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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 27.08.2007
Aktenzeichen: 2/5 Ws 376/06 Vollz
Rechtsgebiete: StVollzG


Vorschriften:

StVollzG § 8 Abs. 1
StVollzG § 8 Abs. 2
StVollzG § 17 Abs. 3 Nr. 3
StVollzG § 85
StVollzG § 109 Abs. 1
1. Die datenschutzwidrige Weiterleitung des an die Anstaltsleitung gerichteten Schreibens eines Gefangenen zu anderen Vollzugsverfahren ist eine Maßnahme i.S.v. § 109 Abs. 1 StVollzG und begründet ein Feststellungsinteresse zumal dann, wenn sie diskriminierende Auswirkungen hat.

2. Die Unterbringung eines Gefangenen nach § 17 Abs. 3 Nr. 3 StVollzG ist eine belastende Maßnahme und auch dann anfechtbar, wenn der Gefangene ihrer Fortdauer später zustimmt.

3. Zur Abgrenzung der Anwendungsbereiche der §§ 8 Abs. 1 u. 2, und 85 StVollzG.


KAMMERGERICHT Beschluß

Geschäftsnummer: 2/5 Ws 376/06 Vollz

In der Strafvollzugssache

des Strafgefangenen

wegen

a) Feststellung eines Verstoßes gegen Datenschutzbestimmungen

b) "sicherer Unterbringung" u.a.

hat der 2. (ehemals 5.) Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 27. August 2007 beschlossen:

Tenor:

I. Auf die Rechtsbeschwerde des Gefangenen wird der Beschluß des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 23. Mai 2006 aufgehoben,

1. soweit der Antrag auf gerichtliche Entscheidung auf die Feststellung eines Verstoßes der Vollzugsbehörde gegen Datenschutzbestimmungen gerichtet ist und

2. soweit die Strafvollstreckungskammer nicht über den Antrag entschieden hat festzustellen, daß die Unterbringung des Gefangenen nach § 17 Abs. 3 Nr. 3 StVollzG rechtswidrig gewesen sei.

Insoweit wird die Sache an die Strafvollstreckungskammer - auch zur Entscheidung über die Kosten der Rechtsbeschwerde in diesem Umfang - zurückverwiesen.

II. Im übrigen wird die Rechtsbeschwerde auf Kosten des Gefangenen verworfen.

Gründe:

A.

Der Gefangene verbüßt in der Justizvollzugsanstalt Tegel in der Teilanstalt (TA) III eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten mit Anordnung anschließender Sicherungsverwahrung wegen Vergewaltigung eines dreizehn Jahre alten Mädchens, nachdem er zuvor aus der Sozialtherapeutischen Abteilung (SothA) aus in seiner Person liegenden Gründen herausverlegt worden war. Am 29. Mai 2005 berichtete er - unter namentlicher Bezeichnung anderer Gefangener - in einem ausdrücklich an die "AG Sicherheit und Drogen" dieser Anstalt adressierten Brief Näheres über den anstaltsinternen Drogenhandel. Nachdem jenes Schriftstück - auf unbekanntem Weg - von dortaus an diejenige Abteilung der Justizvollzugsanstalt Tegel gelangt war, welche für die Vollzugsbehörde die Stellungnahmen in gerichtlichen Verfahren nach § 109 Abs. 1 StVollzG verfaßt, verwandte ein dort tätiger Mitarbeiter es in (mindestens) einem Verfahren, das ein in jenem Schreiben genannter Gefangener gegen die Vollzugsbehörde führte. Da die Behörde es in unveränderter Form eingereicht hatte, erfuhren diese Gefangenen so davon, daß der Antragsteller sie und andere "angeschwärzt" hatte, woraufhin sich diese Information in der Anstalt (im angefochtenen Beschluß ausdrücklich genannt sind die TA II und III) rasch verbreitete. Der Antragsteller, der davon im August 2005 gehört hatte, wandte sich an die Vollzugsbehörde mit der Bitte um "Schutzmaßnahmen", weil er die Rache der Gefangenen aus der Abschirmstation für Drogendealer befürchtete. Als ihn Ende Oktober 2005 Gefangene in der TA III (wie im angefochtenen Beschluß näher beschrieben) bedrohten, wurde seine gemeinschaftliche Unterbringung vom 28. Oktober bis 3. November 2005 (und erneut vom 28. November bis 2. Dezember 2005) gemäß § 17 Abs. 3 Nr. 3 StVollzG beschränkt. Zwischen diesen beiden Zeiträumen und seither befindet er sich in der TA III Tag und Nacht "freiwillig unter Verschluß", da er sich gegen eine Verlegung in die TA I und II ausgesprochen hatte, sich aber in der TA III nach wie vor bedroht fühlte. Bei der Vollzugsbehörde beantragte er zahlreiche Änderungen seiner Haftsituation. Unter anderem regte er folgende Verlegungen an: in das Krankenhaus des Maßregelvollzugs, IV. Abteilung für Forensische Psychiatrie in Buch (dort werden die Unterbringungen nach § 64 StGB vollzogen), die Sozialtherapeutische Anstalt oder eine andere Haftanstalt des geschlossenen Vollzugs innerhalb Berlins (genannt wurden zu verschiedenen Zeitpunkten die Justizvollzugsanstalten Charlottenburg und Plötzensee, Nebenanstalt Lehrter Straße). Zur Bedrohungssituation fügte er später hinzu, sein Schreiben sei sogar in der Gefangenenzeitschrift "lichtblick" veröffentlicht worden.

