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Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 15.06.2004
Aktenzeichen: 18 U 54/03
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, AGBG, KrW-/AbfG
Vorschriften:
ZPO § 147 | |
ZPO § 313 a Abs. 1 S. 1 | |
ZPO § 540 Abs. 2 | |
BGB § 284 Abs. 1 | |
BGB § 284 Abs. 1 S. 1 | |
BGB § 284 Abs. 2 | |
BGB § 284 Abs. 2 S. 1 a.F. | |
BGB § 288 a.F. | |
BGB § 315 Abs. 1 | |
AGBG § 1 | |
AGBG § 2 | |
AGBG § 3 | |
AGBG § 11 Nr. 4 | |
KrW-/AbfG § 9 Abs. 2 S. 2 |
Kammergericht Im Namen des Volkes
Geschäftsnummer: 18 U 54/03
verkündet am: 15.06.2004
In dem Rechtsstreit
hat der 18. Zivilsenat des Kammergerichts unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Kammergericht Harte, der Richterin am Kammergericht Steuerwald-Schlecht sowie des Richters am Kammergericht Dr. Lehmbruck auf die mündliche Verhandlung vom 15. Juni 2004 für Recht erkannt:
Tenor:
1. Unter Abänderung des klageabweisenden Ausspruches zu einem Teil der Zinsen im Versäumnisurteil des Landgerichts Berlin vom 15. September 2003 - 9 O 284/03 - wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin weitere Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 2.845,77 EUR für die Zeit vom 16. November 2000 bis zum 29. August 2002, aus weiteren 5.512,52 EUR für die Zeit vom 16. Mai 2001 bis zum 29. August 2002, aus weiteren 2.669,75 EUR die Zeit vom 16. August 2001 bis zum 29. August 2002 und aus weiteren 2.669,75 EUR für die Zeit von 16. November 2001 bis zum 20. Juli 2003 zu zahlen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe:
Von der Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird abgesehen, §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs.1 S.1 ZPO.
Die form -und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 517, 519, 520 ZPO) ist begründet.
Unter Abänderung des klageabweisenden Ausspruchs zu einem Teil der Zinsen im Versäumnisurteil des Landgerichts Berlin war der Beklagte zur Zahlung weiterer Verzugszinsen gemäß der §§ 284 Abs.1 S.1, Abs.2; 288 BGB a.F. wie tenoriert zu verurteilen.
Der Beklagte ist bereits zu den im Tenor aufgeführten Zeitpunkten vor Rechtshängigkeit auch ohne Mahnung mit der Zahlung fälliger Straßenreinigungs- und Müllabfuhrentgelte in der schlüssig dargelegten und nicht näher angegriffenen Höhe der Hauptforderung in Verzug gekommen, da er nicht zu den im Amtsblatt von Berlin veröffentlichten jeweiligen klägerischen Leistungsbe-dingungen - Ziffer 1.4.1. Abs. 2 - betreffend die Abfallentsorgung i.V. mit Ziffer 2.2.19 - sowie in den vorherigen jeweiligen Jahresrechnungen, die auch die jeweilige Höhe dem Beklagten vorab mitteilten, genannten jeweils auf den 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November lautenden datumsmäßig bestimmten Zeitpunkten quartalsweise gleiche Teilbeträge geleistet hat, § 284 Abs. 1 und Abs.2 S.1 BGB a.F.
Trotz des in den §§ 8 Abs.1, 9 Abs.1 KrW/AbfG Bln, 4,5, 7 Abs.2 StrReinG gesetzlich geregelten Anschluss- und Benutzungszwangs ist das durch die klägerische Leistungserbringung und deren Inanspruchnahme zustande gekommene Leistungsverhältnis hier privatrechtlich ausgestaltet (vgl. ausdrücklich für die Klägerin: BGH III ZR 227/82, Urteil vom 3. November 1982 = MDR 1984, 558; BGH NVwZ 1986, 963, 964). Die im Amtsblatt von Berlin für den betreffenden Zeitraum jeweils veröffentlichten klägerischen Leistungsbedingungen stellen materiell-rechtlich Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des hier noch anwendbaren § 1 AGBG dar(BGH aaO.).
Die Leistungsbedingungen sind wirksam in das Leistungsverhältnis der Parteien einbezogen, ohne dass es über die Veröffentlichung im Amtsblatt hinaus der Wahrung weiterer Voraussetzungen des § 2 AGBG bedarf. Wie § 9 Abs. 2 S.2 KrW/AbfG zeigt, hat der Gesetzgeber als Ausfluss des öffentlich-rechtlichen Zwangsverhältnisses die allgemeine Regelung des Leistungsverhältnisses durch Leistungsbedingungen vorausgesetzt. Insoweit ist der öffentlich-rechtlichen Grundlage des in seiner weiteren Abwicklung privatrechtlich ausgestalteten Leistungsverhältnisses durch Erleichterung der Einbeziehungsvoraussetzungen Rechnung zu tragen. Der Senat folgt den Ausführungen des 25. Zivilsenates aus seinem zu 25 U 157/03 ergangenen Urteil vom 21. April 2004 (S.7. des Urteils), die insoweit den Einfluss des Sonderrechtsverhältnisses betonen, und sieht sich im Einklang mit den Ausführungen des Bundesgerichtshofes vom 3. November 1983 zu III ZR 227/82, der auf S.11 des Urteils ebenfalls für die Klägerin zu § 2 AGBG eine Erleichterung vertritt.
