift kennengelernt. Bis zur Auszahlung der Beträge habe er keinen Anlass gehabt, die Geschäftsführerverträge zu prüfen, da die GmbH in der Anlaufphase ihrer Geschäftstätigkeit ohnehin nicht die Mittel gehabt habe, Zahlungen zu leisten. Gleichwohl habe er den Geschäftsführern der Gemeinschuldnerin erklärt, eine angemessene Geschäftsführervergütung könne als Tätigkeitsvergütung und/oder als Funktionsvergütung bemessen werden. Aus Anlass einer BFH-Entscheidung habe er darauf hingewiesen, die Abgrenzung von reiner Geschäftsführertätigkeit und anderer daneben auf Honorarbasis erbrachter Tätigkeiten müsse klar in der Satzung geregelt werden.

Von der Auszahlung der Honorare an die Gesellschafter-Geschäftsführer habe er mit monatelanger Verspätung erst durch seinen Buchhalter erfahren, als dieser schließlich von der Gemeinschuldnerin die Unterlagen für die Buchführung erhalten habe.

Der Beklagte hat die Entstehung eines Schadens durch seine Tätigkeit für die GmbH geleugnet. Denn aus der von ihm vorgenommenen Verbuchung und steuerlichen Gestaltung der Einmalzahlungen an die Gesellschafter-Geschäftsführer, die das Finanzamt nicht anerkannt habe, könne ein Ersatzanspruch gegen ihn nicht hergeleitet werden. Bei richtiger Sachbehandlung wären sowohl Körperschafts- als auch Gewerbesteuer in der Höhe festgesetzt worden, die das Finanzamt schließlich für richtig gehalten und nacherhoben habe. Zudem sei die Geschäftsführervergütung überhöht und wäre vom Finanzamt in dieser Höhe jenseits der Angemessenheitsgrenze ohnehin als verdeckte Gewinnausschüttung angesehen worden. Diese Grenze richte sich nach dem wirtschaftlichen Erfolg der GmbH. Das gelte - mit zeitlicher Verschiebung und höherer Steuerlast wegen geringerer Berlin-Ermäßigung - auch für die steuerliche Behandlung der Tantieme. Wäre aber die Auszahlung von vornherein als Vorabausschüttung behandelt worden, würde die GmbH/Gemeinschuldnerin höhere Liquiditätsnachteile erlitten haben, da zusätzlich noch Kapitalertragssteuer in Höhe von 266.000,00 DM abzuführen gewesen wäre Die Festsetzungszinsen seien kein Schaden im Rechtssinne, da die Steuerschuldnerin durch die spätere Festsetzung Vorteile gehabt habe, die nur zum Teil durch die Verzinsung wieder aufgehoben worden seien. Die nachträgliche Abführung der Lohnsteuer stelle für die GmbH keinen Schaden dar, da die Lohnsteuer nicht von ihr getragen, sondern den Arbeitnehmern regelmäßig von der Vergütung abgezogen werde.

Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat durch sein am 3. Mai 2000 verkündetes Urteil die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers.

Er rügt die Verletzung seines rechtlichen Gehörs, da das Landgericht nicht durch entsprechende Hinweise auf die für erforderlich gehaltene weitere Konkretisierung seines Sachvortrags hingewiesen und die Klagabweisung im Wesentlichen auf angeblich unsubstantiierte Schadensberechnung gestützt habe.

Der Kläger wiederholt sein Vorbringen aus dem ersten Rechtszug und trägt weiter vor:

Der Beklagte suche zu Unrecht seine Beratungspflichten der GmbH gegenüber zu leugnen, insbesondere habe dieser sich nicht darauf verlassen dürfen, der mit der Gestaltung der Geschäftsführerverträge ebenfalls befasste Rechtsanwalt werde dies unter Vermeidung verdeckter Gewinnausschüttungen besorgen, denn dieser sei nicht im Auftrag der nachmaligen Gemeinschuldnerin, sondern im Auftrag der Gesellschafter-Geschäftsführer tätig geworden. Rechtsanwalt habe sich daher um die steuerliche Behandlung der nach den Verträgen zu leistenden Zahlungen der GmbH nicht zu kümmern brauchen.

