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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 03.05.2005
Aktenzeichen: 19 U 75/04
Rechtsgebiete: BGB, WpHG


Vorschriften:

BGB § 280
BGB § 675
WpHG § 37a
Die wegen eines behaupteten Aufklärungs- und Beratungsverschuldens auf Schadensersatz in Anspruch genommene Bank genügt ihrer sekundären Darlegungspflicht nur dann, wenn sie das angebliche Beratungsgespräch nicht nur zeitlich und räumlich, sondern auch inhaltlich spezifiziert. Der Anlageberater ist in besonderem Maße aufklärungspflichtig, wenn sich bereits aus den dem Anleger übergebenen Aufklärungsunterlagen ein Sach- verhalt auftut, der die Vermutung einer insgesamt unvollständigen Aufklärung begründet.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 19 U 75/04

verkündet am : 03.05.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 19. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin durch die Vorsitzende Richterin am Kammergericht Rinder sowie die Richter am Kammergericht Feskorn und Hartung auf die mündliche Verhandlung vom 3. Mai 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufungen des Klägers und der Beklagten gegen das am 30. September 2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 10 des Landgerichts Berlin - 10 O 53/04 - werden zurückgewiesen.

Von den Kosten der Berufungsinstanz haben der Kläger 17 % und die Beklagte 83 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können jeweils die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils gegnerische Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckten Betrages leistet.

Gründe:

I. Wegen der erstinstanzlichen Feststellungen wird Bezug genommen auf das angefochtene Urteil.

Der Kläger rügt mit der Berufung, das Landgericht zu Unrecht eine fehlerhafte Anlageberatung hinsichtlich der von der Beklagten empfohlenen Beteiligung am geschlossenen Immobilienfonds IBV 4 verneint. Es sei unzutreffend davon ausgegangen, daß der betreffende Eintrag in der Kundenberatungskarte hinreichend detailliert sei und die Beklagte damit ihrer sekundären Darlegungslast genügt habe. Dieser Ansicht sei nicht zu folgen, weil der Eintrag nichts darüber aussage, ob die Anlageberaterin der Beklagten auch über einen möglichen Substanzverlust belehrt habe. Wegen der Vermutungswirkung, die von dem Eintrag in der Kundenberatungskarte ausgehe, müsse daher angenommen werden, daß über dieses Risiko gerade nicht aufgeklärt worden sei. Darüber hinaus sei auch die Aussage der Zeugin Cnnn entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht in sich schlüssig und widerspruchsfrei. Die Zeugin habe zwar bekundet, den Kläger auf eine nicht vorhandene Rückzahlungsgarantie hingewiesen zu haben, jedoch stehe dies im Widerspruch zu ihren weiteren Angaben, wonach es sein Wunsch gewesen sei, wieder in festverzinsliche Wertpapiere zu investieren. Das Risiko eines geschlossenen Immobilienfonds sei mit dem eines festverzinslichen Wertpapiers nicht vergleichbar. Die ausgesprochene Empfehlung sei daher selbst unter Zugrundelegung der Zeugenaussage pflichtwidrig. Schließlich sei dem Landgericht auch nicht darin zu folgen, daß vorhandene Restzweifel zu seien Lasten gehen müßten, weil er vor der Beweisaufnahme nicht eine fehlende Aufklärung über Substanzverluste behauptet habe. Mit Schriftsatz vom 24. Juni 2004 (dort Seite 10) sei vielmehr bereits vorgetragen worden, daß der Fonds als sicheres Investment dargestellt worden sei.

