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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 29.08.2005
Aktenzeichen: 16 U 113/03
Rechtsgebiete: AGB-Banken, BGB


Vorschriften:

AGB-Banken § 19
BGB § 242
Eine fristlose Kündigung von Bankdarlehen aus wichtigem Grund (Nr. 19 AGB-Banken) ist nach Treu und Glauben unzulässig, wenn zwar eine Veränderung (Verschlechterung) der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden eingetreten ist, der Kunde die vereinbarten Darlehensraten aber weiter pünktlich tilgt und die Bank wegen ihrer Forderungen auch bei vorsichtiger Bewertung hinreichend und insolvenzfest gesichert ist.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 16 U 113/03

verkündet am: 29.08.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 16. Zivilsenat des Kammergerichts durch die Vorsitzende Richterin am Kammergericht Scheer sowie die Richter am Kammergericht Dr. Prange und M. Kuhnke auf die mündliche Verhandlung vom 29. August 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 29. Juli 2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der Zivilkammer 8 des Landgerichts Berlin bei Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, 33.507,37 EUR (65.534,71 DM) nebst 4,8 % Zinsen seit dem 20. Juni 2001 an den Kläger zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte 19/20 und der Kläger 1/20 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die andere Partei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte berechtigt war, das Kreditengagement des Klägers bei der Beklagten Anfang 2001 fristlos zu kündigen.

Die Beklagte (bzw. ihre Rechtsvorgänger) war seit 1988 die "Hausbank" des Klägers. Der Kläger betrieb als Einzelunternehmer die Kranbaufirma "Rnn Knnn Knn - und Snnnn " auf einem 6.223 qm großen Grundstück mit einer Gebäudefläche von fast 5.000 qm in Berlin Tnnn (Gewerbegebiet). Das Grundstück gehört dem Land Berlin/ der Lnnnnnnnnn Bnnn GmbH & Co KG, dem Kläger stand bis Ende Juni 2056 ein Erbbaurecht an diesem Grundstück zu.

Für den Ausbau und Betrieb dieses Einzelunternehmens hatte die Beklagte dem Kläger sukzessive (insgesamt 6 Verträge in der Zeit von 1988 bis 1998) rd. 4 Mio DM an Krediten ausgereicht (2 Darlehen - 2.7 Mio DM- nach § 16 III BerlinFördG zum Ausbau des Einzelunternehmens, 780 TDM nach dem Mittelstandsprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau sowie 3 weitere ungebundene Darlehen). Zur Sicherung dieser Kredite erhielt die Beklagte zunächst Bürgschaften (Ausfallbürgschaft des Landes Berlin, der Bürgschaftsbank Berlin-Brandenburg sowie des Garantieverbands des Handwerks). Auf diese Sicherungsmittel verzichtete die Beklagte im Jahr 1993, nachdem ihr eine Grundschuld an dem Erbbaurecht des Klägers (ErbbauGrundbuch AG Wedding von Tegel Blatt 6083) über 3.54 Mio DM bestellt worden war. Die Beklagte erhielt ferner die Krananlagen des Klägers sicherungsübereignet.

Ende 1999 verkaufte der Kläger sein Einzelunternehmen an die Rnn Knnn GmbH & Co KG - später Rnn L GmbH & Co KG- (im Folgenden: KG), deren einziger Kommanditist sowie Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär GmbH der Kläger war. Der Kläger übertrug der KG zugleich sein Erbbaurecht. Die Beklagte setzte er hiervon zunächst nicht in Kenntnis.

Die KG veräußerte das "operative Geschäft" sogleich weiter an eine finnische Lnnnnn Ennnn GmbH.

Im Januar 2000 erlangte die Beklagte von dem Verkauf des Einzelunternehmens Kenntnis.

In der sich anschließenden Korrespondenz verlangte die Beklagte von dem Kläger die Vorlage der Verkaufsverträge und Einkommensnachweise. Der Kläger kam dem nur zögerlich und auch nicht vollständig nach.

Mit Schreiben vom 1.Februar 2001 erklärte die Beklagte schließlich unter Bezugnahme auf Nr. 19 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen (im Folgenden: AGB-Banken) die fristlose Kündigung der gesamten Geschäftsbeziehung und kündigte die Grundpfandrechte.

