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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 19.07.2007
Aktenzeichen: 2 AR 23/07
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 506 | |
ZPO § 506 Abs. 1 | |
ZPO § 506 Abs. 2 |
Kammergericht Beschluss
Geschäftsnummer: 2 AR 23/07
19.07.2007
In Sachen
hat der 2. Zivilsenat des Kammergerichts am 19.07.2007 beschlossen:
Tenor:
Das Amtsgericht Tiergarten ist sachlich zuständig.
Gründe:
I.
Der Kläger hat den Beklagten vor dem Amtsgericht Tiergarten auf Zahlung von 1.130,- EUR in Anspruch genommen. Mit Schriftsatz vom 05.10.2006 hat der Beklagte Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Widerklage auf Zahlung von 9.000,- EUR begehrt und erklärt, dass er die Widerklage "nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe" erhebe.
Mit Beschluss vom 09.11.2006 hat das Amtsgericht Tiergarten Prozesskostenhilfe nur in Höhe von 500,- EUR bewilligt und den Antrag im Übrigen zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Beklagten vom 14.12.2006 hat das Landgericht Berlin mit Beschluss vom 23.04.2007 mit der Begründung zurückgewiesen, dass das Amtsgericht "für den Streitwert" von 9.000,- EUR nicht zuständig und der PKH-Antrag damit bereits unbegründet sei.
Mit Beschluss vom 21.05.2007 hat das Amtsgericht Tiergarten sodann den Rechtsstreit wegen der "erhobenen" Widerklage auf den Antrag des Beklagten vom 26.03.2007 an das Landgericht Berlin verwiesen. Dieses hat eine Übernahme mit Beschluss vom 24.06.2007 abgelehnt.
II.
Nachdem sich das Amtsgericht Tiergarten und das Landgericht Berlin jeweils rechtskräftig i.S. von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO (zum Begriff vgl. BGH NJW 1988, 1794 f.; NJW-RR 1997, 1161) für unzuständig erklärt haben, ist die Zuständigkeitsbestimmung durch den Senat zu treffen.
Das Amtsgericht Tiergarten ist sachlich zuständig.
Der Rechtsstreit ist nach § 506 Abs. 1 ZPO auf Antrag einer Partei vom Amtsgericht an das Landgericht zu verweisen, wenn durch Widerklage ein Anspruch "erhoben" wird, der zur Zuständigkeit der Landgerichte gehört. Eine Verweisung mit Bindungswirkung nach §§ 506 Abs. 2, 281 Abs. 2 S. 4 ZPO setzt -wie auch bereits der auf § 261 Abs. 2 ZPO hindeutende Begriff der Anspruchserhebung nahe legt- voraus, dass die den amtsgerichtlichen Zuständigkeitsstreitwert übersteigende (Wider-)Klage i.S. von § 261 Abs. 2 ZPO rechtshängig geworden ist (vgl. BGH NJW-RR 1996, 891; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 506 Rn 2; allg. zum Erfordernis der Rechtshängigkeit für einen Verweisungsbeschluss BGH NJW-RR 1997, 1161; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 281 Rn 7).
An der Erhebung der Widerklage als Voraussetzung der Verweisung nach § 506 ZPO fehlt es bislang, da der Beklagte weder in den mündlichen Verhandlungen vor dem Amtsgericht am 04.09. oder 16.10.2006 einen entsprechenden Antrag zur Widerklage gestellt hat noch der Schriftsatz vom 05.10.2006 förmlich zugestellt worden ist (§ 261 Abs. 2 ZPO). Gegenstand des Verfahrens war bisher nur der Prozesskostenhilfeantrag, der zudem auch nur in Höhe von 500,- EUR Erfolg hatte. Allein der Umstand, dass der Prozesskostenhilfeantrag auf eine Forderung von 9.000,- EUR lautet, kann nicht zu einer Verweisung des Rechtsstreits nach § 506 ZPO führen. Zum einen würde eine etwaige Unzuständigkeit für das Prozesskostenhilfeverfahren (wenn man eine solche hier denn annehmen wollte) sich nicht auch auf den Rechtsstreit selbst erstrecken. Zum anderen müsste das Landgericht bei Verneinung einer hinreichenden Erfolgsaussicht im Umfang von über 5.000,- EUR Prozesskostenhilfe mangels seiner Zuständigkeit für die (aussichtsreiche) Rechtsverfolgung insgesamt versagen, mit der Folge, dass das Amtsgericht über die Prozesskostenhilfegewährung zu entscheiden hätte (vgl. BGH NJW-RR 2004, 1437). Über einen bei einem Amtsgericht eingereichten Prozesskostenhilfeantrag, der sich auf eine den Wert von 5.000,00 Euro übersteigende Widerklage bezieht, hat zunächst das angerufene Gericht zu befinden und, wenn dem Antrag in einem Umfang, der die landgerichtliche Zuständigkeit erreicht, stattgegeben wird, die Rechtshängigkeit in dem entsprechenden Umfang - i.d.R. durch Zustellung des Schriftsatzes - herbeizuführen. Erst danach kommt eine Verweisung gemäß § 506 ZPO in Betracht.
Danach erfolgte die Verweisung mit Beschluss vom 21.05.2007 zu Unrecht. Der Beschluss ist objektiv willkürlich und damit entgegen § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO nicht bindend, da er nn von einer erkennbar unzutreffenden Sachlage ausgeht (nämlich der "Erhebung" der Widerklage), und die Anwendung des § 506 ZPO und damit die eigene Unzuständigkeit des verweisenden Gerichts auch nicht nachvollziehbar begründet (vgl. zur fehlenden Bindungswirkung Zöller/Greger, a.a.O., § 281 Rn 17 m.N.).
Ende der Entscheidung
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