Soweit das Landgericht seiner Klage stattgegeben hat, verteidigt er das angefochtene Urteil und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 30. September 2004 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin - 10 O 53/04 - die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 10.500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. Februar 2004 Zug-um-Zug gegen Übertragung der Beteiligungen am geschlossenen Immobilienfonds IBV 4 (Beteiligungsnummern nnnn und nnnn ) zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen und hinsichtlich der von ihr eingelegten Berufung, das Urteil des Landgerichts Berlin vom 30. September 2004 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Zur Rechtfertigung der von ihr eingelegten Berufung führt die Beklagte aus:

Das Landgericht sei fehlerhaft davon ausgegangen, sie habe den Kläger pflichtwidrig beraten. Es habe bei seiner Entscheidung nicht hinreichend berücksichtigt, daß der Kläger über mehrere Jahre hinweg zahlreiche Anlagen in Aktien, Aktien- und Immobilienfonds getätigt habe, er nunmehr vorgebe, angeblich von damit verbundenen Kursrisiken nichts gewußt zu haben. Unabhängig davon sei der Kläger vor jeder der hier streitgegenständlichen Anlageentscheidungen ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Was den Kauf der T-online Aktien betreffe, habe das Landgericht unzutreffend ausschließlich den Vortrag des Klägers seiner Entscheidung zugrundegelegt. Es sei mit Schriftsatz vom 13. Mai 2004 vorgetragen worden, daß die Zeugin Jnnnn auf das Risiko hingewiesen habe, das mit dem Erwerb von Einzelwerten verbunden sei. Damit sei auch gleichzeitig die nachfolgende Behauptung des Klägers bestritten worden, ihm gegenüber habe die Zeugin erklärt, es handele sich bei der Aktie um eine Neuemission, deren Kurs nur steigen könne. Auch lasse sich dem Vortrag des Klägers nicht entnehmen, ob der Kurs der Aktie tatsächlich nicht gestiegen sei.

Dem Landgericht sei auch nicht in der Annahme einer Falschberatung im Zusammenhang mit dem Kauf der Anteile am Fonds Deka Internet TF zu folgen. Es sei keineswegs lediglich vorgetragen worden, es sei auf die speziellen Risiken und Chancen von Branchenfonds hingewiesen worden. Die Zeugin Jnnnn habe anhand von Prospekten die Anlagepolitik und Branchenausrichtung des Fonds und den damit verbundenen Risiken hingewiesen. Unzutreffend sei die Ansicht des Landgerichts, die Zeugin hätte auch darauf hinweisen müssen, es handele sich bei den Internetunternehmen um sogenannte "Garagenunternehmen" mit einer geringen Eigenkapitalquote. Aus den Börsengängen sei diesen Unternehmen im Gegenteil viel Eigenkapital zugeflossen. Unzutreffend sei ferner die Auffassung des Landgerichts, die Aufklärung des Klägers sei im Hinblick auf den Kauf des Fonds Deka Team Biotech schon deshalb nicht ausreichend, weil die Übergabe des Fondsprospekts nicht habe bewiesen werden können. Darauf komme es nicht an, weil die Aufklärung auch mündlich erfolgen könne. Die Zeugin Jnnnn habe bei ihrer Vernehmung im einzelnen angegeben, worüber sie den Kläger aufgeklärt habe. Die Annahme einer fehlerhaften Beratung ließe sich auch nicht mit der Begründung rechtfertigen, daß die Anlage in Branchenfonds nicht mit der Risikoeinstufung als "risikobereit" zu vereinbaren gewesen sei. Es sei dabei zu berücksichtigen, daß der Kläger nur einen geringen Teil seines Anlagekapitals in diesen Fonds angelegt habe.

Fehlerhaft sei die Ansicht des Landgerichts über die Aufklärung im Zusammenhang mit dem Erwerb der Anteile am Fonds "BerolinaCapital". Dem Kläger seien die verschiedenen Varianten mit ihren unterschiedlichen Anteilen von Aktienfondsanteilen und den damit einhergehenden unterschiedlichen Chancen- und Risikoprofilen vorgestellt worden. Eine weitere Konkretisierung des Vortrags könne nicht verlangt werden. Eine pflichtwidrige Beratung liege auch nicht hinsichtlich des "BerolinaDynamik" Depot vor. Aus der Aussage der Zeugin Jnnnn folge eine hinreichende Aufklärung über bestehende Verlustrisiken. Zudem habe der Kläger bei dieser Anlage bereits über mehrjährige Erfahrungen mit anderen Aktien- und Aktienfondsanlage verfügt habe. Was den Kauf des Fonds "IBV 1" betreffe, fehle es bereits an einem substantiierten Vortrag des Klägers zu einem vermeintlichen Beratungsverschulden.