Bis zum Zeitpunkt der fristlosen Kündigung hatte der Kläger alle vereinbarten Tilgungsraten pünktlich und vollständig geleistet. Die Darlehen valutierten am 1. Februar 2001 noch in Höhe von 1.623.865 DM.

Die Parteien einigten sich im Juni 2001 (Anlage K 4), dass der Kläger die von der Beklagten verlangte Vorfälligkeitsentschädigung nebst den ab der Kündigung verlangten höheren Zinsen unter Vorbehalt zahlt und dass die Berechtigung der Beklagten zum Ausspruch der fristlosen Kündigung anschließend gerichtlich geklärt wird.

Der Kläger zahlte die Vorfälligkeitsentschädigung (46.435,91 DM) zuzüglich Zinsen (19.098,80 DM) für die Zeit vom 5. April bis zum 19. Juni 2001 = 65.534,71 DM am 20. Juni 2001.

Mit der vorliegenden Klage verlangt er die Rückzahlung dieser Vorfälligkeitsentschädigung (46.435,91 DM) nebst Zinsen (19.098,80 DM), hilfsweise 6.960,08 DM.

Er verlangt ferner die Erstattung eigener Aufwendungen für Bereitstellungszinsen der ablösenden Cnnnnn gemäß dem Darlehensvertrag vom 21. Februar 2001 von täglich 83,33 DM für die Zeit vom 1. Mai bis zum 19. Juni 2001 (50 Tage) (4.166,50 DM) mit der Begründung, dass die Beklagte auf das Ablösungsangebot der Cnnnnn vom 2. März 2001 erst verspätet (am 5. April 2001) reagiert und damit die Abwicklung verzögert habe.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, 35.637,66 EUR nebst 4,8 % Zinsen seit dem 20. Juni 2001 an ihn zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Durch am 29. Juli 2003 verkündetes und am 22. August 2003 zugestelltes Urteil, auf das auch wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts Bezug genommen wird, hat das Landgericht Berlin die Klage abgewiesen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 11. September 2003 eingegangen und mit am 18. Oktober 2003 eingegangenem Schriftsatz begründeten Berufung.

Der Kläger trägt vor:

Im Januar 2000 habe er von der Beklagten die Konditionen für eine Umschuldung seiner Kredite erfragt, weil er -nach überhälftiger Tilgung der Kredite - günstigere Bedingungen habe erreichen wollen. Anderenfalls habe er erwogen, den Kreditgeber zu wechseln. Nur deswegen habe die Beklagte ihn zur Darlegung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse aufgefordert. Wenn er diesem Begehren in der Folge nur unzureichend nachgekommen sei, könne die Beklagte eine Umschuldung ablehnen, nicht aber die Kredite kündigen.

Es stehe nicht im Belieben einer Bank, welche Auskünfte sie von ihren Kunden verlangt. Ein solches Verhalten würde Bankkunden in ihren Rechten aus Art 2 Abs. 1 GG verletzen. Für das Begehren nach Vorlage des Einkommenssteuerbescheids für 1999 - auf dem sich auch die Einkommenszahlen seiner Ehefrau befunden hätten - fehle jede Rechtfertigung.

Er habe die Beklagte nicht falsch informiert. Bis zum Ausspruch der fristlosen Kündigung sei er Erbbauberechtigter gewesen. Die Umschreibung im Grundbuch sei erst am 11. April 2002 erfolgt, der Vollzug der Übertragung sei wegen der erforderlichen Zustimmung des Grundstückseigentümers bis zum 18. Juni 2001 auch nicht sicher gewesen. Als die KG wirtschaftlich und tatsächlich Beherrschender hätte er bis zu diesem Zeitpunkt die Übertragung des Erbbaurechts jederzeit rückgängig machen können.

Nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung habe die Beklagte wegen der zu unrecht erfolgten fristlosen Kündigung den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dieser umfasse auch die Bereitstellungszinsen, die er für die in die Wege geleitete Ablösung der Kredite an die ablösende Cnnnnn habe zahlen müssen.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, 35.637,66 EUR nebst 4,8 % Zinsen seit dem 20. Juni 2001 an ihn zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und führt ergänzend aus: Der Kläger habe sich Anfang 2000 an die Beklagte gewandt, um eine Umschuldung oder eine Ablösung seiner Kredite einzuleiten. Deshalb habe er auch die Ablösungskonditionen erfragt.

