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Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 18.12.2003
Aktenzeichen: 19 UF 258/03
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 323 | |
ZPO § 323 Abs. 3 | |
ZPO § 323 Abs. 4 | |
ZPO § 520 Abs. 3 Nr. 3 | |
ZPO § 621 d | |
BGB § 242 | |
BGB § 812 Abs. 1 Satz 2 Alternative 1 | |
BGB § 818 Abs. 2 | |
BGB § 818 Abs. 3 | |
BGB § 818 Abs. 4 | |
BGB § 819 Abs. 1 | |
BGB § 820 Abs. 1 | |
BGB § 1577 Abs. 1 | |
BGB § 1585 b Abs. 2 | |
BGB § 1585 b Abs. 3 | |
BGB § 1613 Abs. 1 | |
BGB § 1613 Abs. 2 |
Kammergericht Im Namen des Volkes Urteil
Geschäftsnummer: 19 UF 258/03
Verkündet am: 18. Dezember 2003
In der Familiensache
hat der 19. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin als Senat für Familiensachen durch die Vorsitzende Richterin am Kammergericht Rinder sowie die Richter am Kammergericht Feskorn und Hartung auf die mündliche Verhandlung vom 18. Dezember 2003 für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 29. Juli 2003 verkündete Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg - 139 F 7756/02 - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert:
Die Widerklage des Beklagten wird abgewiesen, soweit diese die Bereicherungsklage betrifft.
Die Kosten der ersten Instanz werden gegeneinander aufgehoben.
Von den Kosten der Berufungsinstanz haben die Klägerin 56% und der Beklagte 44% zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
I. Die Berufung ist teilweise unzulässig.
1. Es fehlt hinsichtlich eines Teilbetrages an einer ausreichenden Berufungsbegründung gemäß § 520 Abs. 3 Nr. 3 ZPO. Die Klägerin hat erstinstanzlich mit ihrer Klage die Abänderung des vor dem Amtsgericht Charlottenburg am 13. Oktober 1989 geschlossenen Unterhaltsvergleichs dahin begehrt, daß für die Zeit vom 1. Februar bis 30. Juni 2002 monatlich weitere 41,35 EUR bzw. insgesamt 297 EUR an nachehelichem Unterhalt gezahlt werden sollten. Zur Begründung hat sie sich auf ihr Rechenwerk im Schriftsatz vom 17. Februar 2003 (dort Seite 3) bezogen.
Nunmehr verlangt sie in der Berufung die Zahlung von monatlich 306,90 EUR. Die Klageerweiterung von monatlich 9,90 EUR wird nicht begründet und ist auch ansonsten nicht nachvollziehbar.
2. Die Berufungsbegründung geht auch nicht auf die Begründung des Amtsgerichts ein, soweit es die Abänderungsklage betreffend den Monat Juni 2002 abgewiesen hat. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, die Klägerin habe zu den Einkommensverhältnissen in diesem Monat nichts vorgetragen. Zwar mag entgegen der Ansicht des Amtsgerichts einiges dafür sprechen, daß die Einkommensverhältnisse des Beklagten im Juni 2002 denen der Vormonate entsprechen, jedoch ändert dies nichts daran, daß die Berufungsbegründung darauf nicht eingeht. Im Ergebnis fehlt es somit auch hinsichtlich dieses Teilbetrages an einer Berufungsbegründung, die den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Nr. 3 ZPO genügt.
II. Die im übrigen form- und fristgerecht eingelegte Berufung hat nur in dem aus der Urteilsformel ersichtlich Umfang Erfolg. Im übrigen ist sie unbegründet.