Das Landgericht habe schließlich fehlerhaft die Kausalität der angeblichen Beratungspflichtverletzungen der Beklagten für den Schaden des Klägers bejaht. Es bestehe keine Vermutung eines anlegergerechten Verhaltens des Klägers. Er habe bereits im April 1999 erklärt, über genügend sichere Analagen zu verfügen, als er über die Risiken von Aktienfonds aufgeklärt worden sei. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, daß er bei einer Aufklärung über weitere Risiken, die angeblich unterblieben sei, von den streitgegenständlichen Anlagen abgesehen hätte.

Soweit das Landgericht die Klage teilweise abgewiesen hat, verteidigt die Beklagte das angefochtene Urteil.

II. Die zulässigen, insbesondere jeweils form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufungen des Klägers und der Beklagten bleiben in der Sache ohne Erfolg.

1. Der Kläger hat über den vom Landgericht zuerkannten Umfang hinaus gegen die Beklagte keinen weitergehenden Anspruch auf Schadensersatz wegen eines Aufklärungs- und/oder Beratungsverschuldens. Die insoweit getroffenen Feststellungen des Landgerichts sind gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO für den erkennenden Senat bindend, weil keine konkreten Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen, die eine Neufeststellung gebieten. Die von der Berufung gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts erhobenen Rügen rechtfertigen keine begründeten Zweifel an den vom Landgericht auf Grund der durchgeführten Beweisaufnahme getroffenen Feststellungen. Das Landgericht hat die Klage teilweise zu Recht abgelehnt, weil der Kläger die Voraussetzungen für ein Aufklärungs- und Beratungsverschulden, was die Beteiligung am geschlossenen Immobilienfonds "IBV 4" betrifft, nicht zu beweisen vermocht hat. Der Angriff auf die Glaubhaftigkeit der Aussage bzw. der Glaubwürdigkeit der Zeugin Cnnn ist von vorneherein nicht geeignet, der Berufung zum Erfolg zu verhelfen. Der Kläger übersieht bei seinem Angriff auf die Beweiswürdigung des Landgerichts, daß er die Zeugin benannt hat. Die Zeugin hat bei ihrer Vernehmung angeben können, welche einzelnen Punkte sie mit dem Kläger bei dem Beratungsgespräch erläutert hat. So hat sie bekundet, sie habe den Kläger auf die fehlende Verfügbarkeit bis zum Jahr 2026 hingewiesen und ihm auch mögliche Alternativen aufgezeigt. Ein Beratungsverschulden folgt entgegen der Ansicht des Klägers nicht daraus, daß sie ihm zu der Beteiligung wegen des verfolgten Anlageziels der Alterssicherung nicht hätte raten dürfen. Denn die Zeugin hat weiter ausgesagt, daß diese Anlage für seine Enkelkinder bestimmt gewesen sei. Die Zeugin war daher nicht gehalten, den Kläger von der Beteiligung abzuraten, auch wenn er im übrigen ein anderes Anlageziel verfolgte. Es kommt nicht entscheidend darauf an, ob die Beklagte vor der durchgeführten Beweisaufnahme ihrer sekundären Darlegungslast genügt hat und insbesondere die Beratungsunterlagen insoweit ausreichende Anhaltspunkte enthielten. Selbst wenn man entgegen der Ansicht des Landgerichts das Bestreiten der Beklagten zunächst für unsubstantiiert ansieht, ist zu unterstellen, daß sie sich die Angaben ihrer Mitarbeiterin, der Zeugin Cnnn , konkludent zu eigen gemacht hat.