Die Justizvollzugsanstalt Tegel lehnte, zuletzt mit Bescheiden vom 22. Dezember 2005 und 6. Januar 2006, seine Begehren sämtlich ab. Er habe auf die Aushändigung des Ergebnisses der Vollzugsplankonferenz aufbrausend, rechthaberisch und uneinsichtig reagiert. Seine Behauptung, er werde zur TA-Leitung und zum Gruppenleiter nicht vorgelassen, sei falsch. Er inte-griere sich nicht in die Station, komme der Arbeitspflicht nicht nach, und es lasse sich keine aktuelle Bedrohungssituation feststellen. Unter Verschluß befinde er sich freiwillig. Deshalb könne die Anstalt an seiner Vollzugslage nichts ändern.

Der Gefangene hat - bei sinngemäßer Auslegung (§ 120 Abs. 1 StVollzG, § 300 StPO) - beantragt

1. die Rechtswidrigkeit der Offenlegung seines Schreibens über den anstaltsinternen Drogenhandel festzustellen; denn die Offenlegung habe zur Gefährdung seiner Sicherheit geführt,

2. festzustellen, daß die Vollzugsbehörde

a) bei der Bearbeitung seiner mehreren "Schutzantragsschreiben" untätig geblieben und

b) ihn zu Unrecht nach § 17 Abs. 3 Nr. 3 StVollzG abgesondert untergebracht habe, sowie

3. den Leiter der Justizvollzugsanstalt Tegel zur Verlegung in eine andere Anstalt zu verpflichten.

Die Feststellungsanträge - mit Ausnahme desjenigen unter 2 b) - hat die Strafvollstreckungskammer mit dem angefochtenen Beschluß als unzulässig, den Verlegungsantrag als unbegründet verworfen. Mit seiner Rechtsbeschwerde rügt der Gefangene die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das form- und fristgerecht eingelegte Rechtsmittel ist zulässig, da es geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§ 116 Abs. 1 StVollzG).

Die Rechtsbeschwerde führt hinsichtlich der Anträge zu 1. und 2. b) zur Aufhebung und Zurückverweisung; im übrigen bleibt sie ohne Erfolg.

B.

I. Mit dem Antrag, der wörtlich darauf gerichtet ist, die "Verletzung der Dienst und Fürsorgepflicht durch datenschutz- und pflichtwidriges Verhalten ...des Vollzugsbediensteten O. ..." festzustellen, begehrt der Beschwerdeführer bei sinngemäßer Auslegung die Feststellung, daß die Weiterleitung der streitgegenständlichen Daten rechtswidrig war und zu seiner Gefährdung geführt hat. Mit dem angefochtenen Beschluß hat die Strafvollstreckungskammer den Antrag des Gefangenen als unzulässig verworfen, weil es das Handeln des Justizvollzugsbediensteten keine Maßnahme im Sinne des § 109 StVollzG sei. In der Übersendung des Schreibens an das Gericht habe kein behördliches Handeln zur Regelung eines Einzelfalls gelegen; ferner fehle es am Feststellungsinteresse.

