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Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 17.02.2004
Aktenzeichen: 14 U 334/02
Rechtsgebiete: ZPO, EGZPO, EGBGB, BGB, HausTWG, AGBG, HGB


Vorschriften:

ZPO § 313 a Abs. 1 Satz 1
ZPO § 513
ZPO § 540 Abs. 2
ZPO § 546
EGZPO § 26 Ziffer 8
EGBGB Art. 229 § 5 Satz 1
EGBGB Art. 229 § 5 Satz 2
BGB § 187 Abs. 1
BGB § 187 Abs. 2
BGB § 355
BGB § 723
HausTWG § 2 Abs. 1
AGBG § 23
AGBG § 23 Abs. 1
HGB § 234 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 14 U 334/02

verkündet am: 17. Februar 2004

In dem Rechtsstreit

hat der 14. Zivilsenat des Kammergerichts, Elßholzstraße 30 - 33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 17. Februar 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Erich, den Richter am Kammergericht Jaeschke und die Richterin am Kammergericht Dr. Hollweg-Stapenhorst

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19. November 2002 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 21 O 352/02 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger haben ihre eigenen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits selbst zu tragen. Von den übrigen Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 1) 33 % und der Kläger zu 2) 67 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 26 Ziffer 8 EGZPO abgesehen.

Die Berufung der Beklagten ist begründet.

Das angefochtene Urteil des Landgerichts beruht auf einer Rechtsverletzung, §§ 513, 546 ZPO. Das Landgericht hat zu Unrecht angenommen, dass die Kläger noch im Jahr 2002 ihre Beitrittserklärungen aus dem Jahr 1997 und 1998 als atypisch stille Gesellschafter der Beklagten widerrufen konnten, weil die Widerrufsbelehrungen im Sinne des seinerzeit geltenden und hier anwendbaren Haustürwiderrufsgesetzes nicht ordnungsgemäß gewesen seien. Die Gesellschaft ist auch nicht durch eine Kündigung beendet worden, so dass offen bleiben kann, ob auch im Falle der Beendigung der Gesellschaft nur ein Anspruch auf Auseinandersetzung in Betracht gekommen wäre.

Die Kläger haben weder einen Zahlungsanspruch noch ist der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Auseinandersetzung der Gesellschaft begründet.

Gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB ist die Frage der Wirksamkeit des Widerrufs der Beitrittserklärungen weiterhin anhand der Regelungen des Haustürwiderrufsgesetzes zu prüfen. Die Regelung des Art. 229 § 5 Satz 2, wonach auf Dauerschuldverhältnisse ab dem 01.01.2003 neues Recht anzuwenden ist, bezieht sich nur auf Sachverhalte im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses, die sich nach dem 01.01.2003 ereignet haben. Da hier der Widerruf im April 2002 erklärt wurde, gilt weiterhin altes Recht. Im Übrigen würde auch eine Anwendung neuen Rechts nicht zu einer anderen Beurteilung führen, da die Anforderungen an die Widerrufsbelehrung nunmehr in § 355 BGB in Anlehnung an die ursprüngliche Regelung im Haustürwiderrufsgesetz (HausTWG) geregelt und inhaltlich nicht erhöht worden sind.

Die Kläger konnten ihre Beitrittserklärungen als atypisch stille Gesellschafter der Beklagten nicht mit dem Schreiben vom 12.04.2002 wirksam widerrufen. Entgegen der Auffassung der Kläger lag eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung im Sinne des § 2 Abs. 1 HausTWG vor, so dass die Widerrufsfrist eine Woche nach Aushändigung eines Exemplares der Widerrufsbelehrung begann und jedenfalls im April 2002 bereits abgelaufen war. Dabei mag zugunsten des Klägers zu 2) dessen eigener bestrittener Vortrag als richtig unterstellt werden, dass ihm ein Exemplar der Widerrufsbelehrung erst mit dem Schreiben der Beklagten vom 11.06.1997 ausgehändigt worden ist und den Lauf der Wochenfrist in Gang gesetzt hat. Die Widerrufserklärung aus dem Jahr 2002 war jedoch erst deutlich nach dem Ablauf der Wochenfrist im Juni 1997 für den Kläger zu 2) bzw. im März 1998 für die Klägerin zu 1) erfolgt.