Schon wegen der falschen Angaben des Klägers in den Selbstauskünften sei sie zur Kündigung nach Nr. 19 III AGB-Banken berechtigt gewesen.

Hätte der Kläger früher gezahlt, wären die von ihr verlangten Zinsen niedriger gewesen, im Gegenzug aber diejenigen Zinsen höher, die der Kläger statt dessen (nicht nur Bereitstellungszinsen) an die Cnnnnn hätte zahlen müssen. Wegen der Zinsmehrbelastung sei die Klage unschlüssig.

Gemäß Beschluss vom 6. Mai 2004 hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dipl. Ing. Ennnn Snnn . Wegen des Beweisthemas wird auf den Beschluss vom 6. Mai 2005 (Bl. 70 f Bd. 2), wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf das Gutachten des Sachverständigen vom 26. April 2005 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Ohne Erfolg wendet sich der Kläger allerdings gegen die Feststellung des Landgerichts, die Beklagte sei im Januar 2000 nicht berechtigt gewesen, die Vorlage der Verkaufsverträge des Einzelunternehmens des Klägers und aktuelle Vermögens- und Einkommensnachweise zu verlangen.

Es mag sein, dass der Kläger - wie er allerdings erstmals in der Berufung vorträgt - im Januar 2000 zunächst allein deswegen an die Beklagte herangetreten war, weil er günstigere Konditionen für seine Kredite bei der Beklagten haben wollte und anderenfalls - falls die Angebote der Beklagten ihm ungünstig erscheinen würden - eine Ablösung der Kredite erwogen hatte. Erst im Rahmen dieser Gespräche hat die Beklagte dann von dem Verkauf des Einzelunternehmens des Klägers bereits im November 1999 und damit von der wesentlichen Veränderung seiner Vermögenslage erfahren.

Das rechtfertigt das Informationsinteresse der Bank zur Prüfung, ob sich die Vermögensverhältnisse des Klägers verschlechtert haben. Auf den gerichtlichen Hinweis vom 28. Dezember 2003 wird insoweit Bezug genommen. Hierzu musste die Beklagte die zugrunde liegenden Verkaufsverträge prüfen können. Aus diesen ergab sich, dass der Kläger sein von der Beklagten finanziertes (der Kredit valutierte noch mit rd. 1.6 Mio DM) Einzelunternehmen zur Finanzierung seiner Kommanditisteneinlage von (nur) 250.000 EUR nebst allen Aktiva auf die KG (bzw. ihre Rechtsvorgängerin) übertragen hat. Das Vermögen des Klägers hat sich damit vermindert, die KG ist mit dem Kläger nicht personenidentisch. Dem steht nicht entgegen, dass die Übertragung des Erbbaurechts erst im Jahr 2002 im Grundbuch vollzogen wurde. Denn gemäß Abschnitt V, Nr. 3 und 4 des Notarvertrages vom 28. Dezember 1999 (Anlage K 11, Seiten 8 und 9) sind die Rechte aus dem Erbbaurecht bereits mit Wirkung vom 28. Dezember 1999 auf die KG übertragen worden. Der Anspruch auf Zahlung des Pachtzinses stand mithin bereits ab Januar 2000 nicht mehr dem Kläger zu. Entgegen der Berufung war es wirtschaftlich nicht unerheblich, ob die Erbpachtzinsansprüche von monatlich 51.242,50 DM dem Kläger selbst oder der von ihm beherrschten KG zustanden. Solange der Kläger selbst Gläubiger des Pachtzinses war, konnte die Beklagte die Ansprüche ihres Darlehensschuldners (des Klägers) gegen dessen Gläubiger (den Pächter des Grundstücks auf Zahlung des Pachtzinses) pfänden und so Befriedigung suchen. War Gläubigerin der Ansprüche aus dem Erbbaurecht aber die KG, war der Beklagten ein Zugriff auf den Erbpachtzins im Wege der Zwangsvollstreckung verwehrt.

