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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 16.10.2007
Aktenzeichen: 17 UF 88/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1671
BGB § 1684
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Beschwerde der Mutter gegen den Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 1. August 2007 wird zurückgewiesen.

Im Beschwerdeverfahren entstandene außergerichtlichen Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

Der Prozesskostenhilfeantrag der Mutter für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. E L ist am . . .. 2002 als Wunschkind ihrer damals schon seit etwa zehn Jahren unverheiratet verbundenen Eltern geboren worden. Sie übernahmen die elterliche Sorge für ihr einziges Kind gemeinsam. Nach Krisen der Partnerschaft, die sie mit einer Paartherapie ab Oktober 2003 nicht auflösen konnten, entschloss sich die Mutter Ende 2003 zur Trennung.

Mit den familiengerichtlichen Anträgen des Vaters vom 11. Februar 2004 und der Mutter vom 16. Februar 2004 jeweils auf alleinige Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts begann die streitige elterliche Auseinandersetzung über den Lebensmittelpunkt und um den Umfang des Zusammenseins der jetzt fünf Jahre alten Tochter mit den voneinander getrennten lebenden Eltern.

Dem Senat ist die Familie schon während des erstinstanzlichen Verfahrens durch mehrere Beschwerdeverfahren bekannt geworden. Hinsichtlich der Darstellung des elterlichen Konfliktes und der Entwicklung des erstinstanzlichen Verfahrens wird auf die nachstehend aufgeführten Beschlüsse verwiesen:

Nach Beteiligung des zuständigen Jugendamtes bestellte das Familiengericht für E L mit Beschluss vom 18. März 2004 eine Verfahrenspflegerin (Bd. I, Bl. 150). Nach ihrer und der Eltern Anhörung hat das Familiengericht mit Anordnungsbeschluss vom 2. Juni 2004 (Band I, Bl. 244-249) zum einen die Einholung eines familienpsychologischen Gutachtens angeordnet und zum anderen der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen sowie das Umgangsrecht des Vaters geregelt. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Vaters hat der Senat mit Beschluss vom 15. Juli 2004 (Bd. II, Bl.109) zurückgewiesen.

Das Ablehnungsgesuch des Vaters gegen die Gutachterin wegen seiner Besorgnis ihrer Befangenheit (Bd. II, Bl.143) ist vom Amtsgericht mit Beschluss vom 14. September 2004 (Bd. II, Bl.177-178) zurückgewiesen und die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Vaters mit Senatsbeschluss vom 24. Februar 2005 (Bd. II, Bl. 214 ff.) zurückgewiesen worden.

Am 11. Oktober 2004 (Band II, Bl. 154 f.) beantragte die Mutter die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge, der Vater mit Antrag vom 17. März 2005 unter Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge weiterhin das Aufenthaltsbestimmungsrecht hilfsweise die alleinige elterliche Sorge für sich (Bd. II, Bl.230 f.). Nach erneuter Anhörung der Eltern und der Verfahrenspflegerin am 23. November 2005 hat das Familiengericht mit Beschluss vom 20. Dezember 2005 (Bd. III, Bl. 36-38) die Umgangszeiten des Vaters so geändert, dass sich für Emma weniger direkte Übergabesituationen zwischen den Eltern ergaben. Das am 10. Februar 2006 beim Familiengericht eingegangene Sachverständigengutachten hat beim Vater erneut Zweifel an der Unparteilichkeit der Gutachterin veranlasst. Er richtete gegen sie am 8. März 2006 einen Ablehnungsantrag und einen weiteren Ablehnungsantrag vom 3. April 2006 gegen die am Familiengericht zuständige Abteilungsrichterin. Beide Ablehnungsgesuche wurden durch Beschlüsse des Familiengerichts vom 27. April 2006 (Bd. IV, Bl.26-27), der vom Kammergericht mit Beschluss vom 12. Juni 2006 - 16 WF 110/06- (Bd. IV, Bl.55-58) bestätigt wurde, und vom 22. Februar 2007 (Bd.V, Bl. 39), der mit Senatsbeschluss vom 24. April 2007 (Bd. V, Bl. 108-113) bestätigt wurde, zurückgewiesen.