Spätestens anlässlich der Buchung der gezahlten Honorare an die Geschäftsführer hätte der Beklagte auf der Vorlage der Verträge und auf der Behandlung der Zahlungen als offene Gewinnausschüttung bestehen sowie auf die steuerlichen Folgen hinweisen müssen.

Bei richtiger Beratung hinsichtlich der Geschäftsführerverträge wären die Zahlungen von insgesamt 1.101.618,00 DM als für Talkshow-Produktionen branchenmäßig der Höhe nach angemessene Geschäftsführergehälter als Betriebsausgabe unbeanstandet anerkannt worden. Sie hätten jedoch nicht als Honorar bezeichnet werden dürfen und hätten in gleichmäßigen Raten erbracht werden müssen, um der Üblichkeit und damit der Vergleichbarkeit zu genügen. Zu entsprechenden monatlichen Zahlungen wäre die Gemeinschuldnerin im Jahre 1992 unter Berücksichtigung ihrer Kreditfähigkeit auch in der Lage gewesen. Im Übrigen hätte sie ohne nachhaltige steuerliche Auswirkungen die Gehälter bei angemessener Abschlagszahlung bis September 1992 stunden können (sachverständiges Zeugnis und Sachverständigengutachten). Der Anerkennung als Betriebsausgabe hätte nicht entgegengestanden, dass möglicherweise die monatlichen Zahlungen wegen Liquiditätsengpässen nicht stets pünktlich erfolgt wären (Beweis: wie vor). Das gelte entsprechend für die Gewinntantieme, die nach dem Wortlaut des Betriebsprüfungsberichts nur deshalb nicht als Betriebsausgabe anerkannt worden sei, weil ein steuerlich wirksamer Arbeitsvertrag nicht vorgelegen habe. Der Höhe nach sei die Tantieme nicht zu beanstanden gewesen.

Auch wenn die Gemeinschuldnerin im Jahre 1992 anstelle der Honorarzahlungen an die Gesellschafter-Geschäftsführer offene Gewinnausschüttungen geleistet hätte, wäre ihre Belastung mit Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer geringer gewesen (Beweis: sachverständiges Zeugnis und Sachverständigengutachten).

Zudem seien die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer auf die Zahlungen im Jahre 1992 nicht angewiesen gewesen (Beweis: sachverständiges Zeugnis Steuerberaterin). Die Gemeinschuldnerin habe also nicht aus wirtschaftlicher Notwendigkeit, sondern aus der Erwägung heraus gezahlt, sie werde die Zahlungen in voller Höhe als Betriebsausgaben geltend machen können.

Der Kläger führt für seinen Vollstreckungsschutzantrag Massearmut an und beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 650.048,00 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

hilfsweise

ihm Vollstreckungsschutz ohne Sicherheitsleistung zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise

ihm durch Bankbürgschaft Vollstreckungsschutz für einen 500.000,00 DM übersteigenden Betrag zu gewähren.

Auch er wiederholt sein Vorbringen aus dem ersten Rechtszug einschließlich der Beweisangebote und trägt weiter vor:

Alsbald nach Gründung der GmbH, der Gemeinschuldnerin, sei er mit dem weiteren Geschäftsführer nach geflogen, um im Privathaus des Gesellschafter-Geschäftsführers und in Anwesenheit des Gesellschafter-Geschäftsführers die Aufgabenverteilung zwischen seinem Steuerbüro und der Gesellschaft zu besprechen. In dieser Besprechung habe er die Gesellschafter darauf hingewiesen, zur Vermeidung von steuerlichen Nachteilen müssten vor jeglicher Zahlung an die Gesellschafter Verträge abgeschlossen werden. Er habe einen angemessenen Vergütungsbetrag für die Geschäftsführer nicht vorzuschlagen vermocht, da er vor allem den Wert von Erst- und Zweitverwertungsrechten nicht habe bestimmen können. Da aber Rechtsanwalt viele Künstler beraten habe und seit Jahren Vertrauensanwalt des Gesellschafters gewesen sei, habe er auch die Verträge aufsetzen sollen. Nur der Geschäftsführer habe schon bei Aufnahme seiner Tätigkeit einen von Rechtsanwalt aufgesetzten Geschäftsführervertrag bekommen (Beweis:).