1. zur Klage
a) Unterhaltszeitraum Februar bis Mai 2002
Wie die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 27. November 2003 im Zusammenhang mit der Abänderungswiderklage des Beklagten selbst zutreffend ausführt, gehört es zur Schlüssigkeit der Abänderungsklage, daß die dem abzuändernden Vergleich zugrunde liegenden tatsächlichen Grundlagen vorzutragen sind. Dies gilt aber im gleichen Maße für die eigene Abänderungsklage der Klägerin. Insoweit ist aber bereits ihre Berufungsbegründung in sich widersprüchlich. Zum einen rügt die Klägerin, das Amtsgericht habe nicht ausreichend die Vergleichsgrundlage "ermittelt" und lediglich schematisch die seinerzeit unter Berücksichtigung der damaligen Einkommensverhältnisse zugrunde gelegte Unterhaltsquote auf die jetzigen Einkommensverhältnisse übertragen. Dabei habe das Amtsgericht übersehen, daß die Berechnung des im Wege des Vergleichs vereinbarten nachehelichen Unterhalts durchaus nachvollziehbar sei. Zum anderen meint die Klägerin dann aber, es sei eine Neuberechnung des Unterhaltsanspruchs vorzunehmen, weil die Parteien seinerzeit im Hinblick auf die Vermögensumschichtung auf Grund des Zugewinnausgleichs keine genaue Berechnung vorgenommen hätten, sondern der Unterhaltsbetrag lediglich im Billigkeitswege reduziert worden sei. Tatsächlich sind die Strukturen des gerichtlichen Unterhaltsvergleichs vom 13. Oktober 1989 fortzuschreiben. In erster Linie ist der im Vergleich festgelegte Wille der Parteien maßgeblich, der bei Bedarf durch Auslegung zu ermitteln ist. Bei der Regelung des nachehelichen Unterhalts durch Prozeßvergleich ist eine grundsätzliche Bindung an die damaligen Berechnungsgrundlagen anzunehmen. Die frühere Vereinbarung hat die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich (Heiß/Born, Unterhaltsrecht, Kap. 23 RdNr. 312). Das gilt grundsätzlich auch hinsichtlich der dem Prozeßvergleich zugrunde liegenden Unterhaltsquote. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin für ihre gegenteilige Ansicht auf die Entscheidung des BGH vom 20. Mai 1987 (FamRZ 1987, 1011, 1012). Der BGH hat dort entschieden, daß davon ausgegangen werden kann, "daß der Parteiwille sich im Falle einer gemäß § 242 BGB notwendig werdenden Anpassung des Unterhalts an veränderte Verhältnisse darauf erstreckt, die von der Rechtsprechung inzwischen fortentwickelten Hilfsmittel zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffes "angemessener Unterhalt" in der Weise anzuwenden, wie es im Zeitpunkt der Abänderungsentscheidung für die Bemessung eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs geschehen würde". Der vom BGH entschiedene Fall betraf die Konstellation, daß in dem Unterhaltsvergleich eine Quote von 2/5 zu 3/5 vereinbart worden war, im Abänderungsurteil unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Änderung der Rechtsprechung von einer 3/7 zu 4/7 Quote ausgegangen worden ist. Im vorliegenden Fall sind die Parteien bei Abschluß des Vergleichs im Hinblick auf die durch den Zugewinnausgleich eintretende Vermögensverschiebung zu Gunsten der hiesigen Klägerin ganz bewußt von der an sich üblichen Quote abgewichen. Insoweit hat sich zwischenzeitlich auch nicht die Rechtsprechung zur Konkretisierung des Begriffs "angemessener Unterhalt" fortentwickelt, was die Anwendung einer anderen Quote rechtfertigen könnte. Es ist auch nachträglich kein Billigkeitsgrund entfallen, der bei Vergleichsabschluß eine Reduzierung der an sich der Klägerin zustehenden Unterhaltsquote gerechtfertigt hat. Selbst wenn die Klägerin keine Kapitaleinkünfte mehr aus dem ihr durch den Zugewinnausgleich zugeflossenen Vermögen bezieht, rechtfertigt dies keine Veränderung der Unterhaltsquote. Die anderweitige Verwendung des Kapitalvermögens mit der Folge, daß ihr daraus keine Erträge mehr zufließen, kann nicht zu Lasten des Beklagten gehen. Daß sich möglicherweise das seinerzeit zugrunde gelegte Zinsniveau verringert haben mag, vermag der Abänderungsklage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die Klägerin hätte dann darlegen müssen, in welchem Maße sich ihre (fiktiven) Kapitaleinkünfte auf Grund verringerter Anlagezinsen reduziert haben. Sie kann in diesem Zusammenhang auch nicht mit Erfolg geltend machen, daß die genaue Berechnung der Kapitaleinkünfte, die zu der im Unterhaltsvergleich vereinbarten Unterhaltsquote geführt haben, nicht im einzelnen bezeichnet ist. Entscheidend ist, daß die Parteien wegen der Vermögensverschiebung im Wege des Zugewinnausgleichs sich auf die bereits genannte Unterhaltsquote verglichen haben. Daran muß sich die Klägerin weiterhin festhalten lassen.
