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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 29.05.2007
Aktenzeichen: 19 WF 76/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 93 d
§ 93d ZPO ist nicht anzuwenden, wenn der Unterhaltsschuldner vorgerichtlich seine Erwerbsbemühungen nicht hinreichend dargetan hat.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 19 WF 76/07

In der Familiensache

hat der 19. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin als Senat für Familiensachen durch die Vorsitzende Richterin am Kammergericht Rinder sowie die Richter am Kammergericht Hartung und Feskorn am 29. Mai 2007 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Pankow/Weißensee vom 19. Februar 2007 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von 400 € zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger hat von dem Beklagten nach dem Unterhaltsvorschussgesetz übergegangenen Unterhalt in Höhe von 1325,90 € begehrt. Er hat dies u.a. damit begründet, der Beklagte sei trotz unzureichender tatsächlicher Einkünfte als leistungsfähig anzusehen, da ihm fiktive Erwerbseinkünfte zuzurechnen seien. Der Kläger hat die Klage - mit Zustimmung des Beklagten - zurückgenommen, nachdem dieser umfangreiche Bemühungen um eine Arbeitsstelle durch Vorlage einer Vielzahl von Bewerbungsschreiben dargetan hatte.

Das Amtsgericht hat die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO dem Kläger auferlegt. Gegen diesen, ihm förmlich nicht zugestellten Beschluss hat der Kläger mit am 7.3.2007 bei dem Amtsgericht eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat.

Er macht geltend, die Kosten des Rechtsstreits habe der Beklagte gemäß § 93 d ZPO zu tragen, da er vorgerichtlich mehrmals vergeblich aufgefordert worden sei, seine Erwerbsbemühungen darzulegen. Die Klage wäre nicht erhoben worden, wenn der Beklagte seine Bemühungen bereits daraufhin dargetan hätte.

Der Beklagte begehrt Zurückweisung der Beschwerde.

II.

Der Senat entscheidet in der nach dem GVG vorgesehenen Besetzung, da ihm die Beschwerde durch den Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden ist.

Die gemäß § 269 Abs. 5 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Klägers gegen die Kostenentscheidung des Amtsgerichts hat in der Sache keinen Erfolg.

Zutreffend hat das Amtsgericht festgestellt, dass der Kläger nach § 269 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 ZPO verpflichtet ist, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Diese Regelung ist eine Ausprägung des allgemeinen, den §§ 91, 97 ZPO zugrunde liegenden Prinzips, dass die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Nimmt der Kläger seine Klage zurück, begibt er sich freiwillig in die Rolle des Unterlegenen (BGH NJW-RR 2005, 1662).

§ 93 d ZPO rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Wie das Amtsgericht zutreffend angeführt hat, ist diese Norm nach ihrem Wortlaut nicht anwendbar, da der Beklagte nicht gegen seine Verpflichtung zur Auskunft über seine Einkünfte oder sein Vermögen verstoßen hat, sondern seine Erwerbsbemühungen nicht umfassend dargetan hat. Dies rechtfertigt weder eine unmittelbare noch eine entsprechende Anwendung von § 93 d ZPO.

Dieser Vorschrift liegt der Gedanke zugrunde (vgl. BT-Drucks. 13/7338, S. 33), dass gesetzliche Unterhaltsansprüche im Interesse aller Beteiligten bereits außergerichtlich geklärt werden sollen. Das ist nur möglich, wenn der Verpflichtete freiwillig umfassend ihm obliegende Auskünfte erteilt, so dass der Berechtigte nicht den umständlichen und zeitraubenden Weg einer Stufenklage nach § 254 ZPO zu gehen braucht. Verstöße gegen diese Auskunftspflicht sanktioniert § 93 d ZPO mit einer "Kostenstrafe" (BGH a.a.O.).

Hier wird aber nicht das Fehlen von Auskünften gerügt, auf die der Kläger einen Anspruch hatte und die z.B. durch eine Stufenklage durchsetzbar wären. Nur deren Fehlen soll nach den Motiven des Gesetzgebers (aaO) aber die Kostenfolge des § 93 d ZPO auslösen. Der Gesetzgeber hat davon abgesehen, die Kostenfolge umfassend an die unterbliebene Darlegung unterhaltsrelevanter Umstände zu knüpfen, sondern sich darauf beschränkt, die Verletzung der Auskunftspflicht hinsichtlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu sanktionieren. Auch die Motive lassen nicht erkennen, dass der Gesetzgeber eine weitergehende Regelung treffen wollte; diese beschränkt sich vielmehr ausdrücklich auf die genannten - gesetzlich normierten - Auskunftspflichten. Der Auskunftsanspruch aus § 1605 BGB umfasst nicht die Offenlegung der Erwerbsbemühungen (ebenso z.B. OLG Düsseldorf FamRZ 1997, 361; OLG Bamberg FamRZ 1986, 685).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Wertfestsetzung entspricht den erstinstanzlich entstandenen Kosten. Der Senat lässt die Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 3, Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu, um eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung zu ermöglichen, da in der obergerichtlichen Rechtsprechung teilweise eine analoge Anwendung von § 93 d ZPO für gerechtfertigt angesehen wird (z.B. OLG Hamm, Beschluss vom 12.7.2004 - 1 WF 178/04 - für die Ordnungsgemäßheit des Studiums).

Ende der Entscheidung

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