Der Beklagte meint, die Geschäftsführergehälter für die beiden Gesellschafter seien nicht üblich, sondern nach damaligen Verhältnissen weit überhöht und nicht angemessen gewesen. Die nachmalige Gemeinschuldnerin sei auch in den ersten acht Monaten des Jahres 1992 nicht in der Lage gewesen, die vereinbarten Gehälter in monatlichen Raten aufzubringen. Das sei ihr erst nach Veräußerung der Pilotsendung und nach den entsprechenden Folgeaufträgen von SAT 1 möglich gewesen. Er, der Beklagte, habe auf den Abschluss von Geschäftsführerverträgen gedrängt, so insbesondere zum Ende der Pilotphase, wie sich aus seinem Schreiben vom 8. Juli 1992 an Rechtsanwalt ergebe.

Nach alledem habe die Auszahlung von 798.000,00 DM im September 1992 seiner grundsätzlichen Beratung zum Abschluss von Verträgen widersprochen. Dass die Zahlung nicht auf seine Beratung zurückgeführt werden könne, erhelle auch aus der Tatsache, dass die Überweisungen nicht von dem für den Zahlungsverkehr zuständigen Geschäftsführer sondern von den Gesellschafter-Geschäftsführern selbst angewiesen worden seien. Davon sei ebenso überrascht wie darüber entsetzt gewesen. Die Zahlungen hätten entsprechend früherer Abmachungen erst nach Verlauf der Pilotphase erfolgen sollen.

Der Beklagte bestreitet auch die Höhe des geltend gemachten Schadens (Sachverständigengutachten - Bl. 163) und weist auf Mitverschulden der Gemeinschuldnerin hin.

Zu seinem Vollstreckungsschutzantrag macht der Beklagte geltend, er sei mit 500.000,00 DM haftpflichtversichert; wenn er infolge vollständigen Obsiegens des Klägers nicht mehr in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebe, drohe ihm der Entzug seiner Zulassung als selbständiger Steuerberater.

Wegen des Parteivorbringens im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 22. Dezember 2000, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, durch uneidliche Vernehmung der Zeugen und des Rechtsanwalts. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 16. März und 19. Juni 2001 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat dem Grunde nach Erfolg.

Dem Kläger steht ein Anspruch gegen den Beklagten wegen schuldhafter Verletzung eines Steuerberatervertrages mit der Gemeinschuldnerin nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung zu (§§ 242, 249, 675 Abs. 1 BGB).

Dass zwischen dem Beklagten und der nachmaligen Gemeinschuldnerin ein Steuerberatungsvertrag im Sinne eines Geschäftsbesorgungsvertrages mit Dienstleistungscharakter (§ 675 Abs. 1 BGB) bestand, ist unstreitig, und zwar war der Beklagte jedenfalls alsbald nach Gründung der GmbH Ende 1990 bis zum Ende 1992 von dieser als Steuerberater mandatiert. Nach eigener Darstellung hat er mit der Ende 1993 übersandten Bilanz und den Steuererklärungen für 1992 seine Arbeit für die Gemeinschuldnerin beendet.