Schließlich verfängt auch nicht das Argument der Klägerin, die Rechtsprechung zur Anwendung der Differenzmethode habe sich geändert, was die Berücksichtigung von Erträgnissen aus dem Zugewinnausgleich betreffe. Es bedürfte dazu erst einmal der Darlegung seitens der Klägerin, daß etwaige Erträgnisse im Wege der Anrechnungsmethode berücksichtigt worden sind. Dazu fehlt jedweder Vortrag. Diese Annahme ist auch nicht zwingend. Soweit aus dem Vermögen, das dann im Wege des Zugewinnausgleichs teilweise auf die Klägerin übertragen worden ist, während der Ehezeit Kapitaleinkünfte erzielt worden sind, haben diese dann auch die ehelichen Lebensverhältnisse und somit auch den Unterhaltsbedarf der Klägerin geprägt. Wenn dann aber ein Teil des Kapitalvermögens auf die Klägerin übertragen wird, so daß ihr nunmehr die Erträgnisse daraus direkt zufließen, entspricht es der Regelung des § 1577 Abs. 1 BGB, den Unterhaltsanspruch entsprechend zu kürzen. Dies folgt jedenfalls im Ergebnis auch der Unterhaltsberechnung nach der Differenzmethode.
Das Amtsgericht hat daher zutreffend die in dem Unterhaltsvergleich vereinbarte Quote von rund 30% auf die jetzigen Einkommensverhältnisse fortgeschrieben. Auszugehen ist von einem durchschnittlichen um die berufsbedingte Pauschale bereinigtes Nettoeinkommen des Beklagten von 2.314,23 EUR für die Zeit von Februar bis Mai 2002. Die Klägerin bezieht unstreitig Renteneinkünfte in Höhe von 1.388,62 EUR. Entgegen der Berechnung des Amtsgerichts stehen der Klägerin von dieser Einkommensdifferenz aber keine 30% zu. Es hat dabei übersehen, daß auf Seiten des Beklagten noch der Erwerbstätigenbonus von 1/7 abzusetzen ist, was einem Betrag von 330,61 EUR entspricht. Das um den Erwerbstätigenbonus verringerte Einkommen des Beklagten beträgt 1.983,62 EUR. Die Differenz der beiden Einkünfte beträgt danach 595 EUR. Der Klägerin stehen davon 30% zu. Das sind 178,50 EUR. Dieser Betrag liegt noch unter dem vom Amtsgericht titulierten Betrag. Wegen des zu beachtenden Verschlechterungsverbotes (§ 528 ZPO) kommt es darauf jedoch nicht an. Es ergibt sich jedenfalls kein weitergehender Abänderungsanspruch der Klägerin.
b) Unterhalt für Juni 2002
Nach den vorstehenden Ausführungen hätte die Berufung ungeachtet der nach den vorstehenden Ausführungen insoweit vorliegenden Unzulässigkeit der Berufung hinsichtlich des Monats Juni 2002 in der Sache ebenfalls keinen Erfolg.