Das Rechtsmittel hat zu diesem Antrag mit der Sachrüge Erfolg, weil die Strafvollstreckungskammer den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu Unrecht als unzulässig angesehen hat (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluß vom 9. September 2003 - 1 Ws 45/03 - juris). Die Verfahrensrüge kann insoweit unerörtert bleiben.

1. Der Gefangene macht mit seinem Antrag geltend, daß die Haftanstalt durch die Weiterleitung seines Briefes an die in anderen Sachen zur Entscheidung berufenen Gerichte datenschutzrechtliche Vorschriften verletzt und ihn dadurch einer Gefährdung durch Mitgefangene ausgesetzt habe. Eine derartige Auskunftserteilung ist eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Strafvollzuges im Sinne des § 109 Abs. 1 StVollzG (vgl. OLG Hamm ZfStrVo 1989, 186; OLG Celle NStZ 1985, 44; Senat, Beschluß vom 27. Juni 2007 - 2 Ws 389/07 Vollz -); der Beschluß vom 9. Januar 1986 - 5 Ws 270/85 Vollz - (GA 1986, 456) betrifft einen anderen Sachverhalt, nämlich ein dem Melderecht zugehöriges Streitverhältnis).

2. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung war als allgemeiner Feststellungsantrag zulässig. Im Hinblick auf die in Art. 19 Abs. 4 GG verankerte Rechtsschutzgarantie ist anerkannt, daß ein derartiger Antrag zur Füllung eventueller Rechtsschutzlücken zulässig sein muß, obwohl das Strafvollzugsgesetz diese Antragsart nicht regelt (vgl. OLG Frankfurt am Main NStZ-RR 2004, 29 = ZfStrVO 2004, 106; NJW 2003, 2843, 2844; Senat, Beschluß vom 14. März 2005 - 2/5 Ws 325/05 Vollz -; jew. mit weit. Nachw.). Ganz überwiegend, so auch vom beschließenden Senat, wird zwar angenommen, daß ein solcher Antrag neben einer Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage subsidiär ist (vgl. OLG Frankfurt am Main aaO; Senat, aaO und Beschluß vom 28. Juli 2006 - 5 Ws 426/06 Vollz -; Kamann/Volckart in AK-StVollzG 5. Aufl., § 109 Rdn. 32; a.A: OLG Karlsruhe ZfStrVO 2005, 299). Beide Antragsarten stehen dem Beschwerdeführer aber im Streitfall nicht zur Verfügung. Die Anfechtungsklage zielt auf die Beseitigung der angefochtenen Maßnahme, die Datenübermittlung einschließlich ihrer Folgen läßt sich aber nicht mehr beseitigen. Auf eine Verpflichtung, derartige Übermittlungen künftig zu unterlassen, ist das Begehren nicht gerichtet; eine solche Auslegung liefe dem Rechtsschutzziel zuwider, das allein die geschehene, vom Antragsteller mißbilligte Datenweitergabe betrifft.

Das Feststellungsinteresse besteht, weil der Beschwerdeführer die Grundrechtsverletzung durch verbotene Datenweitergabe geltend macht (vgl. OLG Celle ZfStrVO 1985, 60 mit Anm. Bull; Kamann/Volckart in AK, § 115 StVollzG Rdn. 66; Calliess/Müller-Dietz, StVollzG 10. Aufl., § 115 Rdn. 13; a.A. Arloth/Lücke-mann, StVollzG, § 115 Rdn. 8). Der Beschwerdeführer war zudem aufgrund des Bekanntwerdens seines Anzeigeverhaltens einer Prangerwirkung ausgesetzt, wodurch die Maßnahme einen diskriminierenden Charakter erhielt, was ebenfalls das Feststellungsinteresse begründet (vgl. Calliess/Müller-Dietz aaO; Schuler in Schwind/Böhm/Jehle, § 115 StVollzG Rdn. 17, S. 803)