Ein schriftlicher Vertrag über die Steuerberatungstätigkeit des Beklagten wurde mit der Gemeinschuldnerin nicht geschlossen. Der Umfang des Dauermandats ist jedoch nach den gegebenen Umständen wie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme als allumfassend geklärt. Schon weil der Beklagte bis zum Ende des Jahres 1992 der einzige Steuerberater der GmbH/Gemeinschuldnerin war, ist allein schon von einer allumfassenden steuerlichen Betreuung durch den Beklagten auszugehen. Desweiteren hat der Gründungsgesellschafter und Geschäftsführer der vormaligen GmbH, als Zeuge bekundet, der Beklagte sei bereits vor der Gründung der GmbH sowohl sein persönlicher Steuerberater als auch Steuerberater für eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an der er beteiligt gewesen sei, gewesen und habe ihn neben der Erledigung der Finanzbuchhaltung und der Fertigung seiner Steuererklärung in allen steuerlichen Fragen zu beraten gehabt. Der Aufgabenkreis, den der Beklagte als Steuerberater für ihn persönlich wahrnahm, habe von diesem auch als Steuerberater der GmbH übernommen werden sollen. Dieser Aufgabenkreis ist auch durch die Aussagen des anderen Gründungsgesellschafters und Geschäftsführers sowie durch die Aussage des kaufmännischen Geschäftsführers K als Zeugen bestätigt worden.

Zu der allumfassenden steuerlichen Beratung, mit der der Beklagte mandatiert war, gehörte auch die Beratung hinsichtlich der Gestaltung der Geschäftsführerverträge für die Gesellschafter-Geschäftsführer. Denn für diese waren Anstellungsverträge, das ist unstreitig, bei Beginn der Tätigkeit des Beklagten für die Gemeinschuldnerin noch nicht abgeschlossen worden. Für eine GmbH birgt aber die Gestaltung der Anstellungsverträge für Gesellschafter-Geschäftsführer, zumal wenn es um besonders hohe Vergütungen und die Kombination von Festgehalt und erfolgsabhängigen Tantiemen geht, besondere steuerliche Risiken der verdeckten Gewinnausschüttung (vgl. Jaeger, Der Anstellungsvertrag des GmbH-Geschäftsführers, 4. Aufl., S. 108 ff., 111).

Es ist auch unstreitig, dass der Beklagte beratende Tätigkeit hinsichtlich der steuerlichen Probleme im Zusammenhang mit der Vergütung der Gesellschafter-Geschäftsführer, insbesondere im Hinblick auf die zusätzliche Zahlung von Tantiemen, entfaltete. So hat er die Problematik einer verdeckten Gewinnausschüttung, die sich insbesondere aus der Höhe und den Auszahlungsmodalitäten der Geschäftsführergehälter für die nachmalige Gemeinschuldnerin ergaben, mit dem kaufmännischen Geschäftsführer und dem die Gemeinschuldnerin beratenden Rechtsanwalt erörtert. Das wird sowohl durch die Schreiben des Beklagten an Rechtsanwalt vom 8. Juli und 17. September 1992 (K5 und K6) und das Antwortschreiben von Rechtsanwalt an den Beklagten vom 28. Juli 1992 (B3) als auch durch ein Schreiben des Geschäftsführers an den Beklagten vom 27. Mai 1992 (B2) wie durch dessen Zeugenaussage bestätigt.

Schließlich waren auch noch im Jahre 1993 die steuerrechtlichen Probleme im Zusammenhang mit den Gehältern der Gesellschafter-Geschäftsführer Gegenstand von schriftlichen Erörterungen zwischen der Gemeinschuldnerin und dem Beklagten, wie sich aus dem Schreiben der GmbH an den Beklagten vom 27. Oktober 1993 (K7) und dem Schreiben des Beklagten an die Gesellschaft vom 6. Dezember 1993 (K8) und dem undatierten weiteren Schreiben des Beklagten an die GmbH, Eingangsstempel 17. Dezember 1993 (K9), ergibt.

Dass der Beklagte behauptet, nicht er, sondern nach seiner Ansicht der die Gesellschaft in Rechtsangelegenheiten beratende Rechtsanwalt habe die Gesellschafter-Geschäftsführerverträge abgefasst, ist zum einen nicht erwiesen, vermag zum anderen den Beklagten aber auch von seiner mandatsbezogenen steuerlichen Beratungspflicht nicht zu befreien.

