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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 17.08.2007
Aktenzeichen: 18 WF 173/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 42 Abs. 1
ZPO § 46 Abs. 2
ZPO § 568
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht

Beschluss

Geschäftsnummer: 18 WF 173/07

In der Familiensache

hat der 18. Zivilsenat des Kammergerichts - Senat für Familiensachen - durch die Richterin am Kammergericht Dr. Ehinger als Einzelrichterin am 17. August 2007 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 6. Juli 2007 - 177 Abl 50/07 - geändert und der Befangenheitsantrag der Antragstellerin gegen den Richter von Jnn für begründet erklärt.

Gründe:

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 11.02.2007 zum Hauptverfahren beantragt, ihr die elterliche Sorge für die gemeinsamen Kinder der Parteien und hinsichtlich der Tochter Kn zum Sonderheft I - Verfahren ihr im Wege der einstweiligen Anordnung ohne mündliche Verhandlung das Aufenthaltsbestimmungsrechts allein zu übertragen.

Hintergrund dieser Anträge ist, dass der Vater, der mit der Mutter gemeinsam die elterliche Sorge für die im Haushalt der Mutter lebenden drei gemeinsamen Kinder ausübt, die Tochter Kn auf deren Wunsch hin nach einem Ferienaufenthalt nicht mehr zur Mutter zurückgebracht hat. Das Kind lebt seitdem im Haushalt des Vaters und ist von ihm gegen den Willen der Mutter auch bereits umgeschult worden.

Der Vertreter des zuständigen Richters veranlasste daraufhin, dass der Vater innerhalb einer Woche zu dem Antrag im einstweiligen Anordnungsverfahren Stellung nimmt und die zuständigen Jugendämter zur Sache berichten. Nachdem der Antragsgegner Stellung genommen hatte, bat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 26. Februar 2007 (Bl. 34 ff SH I) noch einmal dringend um eine Entscheidung im Hinblick auf die Schulpflicht des Kindes und eine geplante Mutter-Kind- Kur, die am 14.03.2007 beginnen und an der Kn teilnehmen sollte. Eine Reaktion des Gerichts erfolgte darauf nicht. Die Antragstellerin regte daraufhin mit Schriftsatz vom 14. März 2007 an, einen Termin zur persönlichen Anhörung des Kindes in den anstehenden Osterferien anzuberaumen. Im selben Schriftsatz wies sie daraufhin, dass sie die Mutter-Kind-Kur habe verlegen können auf den 25.04.2007 und diese bis zum 16. Mai 2007 dauere. Zugleich bat sie erneut um baldige Entscheidung in der Sache.

Zwischenzeitlich hatte das Bezirksamt Neukölln zum Hauptverfahren in seinem Bericht vom 09.03.2007 empfohlen, noch keine Entscheidung über die gestellten Anträge zu treffen, da nach dem Eindruck der zuständigen Sozialarbeiterin des Jugendamts Lüchow-Dannenberg Kn ernsthaft und nach reiflicher Überlegungen beim Vater bleiben möchte. Mit Schriftsatz vom 22. März 2007 widersprach die Antragstellerin der Empfehlung des Jugendamts und bat um eine kurzfristige Mitteilung oder Entscheidung in der Sache. Eine Reaktion des Gerichts erfolgte darauf nicht.

Mit Schriftsatz vom 03.04.2007 beantragte die Mutter nunmehr im Hinblick auf die bevorstehende Mutter-Kind-Kur ihr im Wege der einstweiligen Anordnung ohne mündliche Verhandlung den Umgang mit dem Kind in der Zeit vom 25. April 2007 bis 16. Mai 2007 zur Teilnahme an der Mutter-Kind-Kur zu gestatten und ferner ab Juni 2007 den Umgang zu regeln, um einer Entfremdung bis zum Abschluss des Hauptverfahrens vorzubeugen.

Mit Schriftsatz vom 6. April 2007 bat sie erneut, mit Hinweis auf das bestehende Beschleunigungsgebot, eine baldige Entscheidung herbeizuführen. Die Vertreterin des zuständigen Richters, Richterin am Amtsgericht Lnn , informierte den Verfahrensbevollmächtigten am 20. April 2007 telefonisch darüber, dass der Antrag auf Umgangsregelung für die Mutter-Kind-Kur keine Aussicht auf Erfolg habe.

Mit Schriftsatz vom 18. Mai 2007 lehnte die Antragstellerin den zuständigen Richter von Jnn wegen Besorgnis der Befangenheit ab.

Mit Beschluss vom 6. Juli 2007 wies das Amtsgericht den Befangenheitsantrag der Mutter zurück.

Wegen der Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Mutter, die der Auffassung ist, dass es für sie nicht nachvollziehbar sei, aus welchen Gründen bisher keine Entscheidung ergangen sei und aus welchen Gründen nicht eine mündliche Anhörung wenigstens zu ihrem Antrag auf Regelung des Umgangs anberaumt worden sei, um einer drohenden Entfremdung entgegenzuwirken. Auch wenn das Jugendamt eine Aussetzung des Verfahrens von sechs Monaten empfohlen habe, könne diese Auffassung des Jugendamts nicht für die Entscheidung des Richters allein maßgebend sein. Auch dürfe ihr nicht zum Nachteil gereichen, dass der Richter häufig vertreten worden sei.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 46 Abs. 2, 568 ZPO zulässig und in der Sache begründet.