3. Der Senat verweist die Sache insoweit an die Strafvoll-streckungskammer zurück (§ 119 Abs. 4 Satz 1 StVollzG). Der Senat kann mangels Spruchreife nicht anstelle der Strafvollstreckungskammer entscheiden (§ 119 Abs. 4 Satz 2 StVollzG). Denn die angefochtene Entscheidung enthält keinerlei Feststellungen dazu, in welchen Rechtsstreiten und zu welchem konkreten Zweck die Vollzugsbehörde den Brief des Gefangenen den Gerichten zugeleitet hat, ohne seinen Namen unkenntlich zu machen. Die Vollzugsbehörde hält wegen des Prozeßstoffs der einzelnen Verfahren die Datenübermittlung für rechtmäßig. Der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hat sie in seinem Abschlußbericht vom 17. Juli 2006 - 52.5733.6 - zu der Eingabe des Gefangenen und in seinem Jahresbericht 2006, Abschnitt 4.3.4 (Seite 85-87) als rechtswidrig bezeichnet, einen datenschutzrechtlichen Mangel nach § 26 Abs. 2 des Berliner Datenschutzgesetzes festgestellt und seine Auffassung dort begründet. Ohne nähere Feststellungen dazu, ob der Prozeßgegenstand zur Geheimhaltung verpflichtete (vgl. Kamann/Volckart in AK, § 115 StVollzG Rdn. 15 mit Nachw.), läßt sich die Rechtmäßigkeit nicht beurteilen.

Bei der Behandlung der Rechtsbeschwerde hatte der Senat die bindenden Feststellungen des angefochtenen Beschlusses zu beachten (vgl. OLG Bremen ZfStrVO 1996, 310), wonach die Vollzugbehörde das Schreiben des Gefangenen in nur ein gerichtliches Verfahren eingebracht hat. Nach der Zurückverweisung wird die Strafvollstreckungskammer von der inzwischen unstreitig gewordenen Zahl von vier gerichtlichen Verfahren ausgehen dürfen.

II. 1. Der Antrag, die Untätigkeit der Vollzugsbehörde festzustellen, ist aus den Gründen zu A. I. unzulässig, da er gegenüber dem Verpflichtungsantrag zu I. 3. subsidiär ist (zur Subsidiarität reiner Feststellungsanträge vgl. die Zitate oben B. I. 2.).

2. Über den Antrag, die Rechtswidrigkeit der getrennten Unterbringung nach § 17 Abs. 3 Nr. 3 StVollzG festzustellen, hat die Strafvollstreckungskammer nicht entschieden. Er hat sich durch die spätere - seinem Vorbringen zufolge notgedrungene - Zustimmung des Gefangenen zu dieser Art der Unterbringung nicht erledigt. Die getrennte Unterbringung ist lediglich während der Zeiträume, für die jene Zustimmung erteilt ist, gemäß § 17 Abs. 3 Nr. 4 StVollzG rechtmäßig. Wird die Unterbringung aber nach § 17 Abs. 3 Nr. 3 StVollzG vorgenommen, ist sie eine Zwangsmaßnahme - mit belastenden Folgen (etwa der Unmöglichkeit des Hofgangs, § 64 StVollzG) und behält diesen Charakter auch dann, wenn der Gefangene diese Unterbringungsform später wählt, weil er - wie hier - die übrigen Vorschläge der Vollzugsbehörde ablehnt.

Die Sache muß daher auch insoweit zurückverwiesen werden. Für die Sachbehandlung weist der Senat auf folgendes hin: Es ist unvereinbar mit den Grundsätzen rechtsstaatlicher Zurechnung, wenn die Gefahr, daß bestimmte Personen sich in rechtswidriger Weise verhalten, nicht im Regelfall vorrangig diesen Personen zugerechnet und nach Möglichkeit durch ihnen gegenüber zu ergreifende Maßnahmen abgewehrt wird, sondern ohne weiteres Dritte oder gar die potentiellen Opfer des drohenden rechtswidrigen Verhaltens zum Objekt eingreifender Maßnahmen der Gefahrenabwehr gemacht werden (vgl. BVerfGE 69, 315, 360; BVerfG NJW 2006, 2683, 2684 = NStZ 2007, 170; StV 2006, 146; NVwZ 2006, 807 Rdn. 63f.; Senat, Beschluß vom 20. Oktober 2006 - 5 Ws 437/06 Vollz -). Die Beachtung dieser Rechtsprechung setzt indes voraus, daß der Vollzugsanstalt die Täter bekannt sind oder bekannt sein müßten. Da die Maßnahme nach § 17 Abs. 3 Nr. 3 StVollzG den Eindruck erweckt, als sei es der abgesonderte Gefangene gewesen, von dem die Beeinträchtigung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt ausgegangen ist, besteht auch wegen dieser diskriminierenden Wirkung weiterhin ein rechtliches Interesse an der Feststellung (zu den Anordnungsvoraussetzungen vgl. Böhm in Schwind/Böhm/Jehle, § 17 StVollzG Rdnrn. 5-7).