Auf das Ergebnis der Parteivernehmung kommt es nicht entscheidend an, weil dieses bereits aus prozessualen Gründen nicht zu verwerten ist. Die Voraussetzungen des § 448 ZPO lagen nicht vor, weil nicht zumindest "einiger Beweis" erbracht worden ist, wie es die Parteivernehmung von Amts wegen voraussetzt (Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 448 RdNr. 4; Reinhold in: Thomas/Putzo, 26. Aufl., § 448 RdNr. 2). Die Zeugin Cnnn hat den Vortrag des Klägers nicht bestätigt. Eine Parteivernehmung war auch nicht aus Gründen der "Waffengleichheit" geboten, weil es der Kläger war, der die Zeugin benannt hat. Allein der Umstand, daß ihm keine weiteren (neutralen) Zeugen zur Verfügung stehen, rechtfertigt keine Parteivernehmung. Im übrigen ist das Ergebnis der Parteivernehmung aus den vom Landgericht ausgeführten Gründen, auf die Bezug genommen wird, unergiebig.

2. Die Berufung der Beklagten ist ebenfalls unbegründet.

Der Kläger kann in dem vom Landgericht zuerkannten Umfang Schadensersatz wegen Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten aus einer positiven Forderungsverletzung des zwischen den Parteien konkludent zustande gekommenen Beratungsvertrages verlangen. Die Beklagte rügt ohne Erfolg, das Landgericht habe bei seiner Feststellung, der Kläger sei nicht pflichtgemäß beraten worden, nicht dessen bereits vorhandenen Kenntnisse und Erfahrungen mit zuvor getätigten Geldanlagen gewürdigt. Zwar trifft es grundsätzlich zu, daß eine Aufklärungspflicht gegenüber einem Kunden nicht oder gegebenenfalls nur eingeschränkt besteht, wenn dieser ein erfahrener Anleger ist oder sich nicht ersichtlich unglaubwürdig als solcher geriert oder keine Aufklärung wünscht (BGH, WM 1996, 1214, 1216; WM 1998, 1391). Die Bank ist dann nicht verpflichtet, dem Kunden gleichwohl eine Beratung aufzudrängen. Die Voraussetzung für dann ausnahmsweise nicht gebotene Aufklärung und Beratung hat danach die Beklagte darzulegen. Sie behauptet jedoch lediglich pauschal, daß der Kläger bereits ausreichende Vorkenntnisse gehabt habe. Dies kann auch nicht auf Grund des unstreitigen Sachvortrages angenommen werden. Der Kläger hatte bis zum Jahr 1998 abgesehen von der Zeichnung von Belegschaftsaktien seines Arbeitgebers Siemens ausschließlich in Sparbüchern und Bundesschatzbriefen investiert. Der im Jahr 1998 erstmals erfolgte Erwerb von Fondsanteilen, der hier nicht Streitgegenstand ist, machte eine Aufklärung und vor allem Beratung des Klägers nicht obsolet. Entscheidend kommt hinzu, daß der Kläger - dazu nachfolgend im einzelnen - in zuvor nicht gewählte Anlageformen, wie den Erwerb von Einzelwerten und die Anlage in geschlossene Immobilienfonds, investiert hat.

Hinsichtlich der einzelnen Anlageentscheidungen gilt folgendes:

