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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 24.02.2005
Aktenzeichen: 18 UF 238/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO §§ 517 ff
ZPO § 621 e Abs. 1
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 621 e Abs. 3
Der Antrag auf Übertragung der alleinigen elterliche Sorge ist trotz unstreitiger Kommunikationsprobleme der Eltern jedenfalls dann unbegründet, wenn sich der andere Elternteil bei Entscheidungsprozessen eher passiv verhält und die Kompetenz des antragstellenden Elternteils auch dann nicht in Frage stellt, wenn dieser Angelegenheiten der Kinder allein regelt, die über die Geschäfte des täglichen Lebens hinausgehen.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 18 UF 238/04

In der Familiensache

hat der 18. Zivilsenat des Kammergerichts - Senat für Familiensachen - durch die Richterin am Kammergericht Dr. Ehinger als Einzelrichterin am 24. Februar 2005 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird das Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 17. November 2004 - 128 F 31/04 - in seinem Ausspruch über die Folgesache elterliche Sorge geändert wie folgt:

Der Antrag der Antragstellerin, ihr die elterliche Sorge für die Kinder Mnnn Vnn , geboren am nnnnnnn , Annnnn Vnn , geboren am nnnnnnnn und Cnnnnnnnn Vnn , geboren am nnnnnnn allein zu übertragen, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 900,00 €.

Gründe:

Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 17. November 2004 in der Scheidungsfolgesache elterliche Sorge die elterliche Sorge für die gemeinsamen Kinder der Parteien auf die Antragstellerin allein übertragen. Das Urteil des Amtsgerichts wurde am 22. November 2004 zugestellt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, die am 21. Dezember 2004 eingegangen ist.

Der Antragsgegner beanstandet die Entscheidung des Amtsgerichts, weil es zwischen den Eltern keine Konflikte bezüglich der wesentlichen Angelegenheiten der Kinder gebe. Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Die gemäß §§ 621 e Abs. 1, 621 Abs. 1 Nr. 1, 621 e Abs. 3, 517 ff ZPO zulässige Beschwerde des Vaters ist begründet. Die Übertragung der elterlichen Sorge für die gemeinsamen Kinder der Parteien auf die Mutter kommt nicht in Betracht, weil nicht zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge und Übertragung auf die Mutter allein am besten dem Wohl des Kindes entspricht (§ 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Die Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf die Mutter entspricht aus mehreren Gründen nicht dem Wohl der Kinder:

Der Mutter ist es in der Vergangenheit nicht gelungen, die Kinder dazu anzuhalten, den Umgang mit dem Vater regelmäßig zu pflegen und sie dafür zu sensibilisieren, dass der Vater aufgrund seiner Erkrankung an einer Depression seit längerem zu einem eher passiven Verhalten auch im Umgang mit den Kindern neigt. Sie hat vielmehr in der Anhörung in der Beschwerdeinstanz ein Funktionieren der Umgangsregelung davon abhängig gemacht, dass der Vater ihr die elterliche Sorge allein überlässt. Diese Haltung und Einstellung gegenüber dem Vater, der ihr die Erziehung der Kinder zur Zeit weitgehend allein überlässt, entspricht nicht dem Wohl und Interesse der Kinder und erweckt vielmehr Zweifel an der Erziehungseignung der Mutter. Hinzu kommt, dass nicht zu beobachten ist, dass die gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge in Zukunft mit Konflikten zwischen den Eltern einhergehen wird. Zwar wurde in der Anhörung der Parteien durchaus deutlich, dass zwischen ihnen noch erhebliche Vorbehalte aufgrund erlittener Verletzungen während der Ehe bestehen, und sie deshalb möglichst wenig miteinander kommunizieren. Gleichwohl spricht dies hier nicht gegen die Beibehaltung der elterlichen Sorge. Zunächst schon deshalb nicht, weil sich keine zu entscheidenden Konflikte für die Kinder im wesentlichen Belangen abzeichnen und auch sonst Entscheidungen von wesentlicher Bedeutung, die das Einvernehmen beider Eltern voraussetzen, nicht bevorstehen. Für den Fall, dass solche anstünden, wären die Eltern auch in der Lage zu Entscheidungen zu kommen, denn es entsprach und entspricht der geübten Praxis der Ehegatten, dass der Vater die Mutter als vorrangigen Ansprechpartner der Kinder respektiert, die in der Lage ist die Belange der Kinder verantwortungsbewusst zu regeln, soweit sie nicht das Verhältnis zum Vater betreffen. Dies führte in der Vergangenheit dazu, dass er nicht auf eine einvernehmliche Entscheidung bestanden hat und auch nicht auf sein Mitentscheidungsrecht gepocht hat. Zu ausufernden Streitigkeiten und Kompetenzkonflikten, die sich auch als Belastung für die Kinder erweisen würden, ist es dabei nicht gekommen. Hauptquelle der Streitigkeiten zwischen den Parteien sind wohl die wirtschaftlichen Folgen der Trennung, nicht kontrovers sind die Belange der Kinder. Der Vater überlässt der Mutter nicht nur die Geschäfte des täglichen Lebens ohne sich einzumischen, sondern respektiert auch ihre Kompetenz bei weiter reichenden Entscheidungen, selbst wenn die Mutter diese ohne sein Einverständnis getroffen hat. Der Vater hat auch nie in Frage gestellt, dass die Kinder bei der Mutter leben sollen. Unter diesen Umständen wiegen die von der Mutter geäußerten Bedenken gegen ein gemeinsames Sorgerecht weniger schwer gegenüber dem Interesse der Kinder an einer Normalisierung ihrer Beziehung zu ihrem Vater und ihrem Vertrauen darin, dass auch ihr Vater trotz der Trennung an ihrem Wohlergehen interessiert ist und bei Bedarf in die Entscheidung mit einbezogen wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 93 a ZPO; die Entscheidung über den Gegenstandswert auf §§ 48 Abs. 3, 46 Abs. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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