Die nach Darstellung des Beklagten im Frühjahr 1992 von ihm veranlasste Besprechung des Abschlusses und der Gestaltung der Anstellungsverträge für die Gesellschafter-Geschäftsführer in den Räumen des Rechtsanwalts bei der neben ihm auch die drei damaligen Geschäftsführer, nämlich die Gesellschafter und und der kaufmännische Geschäftsführer zugegen gewesen seien, ist durch die Beweisaufnahme nicht bestätigt. Weder die als Zeugen vernommenen drei Geschäftsführer noch auch der ebenfalls als Zeuge vernommene Rechtsanwalt haben eine derartige Zusammenkunft in Erinnerung, sondern nur einen einzigen gemeinsamen Besuch bei Rechtsanwalt vor Gründung der Gesellschaft zwecks Abschlusses des Gesellschaftsvertrages, bei dem aber der Beklagte nicht zugegen war. Rechtsanwalt hat sich bei der Verneinung einer solchen - weiteren - Zusammenkunft im Frühjahr 1992 auf seinen nach seiner Darstellung akribisch geführten Terminskalender gestützt und im Übrigen ausgeschlossen, dass die Geschäftsführerverträge aus seinem Büro stammten.

Wer die Geschäftsführerverträge abgefasst hat, kann schließlich dahin stehen. Denn entscheidend ist, dass der Beklagte aus seiner Stellung als alleiniger Steuerberater der GmbH/Gemeinschuldnerin allumfassende Beratungspflichten hatte, gleich wer die Geschäftsführerverträge letztlich abfasste und formulierte. Aus dieser Stellung und Verantwortung für die GmbH war die Belehrung des Beklagten gefordert, soweit der GmbH in ihrer Gestaltung erkennbar rechtliche, wirtschaftliche oder steuerliche Risiken drohten (vgl. Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 3. Aufl., Rdn. 259).

Selbst wenn ein Dritter mit der Abfassung der Geschäftsführerverträge für die beherrschenden Gesellschafter betraut war, so war doch der Beklagte aus seiner Stellung als Steuerberater der Gesellschaft von deren Gründung an allein schon aus dieser Stellung verpflichtet, die Gestaltung unter steuerlichen Gesichtspunkten beratend zu begleiten und mögliche Risiken - auch ungefragt - offenzulegen, den nach den Umständen sichersten Weg zu dem erstrebten steuerlichen Ziel aufzuzeigen und sachgerechte Vorschläge hierzu zu unterbreiten (vgl. Gräfe. a.a.O. und BGH NJW 1998, 1486 ff.; s. auch Zugehör, Sonderbeilage WM 4/2000 S. 8 V11, S. 9 VI 2 c). So hat der Beklagte seine Rolle offensichtlich auch selbst aufgefasst, wie sich aus seinen Schreiben an Rechtsanwalt vom 8. Juli und 17. September 1992 (K5 und K6) ergibt. Insbesondere muss der Steuerberater seinen Auftraggeber möglichst vor Schaden bewahren und deswegen den nach den Umständen sichersten Weg zu dem erstrebten steuerlichen Ziel aufzeigen und sachgerechte Vorschläge unterbreiten. Diese Aufgabe schließt die Pflicht ein, den Mandanten auf die Gefahr einer Steuerbelastung aus verdeckter Gewinnausschüttung hinzuweisen und dieser Gefahr durch geeignete Maßnahmen und Empfehlungen entgegenzuwirken (BGH a.a.O. m.w. Rechtsprechungsnachweisen). Bei Raterteilung aus seinem Verantwortungsbereich heraus muss der Steuerberater klar und eindeutig sein.