Der Anspruch auf Rückzahlung der von der Beklagten geforderten und gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung von 46.435,91 DM und der seit dem 5. April 2001 bis zur Ablösung der Kredite durch die Cnnnnn am 20. Juni 2001 an die Beklagte gezahlten Zinsen von 19.098,80 DM (Tageszinsen von 251,30 DM für 76 Tage - 5. April 2001 bis 19. Juni 2001) ist jedoch gemäß der Vereinbarung der Parteien vom 1. Juni 2001 begründet. Danach hat sich die Beklagte zur Rückzahlung für den Fall verpflichtet, dass sich die Kündigung als ungerechtfertigt herausstellen würde.

Das war vorliegend der Fall.

Die auf Nr. 19 der AGB-Banken und auf Abschnitt A 4 d der Schuldanerkenntnisse des Klägers vom 16. Dezember 1988, 28. Juli 1992 (B 4) und vom 13. Juli 1993 (B5) gestützte fristlose Kündigung der gesamten Geschäftsbeziehungen der Parteien (6 Darlehen, 17 f-1) vom 1. Februar 2001 (erklärt als "Kündigung mit sofortiger Wirkung") ist unwirksam.

Nach Nr. 19 Abs. 3 AGB-Banken ist eine fristlose Kündigung der gesamten Geschäftsverbindung zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der der Bank auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Kunden die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar werden lässt. Ein solcher wichtiger Grund (neben falschen Angaben bei der Bewilligung des Kredits, um die es hier nicht geht) ist insbesondere dann gegeben, wenn eine wesentliche Verschlechterung der Vermögenslage des Kunden eintritt oder einzutreten droht und dadurch die Erfüllung von Verbindlichkeiten gegenüber der Bank gefährdet ist.

Der Beklagten ist dahin zuzustimmen, dass sie - nachdem sie im Januar 2000 von der bereits erfolgten Veräußerung des finanzierten Einzelunternehmens "Rnn Knnn Knn - und Snnnn " Kenntnis erlangt hatte - berechtigt war, von dem Kläger Auskunft über seine veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse zu verlangen. Die Beklagte war auf diese Auskünfte angewiesen, um prüfen zu können, ob durch die Veräußerung des finanzierten Unternehmens eine wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Klägers eingetreten war oder einzutreten drohte (§ 19 Abs. 3 AGB-Banken). Der Beklagten ist weiter darin zuzustimmen, dass die vom Kläger erteilten Auskünfte unzureichend und unvollständig waren. Die von dem Kläger zu Ende 1999 erteilte Auskunft erstreckte sich hinsichtlich der Einzelfirma "Rnn Knnn Knn - und Snnnn " auf das Datum 31. Oktober 1999, der (spätere) Verkauf dieses Unternehmens im November 1999 und die Frage des Gegenwertes, der dafür als Surrogat in das Vermögen des der Beklagten persönlich haftenden Klägers geflossen ist, waren damit nicht ansatzweise beantwortet beziehungsweise erwähnt.

Für die Frage der Berechtigung zur fristlosen Kündigung ist jedoch stets eine Gesamtwürdigung der besonderen Umstände des einzelnen Falles und eine Abwägung der Interessen beider Vertragsteile vorzunehmen (vgl. BGH NJW 1981, 1666; Schwintowski, Bankrecht, 2. Aufl. § 14 Rdnr. 279). Es kommt nicht darauf an, ob lediglich aus der Sicht der Gläubigerin eine Vermögensgefährdung eingetreten ist, sondern ob dies objektiv der Fall ist (vgl. dazu BGH NJW 1986, 1929). Auch der Verkauf des finanzierten Unternehmens rechtfertigt nach der gebotenen Gesamtabwägung die fristlose Kündigung nicht stets, sondern nur dann, wenn dadurch objektiv eine Gefährdung der Interessen der finanzierenden Bank eingetreten ist.