Die in Ziffer 1.4.1 Abs. 2 (z.T. i.V.mit Ziffer 2.2.19) durch Allgemeine Geschäftsbedingungen getroffene Regelung zu turnusmäßig quartalsweise in gleichen Teilbeträgen zu leistenden Zahlungen ist nicht überraschend i.S. des § 3 AGBG, da eine zeitanteilige Aufteilung von Vergütungen bei Dauerschuld-verhältnissen bzw. wiederkehrend zu erbringenden Leistungen weit verbreitet ist.
Es mag auf sich beruhen, ob Ziff. 1.4.1. Abs.2 S.2 der Leistungsbedingungen in der Fassung vom 18. Mai 2000 (ABl. 2000, S. 1834 ff.) bzw. Ziff. 1.4.1. Abs. 2 S.1 der Fassung vom 21. März 2001 (ABl. 2001, S. 1290 ff.) einer Wirksamkeitskontrolle nach § 11 Nr. 4 AGBG auch insoweit standhält, als die Entrichtung des Entgelts in vier gleichen Teilbeträgen zu den genannten Daten "- unabhängig von der Rechnungslegung -" eintreten soll. Denn selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte und wegen des Grundsatzes des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion (vgl. hierzu Heinrichs in Palandt, 63.Aufl., Vorb. zu § 307 BGB RdNr. 8 m.w.N.) Ziff.1.4.Abs. 2 S.2 der Fassung vom 18. Mai 2000 bzw. Ziff. 1.4.1. Abs. 2 S.1 der Fassung vom 21. März 2001 insgesamt unwirksam sein sollte, verbliebe hier die schon jeweils Ziffer 1.4.1 Abs. 1 S. 1 der Leistungsbe-dingungen wirksam getroffene Regelung, dass die Klägerin über die zu zahlenden Entgelte Rechnungen ausstellt, sowie der Umstand, dass die Klägerin solche Rechnungen dem Beklagten unter Angabe des Fälligkeitszeitpunktes 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November für die vier gleich hoch bezifferten Teilbeträge pro Jahr für die Jahre 2000 und 2001 jeweils vorab tatsächlich im Januar des Abrechnungsjahres gestellt hat. Hierin lag eine wirksame einseitige datumsmäßig bestimmte Festlegung der Fälligkeit der genannten Teilbeträge i.S. des § 284 Abs. 2 S.1 BGB a.F. durch die Klägerin.
Unabhängig von einer allgemeinen Betrachtung einseitiger Bestimmung der Leistungszeit stellt die quartalsweise zeitanteilige Aufteilung des Jahresentgeltes zu datumsmäßig festgelegten Zeit-punkten in Anbetracht der von der Klägerin ebenfalls wiederkehrend regelmäßig zu erbringenden Leistungen eine billige Bestimmung der Leistungszeit gemäß oder entsprechend § 315 Abs. 1 BGB dar. Zur diesbezüglich einseitigen Bestimmung war die Klägerin nach Auffassung des Senats schon wegen der in Ziffer 1.4.1. Abs.1 der Leistungsbedingungen verankerten Befugnis zur Rechnungslegung einerseits und der auch in § 9 Abs. 2 S.2 KrW-/AbfG Berlin gesetzgeberisch vorausgesetzten allgemeinen Regelung des Leistungsverhältnisses durch Leistungsbestimmun-gen befugt.
Die späteren Änderungsrechnungen für 2000 (Anlage K2) und 2001 (Anlage K4) vom 23. April 2003 haben den zuvor eingetretenen Zahlungsverzug des Beklagten in Höhe der betragsmäßig nur noch weiter verfolgten Beträge nicht entfallen lassen. Dies ergibt die Auslegung aus Sicht eines verständigen Empfängers (§ 133 BGB). Auch wenn in den Rechnungen von einer "Stornierung" der jeweiligen Ursprungsrechnungen die Rede ist, war dies dem Sinn nach verständigerweise nicht als Verzicht auf bereits entstandene Verzugsfolgen zu verstehen, sondern nur dahin, wegen Neuberechnung eine zugunsten des Kunden jeweils etwas reduzierte Hauptfor-derung weiter zu verfolgen.
Die vom Beklagten beantragte Verbindung des Rechtsstreits nach § 147 ZPO mit weiteren beim Senat vorliegenden Rechtsstreitigkeiten kam aus den in der mündlichen Verhandlung erörterten Gründen weiterhin nicht in Betracht, geht es in den verschiedenen Verfahren doch nicht nur um verschiedene Objekte, sondern z.T. auch um verschiedene Leistungszeiträume mit der Folge des Eingreifens unterschiedlicher Fassungen der Leistungsbedingungen.
Die Kostenentscheidung folgt § 91 Abs.1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs.2 ZPO). Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung. Auch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes nicht. Die Entscheidung des 8. Zivilsenats vom 8. Dezember 2003 (8 U 158/03 = GE 2004, 179) stellt tragend auf die Darlegungsverpflichtungen zum Zustandekommen eines Vertrages im konkreten Rechtsstreit ab (in diesem Sinne auch: KG Urteil vom 21. April 2004, 24 U 157/03 a.E. der Gründe). Eine Abweichung von dieser Entscheidung nötigt deshalb nicht zur Zulassung der Revision, zumal hier entscheidend auch auf die tatsächliche Rechnungslegung vor den genannten Fälligkeitszeitpunkten abgestellt wird. Im Zusammenhang mit § 2 AGBG liegt bereits die zu III ZR 227/82 ergangene oben genannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vor.
Ende der Entscheidung
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