2. zur Widerklage
a) Abänderungsklage
aa) Fehlsam meint die Klägerin, die Abänderungsklage sei bereits deshalb unzulässig, weil die zugleich erhobene Zahlung auf Rückzahlung des vermeintlich überzahlten Betrages das Rechtsschutzinteresse entfallen lasse. Abänderungsklage und Leistungsklage haben unterschiedliche Streitgegenstände, was entgegen der Ansicht des Beklagten der Annahme einer objektiven Klagehäufung nicht entgegensteht, sondern vielmehr zu dieser führt. Es kommt ferner auch nicht auf die Ausführungen beider Parteien bzw. ihrer Prozeßbevollmächtigten zur Auslegung und Anwendbarkeit der Entscheidung des OLG Köln (FamRZ 1988, 1185) auf die hiesige Unterhaltssache an. Der BGH ist der dort vertretenen Ansicht gerade nicht gefolgt. Obwohl die Verweisung in § 323 Abs. 4 ZPO keine praktische Bedeutung mehr hat, die Vorschrift vielmehr nur noch klarstellt, daß die Eigenschaft eines gerichtlichen Vergleichs (oder einer sonstigen vollstreckbaren Urkunde) der Abänderbarkeit aus materiell-rechtlichen Gründen nicht entgegensteht, bleibt damit doch die Abänderungsklage das für die Geltendmachung einer Änderung der für die Unterhaltsbemessung maßgebenden Verhältnisse vorgesehene verfahrensrechtliche Mittel. Erst das darauf ergehende Urteil verändert oder beseitigt den Rechtsgrund für die Unterhaltsleistung (BGH, FamRZ 1991, 1175, 1176). Die Abänderungsklage ist also nicht entbehrlich; sie bietet vielmehr den prozessualen Rahmen, der dem Richter eine Anpassung der Leistungshöhe und Bündelung der verschiedenen, für eine Änderung der Unterhaltsrente in beiden Richtungen sprechenden Umstände nach den differenzierten Regeln über die Änderung oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage ermöglicht. Daß die in § 323 Abs. 3 ZPO für die Abänderung von Urteilen aufgerichtete Zeitschranke nicht gilt, bedeutet mithin nicht, daß es der Abänderungsklage bezüglich des Vergleichs nicht mehr bedarf und eine nach materiellem Recht zuviel entrichtete Unterhaltsleistung ohne weiteres kondiziert werden kann (BGH, a.a.O.). Es kommt hinzu, daß das Urteil des Amtsgerichts - ausgehend von der Urteilsformel - sich hinsichtlich der Zeit von Juli 2002 bis einschließlich Januar 2003, d.h., der Zeitraum für den die Rückzahlung verlangt wird, überhaupt nicht verhält.
bb) Die Berufung hat auch in der Sache selbst keinen Erfolg, soweit sich die Klägerin mit dieser gegen den nicht von ihr anerkannten Teil der Abänderungswiderklage wendet. Unstreitig haben sich die tatsächlichen Verhältnisse ab Juli 2002 geändert, weil der Beklagte in den Ruhestand getreten ist und sich sein Einkommen verändert hat. Der Beklagte kann gemäß § 323 ZPO die Abänderung des Unterhaltsvergleichs ab diesem Zeitpunkt verlangen. Besteht bei der rückwirkenden Abänderung - wie bei Prozeßvergleichen - keine prozessuale Rückwirkungsschranke, verlangt der Vertrauensschutz nach § 242 BGB keine zeitgerechte Vorwarnung durch den Schuldner. Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Situation des Unterhaltsschuldners, der rückständigen Unterhalt zahlen muß, mit derjenigen des - an die Vorschriften der BGB §§ 1613 Abs. 1 und 2, 1585 b Abs. 2 und 3 BGB gebundenen - Unterhaltsgläubigers, der rückständigen Unterhalt verlangt, obwohl er keinen Unterhaltsanspruch mehr hat, von der Interessenlage her nicht vergleichbar (OLG Düsseldorf, FamRZ 1995, 742, 744).
b) Zahlungsklage
Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, daß der Beklagte aufgrund des Unterhaltsvergleichs vom 13. Oktober 1989 in der Zeit ab Juli 2002 bis einschließlich Januar 2003 mehr Unterhalt geleistet hat, als er tatsächlich hätte zahlen müssen. Grundsätzlich steht ihm daher insoweit gegen die Klägerin ein Anspruch auf Herausgabe der zuviel erlangten Unterhaltsleistungen oder auf Wertersatz zu §§ 812 Abs. 1 Satz 2 Alternative 1, 818 Abs. 2 BGB; (BGH, NJW 1998, 2433, 2434 = FamRZ 1998, 951 ff. mit den dortigen Nachweisen zur ständigen Rechtsprechung). Entgegen dem titulierten Anspruch über 255,65 EUR hätte der Beklagte tatsächlich entsprechend seinem (anerkannten) Widerklageantrag nur 133,00 EUR bzw. unter Zugrundelegung der an sich anzuwendenden Unterhaltsquote lediglich rund 80,00 EUR zahlen müssen. Unbeachtlich ist der in diesem Zusammenhang wiederum erhobene Einwand der Klägerin, die Vergleichsgrundlage sei nicht ersichtlich. Sie muß sich insoweit an ihrer eigenen Berechnung des Unterhaltsanspruchs für die Zeit ab Eintritt des Beklagten in den Ruhestand festhalten lassen. Anderenfalls müßte sie schon erläutern, warum sich bei unveränderten Zahlen für die Zeit vor dem 11. Februar 2003 entgegen ihrer eigenen Berechnung ein höherer Unterhaltsanspruch ergeben soll.