a) T-online-Aktie

Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß eine Falschberatung hinsichtlich des Erwerbs der T-online-Aktien schon in der Erklärung der Zeugin Jnnnn liegt, der Kurs dieser Aktie könne als Neuemission nur steigen. Es hat diesen Vortrag entgegen der Ansicht der Beklagten als unstreitig ansehen können. Der Kläger hat in der Klageschrift vorgetragen, die Zeugin Jnnnn habe ihm entgegen seiner Anlagestrategie den Erwerb dieser Aktien empfohlen. Die Beklagte hat darauf im Schriftsatz vom 13. Mai 2004 erwidert, die Zeugin habe auf das Risiko des Erwerbs von Einzelaktien hingewiesen. Darauf hin hat der Kläger seinen Vortrag weiter substantiiert und mit Schriftsatz vom 24. Juni 2004 weiter vorgetragen, die Zeugin Jnnnn habe einen Vergleich zu den Siemens-Belegschaftsaktien gezogen und weiter erklärt, Neuemission würden stets im Kurs steigen. Zu diesem Vortrag hat die Beklagte nicht Stellung genommen. Angesichts dieses konkreten Vortrages des Klägers konnte sich die Beklagte nicht auf ihren vorherigen pauschalen Vortrag zur angeblichen Risikoaufklärung beschränken. Diese Erklärung war auch objektiv unrichtig. Der Vergleich mit den Belegschaftsaktien ist bereits deshalb unzutreffend, weil es sich bei den erworbenen T-online-Aktien um ein Unternehmen aus der Internetbranche handelte, so daß es sich um einen eher spekulativen Wert handelte. Unzutreffend ist auch die Erklärung der Kurs dieser Neuemission könne nur steigen. Ob und welcher Wertzuwachs dieser Aktie in einer bestimmten Zeit nach ihrem Erwerb tatsächlich eingetreten ist, kann auf sich beruhen. Es kann im Ergebnis auch dahinstehen, ob die Beklagte den Vortrag in der Berufung ausreichend substantiiert ist, weil dieses Bestreiten ohnehin gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht berücksichtigt werden kann.

b) Deka Internet TF

Ohne Erfolg wendet sich die Beklagte dagegen, daß keine Beweisaufnahme dazu erfolgt ist, ob der Kläger anläßlich des Erwerbs von Anteile am Fonds "Deka Internet TF" aufgeklärt worden ist. Auffallend ist bereits, daß sich in der Übersicht mit den Gesprächsvermerken kein Hinweis auf eine anläßlich des Erwerbs dieser Fondsanteile im Mai 2000 erfolgte Beratung findet. Nach der Anlage zum WpHG-Check (Anlage B 10) ist eine Risikoaufklärung über Aktienfonds erst im September 2000 erfolgt. Abgesehen davon ist dem Landgericht darin zu folgen, daß die Beklagte die vom Kläger behauptete unzureichende Aufklärung und Beratung nicht hinreichend widerlegt hat. Das Kreditinstitut genügt der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast nicht schon dann, wenn sie pauschal den Vortrag bestreitet, indem sie - unter Angabe des Zeitpunktes des Beratungsgesprächs - vorträgt, es sei über die Risiken und Gefahren des beabsichtigten Wertpapierkaufs aufgeklärt worden. Auch wenn der Schadensersatz fordernde Anleger darlegungs- und beweispflichtig für ein Beratungsverschulden ist (siehe BGH, NJW 2000, 3558, 3559), muß die aufklärungs- und beratungspflichtige Bank nicht nur zeitlich und räumlich konkretisiert, sondern auch inhaltlich spezifiziert den Inhalt der (angeblichen) Aufklärung vortragen. Dies entspricht den vom BGH gestellten Anforderungen an den Vortrag eines auf Schadensersatz in Anspruch genommenen Rechtsanwaltes oder Steuerberaters, der eine Falschberatung bestreitet (BGH, NJW 1987, 1322; 1986, 2570, NJW-RR 1990, 1422, 1423; NJW 1995. 2482; 1996, 2571). Es sprechen keine Gründe dafür, hinsichtlich der Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast bei der hier in Rede stehenden Anlageberatung einen anderen Maßstab anzulegen. Bei Zugrundelegung dieses Maßstabes hat das Landgericht zu Recht angenommen, daß die Beklagte die behauptete Falschberatung nicht ausreichend bestritten hat. Es wäre danach erforderlich gewesen, daß die Beklagte bzw. die Zeugin Jnnnn über die speziellen Risiken aufgeklärt hätte, die mit der Anlage in Werten des "neuen Marktes" verbunden sind. Soweit die Beklagte rügt, das Landgericht sei unzutreffend von einem geringen Eigenkapital der betreffenden Unternehmen ausgegangen, verfängt auch dies nicht. Es mag zutreffen, daß durch den Börsengang diesen Unternehmen tatsächlich überwiegend Eigenkapital zur Verfügung stand. Das ändert jedoch nichts am Kern der - zutreffenden - Argumentation des Landgerichts, daß bei den im sogenannten neuen Markt bzw. in der Internetbranche tätigen Unternehmen gesichertes Substanzvermögen nicht vorhanden war und es sich bei diesen Unternehmen noch nicht um am Markt etablierte Unternehmen handelte. Auf diese besonderen Gefahren hätte der Kläger hingewiesen werden müssen. Eine Beratung, die diesen Anforderungen auch nur ansatzweise genügen könnte, hat die Beklagte auch in der Berufung nicht vorgetragen.