III. Antrag auf Verlegung

1.Verfahrensrüge

a) Soweit die Rechtsbeschwerde die Verletzung des Verfügungsgrundsatzes rügt, wäre dies ein im Rahmen der Sachrüge zu behandelnder sachlich-rechtlicher Fehler; denn er betrifft nicht den Weg des Gerichts zu einer richtigen Entscheidung, sondern behauptet deren Unvollständigkeit (vgl. zur Revision: Kuckein in KK-StPO 5. Aufl., § 337 Rdn. 27 am Ende).

b) Die Aufklärungsrüge ist in unzulässiger Form erhoben. Es genügt nicht, die Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes zu behaupten. Vielmehr muß der Beschwerdeführer die konkreten Tatsachen mitteilen, die das Gericht ermittelt hätte, wenn es seiner Pflicht nachgekommen wäre. Er muß angeben, auf welche Weise die Beweise hätten erhoben werden sollen und welches Ergebnis diese Beweiserhebung gehabt hätte. Ferner muß er darlegen, welche Umstände das Gericht zu der Beweiserhebung gedrängt habe sollen (vgl. Kamann/Volckart in AK, § 118 StVollzG Rdn. 9). Daran fehlt es hier. Der pauschale Verweis auf Anlagen ist unzulässig.

Ferner können mit der Rechtsbeschwerde nicht neue Tatsachen eingeführt werden. Das Rechtsbeschwerdegericht muß von den getroffenen Tatsachenfeststellungen ausgehen; es darf tatsächliche Einwendungen gegen die Entscheidung der Strafvollstrekkungskammer und neues tatsächliches Vorbringen im Rechtsbeschwerdeverfahren grundsätzlich nicht berücksichtigen (vgl. HansOLG Bremen ZfStrVO 1996, 310).

c) Soweit der Beschwerdeführer die Verletzung des Art. 19 Abs. 4 GG rügt, befaßt sich sein Rechtsmittel mit den Feststellungsanträgen und hat für den Verpflichtungsantrag keine Relevanz.

2. Sachrüge

Die Sachrüge deckt im Ergebnis keinen durchgreifenden Fehler der angefochtenen Entscheidung auf, soweit dort die Verlegung des Gefangenen in eine andere Anstalt abgelehnt worden ist.

Ein Strafgefangener ist gemäß § 152 Abs. 1 StVollzG nach den Vorgaben des von der Landesjustizverwaltung aufgestellten Vollstreckungsplans einer Justizvollzugsanstalt zuzuweisen. Für den Antragsteller - als einem "Langstrafer", gegen den Sicherungsverwahrung angeordnet ist - zuständig ist danach die Justizvollzugsanstalt Tegel, in die er auch von der Einweisungsabteilung (§ 152 Abs. 2 Satz 1 StVollzG) aufgrund der Behandlungsuntersuchung nach § 6 StVollzG eingewiesen worden ist. Er befindet sich also in der für ihn vorgesehenen Anstalt, aus der er nur verlegt werden kann, wenn ein gesetzlicher Grund dafür gegeben ist. Allgemein ist dies in § 8 Abs. 1 StVollzG geregelt; Spezialregelungen gehen vor, wenn sie anwendbar sind (vgl. Calliess/Müller-Dietz, § 8 StVollzG Rdn. 2).

a) Eine Spezialnorm läßt sich auf den Fall nicht anwenden.

aa) In den offenen Vollzug kann gemäß § 10 Abs. 1 StVollzG nur derjenige Gefangene verlegt werden, der den besonderen Anforderungen dieser Vollzugsform genügt. Daß der Beschwerdeführer diese Anforderungen erfüllt, behauptet er selbst nicht.

bb) Eine - erneute - Verlegung in die sozialtherapeutische Anstalt (§ 9 Abs. 1 Satz 1 StVollzG) hat der Gefangene zunächst begehrt (Schreiben vom 28. Oktober 2005). Im Schreiben vom 8. Mai 2006 hat er sie abgelehnt, weil die SothA Teil der Justizvollzugsanstalt Tegel sei und die Bedrohungssituation dort nicht völlig aufgehoben sei. Die Darstellung der Vollzugsbehörde, er begehre lediglich die Verlegung in die SothA, sei deshalb "völlig unsinnig". In späteren Eingaben hat er den Wunsch, möglicherweise doch in die SothA verlegt zu werden, wieder aufgegriffen.