Mit dem die Instanz abschließenden Beschluss vom 1. August 2007 Bd. V, Bl.229-233) hat das Familiengericht unter Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht für Emma übertragen und das Umgangsrecht des Vaters entsprechend der seit Ende 2005 bestehenden Übung geregelt.

Die sofortige Beschwerde der Mutter richtet sich gegen die Zurückweisung ihres Antrages auf alleinige elterliche Sorge und gegen das umfangreiche Umgangsrecht des Vaters. Der Vater hat die Zurückweisung der Beschwerde beantragt.

Die Mutter bezieht sich in ihrer Beschwerdebegründung auf die Feststellungen der Sachverständigen zu den Ursachen der konflikthaften Elternbeziehung, die diese wesentlich in Persönlichkeitszügen des Vaters erkannte, und macht sich deren psychologischen und psychiatrischen Diagnosen mit Zitaten aus dem Gutachten zu Eigen. Der Vater, derzeit 42 Jahre alt und als Dipl. Designer berufstätig, sei in seiner Erziehungsfähigkeit durch paranoid-narzisstische Persönlichkeitszüge eingeschränkt und praktiziere einen verwöhnenden, überfürsorglichen und über-ängstlichen Erziehungsstil, der schädigend sei. Dass sich bei E L bisher "nur eingeschränkt Verhaltensauffälligkeiten konstatieren lassen" (Bd.VI,Bl. 6) widerlege die Gefährdungssituation nicht.

Die Mutter, derzeit 41 Jahre alt, ist selbst ausgebildete Ärztin mit einer im Laufe des Verfahrens betriebenen Zusatzausbildung zur Psychoanalytikerin. Sich selbst schätzt sie als uneingeschränkt erziehungsfähig ein und attestiert sich eine ausgeprägte Bildungstoleranz, gute Betreuungsmöglichkeiten und Förderungskompetenzen.

II. Die Beschwerde der Mutter ist gemäß §§ 621 e Abs. 1 und 3, 621 Abs.1 Nr.1, ZPO zulässig, insbesondere auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg, denn die nach langen und gründlichen Ermittlungen und nach aktueller Anhörung des Mädchens und seiner Verfahrensbevollmächtigten getroffene Entscheidung des Amtsgerichts ist nicht zu beanstanden.

Zu Recht hat das Amtsgericht angenommen, dass es für E L derzeit und nach aller möglichen Voraussicht für ihre künftige Entwicklung die bessere Lösung ist, wenn die elterliche Sorge nicht auf die Mutter allein übertragen, sondern von den Eltern weiterhin gemeinsam ausgeübt wird.

Die angeordnete umfangreiche Umgangsregelung unterliegt ebenfalls keinen Beanstandungen.

1. Nach § 1571 Abs. 2 GB kann einem Antrag auf Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge und Übertragung- hier - auf die Mutter ohne Zustimmung des anderen Elternteils nur dann entsprochen werden, wenn zu erwarten ist, dass diese Regelung des Sorgerechts dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge auf einen Elternteil setzt voraus, dass dies die bessere Alternative für das Kind wäre. Noch immer gilt als beste Erziehung diejenige, bei der sich beide Elternteile abstimmen und ergänzen (BVerfG, FamRZ 1959,416). Hierdurch kann der mit jeder Trennung und ggf. Scheidung der Eltern verbundenen Beeinträchtigung der Kinder am besten entgegengewirkt werden (BverfG, FamRZ 1971,421; FamRZ 1982, 1179,1183).