c) DekaTeam Biotech TF

Die Berufung der Beklagten hat auch insoweit keinen Erfolg. Es kann dahinstehen, ob dem Landgericht darin zu folgen ist, daß die notwendige Aufklärung nur durch die Übergabe des Prospektes erfolgen konnte. Es bedarf insbesondere keiner Entscheidung darüber, ob diese Ansicht mit der Rechtsprechung des BGH vereinbar ist, wonach die Kreditinstitute ihre Aufklärungs- und Beratungspflicht auch mündlich erfüllen können (BGH, WM 1998, 1391). Darauf kommt es deshalb nicht entscheidend an, weil die Beklagte wiederum ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen ist. Die Beklagte hat dazu lediglich vorgetragen, die Zeugin Jnnnn habe die Besonderheiten eines Branchenfonds erläutert und auf die damit verbundenen Gewinn- und Verlustrisiken hingewiesen. Auch die Beweisaufnahme hat keine weitergehenden Erkenntnisse erbracht, die sich die Beklagte zumindest konkludent hätte zu eigen machen können, inwieweit die Zeugin auf die speziellen Risiken dieses Fonds hingewiesen worden ist. Die Zeugin hat nur bekundet, daß sie sich sicher sei, über die speziellen Risiken des Branchenfonds und gerade "dieses Bereichs" gesprochen zu haben. Daraus ergibt sich nicht, daß konkret über die Verlustrisiken gesprochen worden ist. Dazu bestand aber besondere Veranlassung, weil sich der Kläger ausweislich der Kundenkarte als konservativer Anleger eingeschätzt hatte und der Erwerb der Biotech-Fondsanteile - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - wegen der Gefahr des Totalverlustes als spekulative Anlageform zu werten ist. Der notwendige Hinweis auf die hohen Verlustrisiken mit der Möglichkeit eines Totalverlustes war entgegen der Ansicht der Beklagten nicht deshalb entbehrlich, weil es sich bei dem Anlagebetrag nur um einen kleinen Teil seines Vermögens gehandelt habe. Ein Hinweis ist in jedem Fall dann erforderlich, wenn die Anlageentscheidung von der zuvor geäußerten Anlagestrategie deutlich abweicht (BGH, WM 2004, 24, 27).

d) Berolina Capital

Aus den oben zu II. 2. lit. b) genannten Gründen kann die Berufung der Beklagten auch in diesem Punkt keinen Erfolg haben. Die Beklagte begründet ihre Berufung zu dieser Position im wesentlichen mit der Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrages. Dieser Vortrag enthält keine Angaben dazu, was genau dem Kläger erklärt worden ist. Insbesondere ist nicht ersichtlich, daß ein Hinweis darauf erfolgt ist, daß der Erwerb von Anteilen an den Fonds "Berolina Capital Chance" und "Berolina Capital Premium", letzterer mit einem Aktienfondsanteil von bis zu 100%, nicht seiner verfolgten konservativen Anlagestrategie mit dem Ziel der Altersvorsorge entsprach.