Diese Verlegung ist aus den Gründen des Beschlusses des Senats vom 20. Juni 2007 - 2 Ws 385/07 Vollz - zu Recht nicht vorgenommen worden.

cc) Der Senat hält auch § 85 StVollzG für auf den Fall nicht anwendbar. Betrachtet man nur die Formulierung "eine Anstalt ..., die zu seiner sicheren Unterbringung besser geeignet ist", so ließe sich auch der Schutz vor Racheakten mit einbeziehen (so auch HansOLG ZfStrVO 1991, 312; Ullenbruch in Schwind/Böhm/Jehle, § 85 StVollzG Rdn. 2; Lückemann in Arloth/ Lückemann, StVollzG, § 85 Rdn. 2). Die Vorschrift findet mit diesem Halbsatz aber nicht ihr Ende. Weiter heißt es dort: "wenn in erhöhtem Maße Fluchtgefahr gegeben ist oder sonst sein Verhalten oder sein Zustand eine Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt darstellt". Wird aber "sein Verhalten" oder "sein Zustand" als Auslöser der Verlegung verlangt, so lassen sich die Rachegedanken Dritter und die sich daraus ergebende Bedrohung nicht unter diese Vorschrift subsumieren. Sie begegnet der Gefahr, daß der Gefangene besonders fluchtverdächtig ist oder von ihm selbst - nicht aber, wie hier vorgetragen, von anderen - eine Bedrohung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt ausgeht (vgl. Rotthaus in Schwind/ Böhm/Jehle, § 8 StVollzG Rdn. 14; Brühl/Feest in AK, § 85 StVollzG Rdn. 5 - jeweils am Ende). Es geht darum, daß der Gefangene in eine Anstalt mit höherem Sicherheitsgrad verlegt werden soll (vgl. Calliess/Müller-Dietz, § 85 Rdn. 2). Die Norm setzt voraus, daß von dem einzelnen Gefangenen bestimmte Gefahren ausgehen, denen nicht mehr durch besondere Sicherheitsmaßnahmen nach § 88 StVollzG, mit dem sie in enger Verbindung steht (vgl. Lückemann in Arloth/Lückemann, StVollzG, § 85 Rdn. 2), begegnet werden kann. Dabei bleibt offen, ob der Sicherheitsgewinn in der neuen Anstalt aufgrund ihrer organisatorisch-baulichen Ausgestaltung zu beurteilen ist oder ob es genügt, daß der Gefangene schon durch den Wechsel des persönlichen Umfeldes dort sicherer untergebracht ist (vgl. Senat, Beschluß vom 16. Juni 1983 - 5 Ws 246/83 Vollz -). In jedem Fall regelt die Vorschrift nur für den Gefangenen belastende Maßnahmen im Interesse der Sicherheit und Ordnung der Anstalt. So liegt es hier nicht.

dd) Die zunächst von dem Gefangenen favorisierte Verlegungsvariante - in den Maßregelvollzug des Krankenhauses des Maßregelvollzugs, IV. Abteilung für Forensische Psychiatrie in Berlin-Buch (Entziehungsanstalt) - läßt sich mit Mitteln des Vollzugsrechts nicht bewerkstelligen und kann deshalb nicht den zulässigen Gegenstand eines Antrags nach § 109 Abs. 1 StVollzG bilden. Da der Beschwerdeführer nicht zu einer Maßregel gemäß § 64 StGB verurteilt worden ist, kann eine solche auch nicht vollzogen werden. Die Überweisung von einer Maßregel (Sicherungsverwahrung) in eine andere Maßregel ist nur unter den Voraussetzungen des § 67a Abs. 1, 2 StGB (in der Fassung des Artikels 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 < BGBl. I S. 1327, 1328>) im Vollstreckungsverfahren möglich.