Nach § 42 Abs. 1 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit dann abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Nach einhelliger Auffassung braucht der Richter objektiv nicht befangen zu sein; es genügt ein Grund, der vom Standpunkt einer vernünftigen Partei die Befürchtung erwecken könnte, der Richter stehe der Sache nicht mehr unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., ZPO, § 42 Rdn. 8 ff.; Baumbach/ Lauterbach/ Hartmann, ZPO, 56. Aufl. § 42 Rdn. 10 ff. m.w.N.). Ein solcher Grund kann sein, dass das Verfahren in unüblicher Weise oder aus für die Partei nicht nachvollziehbaren Gründen verzögert wird, obwohl eine Eilbedürftigkeit besteht.

Vorliegend bedarf es keiner abschließenden Klärung, ob der Richter von Jnn objektiv befangen ist, denn der Befangenheitsantrag ist begründet, weil aus Sicht der Antragstellerin ausreichende Gründe vorliegen, die bei ihr die Befürchtung wecken mussten, dass der für sie zuständige Richter ihre Sache nicht unvoreingenommen und unparteiisch bearbeitet. Das von der Antragstellerin geäußerte Misstrauen gegen den zuständigen Richter ist deshalb nachvollziehbar, weil er sich zu keinem Zeitpunkt zu den Anträgen und Anregungen der Antragstellerin geäußert und die Gründe für die von ihm beabsichtigte Verfahrensweise, nämlich keinen Termin anzuberaumen und keine Entscheidung zu treffen, trotz der Dringlichkeit des Rechtsbegehrens angegeben hat. So wurde die Antragstellerin zu ihren Anträgen im einstweiligen Anordnungsverfahren weder darüber informiert, dass möglicherweise aus dienstlichen Gründen eine Terminierung kurzfristig nicht möglich sei, noch dass eine Terminierung im Hinblick auf die Empfehlung des Jugendamts nicht beabsichtigt sei aus sachlichen Gründen, um zunächst abzuwarten, ob sich der Wunsch des Kindes, beim Vater zu leben, als ernsthaft erweist.

Es muss bei einer Partei, die ihre Rechte im summarischen Verfahren der einstweiligen Anordnung wahrnehmen will, das ja ein Eilverfahren darstellt zur einstweiligen Regelung eines Sachverhalts, Misstrauen erwecken, wenn von Seiten des Gerichts keinerlei Reaktion auf ihre Anträge erfolgt und sich - wie dies bei dem Umgangsregelungsantrag der Fall war - der zu regelnde Sachverhalt durch Zeitablauf erledigt. Zwar wurde von der Vertreterin des zuständigen Richters am 20. April 2007 telefonisch der Hinweis gegeben, dass der Antrag zum Umgang für die Mutter-Kind-Kur keine Aussicht auf Erfolg habe. Zu dem weiteren Antrag zur Regelung des Umgangs ab Juni 2007 erhielt sie in der Folgezeit bis zum 18. Mai 2007 von dem zuständigen Richter von Jnn , der - soweit aus den Akten ersichtlich ist - seit 23. April 2007 wieder amtierte (vgl. den Beschluss vom 23. April 2007), keinen Hinweis zu seiner beabsichtigten Verfahrensweise, bzw. welche Gründe einer Entscheidung entgegenstehen.

Es bedarf hier keiner Entscheidung darüber, ob und innerhalb welcher Fristen im Rahmen des summarischen Verfahrens zu entscheiden ist, denn ausschlaggebend für die Begründetheit des Befangenheitsantrags ist vorliegend lediglich, dass der zuständige Richter in den Zeiten seiner Anwesenheit keinerlei Hinweis gegeben hat, welche Gründe einer Entscheidung bzw. Terminierung entgegenstehen, bzw. wie er zu verfahren beabsichtige. Zwar hat er den Umgangsregelungsantrag mit Beschluss vom 23. April 2007 als Sonderheft II - Verfahren zum führenden Aktenzeichen des Sorgerechtsverfahrens verbunden, aber in der Folgezeit bis zum Ablehnungsantrag am 18. Mai 2007 keinen Hinweis dazu gegeben, wann mit einer Umgangsregelung beziehungsweise einem Anhörungstermin zu rechnen sei hinsichtlich des Antrags, den Umgang ab Juni 2007 zu regeln, obwohl ihm aus dem Akteninhalt bekannt gewesen sein muss, dass die Antragstellerin immer wieder um einen Termin, eine Entscheidung oder wenigstens einen Hinweis gebeten hatte, ohne dass dem Rechnung getragen worden war in seiner Abwesenheit.

Eines Hinweises hätte es schon deshalb bedurft, weil die Antragstellerin bereits ihren Kurtermin verschoben hatte, in der Hoffnung, noch eine Entscheidung des Gerichts zu erreichen und ihr Antrag trotz der Verschiebung ebenfalls nicht beschieden worden war, sondern der Prozessbevollmächtigte der Mutter lediglich telefonisch von der Vertreterin des ordentlichen Dezernenten darauf hingewiesen worden war, dass dieser Antrag keine Aussicht auf Erfolg habe.

Ende der Entscheidung

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