Diese grundsätzlichen Aussagen gelten auch für E L. Sie hat bei allen bisher am Verfahren Beteiligten die feste Überzeugung begründet, dass sie beide Eltern liebt, sich gern bei beiden aufhält und auch zu den beiderseitigen Großeltern eine feste emotionale Bindung hat. Ihre Entwicklung zu einem lebensfrohen Mädchen, dass die unterschiedlichen Persönlichkeiten seiner Eltern zu nehmen weiß, scheint nach dem Eindruck der Verfahrenspflegerin, der Sachverständigen und der Familienrichterin durch die Trennung und den langjährigen Streit der Eltern nicht erkennbar beeinträchtigt. Ob gelegentlich auftretende Ängste und Alpträume in einem Zusammenhang mit der Trennung der Eltern stehen oder andere Ursachen haben, muss notwendig ungeklärt bleiben.

An dem positiven Eindruck, den E L erweckt, werden beide Eltern einen nicht bestimmbaren Anteil und Verdienst haben. Es ist zu unterstellen, dass beide Eltern in Verantwortung gegenüber dem Kind ihre im Außenverhältnis heftig geführten Auseinandersetzungen nicht auf de Elternebene durchschlagen lassen.

Der Senat ist davon überzeugt, dass die vom Familiengericht schon im Anordnungsverfahren im Juni 2004 angeordnete und in seiner die Instanz beendenden Entscheidung aufrecht erhaltene Übertragung lediglich des Aufenthaltsbestimmungsrechts für E L auf die Mutter eine geeignete und zugleich ausreichende Regelung darstellt, die den speziellen Schwierigkeiten der Eltern im Umgang miteinander angemessen Rechnung trägt. Zum Wohle und im Interesse E Ls bedarf es aber weiterer Eingriffe in das Sorgerecht des Vaters nicht.

Zunächst steht auch für den Senat, der insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts Bezug nimmt, außer Zweifel, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht für E L als im Alltag wesentlicher Teilbereich der elterlichen Sorge den Eltern nicht gemeinsam zugeordnet werden kann.

Den Eltern fehlt nach inzwischen knapp vierjähriger Trennung die Fähigkeit zur entspannten Kommunikation. Die dem Vater eigene Bereitschaft, seine Meinung in jedem für wert gehaltenen Punkt deutlich gegen andere Meinungen zu stellen, und der von der Mutter eingeschlagene Weg der strengen Abgrenzung, machen es notwendig, die weiterhin strittigen Punkte des Aufenthalts und der Obhut durch gerichtliche Regelung dem Streit zu entziehen. Hiervon ausgehend ist die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts durch das Amtsgericht auf die Mutter, bei der für E L das eigentliche Zuhause ist, nicht zu beanstanden.

Auch für die nahe Zukunft erscheint es ausgeschlossen, dass die Eltern über den Aufenthalt von E L Einvernehmen erzielen können. Deshalb war es neben der Regelung der vorrangigen Zuständigkeit der Mutter für das Aufenthaltsbestimmungsrecht erforderlich, den künftigen Umfang der beiderseitigen Betreuungsanteile zu regeln. Bei dieser Regelung hat sich das Amtsgericht zutreffend davon lenken lassen, dass E L mit den bisherigen Wechseln zwischen den Eltern zufrieden ist und sie diese uneingeschränkt erhalten haben möchte. In diesem Wunsch findet sie von der Verfahrenspflegerin Unterstützung.

Für den Senat haben die gründlichen erstinstanzlichen Ermittlungen und Feststellungen keine überzeugenden Gründe aufgezeigt, die eine weitere Beschränkung des Elternrechts des Vaters rechtfertigen würden.