Zuwendungen an beherrschende Gesellschafter werden nach lange anerkannter steuerrechtlicher Praxis nur unter strengen Voraussetzungen als Betriebsausgaben anerkannt. Hierfür ist insbesondere der Nachweis erforderlich, dass die Gesellschaft denselben Vorteil auch einem Nichtgesellschafter-Geschäftsführer erbracht hätte. Dafür wiederum ist Voraussetzung, dass die Zuwendung im voraus klar vereinbart, zivilrechtlich wirksam, der Höhe nach angemessen und tatsächlich auch gezahlt worden ist. Anderenfalls kann eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen, die das zu versteuernde Einkommen nicht senkt (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, § 7 GewStG; vgl. BGH a.a.O.; siehe auch Rotthege, Mandatspraxis Beratung der GmbH, 1999, M 13).

Die Leistungen und Nebenleistungen, die die GmbH ihren Gesellschafter-Geschäftsführern gewährt, müssen, worauf der Beklagte jedenfalls auch in seinem undatierten, bei der GmbH am 17. Dezember 1993 eingegangenen Schreiben (K9) hinweist, einem Fremdvergleich standhalten und nach diesen Kriterien auch durchgeführt werden. Die Behauptung des Beklagten, er habe seit Übernahme des Mandats fortlaufend und regelmäßig darauf hingewiesen, es müssten Geschäftsführerverträge für die beherrschenden Gesellschafter geschlossen werden, da sonst erhebliche steuerliche Nachteile drohten, kann als wahr unterstellt werden. Damit hat der Beklagte seiner steuerlichen Beratungspflicht jedoch noch nicht vollständig genügt. Denn er hätte auf eine nach den o.g. Kriterien einwandfreie Tätigkeitsvergütung und die Notwendigkeit der tatsächlichen Durchführung klarer hinweisen müssen. Das hat der Beklagte nach seinem eigenen Vorbringen versäumt.

Der Beklagte hat im Rahmen seiner Tätigkeit 1992 unstreitig nicht auf die später im Rahmen einer Betriebsprüfung durch das Finanzamt für Großbetriebsprüfung im Bericht vom 18. August 1997 S. 7 festgestellten steuerlichen Bedenken gegen die Honorarzahlung an die Gesellschafter-Geschäftsführer hingewiesen. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Beklagte, was er bestreitet, die Geschäftsführerverträge vom 30. Januar 1992 als solche kannte. Es kommt vielmehr darauf an, dass der Beklagte selbst auf die Notwendigkeit schriftlicher Geschäftsführerverträge für die Gesellschafter hingewiesen hatte und er schon deswegen verpflichtet war, auf das wesentliche Risiko verdeckter Gewinnausschüttung sowohl bei der Gehalts-Einmalzahlung als auch bei der Tantiemeregelung hinzuweisen. Hierbei genügten keinesfalls seine unscharfen Andeutungen eines Risikos, zumal insbesondere nur bei der Tantiemeregelung im Hinblick auf freiberufliche Einkünfte eines Gesellschafter-Geschäftsführers, wie sich diese in den Schreiben des Beklagten vom 8. Juli und 17. September 1992 finden.

Wenn der Beklagte behauptet, er habe fortlaufend und in regelmäßigen Abständen, etwa alle 14 Tage, auf die Notwendigkeit des Abschlusses von Geschäftsführerverträgen hingewiesen, so hat er damit seiner mandatsbezogenen Beratungspflicht nicht genügt. Denn der Hinweis auf die Notwendigkeit, überhaupt Verträge abzuschließen, besagt noch nichts für die richtig und vollständig angeratene inhaltliche Gestaltung. Es ist also nichts dafür dargetan oder sonst ersichtlich, dass sich die Gesellschafter-Geschäftsführer bewusst der besseren Erkenntnis verschlossen hätten (vgl. BGH NJW 1998, 1487).