Selbst wenn man eine Verschlechterung der Vermögenslage des Klägers durch den unterwertigen (zur Finanzierung seiner Kommanditeinlage von nur 250.000 DM) Verkauf seiner Einzelhandelsfirma bejaht und wenn weiter seine mangelhafte Mitwirkung bei der Erteilung der erforderten Auskünfte Zweifel an seiner Zuverlässigkeit auslösen konnte (dazu Schwintowski, aaO Rdnr. 283 - und zwar auch dann, wenn der Kläger - wie hier - seinen Darlehensrückzahlungsverpflichtungen auch in der Zeit zwischen dem Verkauf seines Unternehmens (Januar 2000) und dem Ausspruch der fristlosen Kündigung (Januar 2001) weiter beanstandungsfrei nachgekommen war) - folgt aus der vorzunehmenden Gesamtwürdigung, dass die berechtigten Belange des Klägers dem Ausspruch der fristlosen Kündigung nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegenstanden. Denn eine konkrete Gefährdung der Rückzahlungsansprüche ist regelmäßig dann zu verneinen, wenn der Kunde ausreichend Sicherheiten gestellt hat (Schimansky, Bankrecht, Band 1, 2001, § 24 Rdnr. 39 m.w.N.) Das war hier der Fall. Nach dem Ergebnis des vom Senat eingeholten Gutachtens des Sachverständigen Dr. Ennnn Snnn vom 26. April 2005 hatte das Erbbaurecht, an dem der Beklagten eine Grundschuld bestellt war, einen Verkehrswert von 4 Mio DM.

Die Bewertung durch den Sachverständigen steht im Einklang mit den weiteren die Erbbaurechte betreffenden Gutachten der Architektin Mnnn Hnnn von 1996 (3,7 Mio DM, Anlage K 22) und auch mit dem Gutachten, das die ablösende Cnnnnn AG für den Zeitpunkt Februar 2001 für die Ermittlung des Beleihungswertes erstellt hat (3,72 Mio DM, Anlage K 23).

Gegen die von dem Sachverständigen Dr. Snnn zugrunde gelegte Methode zur Wertermittlung (mangels Vergleichszahlen für das Marktsegment: Verkauf gewerblich genutzter Erbbaurechte hat der Gutachter das Ertragswertverfahren zugrunde gelegt) nach der WertermittlungsVO, erhebt die Beklagte keine Einwendungen. Auch der Senat folgt den gut nachvollziehbaren Berechnungen des Sachverständigen.

Der Beklagten ist zuzugeben, dass die Bewertung des Gutachters, weil eben Vergleichszahlen nicht zur Verfügung standen, theoretisch ist. Dabei hat allerdings der Gutachter die von ihm selbst festgestellte eingeschränkte Marktfähigkeit bzw. eine längere Dauer für das Finden eines Käufers bereits mit einem Abschlag von dem rechnerisch ermittelten Ertragswert von 11,5 % berücksichtigt (vgl. Seite 70 des Gutachtens).

Der Beklagten ist weiter zuzugeben, dass der von allen Sachverständigen festgestellte Wert der Erbbaurechte maßgeblich darauf beruht, dass das Grundstück und die baulichen Anlagen weiter gewerblich genutzt werden und dass auch in der Folge ein Reinertrag -allein für die Werkhallen - wie bisher von rund 35.400 DM monatlich (vgl. Seite 66 des Gutachtens Snnn ) erzielt werden kann. Sind hingegen der Inhaber des Erbbaurechts und der Gewerbetreibende nicht (mehr) personenidentisch, wie das hier durch die Übertragung der Erbbaurechte Ende 1999 und den Verkauf des operativen Geschäfts an die Lnnnn Ennn GmbH der Fall war, ist zu besorgen, dass der Gewerbetreibende etwa im Berliner Umland (oder auch im Ausland) ein Gewerbegebiet zu günstigeren Konditionen findet und seinen Geschäftsbetrieb verlagert.

Im Hinblick auf die feste Verbindung der Kranbauanlagen mit dem Grund und Boden dürfte andererseits ein Umzug des Gewerbetreibenden mit seinem Geschäftsbetrieb aber so erhebliche Kosten verursachen, dass das Risiko der Verlagerung nicht überzubewerten ist. Gegen eine völlige Aufgabe des Geschäftsbetriebs auf dem Erbbaurechtsgrundstück schließlich böte auch eine Personenidentität zwischen Erbbaurechtsinhaber und Gewerbetreibendem keine Sicherheit.

Die Ermittlung des Verkehrswertes der Erbbaurechte und die Frage, ob und welcher Betrag - binnen welcher Zeit - in einer etwa erforderlich werdenden Zwangsversteigerung erzielt werden könnte, ist mit Risiken behaftet. Dem trägt auch der Gutachter Dr. Snnn Rechnung, indem er (Seite 75) eine mögliche Schwankung seines rechnerisch ermittelten Verkehrswertes von 20- maximal 30 % einräumt (Seite 75 des Gutachtens).