e) Berolina Dynamic Depot

Es ist hinsichtlich dieser Position bereits fraglich, ob überhaupt ein ausreichender Berufungsangriff vorliegt, was aber im Ergebnis dahinstehen kann. Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, daß die Zeugin Jnnnn nach ihrer Aussage ihre Beratung des Klägers anhand des Prospektes (K 20) durchgeführt habe, dies aber wegen der unzutreffenden bzw. irreführenden Angaben in dem Prospekt unzureichend sei. Die Beklagte macht mit ihrer Berufung lediglich geltend, auf Grund der Aussage der Zeugin stünde fest, über welche Risiken belehrt worden sei, so daß der Kläger zumindest beweisfällig geblieben sei. Ungeachtet des wiederum fehlenden konkreten Vortrages zum genauen Inhalt der Erklärungen, behauptet auch die Beklagte nicht, die Zeugen Jnnnn habe den Kläger ausdrücklich über die im Prospekt enthaltenen unzutreffenden Angaben aufgeklärt. Der Anlageberater ist in besonderen Maße dann aufklärungspflichtig, wenn sich bereits aus den dem Anleger übergebenen Aufklärungsunterlagen ein Sachverhalt dartut, der die Vermutung einer insgesamt unvollständigen Aufklärung begründet; in diesem Fall ist dem Berater die Beweislast dafür aufzuerlegen, daß ausführliche Risikoinformationen mündlich erteilt worden sind (siehe KG, 25. Zivilsenat, Urt. v. 20. August 2004 - 25 U 1/04). Daß der Prospekt unrichtige Angaben enthält, hat das Landgericht zutreffend festgestellt. Auf diese Ausführungen, die von der Berufung nicht angegriffen werden, wird Bezug genommen.

f) Immobilienfonds IBV 1

Es wird auf die vorstehenden Ausführungen zu II. 2. lit. b) verwiesen. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann von dem Kläger keine weitere Substantiierung des behaupteten Beratungsverschuldens erwartet werden, solange sie ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachkommt. Es fehlt an einem konkreten Vortrag zum Ablauf des Beratungsgesprächs mit den notwendigen Hinweisen auf die mit der möglichen Anlageentscheidung verbundenen Risiken.

g) Anders als die Beklagte meint, fehlt es auch nicht an der erforderlichen Kausalität zwischen dem Beratungsverschulden und der jeweiligen Anlageentscheidung. Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, daß die in einem wesentlichen Punkt unvollständige Auskunft ursächlich für die Anlageentscheidung des geschädigten Anlegers ist (BGH, WM 2000, 426, 429; MDR 1998, 1099). Es wird also vermutet, daß der Kunde die Anlageentscheidung bei ordnungsgemäßer Belehrung und Aufklärung nicht getroffen hätte. Unerheblich ist, ob sich gerade das Risiko verwirklicht hat, über welches der Kunde nicht aufgeklärt worden ist (BGH, MDR 1991, 140). Hinreichende Anhaltspunkte, die gegen die vorgenannte Vermutung sprechen könnten, sind nicht dargetan worden. Abweichend von dem der Entscheidung des BGH vom 13. Juli 2004 - XI ZR 178/03 - zugrunde liegenden Sachverhalt hat der Kläger vor der Anlageempfehlung der Beklagten nicht von sich aus bereits Fondsanteile von im "Neuen Markt" tätigen Unternehmen erworben. Entscheidend kommt weiter hinzu, daß der Kläger eine konservative Anlagestrategie verfolgt hat und die hier streitgegenständlichen Anlageentscheidungen einen erheblichen Teil des insgesamt bei der Beklagten in Höhe von 173.938,00 EUR (Stand 30. Mai 2003) angelegten Kapitals des Klägers betrafen. Die Beklagte hätte daher schon konkrete Anhaltspunkte dafür vortragen müssen, daß sich der Kläger abweichend von dem verfolgten Anlageziel und der Anlagestrategie auch bei hinreichender Beratung für die gewählten Anlagen entschieden hätte. Entsprechender Vortrag ist nicht erfolgt.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen gemäß § 543 ZPO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Sachverhalt wirft keine grundsätzlichen Rechtsfragen auf. Streitentscheidend ist allein, daß aus tatsächlichen Gründen eine fehlerhafte Anlageberatung bewiesen bzw. der Kläger hinsichtlich der Voraussetzungen für einen weitergehenden Anspruch beweisfällig geblieben ist.

Ende der Entscheidung

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