Die Ermittlungen haben sich vorwiegend auf die Beziehungssituation aller Familienmitglieder konzentriert. Die speziellen Lebensverhältnisse sind nach dem von Streit begleitetem Auszug der Mutter aus der Familienwohnung weder von den Eltern selbst, noch vom Jugendamt, noch von der Verfahrenspflegerin problematisiert worden. Der Senat unterstellt deshalb, dass diese bei beiden Elternteilen gleichwertig sind. Weiterhin geht der Senat nach seinen eigenen durch die verschiedenen Beschwerdeverfahren über Jahre von den Parteien erworbenen Eindrücken davon aus, dass auch die weiteren Kriterien einer Entscheidung zum Sorgerecht - oder hier seinen Teilbereichen - wie das der Kontinuität und der Förderungsmöglichkeiten (BGH, FamRZ 1990,392,39; OLG Zweibrücken, FamRZ 2000,1042; 2001,186) bei beiden um E L sehr bemühten Eltern unproblematisch sind.

Die zeitliche Nähe der erstinstanzlichen Ermittlungen und ihre ausführliche Dokumentation in der Akte machen es nicht erforderlich, dass der Senat weitere eigene Ermittlungen oder gar ein neues Sachverständigengutachten einholt.

Vorliegend sind die Beurteilungen einerseits einer relevanten Einschränkung der Erziehungsfähigkeit des Vaters, andererseits der beiderseitigen elterlichen Bindungstoleranz maßgebende Faktoren für die Erforderlichkeit einer Alleinsorgeentscheidung.

Das erstinstanzlich eingeholte Sachverständigengutachten (Bd. III, Bl. 53-186) ist letztlich nicht hilfreich für die Beantwortung der vom Gericht vorgegebenen Fragestellung. Es lässt nicht deutlich nachvollziehbar erkennen, ob und welche konkreten Auswirkungen im Einzelnen die Feststellungen der Sachverständigen über die Persönlichkeitsstruktur des Vaters auf seine Erziehungseignung haben.

Die Sachverständige hat die Fragen des Gerichts in psychologische Fragestellungen "übersetzt" (Bd. III, Bl.62), wodurch die Analyse der Beziehungsdynamik der Eltern vor dem Hintergrund ihrer Persönlichkeitsstrukturen ein gegenüber anderen Gutachten in Sorgerechtsverfahren erhebliches Schwergewicht erhielt.

Die Sachverständige hat beim Vater narzisstisch akzentuierte Persönlichkeitszüge diagnostiziert (Bl. 106/7 des Gutachtens aaO.) und den Verdacht auf narzisstisch-paranoid kombinierte Persönlichkeitsstörung geäußert, worin eine gewisse Beeinträchtigung der Erziehungsfähigkeit läge (Bl.118 d.G.), die in auffälliger Beziehungsgestaltung beobachtbar sei. Als Beispiel dafür führte die Sachverständige an, dass sie eine Manipulation des Kindes im Anbringen auch seines Namens auf dem Postkasten des Vaters erkenne. Der Senat vermag diese Gefahr nicht als konkret und gewichtig einzuschätzen. Auch die Ausführungen zu den Gefahren eines verwöhnenden Erziehungsstils (Bl.111 f. d.G.) erscheinen dem Senat unrealistisch und pessimistisch.

Danach vermag auch der Senat nicht zu der Einschätzung zu gelangen, dass die Persönlichkeitsstruktur des Vaters einen Krankheitswert hätte und dass dadurch seine Erziehungsfähigkeit konkret und greifbar beeinträchtigt wäre. Wie auch das Familiengericht ist der Senat deshalb der Überzeugung, dass die Gründe für die Kommunikationsschwierigkeiten der Eltern für die Sorgerechtsfrage letztlich dahinstehen können.

Die den Vater auszeichnenden Persönlichkeitsmerkmale dürften der Mutter in den Jahren ihrer Partnerschaft nicht verborgen geblieben sein. Die Mutter hat sich einen Mann als Partner gesucht, dessen berufliche Orientierung als Designer von der ihren als psychiatrisch orientierter Ärztin verschieden ist. Die unterschiedliche Berufswahl dürfte nur eine, aber eine besonders symptomatische der verschiedenen Ausdrucksformen der Persönlichkeitsunterschiede der Eltern sein. Zweifelhaft bleibt dabei, ob das Paar seine Berufe als gleichwertig angesehen hat.