Die mit der Grundschuld gesicherte Darlehensforderung der Beklagten belief sich im Januar 2001 nur noch auf 1.623.865 DM. Es war nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht zu besorgen, dass diese dingliche Sicherheit im Falle einer zwangsweisen Verwertung nur einen Erlös erbringen könnte, der die Höhe der noch valutierenden Schuld nicht erreicht. Bei einem Verkehrswert von 4 Mio DM (der die nur eingeschränkte Marktfähigkeit der dinglichen Rechte bereits mit einem Abschlag von 11,5 % beinhaltet) musste die Beklagte selbst bei überaus vorsichtiger Bewertung (vgl. dazu Schimansky, a. a. O. Rdnr. 39) von einem erzielbaren Erlös von (4 Mio DM ./. 30 % maximaler Mindererlös nach den Feststellungen des Sachverständigen) 2.8 Mio DM ausgehen. Der (Mindest)Wert der Sicherheit überstieg damit die noch offene Forderung um mehr als 70 %. Die Beklagte war hinreichend gesichert auch für den Fall, dass sich die Forderung im Falle künftiger Nichtzahlung der vereinbarten Raten bis zu einer Verwertung der dinglichen Rechte durch weitere Zinsen noch erhöhen würde. Wegen der dinglichen Sicherung drohte der Beklagten auch im Falle einer Insolvenz des Klägers (§ 47 InsO) kein Ausfall.

Dass die dingliche Sicherung (deren Erhalt sie 1993 noch veranlasst hatte, die Bürgschaften - Ausfallbürgschaft des Landes Berlin, der Bürgschaftsbank Berlin-Brandenburg sowie des Garantieverbands des Handwerks zurück zu geben) wertlos gewesen sei, behauptet selbst die Beklagte nicht. Eigene nachvollziehbare Bewertungen des Erbbaurechts und der weiter sicherungsübereigneten Krananlagen (zwei 5-t Krananlagen und eine 60 t Krananlage) führt sie hingegen nicht an.

Die Verpflichtung der Bank zur schonenden Ausübung des Rechtes zur fristlosen Kündigung und zur Abstandnahme von einer fristlosen Kündigung folgt auch aus Nr. 19 Abs. 3 AGB-Banken. Dort ist geregelt, dass die Bank -bei einer Veränderung des Risikos- Verstärkung der Sicherheiten verlangen kann, Nr. 13 AGB-Banken. Erst wenn der Kunde einem berechtigten Verlangen nach Verstärkung der Sicherheit nicht nachkommt, ist das Recht zur fristlosen Kündigung eröffnet. Daraus folgt, dass die Sicherheit der gewährten Kredite regelmäßig erst dann gefährdet ist, wenn die Realisierung der zu ihrer Sicherheit bestellten Rechte gefährdet ist.

Das war vorliegend nicht der Fall.

Es war bei sorgfältiger Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben kein berechtigtes Interesse der Beklagten erkennbar, die Geschäftsverbindung mit dem Kläger am 1. Februar 2001 fristlos zu kündigen.

Im Hinblick auf die der Beklagten begebenen Sicherheiten war es ihr zuzumuten, das Ende der Laufzeiten der Darlehen -soweit sie nicht schon vollständig getilgt waren - abzuwarten, nämlich:

- Darlehen B über 300.000 DM gemäß dem Schuldanerkenntnis vom

- 16. November 1988, Fälligkeit der letzten Rate am 15. Dezember 2002

- Darlehen über 2 Mio DM gemäß dem Schuldanerkenntnis vom 28. Juli 1992, Fälligkeit der letzten Raten am 15. Juni 2003

- Darlehen über 700.000 DM gemäß dem Schuldanerkenntnis vom 23. Juli 1993, Fälligkeit der letzten Raten am 15. Juni 2003

- Darlehen über 780.000 DM vom 9. Juli 1996, Fällligkeit der letzten Raten am 30. Juni 2011

- Darlehen über 300.000 DM vom 22. Mai 1997, Fälligkeit der letzten Raten am 30. März 2007

- Darlehen über 250.000 DM vom 23. Dezember 1998, Fälligkeit der letzten Raten am 30. Dezember 2003.