Es entlastet den Beklagten auch nicht, dass er behauptet, die Anstellungsverträge für die Gesellschafter-Geschäftsführer erst als Anlage zur Klageschrift kennengelernt zu haben. Er wäre vielmehr verpflichtet gewesen, nicht nur die Abfassung derartiger Verträge mit vagen Formulierungen anzumahnen (s. z.B. letzter Absatz im Schreiben vom 8. Juli 1992, K5) oder über ihren Inhalt zu mutmaßen (Schreiben vom 17. September 1992, K6), er hätte vielmehr auf Abschluss und Gestaltung aktiv Einfluss nehmen und auf Vorlage der Verträge dringen müssen, um sie unter steuerlichen Gesichtspunkten auf ihre Richtigkeit und Zweckmäßigkeit zu prüfen. Insoweit traf den Beklagten eine Mitwirkungs- und Garantenpflicht, darauf zu achten und dafür zu sorgen, dass alle steuerlich bedeutsamen Umstände einer verdeckten Gewinnausschüttung beachtet würden. So sah sich der Beklagte zu Recht auch nicht gehindert, steuerlichen Rat zu dem unstreitig von Rechtsanwalt verfassten Gesellschaftsvertrag zu geben, nur hätte er es hierbei nicht bewenden lassen dürfen.

Das Finanzamt Köln hat beanstandet, dass in Höhe der Zahlungen an die Gesellschafter-Geschäftsführer im September 1992 von je 350.000,00 DM Gehalt und je 200.809,00 DM Tantieme, insgesamt 1.101.618,00 DM, verdeckte Gewinnausschüttungen gegeben seien, da für das Jahr 1992 steuerlich wirksame Arbeitnehmer-Anstellungsverträge nicht vorlägen. Demzufolge hat das Finanzamt die Anrechnung von Körperschaftssteuer insoweit versagt und das Einkommen der GmbH um den Gesamtbetrag der Auszahlungen erhöht.

In Abkehr von seiner noch in seinem undatierten Schreiben, das bei der Gemeinschuldnerin am 17. Dezember 1993 einging (K9), vertretenen Ansicht hat sich der Beklagte der Richtigkeit dieser steuerrechtlichen Würdigung in seinem Schreiben an den Kläger vom 3. März 1998 (K18) ausdrücklich angeschlossen. Auch damit ist festzustellen, dass der Beklagte insoweit seine Beratungspflicht verletzt hat. Denn die nunmehr von ihm als richtig anerkannte steuerrechtliche Wertung musste ihm als Steuerberater bekannt sein, und seine Beratungspflicht gebot ihm, insoweit die GmbH bei der Gestaltung ihrer Gesellschafter-Geschäftsführerverträge zu beraten, wobei es ihn überdies auch nicht von seiner Haftung befreien würde, wenn die Abfassung der Verträge einem anderen steuerrechtlich qualifizierten Dritten übertragen worden wäre. Denn unstreitig hat der Beklagte bei den grundsätzlichen Fragen der Gesellschafter-Geschäftsführung beratend mitgewirkt. Nach seiner eigenen Darstellung hat der Beklagte aber auf das Risiko, dass Einmalzahlungen der Vergütung an die Gesellschafter-Geschäftsführer als verdeckte Gewinnausschüttung angesehen werden können, nicht hingewiesen. Denn er behauptet lediglich, er habe Rechtsanwalt auf Änderungen in der Rechtsprechung des BFH zum Wettbewerbsverbot und darauf hingewiesen, die Befreiung vom Wettbewerbsverbot sei nunmehr im Gesellschaftsvertrag der GmbH erforderlich. Hierin seien die Nebentätigkeiten, die dem Gesellschafter-Geschäftsführer gestattet werden, klar abzugrenzen. Das kommt entsprechend auch in den Schreiben des Beklagten an Rechtsanwalt vom 8. Juli 1992 (K5) und vom 17. September 1992 (K6) zum Ausdruck. Weiter behauptet der Beklagte, es habe für ihn keine Veranlassung bestanden, in der laufenden Beratung vor der nicht abgesprochenen Auszahlung von jeweils 350.000,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer auf die Gefahren einer verdeckten Gewinnausschüttung einzugehen, zumal die Gesellschafter-Geschäftsführer bis dahin unentgeltlich für die Gesellschaft hätten tätig werden können.