ee) Weitere Spezialnormen (§§ 15 Abs. 2, 65, 76 Abs. 3, 152 Abs. 2 StVollzG) sind nicht anwendbar.

b) Anzuwenden ist damit § 8 Abs. 1 StVollzG.

aa) Der Senat hat bereits entschieden, daß die in dessen Nr. 2 genannten "wichtigen Gründe" Verlegungen im Interesse des Gesamtvollzuges betreffen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 16. Juni 1983 - 5 Ws 246/83 Vollz - und vom 22. Dezember 1980 - 2 Ws 251/80 Vollz -; so auch OLG Koblenz ZfStrVO 1987, 107, 108 - im dortigen Einzelfall allerdings ablehnend; LG Stuttgart ZfStrVO 1990, 184; Feest/Joester in AK, § 8 StVollzG Rdn. 8; Calliess/Müller-Dietz, § 8 StVollzG Rdn. 5), wie es die Überbelegung der Anstalt oder die Massierung einer bestimmten Gruppe von Gefangenen darstellen (vgl. Senat aaO, LG Stuttgart aaO, insoweit zweifelnd Feest/Joester aaO), wohingegen individuell in der Behandlung des Gefangenen liegende Gründe in § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG geregelt sind. Diese trennscharfe Unterscheidung wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. HansOLG Bremen ZfStrVO 1996, 310) und im Schrifttum (vgl. Rotthaus/Freise in Schwind/Böhm/Jehle, § 8 StVollzG Rdn. 14; Arloth in Arloth/Lückemann, StVollzG, § 8 StVollzG Rdn. 6 mit Beispielen) nicht uneingeschränkt gebilligt. So weisen Arloth und Rotthaus/Freise nachvollziehbar darauf hin, daß "wichtige Gründe" jedenfalls vom Wortlaut her auch in der Person des Gefangenen liegen können, wozu auch der Schutz vor Racheakten zähle. In allen Fallgestaltungen bleibt aber auch bei Anwendung der in diesem Sinne erweiterten Auslegung klar, daß der "wichtige Grund" im Interesse der Vollzugsbehörde liegen muß, während allein § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG die Verlegung - auch - im Interesse des Gefangenen ins Auge faßt.

bb) § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG sieht vor, daß der Gefangene verlegt werden kann, wenn seine Behandlung oder seine Eingliederung nach der Entlassung hierdurch gefördert wird. Aus dem Wort "kann" folgt, daß der Gefangene auf die Verlegung keinen Rechtsanspruch hat, sondern nur einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung, die dem verfassungsrechtlichen Gewicht des Resozialisierungsziels und der für die Erreichbarkeit dieses Ziels maßgebenden Umstände Rechnung trägt (vgl. BVerfG NStZ-RR 2006, 325 = StV 2007, 237, 238 mit Anm. Rotthaus; OLG Rostock ZfStrVO 2004, 181; OLG Koblenz ZfStrVO 1990, 373; 1987, 107; OLG Bremen StV 1984, 166 mit Anm. Volckart; KG ZfStrVO 1996, 113; ZfStrVO 1995, 112; (Calliess/Müller-Dietz, Rdn. 3; Arloth/Lückemann, Rdn. 10; Feest/Joester in AK Rdn. 9; Rotthaus/Freise in Schwind/Böhm/Jehle, Rdn. 10 - jew. zu § 8 StVollzG).

c) Die Vollzugsbehörde hat mit nachvollziehbaren Gründen dargelegt, daß aus Gründen der Behandlung, der Eingliederung oder des Schutzes des Gefangenen eine Verlegung in eine andere Anstalt nicht geboten ist.

aa) Wie sie das - oft wechselhafte und teilweise widersprüchliche - Verhalten des Beschwerdeführers einschätzt, unterliegt ihrem Beurteilungsspielraum. Wenn sie also seine Reaktion auf die Aushändigung des Ergebnisses der Vollzugsplankonferenz als uneinsichtig bezeichnet und seine bisherige Integration in den Stationsalltag beanstandet, folgt daraus, daß es an jedem Anhalt fehlt, der Gefangene werde in einer anderen Anstalt ein tragfähigeres und seiner Resozialisierung förderlicheres Verhältnis zu den Anstaltsmitarbeitern aufbauen können als in der Justizvollzugsanstalt Tegel. Das gilt umso mehr, als die in Frage kommenden anderen Anstalten des geschlossenen Vollzuges im Land Berlin angesichts ihrer durch den Vollstreckungsplan definierten vollzuglichen Ausrichtung auf einen "Langstrafer" mit anschließender Sicherungsverwahrung nicht eingestellt sind.