Die Widerrufsbelehrung in den Beitrittserklärungen ist weder hinsichtlich ihrer Form noch hinsichtlich ihres Inhalts zu beanstanden. Die Belehrung trägt dem Deutlichkeitsgebot Rechnung. Die Überschrift ist in Fettdruck und größeren Buchstaben gestaltet, hebt sich durch einen Leerzeilenabstand von dem übrigen Text ab und der Absatz über die Widerrufsbelehrung ist im Übrigen - was die Kläger auch eingeräumt haben - auf dem Originalpapier blau unterlegt. Damit ist die Belehrung in drucktechnisch nicht zu übersehender Weise herausgehoben und genügt den Anforderungen des § 2 Abs. 1 HausTWG. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von den Klägern zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Urt. v. 27.04.1994, NJW 1994, 1800, 1801), da die Widerrufsbelehrung dort offensichtlich anders gestaltet war als im vorliegenden Fall.

Auch der Inhalt der Belehrung ist entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht missverständlich und widersprüchlich. Denn die ersten beiden Sätze der Belehrung spiegeln die gesetzliche Regelung wider, wonach einerseits über das Recht zum Widerruf zu belehren und andererseits der Fristbeginn im Rahmen der Belehrung deutlich zu machen ist (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.1992, NJW 1993, 1013), da sonst das Widerrufsrecht erst einen Monat nach beidseitiger vollständiger Leistungserbringung erlöschen würde. Auch die Wortwahl in den beiden ersten Sätzen des ersten Absatzes der Belehrung ist nicht widersprüchlich, sondern macht unmissverständlich den Fristbeginn in einer Weise deutlich, die auch für einen juristischen Laien verständlich und nachvollziehbar ist. Es kann auch kein Missverständnis über den Beginn der Frist auftreten, denn der zweite Satz der Belehrung ist in dieser Hinsicht eindeutig. Schließlich ist auch die Wahl der Worte "mit" und "nach" nicht zu beanstanden, da insoweit nur das den Fristbeginn auslösende Ereignis benannt wird, ohne dass über die Berechnung der Frist im Sinne des § 187 Abs. 1 und 2 BGB eine Aussage getroffen wird, diese vielmehr weiterhin nach der gesetzlichen Regelung zu beurteilen ist (abweichend möglicherweise OLG Jena, Urt. v. 05.02.2003, OLGR Jena 2003, 309, wobei der vollständige Wortlaut der Klausel nicht bekannt ist).

Auch eine Auslegung der Widerrufserklärung als Kündigung führt nicht zu einer vorzeitigen Beendigung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages über die stille Gesellschaftsbeteiligung, denn die Parteien haben wirksam vereinbart, dass die Gesellschaft für eine Mindestdauer von 10 Jahren besteht und eine ordentliche Kündigung vor Ablauf dieser Zeit ausgeschlossen ist. Die Vereinbarung einer Vertragslaufzeit von mindestens 10 Jahren ist wirksam. Ein Verstoß gegen das seinerzeit geltende AGB-Gesetz (bzw. nunmehr gegen §§ 307 ff. BGB) liegt nicht vor, da das AGB-Gesetz auf Gesellschaftsverträge gemäß § 23 Abs. 1 AGBG keine Anwendung findet. Die Bereichsausnahmeregelung des § 23 AGBG gilt auch für stille Gesellschaftsverhältnisse (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.1994, BGHZ 127, 176 ff). Es handelt sich bei der vertraglichen Vereinbarung der Parteien auch tatsächlich um die Vereinbarung einer stillen Gesellschaftsbeteiligung, denn die beitretenden Gesellschafter waren zumindest in Höhe ihrer Einlage auch an einem Verlust der Gesellschaft beteiligt und hatten entsprechende Kontroll- und Mitwirkungsrechte, wie sich im Einzelnen aus den Regelungen des Vertrages der Parteien ergibt (vgl. §§ 9 und 11 des Gesellschaftsvertrages, Anlage 4 zum Schriftsatz der Kläger vom 14.11.2002).

Die Kläger können sich schließlich nicht auf andere Beendigungsgründe der vereinbarten Gesellschaft berufen und haben insofern auch mit ihren Hilfsanträgen keinen Erfolg. Sie haben weder Gründe für eine Kündigung aus wichtigem Grund vorgetragen, die auch vor Ablauf der vereinbarten Mindestlaufzeit gemäß § 234 Abs. 1 Satz 2 HGB in Verbindung mit § 723 BGB zu einer berechtigten Kündigung Anlass gegeben haben könnten, noch haben sie konkret vorgetragen, sie seien bei Abschluss des Vertrages arglistig getäuscht worden. Eine Anfechtungserklärung lässt, sich den umfangreichen Ausführungen der Kläger nicht entnehmen und wäre wohl auch im Februar 2002 - wenn man die Widerrufserklärung als solche auslegen wollte - bereits verfristet gewesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO in Verbindung mit § 26 Ziffer 8 EGZPO. Die Revision war gemäß §§ 26 Nr. 7 EGZPO, 543 Abs. 1, 2 ZPO n. F. nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern.

Ende der Entscheidung

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