Unstreitig haben sich beide Partner bewusst für ihre Elternrolle entschieden und darüber im Voraus klare Vorstellungen entwickelt. Der Vater hat unwidersprochen vorgetragen, dass er Schwangerschaft wie Geburt der Tochter emotional und Anteil nehmend begleitet hat. Er habe eine herkömmliche Rollenverteilung abgelehnt und sich von Geburt an viel Zeit für Emma genommen. Er habe keine eingeschränkte Vaterrolle nach dem Muster einer klassischen Haushaltsehe spielen wollen. Einschränkungen seiner beruflichen Tätigkeit habe er durch seine Selbständigkeit einrichten können. Der zeitliche Anteil des Berufslebens des Vaters hat sich mit der Geburt der Tochter entsprechend dem der Mutter im Erziehungsurlaub geändert.

Die Vereinbarungen der werdenden Eltern über ihre gleichberechtigte Teilhabe an der Betreuung, Versorgung und Sorge um Emma hatten jedoch keinen Bestand. Konflikte über Rollenverhalten bestimmten den Alltag.

Die Schwierigkeiten, die die Eltern im ersten Lebensjahr als Familie empfunden haben, konnten sie nicht bewältigen. Den Trennungsentschluss der Mutter nach der erfolglosen Paartherapie hat der Vater so wenig akzeptieren können, wie die Mutter ihn hat durchsetzen können. Die Eltern haben ihre Auseinandersetzungen entsprechend ihrer Persönlichkeitsstruktur und ihrer Anteile am Trennungs- und Gerichtsverfahren unterschiedlich erlebt, wahrgenommen und verarbeitet. Die Eltern haben nicht verhindern können, dass sie sich gegenseitig durch die Art ihrer Angriffe gegeneinander und gegen die ihnen wichtige Personen mehr als objektiv unvermeidlich verletzt und getroffen haben.

Unbestreitbar ist, dass sich der Vater sich erst relativ spät von seiner Vorstellung, mit der Mutter und Tochter eine intakte, gemeinsam lebende Familie zu bilden, hat verabschieden können und den Trennungsentschluss der Mutter hat akzeptieren können.

Bei der Mutter hat der lange Trennungsstreit im Ergebnis zu einer starken Abwendung vom Vater geführt. Sie lehnt inzwischen die direkte Kommunikation über E Ls Angelegenheiten ab und vermeidet ein Zusammentreffen selbst in neutralen, kindbezogenen Bereichen wie dem Kindergarten. Persönliche Kontakte finden zwischen den Eltern, deren gemeinsame Tochter zu beiden ein tiefes Gefühl empfindet und die bei beiden ein eigenes Zimmer hat, nicht statt.

Die Eltern scheinen beide in ihrem Paarkonflikt noch immer verfangen. Sie tragen ihn auf einer abstrakten Ebene aus, die auf beiden Seiten von tiefem Misstrauen gegeneinander gekennzeichnet ist. Die gerichtliche Auseinandersetzung erweckt den Eindruck, als verweigerten die Eltern sich gegenseitig die Wertschätzung in ihrer Bedeutung für die gemeinsame Tochter. So wie die Mutter nach Emmas Geburt einen Mangel an Wertschätzung und Akzeptanz ihrer Mütterlichkeit beklagte und das Empfinden äußerte, mit negativem Einschlag als besonders karrierebezogen zu gelten, so verweigert sie dem Vater seine Wertschätzung in seiner Vaterrolle.

Die Beschwerdebegründung der Mutter wiederholt die Kritik am früheren Partner in der auch eigenen professionellen Sprache des Gutachtens. Der Vater empfand dieses Gutachten als beeinträchtigend und entwertend und hat sich gegen sachlich nicht gerechtfertigte Veröffentlichungen daraus durch die Mutter gerichtlich erfolgreich gewehrt (Bd. V, Bl.5 ff.).

