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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 12.10.2007
Aktenzeichen: 14 U 179/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 522 Abs. 2
Zur Frage, wer die Kosten der Anschlussberufung zu tragen hat, wenn die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen wird.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 14 U 179/06

In dem Rechtsstreit

hat der 14. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin durch die Richterin am KammergerichtDr. Hollweg-Stapenhorst und die Richter am Kammergericht Schlecht und Jaeschke am 12. Oktober 2007 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 19. Oktober 2006 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 93 O 68/05 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Anschlussberufung.

Der Streitwert für die Berufung wird auf 189.501,67 EUR und für die Anschlussberufung auf 36.664,51 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Berufung war gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, da sie keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nach einer mündlichen Verhandlung nicht erfordern. Zur Begründung wird auf den gemäß § 522 Abs. 2 ZPO erteilten Hinweis des Senats vom 07. September 2007 Bezug genommen, zu dem die Klägerin sich nicht mehr geäußert hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 524 Abs. 4 ZPO. Die Klägerin hat auch die Kosten der Anschlussberufung zu tragen, weil die Anschlussberufung durch die Zurückweisung der Berufung ihre Wirkung verloren hat, ohne dass über ihre Zulässigkeit oder Begründetheit entschieden worden wäre. Die Anschlussberufung ist ihrem Wesen nach kein eigenes Rechtsmittel, sondern nur ein Antrag innerhalb des vom Gegner eingelegten Rechtsmittels. Nur wenn ausnahmsweise über das Anschlussrechtsmittel in der Sache entschieden würde, ist das Anschlussrechtsmittel auf Kosten dessen zu verwerfen, der es eingelegt hat (vgl. BGH, Beschl. v. 26.01.2005, XII ZB 163/04, NJW-RR 2005, 727). Dies gilt sowohl im Fall der Rücknahme der Berufung nach einem gemäß § 522 Abs. 2 ZPO erteilten Hinweis (so ausdrücklich BGH, Beschluss v. 07.02.2006, XI ZB 9/05, NJW-RR 2006, 1147), als auch bei einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO (ebenso OLG Frankfurt, Beschluss v. 21.08.2006, 19 U 98/06, OLGR Frankfurt 2006, 1095 und OLG Dresden, Beschluss v. 14.11.2005, 6 U 1406/04, OLG-NL 2006, 93 jeweils mit Nachweisen auch zu der gegenteiligen Auffassung anderer Oberlandesgerichtssenate; der BGH lässt diese Frage im vorgenannten Beschluss v. 07.02.2006 ausdrücklich offen). Wenn der Berufungsführer sogar bei einer Rücknahme der Berufung die Kosten des Anschlussrechtsmittels zu tragen hat, gibt es keinen Grund, ihn hinsichtlich der Kosten zu privilegieren, wenn trotz des Hinweises eine Sachentscheidung des Berufungsgerichts über die Berufung (und nicht über die Anschlussberufung) erforderlich wird. Etwas Anderes lässt sich auch nicht aus der im Revisionsverfahren entschiedenen Kostenteilung im Fall der Nichtannahme der Revision und der daraus folgenden Wirkungslosigkeit des Anschlussrechtsmittels herleiten (vgl. BGH, Großer Senat, Beschluss v. 11.03.1981, BGHZ 80, 146). Schon die Annahme der Revision nach der seinerzeit geltenden Regelung ist nicht mit dem Verfahren gemäß § 522 Abs. 2 ZPO vergleichbar, in dem die Begründetheit der Berufung insgesamt geprüft wird und in dem in jedem Fall eine Sachentscheidung über die Berufung ergeht, während der nach damals geltendem Recht zur Anschlussrevision Berechtigte schon von vornherein mit einer Nichtannahme der Revision, also dem Ausbleiben einer Sachentscheidung über das Hauptrechtsmittel rechnen musste. Zudem hat schon der Große Senat einen Interessenwiderstreit darin erkannt, dass der Anschlussberufungskläger nach der damals geltenden Regelung ohne Kenntnis über die Annahme der Revision gezwungen war, binnen eines Monats nach Zustellung der Revisionsbegründung das Anschlussrechtsmittel einzulegen. Dieser Konflikt ist von dem Gesetzgeber seinerzeit nach der Entscheidung des Großen Senats dahingehend gelöst worden, dass die Anschlussrevision noch binnen eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Annahme der Revision eingelegt werden konnte (vgl. § 556 Abs. 1 ZPO in der Fassung durch das Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz v. 17.12.1990, BGBl. I 2847). Nach dem heute geltenden Berufungsrecht ist der Berufungsgegner und potentielle Anschlussberufungsführer gemäß § 524 Abs. 2 ZPO ebenfalls gezwungen, die Anschließung binnen der ihm gesetzten Frist zur Berufungserwiderung zu erklären, im Regelfall ohne zu diesem Zeitpunkt bereits wissen zu können, ob das Berufungsgericht eine Entscheidung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO in Aussicht nimmt. Wiederum stellt sich also der bereits erkannte Interessenkonflikt, ohne dass der Gesetzgeber diesen Fall wie seinerzeit im Rahmen des § 556 Abs. 1 ZPO zugunsten des Anschlussberufungsführers geregelt hätte. Allerdings ist dem Willen des Gesetzgebers gerade nicht zu entnehmen, dass er im Gegensatz zu der Änderung des § 556 ZPO a.F. bewusst das Kostenrisiko dem Anschlussberufungskläger auferlegen wollte. Vielmehr ist angesichts der unvollständigen gesetzlichen Regelung von dem Grundsatz auszugehen, dass das unselbständige Anschlussrechtsmittel nur dann Kosten zu Lasten des Anschlussberufungsführers verursachen kann, wenn tatsächlich eine Entscheidung darüber ergeht, was gemäß § 524 Abs. 4 ZPO bei einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO ebenso wie bei einer Rücknahme der Berufung nicht der Fall ist.

Ende der Entscheidung

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