Der Gefangene hat auch dazu, daß die in jenen Anstalten zur Verfügung stehenden Programme zu seiner Behandlung besser geeignet wären, nichts dargetan. Daß er dort seine sozialen Bezüge besser pflegen könnte, was am häufigsten den Verlegungswunsch motiviert und am nachvollziehbarsten die Rahmenbedingungen, die einer Wiedereingliederung förderlich sind, verbessert (vgl. BVerfG NStZ-RR 2006, 325 = ZfStrVO 2006, 237, 238 mit Anm. Rotthaus), hat er ebenfalls nicht behauptet.

bb) Hinsichtlich der Bedrohungssituation kann der Senat allerdings nicht ohne weiteres von der Einschätzung der Vollzugsbehörde ausgehen, diese sei (zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt) nicht aktuell. Zwar hat auch die Strafvollstreckungskammer eine derartige Feststellung getroffen, wobei sie es als gerichtsbekannt bezeichnet hat, daß das tatsächlich ausgelieferte Heft den bedrohlichen Artikel aus der Zeitschrift "lichtblick" (aus dem aus der Nennung personenbezogener Umstände jedem Kundigen klar wurde, daß der Beschwerdeführer der dort beschriebene Verräter war) nicht enthielt. Gleichwohl kann diese Feststellung den Senat nicht binden. Denn es ist ebenso gerichtsbekannt, daß dieser Artikel bereits gedruckt war und als Teil der nicht genehmigten und aus dem Verkehr gezogenen Version in Umlauf geraten war (zur Berücksichtigung gerichtsbekannter Tatsachen im Revisions- und Rechtsbeschwerdeverfahren: vgl. BGH, Beschluß vom 9. Mai 1996 - 1 StR 256/96 - juris Rdn. 3; Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl., § 337 Rdn. 25; ders. in Festschrift für Tröndle, S. 563, 565; Senat, Beschluß vom 21. August 2001 - 5 Ws 340/01 Vollz -).

Das kann aber nichts daran ändern, daß die Ermessensentscheidung der Anstalt im Ergebnis nicht zu beanstanden ist. Denn Fehler bei der Sachverhaltsermittlung wirken sich nur dann aus, wenn sie das Ergebnis durchgreifend beeinflussen können. Daran fehlt es hier. Legt man den von dem Gefangenen vorgetragenen Sachverhalt zugrunde, daß er aufgrund des Bekanntwerdens seines Briefes konkret und nachhaltig bedroht werde, folgt daraus immer noch kein ausreichender Grund, ihn in eine andere, von der Belegungsstruktur her weniger geeignete Anstalt zu verlegen. Die Vollzugsbehörde hatte dem Gefangenen nämlich angeboten, sich innerhalb der Gesamtanstalt in einen Bereich verlegen zu lassen, in dem der Zugriff anderer, von den in seinem Brief genannten Gefangenen gedungener potentieller Täter unwahrscheinlicher gewesen wäre. Das aber hatte der Beschwerdeführer aus selbstbestimmten Gründen abgelehnt.

Soweit der Beschwerdeführer beanstandet, daß ihm entgegen § 64 StVollzG kein Aufenthalt im Freien zuteil wurde, ist das eine zwangsläufige Folge seiner aufgrund seiner Zustimmung rechtmäßigen gesonderten Unterbringung (§ 17 Abs. 3 Nr. 4 StVollzG).

Bei dieser Beurteilung kann die seither verstrichene Zeitdauer nicht berücksichtigt werden. Denn die Rechtsbeschwerde befaßt sich ausschließlich mit der rechtlichen Überprüfung des Beschlusses der Strafvollstreckungskammer. Gegenüber neuem tatsächlichen Vorbringen - zumal noch, wenn es Geschehnisse betrifft, die sich erst nach der angefochtenen Entscheidung zugetragen haben - ist sie verschlossen (vgl. HansOLG Bremen ZfStrVO 1996, 310).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 4 StVollzG, § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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