Der Beratungsmangel und die darin liegende Vertragsverletzung (Schlechterfüllung) durch den Beklagten, für den ihm zumindest Fahrlässigkeit anzulasten ist, ist mithin festzustellen.

Soweit der Senat diese Feststellungen auf das Ergebnis der Beweisaufnahme gründet, ist er von der Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen und der Glaubwürdigkeit der Zeugen überzeugt.

Die Zeugen und haben ihre Aussage unabhängig und unabgestimmt gemacht, was sich aus ihrem in Einzelheiten unterschiedlichen Erinnerungsvermögen ergibt. Jeder der Zeugen hat aus seiner persönlichen beruflichen Sicht - die Zeugen und als Künstler, als kaufmännischer Manager - die Schwerpunkte der Vorgänge im Zusammenhang mit der Gründung der GmbH und ihrer Geschäftsführertätigkeit anders gesetzt, alle haben aber in den beweiserheblichen Fragen, wenngleich aus unterschiedlichen Perspektiven sich erinnernd, übereingestimmt. Wiederholte Ungenauigkeiten in Zeitbestimmungen in den Bekundungen der Zeugen und sprechen für die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen, da zum einen die Vorgänge lange zurück liegen, zum anderen die Zeugen den geschäftlichen Dingen ferner standen, weshalb sie sie gerade Dritten, wie zum Beispiel dem Beklagten, aber auch Rechtsanwalt und dem kaufmännischen Geschäftsführer überlassen wollten. Der Zeuge war nur kurze Zeit für die nachmalige Gemeinschuldnerin tätig; er hat seine Aussage klar und bestimmt gemacht und Erinnerungslücken zur zeitlichen Einordnung des Gesprächs bei Rechtsanwalt ebenfalls klar eingeräumt.

Der als Zeuge vernommene Rechtsanwalt hat, auf seinen Terminskalender gestützt, ebenfalls klare Aussagen gemacht; er hat wegen der lange zurück liegenden Ereignisse Erinnerungslücken glaubhaft gemacht, soweit er sich über den großen Rahmen der Ereignisse an Einzelheiten nicht zu erinnern vermochte.

Der festgestellte Beratungsmangel des Beklagten war auch schadenskausal. Für die Feststellung einer Schadensersatzpflicht nach §§ 249 ff. BGB stellt sich die Frage, wie sich der Verlauf bei vertragsgerechtem Verhalten des Beklagten für die Gemeinschuldnerin dargestellt hätte. Diese Frage ist nach dem Beweis des ersten Anscheins zugunsten des Klägers zu beantworten (vgl. BGH NJW 1998, 1487). Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass die Gesellschafter-Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin nach rechtzeitiger und vollständiger Beratung durch den Beklagten eine steuerlich ausreichende Gehaltsvereinbarung mit der GmbH/Gemeinschuldnerin geschlossen und durchgeführt hätten, um so - und nur auf diesem Wege - eine Steuerbelastung der Gemeinschuldnerin wegen verdeckter Gewinnausschüttung zu vermeiden. Dann wären Mehrsteuern, welche im Einzelnen das sind, bleibt festzustellen, nicht angefallen.

Der Kläger macht zwar eine Vergleichsaufstellung auf und errechnet daraus die Differenz als angeblichen Schaden. Ob diese Berechnung plausibel und tragfähig ist, inwieweit der geltend gemachte Schaden sich hiernach ergibt, kann nur ein Sachverständiger bewerten. Schadensfeststellung dem Umfang nach ist daher dem Betragsverfahren vorzubehalten.

Zum Abschluss des Betragsverfahrens wird einheitlich über die Kosten unter Einschluss dieses Zwischenurteils nach § 304 Abs. 1 ZPO zu entscheiden sein.

Ende der Entscheidung

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