Abweichendes ergibt sich auch nicht aus den Schuldanerkenntnissen des Klägers vom 28. Juli 1992 und vom 13. Juli 1993 (Anlagen B 4 und 5) Danach sollte die Beklagte berechtigt sein (Nr. 4 c und d), die Rückzahlung der Darlehen aus wichtigem Grund zu verlangen, wenn

c) die allgemeine Lage des Schuldners .. die Ansprüche der Bank als gefährdet erscheinen lässt

oder

d) der Schuldner seinen Betrieb ohne Zustimmung der Bank ganz oder teilweise ... einem Dritten überlässt oder wenn sich sonstige Voraussetzungen für die Darlehensgewährung geändert haben oder nachträglich entfallen sind.

Bei diesen Schuldanerkenntnissen handelt es sich um weitergehende Sicherungen der Beklagten, die diese sich für die Ausreichung der Kredite über 2 Mio DM (von Juli 1992 nach § 16 Abs. 3 BerlinFG = Anlage B 1, und B 4) bzw. über 700.000 DM (6. Juli 1993 ebenfalls nach § 16 Abs. 3 BerlinFG = Anlagen B 2 und B 5) zusätzlich hat bestellen lassen. Auch die in diesen Schuldanerkenntnissen eröffneten Kündigungsmöglichkeiten unterliegen der Ausübungskontrolle des § 242 BGB und rechtfertigen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorliegend den Ausspruch der fristlosen Kündigung aus den vorstehenden Erwägungen gleichfalls nicht.

Die Zinsentscheidung beruht auf Nr. 3 der Vereinbarung der Parteien vom 21. Juni 2001. Dort hatten die Parteien verabredet, dass die Beklagte die Vorfälligkeitsentschädigung (46.435,91 DM) und die seit dem 5. April 2001 bis zur Ablösung der Kredite am 20. Juni 2001 an die Beklagte gezahlten Zinsen von 19.098,80 DM (Tageszinsen von 251,30 DM für 76 Tage - 5. April 2001 bis 19. Juni 2001) separiert. Die Beklagte hat sich zur Rückzahlung des separierten Betrages für den Fall verpflichtet, dass sich ihre Kündigung als ungerechtfertigt herausstellen würde.

Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

In der Vereinbarung vom 1. Juni 2001 findet sich keine Einschränkung dahin, dass nur diejenigen Tageszinsen separiert und später gegebenenfalls zurückgezahlt werden sollten, die der Kläger wegen der fristlosen Kündigung zusätzlich hat entrichten müssen. Die Höhe des Zinsschadens sollte nicht konkret, sondern nur auf der Basis: Tageszinsen von 251,30 DM ab dem 5. April 2005 eingestellt werden.

Für eine konkrete Schadensberechnung hingegen wäre ein Vergleich der Zinslast anzustrengen gewesen zwischen der Vermögenslage bei rechtmäßigem Verhalten der Klägerin (= Fortgewährung ihrer alten Kredite zu den bisherigen Konditionen) und der Zinslast infolge des (unberechtigten) Ausspruchs der fristlosen Kündigung. Der konkrete Schaden des Klägers umfasst die nach dem Ausspruch der fristlosen Kündigung vom 1. Februar 2001 verlangten höheren Zinsen der Beklagten zuzüglich derjenigen Zinsen, die der Kläger für die Vorbereitung der Umschuldung aufwenden musste (Bereitstellungszinsen der Cnnnnn , wie sich der Kläger dies in seinem Schreiben vom 7. Juni 2001 vorbehalten hatte) jedoch abzüglich derjenigen Zinsen, die er im Falle der ungekündigten Fortsetzung der Kredite an die Beklagte hätte fortzahlen müssen. Nur in Höhe dieser Differenz ist dem Kläger ein Schaden entstanden, der nach den Grundsätzen der pVV zu erstatten wäre. Der Kläger hat jedoch nicht dargelegt, dass sein Zinsschaden infolge der fristlosen Kündigung insgesamt den in der Vereinbarung vom 7. Juni 2001 pauschalierten Betrag von 19.098,80 DM übersteigt. Aus seinem im Schriftsatz vom 8. März 2002 formulierten Hilfsantrag ergibt sich vielmehr, dass das nicht der Fall war.

Die Zinsentscheidung folgt aus Ziffer 3 der Vereinbarung der Parteien vom 1. Juni 2001.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.



Ende der Entscheidung

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