Eine bereicherungsrechtliche Haftung der Klägerin ist jedoch im Ergebnis zu verneinen, weil sie sich gemäß § 818 Abs. 3 BGB zu Recht auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann. Diese Vorschrift dient dem Schutz des gutgläubig Bereicherten, der das rechtsgrundlos Empfangene im Vertrauen auf das Fortbestehen des Rechtsgrundes verbraucht hat und daher nicht über den Betrag der bestehengebliebenen Bereicherung hinaus zur Herausgabe oder zum Wertersatz verpflichtet werden soll. "Bei der Überzahlung von Unterhalt kommt es daher darauf an, ob der Empfänger die Beträge restlos für seinen Lebensbedarf verbraucht oder sich noch in seinem Vermögen vorhandene Werte - auch in Form anderweitiger Ersparnisse, Anschaffungen oder Tilgung eigener Schulden - verschafft hat" (BGH, NJW 1992, 2415, 2416 = FamRZ 1992, 1152, 1155; NJW 2000, 740, 741 = FamRZ 2000, 751, 752). Der Bereicherte hat den Wegfall der Bereicherung zu beweisen, da es sich um eine rechtsvernichtende Einwendung handelt. Auch ohne besonderen Verwendungsnachweis spricht auf Grund der Lebenserfahrung - insbesondere bei unteren und mittleren Einkommen - zu Gunsten des Empfängers die Vermutung, daß er die Überzahlung zur Verbesserung seines Lebensstandards ausgegeben hat (BGH, NJW 1992, 2415, 2416). Vorliegend ist von einem allenfalls mittleren Einkommen der Klägerin auszugehen. Sie hat in der Berufung eine Übersicht über ihre Ausgaben im maßgeblichen Zeitraum vorgelegt. Die Klägerin ist mit diesem in der Berufung neuen Vortrag nicht ausgeschlossen, § 621 d ZPO. Das monatliche Einkommen ist von der Klägerin danach verbraucht worden. Angesichts der schon angesprochenen allenfalls mittleren Einkommensverhältnisse und der relativ geringen monatlichen Überzahlung wäre auch schon ohne die jetzt zur Substantiierung eingereichten Unterlagen von einem Verbrauch des Geldes auszugehen. Demgegenüber ist die Behauptung bzw. Vermutung des Beklagten, bei den aufgeführten Versicherungsbeträgen handele es sich um Beiträge für eine Lebensversicherung, unbeachtlich. Gleiches gilt für sein Argument, die Klägerin habe wegen der Überzahlung ihr Sparvermögen über 6.000 EUR nicht angreifen müssen. Entscheidend ist nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 1992, 2415, 2416) der Nachweis, daß der Bereicherte den Vermögensvorteil in jedem Fall auch ohne die Überzahlung - notfalls unter Einschränkung seines Lebensstandards - erworben hätte, so daß die Überzahlung für den Vermögensvorteil nicht ursächlich war. Es ist aber weder etwas dafür vorgetragen noch sonst ersichtlich, daß die Klägerin allein wegen der Überzahlung den Versicherungsvertrag bei der Allianz abgeschlossen hat, bei dem der Beklagte eine Lebensversicherung vermutet. Auch spricht nichts dafür, daß die Klägerin ohne die Überzahlung auf ihre Ersparnisse zurückgegriffen hätte. Es bleibt vielmehr bei der Vermutung, daß die Klägerin ohne die Überzahlung ihren Lebensstandard entsprechend eingeschränkt hätte.
Die Klägerin kann dem Beklagten den Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 BGB auch entgegenhalten, weil die Voraussetzungen einer verschärften Haftung nach §§ 818 Abs. 4, 819 Abs. 1, 820 Abs. 1 BGB nicht vorliegen.
Maßgeblich für die verschärfte Haftung des Bereicherungsschuldners gemäß BGB § 818 Abs. 4 BGB ist die Rechtshängigkeit der Bereicherungsklage (BGH, NJW 1998, 2433, 2434 mit weiteren Nachweisen zur ständigen Rechtsprechung). Rechtshängigkeit der Zahlungswiderklage ist erst am 20. März 2003 eingetreten.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Sache zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Frage der Anwendung der Differenzmethode ist nach den obigen Ausführungen entgegen der Ansicht der Klägerin hier nicht entscheidungserheblich.
Ende der Entscheidung
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