Die Eltern lieferten sich noch immer einen "Wettkampf" ums Kind, den kein Teil allein gewinnen kann, weil E L zur Verstärkung und Fortsetzung ihrer positiven Entwicklung Vater und Mutter mit stabiler und schützender persönlicher Zuwendung um sich haben will und beide braucht.

Die gutachterliche Einschätzung der Bindungstoleranz der Mutter kann der Senat insoweit nicht vollständig teilen, dass ihre umfassende Abgrenzung vom Vater und seinem Lebensbereich eine Beeinträchtigung der Tochter befürchten lässt. Nach den hier allein maßgeblichen Interessen des Kindes reicht es nicht aus, dass sie mit E Ls Aufenthalten beim Vater nur äußerlich einverstanden ist. Die Mutter muss ihrer Tochter auch emotionale Akzeptanz ihrer Liebe zum Vater vermitteln, den sie selbst nur als Partner ablehnen darf.

2. Gemäß § 1684 Abs. 1 BGB hat das Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind berechtigt und verpflichtet. Dieses Umgangsrecht ist ein Teil des natürlichen Elternrechts. Es soll auch dem Elternteil, bei dem das Kind nicht seinen Lebensmittelpunkt hat, die Möglichkeit geben, sich laufend von der Entwicklung und dem Wohlergehen des Kindes zu überzeugen und die zwischen ihnen bestehenden Bande zu pflegen, d.h. einer Entfremdung vorzubeugen und dem Liebesbedürfnis beider Teile Rechnung zu tragen (Palandt/Diederichsen, BGB, 66. Aufl., § 1684 Rdn.2 m.w.N.). Es dient aber auch den Interessen des Kindes und damit dessen Wohl; regelmäßige Kontakte zu beiden Elternteilen sind für die ungestörte Persönlichkeitsentwicklung von essentieller Bedeutung. All dies hat das Amtsgericht beachtet und das Umgangsrecht sachgerecht und in Anlehnung an die bewährte Übung der Eltern gestaltet.

Die vom Amtsgericht angeordnete Betreuungsregelung mit nahezu gleichen Anteilen ihrer Eltern gibt E L die Möglichkeit, ihrem Liebesbedürfnis zu beiden Eltern umfassend nachzukommen; die Betreuungsregelung gibt beiden Eltern trotz der inzwischen von beiden akzeptierten Trennung auf ihrer Paarebene ausreichende Gelegenheiten, für das von beiden erwünschte Kind weiterhin Eltern zu sein.

3. Eine erneute persönliche Anhörung der Eltern sieht der Senat nicht als erforderlich an, weil sie durch ihre Verfahrensbevollmächtigte umfangreich und regelmäßig vorgetragen und erwidert haben. Insbesondere ist eine erneute persönliche Anhörung des Kindes E L nach deren klaren und ausführlichen erstinstanzlichen Einlassungen im Interesse ihrer Entlastung entbehrlich. Die langjährig in Kindesanhörungen erfahrene Familienrichterin hat bei E Ls Anhörung in Gegenwart der ihr persönlich schon bekannten Verfahrenspflegerin eine klare Persönlichkeitseinschätzung gewonnen-. Das macht die ergänzende Gewinnung eines persönlichen Eindrucks des Senats verzichtbar, zumal die Bindung des Kindes an beide Elternteile zwischen ihnen nie im Streit war.

Die Entscheidung ist nach Auffassung des Senats nach § 131 Abs. 1 Satz 2 KostO gerichtsgebührenfrei. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 13 a FGG, 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 und 3 KostO.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung nicht vorliegen (§§ 621 e Abs. 2, 543 Abs. 2 und 544 ZPO).

III. Der Prozesskostenhilfeantrag der Mutter war schon ohne Prüfung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse zurückzuweisen, da ihr Rechtsmittel aus den vorstehend aufgezeigten Gründen dieser Entscheidung keine Aussicht auf Erfolg hat, § 114 ZPO.

Ende der Entscheidung

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